Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 91 IV 43



91 IV 43

13. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 5. März 1965 i.S. Knecht
gegen Justizdirektion des Kantons Appenzell A.Rh. Regeste

    Art. 3 Abs. 3 GSchG. Die Ermächtigung der Kantone, zur Behebung der
Gewässerverunreinigung Massnahmen anzuordnen und Fristen anzusetzen,
befreit den Betriebsinhaber nicht von der Verpflichtung, schon von sich
aus das ihm Zumutbare gegen eine weitere Gewässerverschmutzung vorzukehren.

Sachverhalt

    A.- Knecht übernahm im Jahre 1960 käuflich eine Teppichwäscherei. Die
Abwasser dieses Unternehmens flossen seit dessen Bestehen vorerst in einen
Weiher, der als Absatzbecken diente, und von dort in den Mühlebach, der
weiter unten in die Goldach mündet. Anfangs Januar 1963 wurde der Weiher,
der sich auf einem als Bauland weiterverkauften Nachbargrundstück befand,
ausgefüllt, so dass die Abwasser von da an unmittelbar in das öffentliche
Gewässer flossen. Anderseits wurde der Umsatz im Wäschereibetrieb um
ungefähr einen Drittel verstärkt. Am 22. November 1962 reichte Knecht zur
Erweiterung seines Fabrikbetriebs ein Baugesuch ein. Im Zusammenhang damit
liess er durch die Eidgenössische Anstalt für Wasserbau, Abwasserreinigung
und Gewässerschutz (EAWAG) in Zürich das Abwasser untersuchen. Dabei
wurde festgestellt, dass dessen Schmutzstoffmenge derjenigen von 350 bis
550 Einwohnern entspreche. Am 6. März 1963 teilte der Kantonsingenieur
als Obmann der kantonalen Fachstelle für Gewässerschutz Knecht die
Bedingungen mit, die der kantonalen Gewässerschutzkommission für die
Erteilung der Baubewilligung beantragt werden. Es wurde ihm dabei
im einzelnen dargelegt, welchen Anforderungen die Abwasserableitung
genügen müsse. Unter Wiederholung und Verdeutlichung dieser Bedingungen
erteilte die Kantonale Gewässerschutzkommission Knecht am 12. Juni
1963 die Bewilligung zur Einleitung seiner Betriebsabwasser in den
Mühlebach. Gleichzeitig wurde ihm Frist bis 30. Juni 1964 angesetzt, innert
welcher diese Bedingungen erfüllt sein müssten. Gestützt darauf erhielt er
am 12. Juli 1963 auch die nachgesuchte Baubewilligung. Knecht beauftragte
in der Folge ein Baugeschäft mit der Planung eines Absatzbeckens unter dem
neuen Betriebsgebäude. Die Verwirklichung des ausgearbeiteten Planes blieb
jedoch aus. Unterdessen liess Knecht die Abwasser seines Wäschereibetriebes
wie bis anhin unüberwacht und ungeklärt in die öffentlichen Gewässer
abfliessen. Seit der Auffüllung des frühern, offenen Absatzbeckens, vor
allem aber im November 1963 wurde im Mühlebach eine auffallend starke
Zunahme der Verschmutzung festgestellt, die sich in Schaumbergen, einer
grauen, trüben Wasserfärbung und einem starken Chlorgeruch offenbarte. In
der Zeit vom 11. bis 14. November 1963 wurden in der Goldach unterhalb
der Einmündung des Mühlebachs insgesamt 86 tote Forellen gefunden. Die
toten wie auch ein Teil der noch lebenden Fische wiesen einen weiss-grauen
Pilzbelag (Saprolagnia) auf, der sich infolge Abwassereinwirkungen bei
den dadurch verursachten Hautverletzungen bildete und die Fischkörper
vergiftete oder zu vergiften drohte. Auf Grund verschiedener Wasserproben
wurde diese Verschmutzung auf die Abwasser des Wäschereibetriebes Knechts
zurückgeführt.

