Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 91 I 249



91 I 249

40. Urteil vom 24. Juni 1965 i.S. Multengut AG gegen Gemeinde Binningen
und Steuerrekurskommission des Kantons Basel-Landschaft. Regeste

    Gemeindesteuern, Art. 4 BV.

    1.  Auslegung und Anwendung kantonalen Gesetzesrechtes überprüft das
Bundesgericht nur unter dem Gesichtswinkel von Art. 4 BV (Erw. 1).

    2.  Steuern dürfen nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen
und lediglich in dem vom Gesetz festgelegten Umfange erhoben werden
(Erw. 3).

    3.  § 141 Abs. 6 des basellandschaftlichen Gesetzes über die kantonalen
Steuern vom 7. Juli 1952, wonach die Gemeinden "berechtigt sind, die
Staatssteuereinschätzung allgemein auch für die Gemeindesteuer als gültig
zu erklären", ermächtigt die Gemeinden nur, für die Gemeindesteuern
entweder das bisherige System der Besteuerung nach Gemeindegesetz
beizubehalten, oder als Ganzes das System der Staatssteuer gemäss
kantonalem Steuergesetz zu zu übernehmen (Erw. 4 und 5).

Sachverhalt

    A.- Im Kanton Basel-Land ist gemäss § 33 der Kantonsverfassung (KV)
die Organisation der Gemeinden, die Festsetzung ihres Wirkungskreises
und ihrer Mithilfe bei der staatlichen Verwaltung der Gesetzgebung
vorbehalten. Gesetzgeber ist nach § 11 ff. KV der Landrat unter Vorbehalt
der Volksabstimmung.

    Das Gesetz betreffend die Organisation und Verwaltung der Gemeinden vom
14. März 1881 (Gemeindegesetz, GG) ermächtigt die politischen Gemeinden,
unter bestimmten Voraussetzungen Steuern zu erheben (§ 137) und präzisiert
in § 138:

    "Die Gemeindesteuern können verlegt werden:

    a)  auf die Haushaltungen und einzeln stehende Personen, seien letztere
Niedergelassene oder Aufenthalter (Haushaltungssteuer, Personalsteuer,
Vorausleistung);

    b)  auf Gebäude und Grundstücke (Kataster);

    c)  auf das Vermögen, soweit es in Fahrhabe (hausrätliche Gegenstände,
die zum eigenen häuslichen Gebrauche dienen, ausgenommen) und in Kapitalien
besteht;

    d)  auf Einkommen und Erwerb.

    Statt der Steuer auf die unter b) und c) erwähnten Objekte kann auch
eine Steuer vom gesamten Reinvermögen erhoben werden."

    Nach § 146 GG sind ausser den in der Gemeinde wohnhaften Bürgern,
Niedergelassenen und Aufenthaltern unter anderem auch die auswärts
wohnenden Besitzer von im Gemeindebann gelegenen Grundstücken
steuerpflichtig.

    Im Gesetz über die kantonalen Steuern vom 7. Juli 1952 (StG) wurde die
Besteuerung der juristischen Personen neu geordnet. Kapitalgesellschaften,
wozu in erster Linie die Aktiengesellschaften gehören, entrichten
seither eine Gewinn- und eine Kapitalsteuer (§ 41 StG). Der Kapitalsteuer
"unterliegen das einbezahlte Aktien- bzw. Stammkapital, die offenen und
die stillen Reserven" (§ 44 StG). Die Vermögensbestandteile werden nach
den für die natürlichen Personen geltenden Bestimmungen bewertet (§
44 Abs. 2 StG, §§ 30-37 StG). Über die Grundstückbewertung sagt § 32 StG:

    "Der Wert der Grundstücke wird unter billiger Berücksichtigung
des Verkehrswertes und des Ertragswertes berechnet. Massgebend ist die
Katasterschätzung (§ 92).

    Für landwirtschaftliche Gebäude sowie für ausserhalb des engeren
Baugebietes gelegenes Land, das vorwiegend der landwirtschaftlichen
Nutzung dient, ist nur der Ertragswert massgebend. Innerhalb des engeren
Baugebietes werden der überbaute Boden, der Hofraum und der Baumgarten
eines landwirtschaftlichen Betriebes in dem durch die Katasterverordnung
bestimmten Umfange zum Ertragswert angerechnet.

