Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 91 I 351



91 I 351

57. Auszug aus dem Urteil vom 1. Oktober 1965 i.S. Batschelet gegen
Rekurskommission Basel-Stadt für eidg. Abgaben. Regeste

    Wehrsteuer; Abkommen zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten
von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der
Steuern vom Einkommen (AS 1951, 892).

    Besteuerung einer in den Vereinigten Staaten wohnenden Person für den
Ertrag ihrer in der Schweiz gelegenen Grundstücke; Bemessung des Abzugs
für Schuldzinsen.

Sachverhalt

    A.- Der Beschwerdeführer wohnt in Washington (USA) und ist dort
berufstätig. Er ist Eigentümer von Liegenschaften in Bern und Basel.
Für das aus diesen fliessende Einkommen wurde er gemäss Art. 3 Z. 3 lit. a
und Art. 20 Abs. 1 lit. a WStB zur Wehrsteuer der 12. Periode herangezogen.
Während er den vollen Abzug der darauf lastenden Schuldzinsen verlangte,
nahm die zuständige Veranlagungsbehörde Basel-Stadt den Abzug zunächst
nach dem Verhältnis des inländischen Einkommens zum Gesamteinkommen vor. Im
Einspracheverfahren stellte sie auf das Verhältnis der inländischen Aktiven
zu den Gesamtaktiven ab, so dass sich ein höherer Abzug ergab. Mit der
Beschwerde hiegegen verlangte der Beschwerdeführer erneut den vollen Abzug
der Schuldzinsen. Die kantonale Rekurskommission wies die Beschwerde ab.

    B.- Hiegegen erhebt Batschelet Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem
Antrag, es sei bei der Berechnung der Wehrsteuer der volle Betrag der
Hypothekarzinsen abzuziehen.

    Er macht geltend, der Abzug im Verhältnis der inländischen zu den
gesamten Aktiven sei von der Vermögenssteuer her bekannt; doch fehle
dieser Regel bei der Einkommenssteuer die gesetzliche Grundlage. Im
kantonalen Verfahren habe er ein Beispiel vorgebracht, aus dem sich
ergebe, dass der proportionale Abzug nicht immer anwendbar sei; die
Rekurskommission habe dazu nicht Stellung genommen, somit die Schlüssigkeit
des Beispiels nicht bestritten. Der proportionale Abzug habe, auch
nach der Änderung im Einspracheentscheid, für den Beschwerdeführer
eine empfindliche Erhöhung der Steuer zur Folge, für welche die USA
(im Gegensatz zum Wohnsitzkanton im interkantonalen Verhältnis) keinen
Ausgleich gewährten. Die Mehrbelastung stelle deshalb eine teilweise
Doppelbesteuerung dar, wodurch das Abkommen zwischen der Schweiz und den
Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf
dem Gebiete der Steuern vom Einkommen (DBAUS) dem Sinne nach verletzt
werde. Es dürfte dem Rechtsempfinden entsprechen, das internationale,
in Friedenszeiten abgeschlossene Abkommen dem in Notzeiten erlassenen
"und immer noch mit Ungereimtem versehenen" WStB überzuordnen.

    Das DBAUS werde auch dem Buchstaben nach verletzt, weil nach
Art. 1X Abs. 2 der Einkommensempfänger aufGrund des Nettoeinkommens
zu besteuern sei, was im gewöhnlichen Sprachgebrauch den Abzug der
Schuldzinsen einschliesse. Zu Unrecht verstehe die Rekurskommission unter
dem Nettoeinkommen das steuerbare Reineinkommen im Sinne des internen
schweizerischen Rechtes. Das sei eine Begriffsvermengung, die befremde
und durch die Art. 1X Abs. 2 DBAUS ausgehöhlt werde. Die Rekurskommission
berufe sich für ihren Standpunkt vergeblich auf Art. II Abs. 2 DBAUS.

    C.- Die kantonalen Behörden und die eidg.  Steuerverwaltung beantragen
Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Es ist unbestritten, dass der in Washington wohnhafte
Beschwerdeführer gemäss Art. 3 Z. 3 lit. a und Art. 20 Abs. 1 lit. a WStB
für das Einkommen, das er aus seinen in der Schweiz gelegenen Grundstücken
zieht, die Wehrsteuer zu entrichten hat. Für die Berechnung dieses
Einkommens sind die einschlägigen Bestimmungen des Wehrsteuerbeschlusses
massgebend. Bei der erwähnten beschränkten Steuerpflicht sind sie
auch im internationalen Verhältnis anwendbar, soweit dies nicht durch
Staatsverträge ausdrücklich ausgeschlossen ist.