    Für den Begriff des Grundstückes gelten die Vorschriften des
schweizerischen Zivilgesetzbuches (Art. 655). Insbesondere fallen darunter
der Grund und Boden und die Gebäude."

    Für die Gemeindesteuern gelten gemäss § 141 StG bis zum Inkrafttreten
eines neuen Gemeindegesetzes unter anderem folgende Übergangsbestimmungen:

    "Die durch den Staat festgesetzte Katasterschätzung der Grundstücke
ist auch für die von der Gemeinde erhobenen Steuern massgebend.

    Kapitalgesellschaften, deren Zweck ausschliesslich oder vorwiegend
in der Beteiligung oder dauernden Verwaltung von Beteiligungen an andern
Unternehmungen besteht, haben an die Gemeinde die gleiche Kapitalsteuer
zu entrichten wie an den Staat.

    Für die juristischen Personen gilt der gleiche Steuerfuss wie für
die natürlichen Personen.

    Die in den §§ 13 und 14 dieses Gesetzes bezeichneten Institutionen sind
im gleichen Umfange wie bei der Staatssteuer auch von der Gemeindesteuer
befreit. Ausgenommen sind die Gebäude, die einer gemäss § 14 von
der Staatssteuer befreiten privatrechtlichen Institution oder der
Versicherungskasse für das Staats- und Gemeindepersonal gehören. Diese
können von den Gemeinden mit einer Objektsteuer belegt werden, deren
Ansatz für die erste Million des gesamten Gebäudekatasters 1,5 é und für
den restlichen Teil 3 é betragen muss. Sofern solche Institutionen eine
Grundsteuer zu entrichten haben, fällt diese ganz den Gemeinden zu.

    Die Gemeinden sind berechtigt, die Staatssteuereinschätzung allgemein
auch für die Gemeindesteuer als gültig zu erklären."

    Ein neues Gemeindegesetz ist bis anhin nicht erlassen worden.

    B.- Am 23. März 1953 beschloss die Einwohnergemeinde Binningen
ein Gemeindesteuerreglement (GStR), das vom Regierungsrat des Kantons
Basel-Landschaft am 14. April 1953 genehmigt wurde. Es sieht in den §§ 6
ff. die Erhebung einer Einkommens-, einer Vermögens- und einer Objektsteuer
vor. Nach § 10 GStR unterliegt der Vermögenssteuer grundsätzlich "das
gesamte reine Vermögen der natürlichen und der juristischen Personen".

    Dem Antrag des Gemeinderates folgend beschloss die Einwohnergemeinde
Binningen am 19. Dezember 1960, § 10 GStR durch folgenden Absatz 2 zu
ergänzen:

    "Juristische Personen entrichten die Vermögenssteuer mindestens von
dem in der Bilanz ausgewiesenen Eigenkapital mit Einschluss der Reserven."

    Es ist unbestritten, dass dieser Nachtrag am 25. September 1961 von
der nunmehr dafür zuständigen Direktion des Innern genehmigt worden ist.

    C.- Die Firma Multengut AG ist eine Immobiliengesellschaft, die ihren
zivilrechtlichen Sitz im Jahre 1957 von Basel nach Schaffhausen verlegt
hat. Im Jahre 1961 machte sie mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend,
dass auch ihr allgemeines Steuerdomizil nach Schaffhausen verlegt worden
sei. Mit Entscheid vom 12. Mai 1962 stellte das Bundesgericht fest, dass
der wirkliche Sitz und damit das primäre Steuerdomizil der Multengut
AG immer noch Basel sei, doch müsse der Grundbesitz in Binningen und
Schaffhausen an diesen Orten versteuert werden.

    In der Gemeindesteuererklärung für Aktiengesellschaften für das Jahr
1961 vom 20. April 1961 hat die Firma Multengut AG einen steuerbaren
Reingewinn von Fr. .... und ein steuerbares Kapital, einschliesslich
Reserven, von Fr. .... deklariert und mit eingereichter Bilanz
ausgewiesen. Die verhältnismässige Aufteilung auf die beteiligten
Gemeinden ergab für Binningen 66,46%. Die Multengut AG wurde demgemäss
von der Gemeindeverwaltung am 28. Juni 1961 "für die Vermögenssteuer"
mit Fr. .... veranlagt.

    Die Firma Multengut AG war damit nicht einverstanden. Sie erhob am 6.
Juli 1961 Einsprache mit dem Antrag, "pro 1961 für ein Vermögen von Fr. 0"
eingeschätzt zu werden. Zur Begründung berief sie sich im wesentlichen
darauf, dass die Gemeinde Binningen keine Kapital-, sondern nur eine
Vermögenssteuer erheben dürfe. Auf Grund der massgeblichen Katasterwerte
ergebe sich für die Multengut AG kein steuerbares Vermögen. Es sei zwar
richtig, dass nach § 10 GStR juristische Personen mindestens das in der
Bilanz ausgewiesene Eigenkapital mit Einschluss der Reserven zu versteuern
haben. Diese Bestimmung sei jedoch verfassungswidrig.

    Die Gemeindeverwaltung Binningen wies die Einsprache am 12. Oktober
1961 ab. Der alsdann bei der Gemeindesteuer-Rekurskommission eingereichte
Rekurs wurde am 11. Dezember 1961 ebenfalls abgewiesen. Mit Entscheid
vom 26. Oktober 1963 wies schliesslich auch die Steuerrekurskommission
Baselland die von der Firma Multengut AG bei ihr eingereichte Beschwerde
ab.

    D.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 27. Dezember 1963 beantragt
die Firma Multengut AG, es sei der Entscheid der Steuerrekurskommission
Baselland vom 26. Oktober 1963 "als kantonal und eidgenössisch
verfassungswidrig und willkürlich aufzuheben und die Sache zu neuer
Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen, unter o/e Kostenfolge". Auf
die Begründung der Beschwerde wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen
hingewiesen.

    E.- Die Gemeindesteuer-Rekurskommission Binningen beantragt Abweisung
der Beschwerde. Die Steuerrekurskommission Baselland hat sich zwar
vernehmen lassen, aber auf die Stellung eines Antrages verzichtet.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der angefochtene Entscheid ist mit keinem kantonalen Rechtsmittel
anfechtbar (§ 103 StG). Die Beschwerdeführerin hat ein rechtliches
Interesse am Weiterzug. Die Beschwerdefrist ist eingehalten. Der
Vertreter der Beschwerdeführerin ist durch Vollmacht ausgewiesen. Auf
die staatsrechtliche Beschwerde ist somit grundsätzlich einzutreten.

    Das Begehren, die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz
zurückzuweisen, ist dagegen nicht zulässig, weil staatsrechtliche
Beschwerden der vorliegenden Art rein kassatorischer Natur sind (BGE 87
I 445 Erw. 2 mit Verweisungen, 89 I 368 Erw. 1).

    Ausser auf Art. 4 BV beruft sich die Beschwerdeführerin zur
Begründung ihrer Beschwerde auch auf zahlreiche Vorschriften
der kantonalen Verfassung, insbesondere auf § 33 KV, wonach die
"Organisation der Gemeinden" und die "Festsetzung ihres Wirkungskreises"
der Gesetzgebung vorbehalten sind. Der Rüge der Verletzung dieser
kantonalen Verfassungsbestimmungen kommt indessen neben der Willkürrüge
keine selbständige Bedeutung zu. Die Beschwerde macht nur geltend,
gewisse Vorschriften des Gemeindesteuerreglementes und der sich
darauf stützende Entscheid der Steuerrekurskommission widersprächen dem
kantonalen Gemeindegesetz und dem kantonalen Steuergesetz und seien darum
verfassungswidrig. Dass die erwähnten Gesetze selber verfassungswidrig
seien, wird nicht behauptet. Es handelt sich somit um die Auslegung und
Anwendung kantonalen Gesetzesrechtes, die das Bundesgericht nur unter dem
Gesichtswinkel der Willkür überprüft (vgl. Urteil vom 16. Juli 1948 in
Sachen Portlandzementfabrik Laufen gegen Baselland; BGE 91 I 176, Erw. 3).