    Der Streit geht ausschliesslich um den in Art. 22 Abs. 1 lit. d
WStB vorgesehenen Abzug der in der Berechnungsperiode aufgelaufenen
Schuldzinsen vom rohen Einkommen. Nach Art. 24 werden die vollen Abzüge
nach Art. 22 - also auch der Schuldzinsenabzug - nur gewährt, wenn das
gesamte Einkommen des Steuerpflichtigen der Wehrsteuer unterliegt; wenn
ihr bloss ein Teil des Einkommens unterliegt, sind die Abzüge nach dem
Verhältnis dieses Teiles zum gesamten Einkommen zulässig. Diese Ordnung
beruht auf der Überlegung, dass die in Art. 22 genannten Aufwendungen das
ganze Einkommen mindern und daher auf dieses gleichmässig anzurechnen sind,
soweit sie nicht mit der Erzielung einzelner steuerbarer Einkünfte in
einem besonders engen Zusammenhang stehen. Auf die Schuldzinsen trifft
jedoch in der Regel nicht jene allgemeine Erwägung, sondern die zuletzt
genannte Ausnahme zu, weil sie mit dem Erwerbseinkommen nichts zu tun
haben, sondern das Gegenstück zum Vermögensertrag bilden, einseitig
diesen belasten. Ihre mathematische Verteilung auf das Gesamteinkommen
erscheint deshalb als sachwidrig und führt zu stossenden Ergebnissen;
richtiger und ihrer Natur angemessen ist die Verteilung nach Massgabe
der Aktiven, wie sie im interkantonalen Verhältnis vom Bundesgericht
nicht nur auf die Schulden, sondern auch auf die Schuldzinsen angewendet
wird. Die Praxis der Wehrsteuerbehörden weicht deshalb insofern vom
Buchstaben des zweiten Satzes des Art. 24 WStB ab, als sie auf die
Schuldzinsen nicht diese Bestimmung, sondern den Art. 29 sinngemäss
anwendet, wonach der Schuldenabzug nach dem Verhältnis des inländischen
Vermögens zum Gesamtvermögen zulässig ist. Im vorliegenden Falle hat
sich die Veranlagungsbehörde zwar zunächst an den Buchstaben des Art. 24
WStB gehalten, aber im Einspracheentscheid jener Praxis angeschlossen -
zugunsten des Beschwerdeführers, dessen Steuerleistung dadurch fast um
die Hälfte herabgesetzt wurde. Er ficht denn auch nicht jene Abweichung
vom Wortlaut des zweiten Satzes des Art. 24 an, sondern verlangt darüber
hinaus den vollen Abzug der Schuldzinsen. Das würde jedoch dem ersten
Satze des Art. 24 widersprechen, der ausdrücklich vorschreibt, dass
die vollen Abzüge gemäss Art. 22 nur gewährt werden, wenn das gesamte
Einkommen des Steuerpflichtigen der Wehrsteuer unterliegt. Nach den
massgebenden Bestimmungen des Wehrsteuerbeschlusses ist die Beschwerde
somit unbegründet.

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer rügt sodann, der angefochtene Entscheid
verletze Art. 1X Abs. 2 DBAUS, wonach Einkünfte aus unbeweglichem
Vermögen vom Staate der gelegenen Sache auf Grund des Nettoeinkommens
zu besteuern sind. Er macht geltend, dieser Begriff schliesse den Abzug
der Schuldzinsen in sich. Dabei übersieht er, dass der angefochtene
Entscheid den Schuldzinsenabzug nicht verweigert, sondern nach Massgabe
des WStB, der ihn ebenfalls vorsieht, gewährt. Da das DBAUS den Begriff
des Nettoeinkommens nicht umschreibt, ist er von den schweizerischen
Behörden nach dem schweizerischen Steuerrecht auszulegen gemäss Art. II
Abs. 2 des Abkommens, welcher lautet:

    "Bei Anwendung der Bestimmungen dieses Abkommens wird jeder
Vertragsstaat, sofern sich aus dem Zusammenhang nicht etwas anderes ergibt,
jedem nicht anders umschriebenen Begriff den Sinn beilegen, der ihm unter
der eigenen Steuergesetzgebung zukommt."

    Der WStB gebraucht zwar den Ausdruck "Nettoeinkommen" nicht; wohl aber
umschreibt er in Art. 22 das "reine Einkommen", das sich aus dem Abzug
der dort genannten Aufwendungen (worunter sich auch die Schuldzinsen
befinden) vom rohen Einkommen ergibt. Es ist offensichtlich, dass
die beiden Ausdrücke den gleichen Begriff bezeichnen; schon sprachlich
entsprechen sich "netto" und "rein"; ihre Gleichsetzung lässt sich daher
nicht beanstanden. Somit hat gemäss Art. II Abs. 2 DBAUS die Schweiz das
Nettoeinkommen des Beschwerdeführers aus den hier gelegenen Grundstücken
nach den Bestimmungen des WStB über das reine Einkommen zu berechnen. Das
gilt insbesondere auch für den Abzug der Schuldzinsen, der im Abkommen
nicht ausdrücklich erwähnt ist und über dessen Berechnung sich aus dem
Zusammenhang nichts anderes ergibt. Die dem WStB entsprechende Verteilung
des Abzuges nach dem Verhältnis der inländischen Aktiven zu den gesamten
Aktiven des Beschwerdeführers verletzt deshalb das DBAUS nicht.

    Die Anwendung verschiedener Methoden der Aufteilung der Schuldzinsen
in den beteiligten Staaten kann allerdings zu einer gewissen
Doppelbesteuerung führen, indem u.U. deswegen die Passivzinsen nicht
vollständig abgezogen werden können, sodass im Ganzen ein höheres als
das effektive Nettoeinkommen besteuert wird. Das ist einer der Fälle,
in denen die Abkommen eine Doppelbesteuerung nicht zu verhindern
vermögen. Für solche Fälle sehen sie häufig - so auch das DBAUS in
Art. XVII - ein Verständigungsverfahren vor. Es ist jedoch nicht Sache des
Verwaltungsgerichts, das Abkommen zu ergänzen und für darin nicht geordnete
Fragen eine Lösung zu suchen. Es hat sich vielmehr auf die Feststellung zu
beschränken, dass das Abkommen dafür keine Regelung aufstellt und deshalb
die Entscheidung auf Grund der inländischen, durch das Abkommen nicht
eingeschränkten Gesetzgebung zu treffen ist (BGE 62 I 98)... Das vom
Beschwerdeführer konstruierte Beispiel, in dem sich die proportionale
Verteilung des Schuldzinsenabzuges besonders stark zum Nachteil des
Steuerpflichtigen auswirkt, vermag an dieser Rechtslage nichts zu ändern,
weshalb sich die Rekurskommission nicht damit auseinanderzusetzen brauchte.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.