Erwägung 2

    2.- Der angefochtene Entscheid stützt sich auf § 10 Abs. 2
GStR. Die Beschwerdeführerin bestreitet dessen Verfassungs- und
Gesetzmässigkeit. Zu Recht wird jedoch nicht die Aufhebung der genannten
Bestimmung verlangt. Eine staatsrechtliche Beschwerde gegen sie selber
wäre längst verspätet, da die Einwohnergemeinde Binningen darüber
schon am 19. Dezember 1960 Beschluss gefasst und das Departement
des Innern den fraglichen Nachtrag am 25. September 1961 genehmigt
hat. Zulässig ist dagegen die Anfechtung einer Anwendungsverfügung
durch den Betroffenen. Das Bundesgericht prüft in derartigen Fällen
vorfrageweise die Verfassungsmässigkeit der grundlegenden Vorschrift
(BGE 83 I 113 Erw. 2 mit Verweisungen, 86 I 274 Erw. 1 mit Verweisungen).

    § 10 Abs. 2 GStR verdankt seine Entstehung dem Umstand, dass bei
einer normalen Vermögensbesteuerung viele Immobiliengesellschaften
steuerfrei blieben, weil einerseits die Hauptaktiven (Liegenschaften)
zum niedrigen Katasterwert einzusetzen, anderseits aber die erheblichen
Schulden (Hypotheken) zum effektiven Betrag abzuziehen waren, sodass
kein Vermögen ausgewiesen wurde. Nach der unwidersprochen gebliebenen
Darstellung der Gemeindesteuer-Rekurskommission Binningen hat deshalb
zunächst die Gemeinde Muttenz in ihr Steuerreglement eine Bestimmung
aufgenommen, wonach Aktiengesellschaften die Vermögenssteuer mindestens vom
einbezahlten Aktienkapital zu entrichten haben. Andere Gemeinden folgten
diesem Beispiel, und es scheint, dass der Regierungsrat, bzw. nach heutiger
Ordnung das Departement des Innern, diese Neuerungen jeweilen genehmigt
hat. Über deren Verfassungs- und Gesetzmässigkeit ist damit freilich noch
nicht entschieden; das Bundesgericht ist an solche Genehmigungsbeschlüsse
nicht gebunden.

Erwägung 3

    3.- Nach dem im Rechtsstaate allgemein geltenden Grundsatz der
Gesetzmässigkeit der Steuer dürfen Steuern nur bei Vorliegen der
gesetzlichen Voraussetzungen und lediglich in dem vom Gesetz festgelegten
Umfange erhoben werden (IMBODEN, Verwaltungsrechtsprechung 2. Auflage
S. 100 f., speziell Ziffer I; BGE 84 I 93 Erw. 2 mit Verweisungen, 85
I 84 und 278, 87 I 14; § 33 KV). Die gesetzlichen Grundlagen für die
Erhebung der Gemeindesteuern im Kanton Baselland sind das Gemeindegesetz
aus dem Jahre 1881 und das Steuergesetz von 1952. Letzteres geht als lex
posterior dem Gemeindegesetz vor. Ausdrücklich aufgehoben wurden durch §
142 StG die §§ 139-141, 150 und 151 GG. Soweit im kantonalen Verfahren
auf diese Bestimmungen Bezug genommen wurde, erübrigen sich weitere
Ausführungen. Anderseits kann aber nicht, wie die Gemeindeverwaltung dies
in ihrer Beschwerdeantwort tut, behauptet werden, das Gemeindegesetz
sei so veraltet und "durchlöchert", dass "sich die Beschwerdeklägerin
kaum darauf wird berufen können". Die steuerrechtlichen Bestimmungen des
Gemeindegesetzes bleiben anwendbar, soweit sie durch das Steuergesetz
nicht ausdrücklich oder durch widersprechende neue Vorschriften aufgehoben
worden sind.

    Nach § 138 GG, der weder aufgehoben noch abgeändert wurde, dürfen
die Gemeinden von juristischen Personen Gemeindesteuern auf Einkommen
und Erwerb, sowie auf dem gesamten Reinvermögen (oder auf Gebäuden,
Grundstücken, Fahrhabe- und Kapitalvermögen) erheben. Darnach kann also
die Beschwerdeführerin mit einer Vermögenssteuer belastet werden. -
Das Steuergesetz sieht dagegen in § 41 für die Staatssteuer vor,
Kapitalgesellschaften hätten eine Gewinnsteuer und eine Kapitalsteuer zu
entrichten. Dem Gemeindegesetz sind diese Steuerarten fremd.

    Die beiden genannten Steuersysteme sind grundsätzlich verschieden.
Steuerobjekt der Vermögenssteuer ist die Differenz von Aktiven und
Passiven; bei der Kapitalsteuer dagegen wird das Eigenkapital (Grundkapital
und Reserven laut Bilanz) einer Gesellschaft steuerlich erfasst, ohne
Rücksicht darauf, ob das Grundkapital durch die Aktiven gedeckt ist oder
nicht (vgl. ERNST BLUMENSTEIN, System des Steuerrechts, S. 120; RÜTTIMANN,
Das steuerpflichtige Kapital der Aktiengesellschaft nach schweizerischem
Recht, S. 12; Basellandschaftliche Steuerpraxis II S. 266). Während für
die Vermögenssteuer die Progression gilt (§§ 40 und 141 Abs. 4 StG),
wird die Kapitalsteuer im Kanton Baselland - wie in den meisten übrigen
Kantonen - proportional erhoben (§ 45 StG; RÜTTIMANN, aaO S. 13).

Erwägung 4

    4.- Nach § 141 Abs. 6 StG sind die Gemeinden berechtigt, "die
Staatssteuereinschätzung allgemein auch für die Gemeindesteuer als
gültig zu erklären". - Machen sie von diesem Recht keinen Gebrauch,
so bleibt es bei der Ordnung nach Gemeindegesetz, ergänzt durch die
"Übergangsbestimmungen für die Gemeindesteuer" gemäss § 141 Abs. 1-5 und
7-10 StG. Holdinggesellschaften haben so an die Gemeinden ohne weiteres
die gleiche Kapitalsteuer zu entrichten wie an den Staat (§ 141 Abs.
3 StG). Die in den §§ 13 und 14 StG aufgeführten Institutionen sind mit
gewissen Ausnahmen von der Gemeindesteuer ebenso befreit wie von der
Staatssteuer (§ 141 Abs. 5 StG). Von allen übrigen Kapitalgesellschaften,
zu denen auch die Beschwerdeführerin gehört, können die Gemeinden nur eine
Einkommens- und eine Vermögenssteuer erheben (§ 138 GG). Für die Erhebung
einer von der Staatssteuereinschätzung unabhängigen Kapitalsteuer in der
Gemeinde fehlt dagegen die gesetzliche Grundlage, sofern nicht gestützt
auf § 141 Abs. 6 StG die Staatssteuereinschätzung allgemein auch für die
Gemeindesteuer als gültig erklärt worden ist.

    Wenn deshalb der angefochtene Entscheid erklärt, Absatz 2 von § 10
GStR spreche zwar von einer Vermögenssteuer, bezwecke aber die Erhebung
einer Kapitalsteuer, so ist mit der Beschwerdeführerin festzustellen,
dass dafür im Rahmen des Gemeindegesetzes keine und nach Steuergesetz
nur dann eine gesetzliche Grundlage vorhanden ist, wenn die Gemeinde
Binningen im Sinne von § 141 Abs. 6 StG vorgegangen ist.

Erwägung 5

    5.- Zu beantworten ist demnach die Frage: Lässt sich § 141 Abs. 6
ohne Willkür als gesetzliche Grundlage von § 10 Abs. 2 GStR bezeichnen?

    a) Wie erwähnt gibt § 141 Abs. 6 StG den Gemeinden das Recht,
"die Staatssteuereinschätzung" für die Gemeindesteuer als gültig
zu erklären. Dem Wortlaute nach würde sich diese Bestimmung nur auf
die Einschätzung, also auf die Feststellung der Steuerforderung auf
Grund der Veranlagung (BLUMENSTEIN, aaO S. 282) beziehen. Es ist
jedoch ausgeschlossen, dass die Übernahme im Sinne der angeführten
Vorschrift lediglich die Faktoren der Veranlagung erfassen könnte,
während es im übrigen bei dem vom Gemeindegesetz vorgesehenen System der
Einkommens- und Vermögensbesteuerung bliebe. Einkommen und Vermögen der
Kapitalgesellschaften werden gemäss Steuergesetz für die Staatssteuer
nicht überprüft, sondern nur Gewinn und Kapital nach Bilanz. Übernahme
der Staatssteuereinschätzung bedeutet also zwangsläufig Übernahme
des im Steuergesetz vorgesehenen Systems der Besteuerung durch die
Gemeinde und damit bei den Kapitalgesellschaften Erhebung von Gewinn-
und Kapitalsteuern durch die Gemeinde gemäss den für die Staatssteuer
als massgeblich festgestellten Bilanzwerten.

    b) In der Beschwerdeantwort der kantonalen Steuerrekurskommission wird
mit Recht darauf hingewiesen, dass die Gemeinden gemäss § 141 Abs. 5 StG
von den in den §§ 13 und 14 StG aufgeführten juristischen Personen keine
Kapitalsteuer erheben dürfen. Soweit § 10 Abs. 2 GStR eine Kapitalsteuer
für sämtliche juristische Personen und damit auch für die in den §§ 13 und
14 StG genannten Institutionen einführt, entbehrt er deshalb offensichtlich
einer gesetzlichen Grundlage. Da jedoch § 10 Abs. 2 GStR nicht mehr
selbständig angefochten werden kann und die Beschwerdeführerin nicht zu
den nach Steuergesetz von der Kapitalsteuer befreiten Institutionen gehört,
ist diese Frage im vorliegenden Falle ohne Bedeutung.

    c) Nach § 141 Abs. 6 StG dürfen die Gemeinden die
Staatssteuereinschätzung "allgemein" auch für die Gemeindesteuern
übernehmen. Die Beschwerdeführerin macht geltend, damit sei gesagt, dass
die Gemeinden sich entweder ganz für das System nach Steuergesetz oder
für dasjenige nach Gemeindegesetz entscheiden müssten. Es sei unzulässig,
die Staatssteuereinschätzung nur teilweise zu übernehmen. Demgegenüber ist
die Gemeindeverwaltung Binningen in Übereinstimmung mit dem angefochtenen
Entscheid der Auffassung, nach dem Grundsatz a maiore ad minus seien die
Gemeinden auch berechtigt, an Stelle der ganzen Staatssteuereinschätzung
lediglich einen Teil derselben zu übernehmen.

    Es ist unbestritten, dass als gemeinderechtliche Übernahmebestimmung
nur § 10 Abs. 2 GStR in Betracht fällt und dass damit die
Staatssteuereinschätzung nur in sehr eingeschränktem Umfange von der
Gemeinde übernommen worden ist, nämlich

    -  nur für die juristischen und nicht auch für die natürlichen
Personen,

    - nur für die Vermögens- und nicht für die Einkommensbesteuerung, und

    - nur als Mindeststeuer für den Fall, dass die reguläre Vermögenssteuer
weniger einbringen würde.

    Abgesehen davon ist auch fraglich, ob die kantonale Kapitalsteuer als
solche in diesem beschränkten Umfange im Rahmen des Gemeindesteuerrechtes
für anwendbar erklärt wurde. § 10 Abs. 2 GStR spricht nicht
ausdrücklich von einer "Kapitalsteuer" und nimmt nicht Bezug auf die
Staatssteuereinschätzung oder auf § 141 Abs. 6 StG, sondern sieht einfach
die Erhebung einer "Vermögenssteuer... von dem in der Bilanz ausgewiesenen
Eigenkapital mit Einschluss der Reserven" vor. Das Objekt dieser Steuer
ist somit identisch mit demjenigen der Kapitalsteuer gemäss § 44 StG, auch
wenn es mit etwas anderen Worten umschrieben wird. Das heisst jedoch noch
nicht, dass damit die Kapitalsteuer gemäss Steuergesetz von der Gemeinde
übernommen worden ist. Dazu gehörte auch die Übernahme des verhältnismässig
starren Steuersatzes gemäss § 45 StG, der mit dem progressiven Steuersatz
bei der Vermögenssteuer nichts gemein hat. Der Wortlaut von § 10
GStR spricht eher dafür, dass die Gemeinde beabsichtigte, das Kapital
der juristischen Personen als das für die allgemeine Vermögenssteuer
massgebliche Vermögen heranzuziehen. Dies scheint auch das in Muttenz
gewählte System zu sein. Als Übernahme der Staatssteuereinschätzung könnte
eine solche Regelung nicht anerkannt werden, weil darin eine durch nichts
gerechtfertigte und deshalb willkürliche Verkuppelung zweier Systeme läge:
Erhebung einer Vermögenssteuer vom bilanzierten Eigenkapital. Hiefür
fehlt eine gesetzliche Grundlage. Es scheint indessen, dass von der
Beschwerdeführerin für die Gemeinde eine eigentliche Kapitalsteuer
im Sinne des Steuergesetzes verlangt worden ist. Die in Rede stehende
Gemeindesteuerrechnung erfasst offenbar das Kapital der Beschwerdeführerin
in gleicher Weise wie die Staatssteuerrechnung. § 10 Abs. 2 GStR entgegen
seinem Wortlaut dahin auszulegen, die Bezeichnung "Vermögenssteuer"
sei einfach ungenau und es wolle in Wirklichkeit eine Kapitalsteuer
gemäss Steuergesetz erhoben werden, lässt sich nicht als willkürlich
bezeichnen, da damit Systemwidrigkeiten wenigstens mit Bezug auf bestimmte
Steuersubjekte und eine bestimmte Steuerart vermieden werden.

    Unter Berücksichtigung der vorhin unter Ziffer 5 lit. a vorgenommenen
Präzisierung ist der Wortlaut von § 141 Abs. 6 StG klar. Er ermächtigt die
Gemeinden, das im kantonalen Steuergesetz vorgesehene Besteuerungssystem
"allgemein auch für die Gemeindesteuer" für anwendbar zu erklären. Was
anders damit gemeint sein könnte als eine vollständige, umfassende,
sich auf alle Steuerpflichtigen und alle Steuerobjekte erstreckende
Übernahme der Staatssteuereinschätzung, ist nicht ersichtlich. Auch mit
dem Sinn dieser gesetzlichen Regelung ist eine andere Auslegung nicht
vereinbar. Ein Besteuerungssystem, wie es im kantonalen Steuergesetz
geregelt ist, bildet in der Regel ein einheitliches Gebilde. Es lässt sich
nur schwer in seine einzelnen Bestandteile zerlegen, weil diese aufeinander
abgestimmt sind und oft auch so eng miteinander zusammenhängen, dass sie
sich vernünftigerweise gar nicht trennen lassen. Sachlich vertretbar
ist deshalb allein die mit dem Wortlaut von § 141 Abs. 6 übereinstimmende
Auffassung, mit den in § 141 StG enthaltenen "Übergangsbestimmungen für
die Gemeindesteuer" werde den Gemeinden die Möglichkeit geboten, für
die Gemeindesteuern bis zum Inkrafttreten eines neuen Gemeindegesetzes
entweder mit gewissen Anpassungen das bisherige System der Einkommens-
und Vermögensbesteuerung nach Gemeindegesetz beizubehalten, oder aber als
Ganzes das System der Staatssteuer gemäss Steuergesetz zu übernehmen. Ohne
Willkür kann deshalb § 141 Abs. 6 StG nicht als gesetzliche Grundlage von
§ 10 Abs. 2 GStR bezeichnet werden, der, auch ausdehnend interpretiert,
die Staatssteuereinschätzung nur in ganz beschränktem Umfange auf das
Gemeindesteuerrecht überträgt. Die gegenteilige Auffassung der kantonalen
Steuerrekurskommission verstösst demnach gegen Art. 4 BV, sodass ihr
Entscheid in Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwerde aufzuheben ist.
Auf die weiter von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwände braucht
unter diesen Umständen nicht eingetreten zu werden.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird dahin gutgeheissen, dass der Entscheid der
Steuerrekurskommission Baselland vom 26. Oktober 1963 aufgehoben wird.