    B.- Mit Urteil vom 9. April 1964 erklärte das Bezirksgericht Mittelland
Knecht der vorsätzlichen fortgesetzten Widerhandlung gegen Art. 3 Abs. 1
des Bundesgesetzes über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung
(GSchG) schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldbusse von Fr. 5'000.--.

    Auf Berufung des Verurteilten hin setzte das Obergericht von Appenzell
A. Rh., 1. Abteilung, am 30. Juli 1964 die Busse auf Fr. 2'000.-- herab
unter Gewährung der bedingten vorzeitigen Löschung gemäss Art. 49 Ziff. 4
StGB, mit einer Probezeit von einem Jahr.

    C.- Gegen dieses Urteil führt Knecht die vorliegende
Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, ihn von Schuld und Strafe
freizusprechen, allenfalls die Sache an die Vorinstanz zur Freisprechung
zurückzuweisen.

    Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 3 Abs. 3 GSchG sind bei bestehenden Ableitungen die
erforderlichen Massnahmen zu treffen, um Gewässerverunreinigungen
zu beheben. Zu Unrecht glaubt der Beschwerdeführer, dies habe
erst auf behördliche Weisung hin zu geschehen. Wohl ist im nämlichen
Gesetzesabsatz gesagt, die Kantone seien "ermächtigt, die Durchführung
dieser Massnahmen schrittweise anzuordnen und angemessene Fristen
anzusetzen". Diese Ermächtigung befreit den Betriebsinhaber jedoch nicht
von der Verpflichtung, bereits von sich aus das ihm Zumutbare gegen
eine weitere Gewässerverschmutzung vorzukehren. Diesem Gebot ist der
Beschwerdeführer nicht nachgekommen.

Erwägung 3

    3.- Was den Umfang der Verschmutzung anbelangt, so steht fest, dass
diese seit der Betriebsübernahme durch den Beschwerdeführer nicht nur
gleich geblieben ist, sondern zugenommen hat. Ursache hiefür bildeten
offensichtlich die stärkere Betriebsausnutzung einerseits und der
Ausfall des Weihers als Klärbecken anderseits. Beide Umstände waren dem
Beschwerdeführer bekannt. Dass er gemäss seinem Einwand die Ausfüllung
jenes benachbarten Weihers nicht verhindern konnte, vermag ihn nicht
zu entlasten. Es lag an ihm, für diesen Ausfall eine entsprechende
Ersatzlösung zu treffen. Hinzu kam im Winter 1963/64 ein allgemeiner
Wassermangel, durch den die Gewässerverschmutzung eine Verdichtung
erfuhr. Auch mit einem derartigen Umstand war zu rechnen. Unwesentlich
ist die Einwendung, die im November 1963 festgestellten Verhältnisse,
namentlich das Eingehen einer Anzahl Fische seien nicht allein durch
diese Fabrikabwasser verursacht worden. Für die Verantwortlichkeit des
Beschwerdeführers genügt die verbindliche Feststellung der Vorinstanz, dass
die Abwasser seines Betriebes mit zu jenen Erscheinungen und Schädigungen
beigetragen haben.

Erwägung 4

    4.- Die Notwendigkeit von Massnahmen im Sinne von Art. 3 Abs. 3
GSchG konnte der Beschwerdeführer schon auf Grund des Befundes der EAWAG
vom 27. Februar 1963 erkennen. Und spätestens anhand des Berichtes des
Kantonsingenieurs vom 6. März 1963 musste ihm bewusst sein, dass und
inwiefern die Abwasserableitung den gesetzlichen Erfordernissen nicht
entsprach. Von diesem Zeitpunkte an durfte er keinesfalls weiter zögern,
für eine sofortige Abhilfe gegen eine weitere Gewässerverschmutzung zu
sorgen. Einer besonderen Weisung seitens der Behörde bedurfte es hiefür
nicht. Es kann deshalb dahin gestellt bleiben, ob die dem Beschwerdeführer
am 6. März und 12. Juni 1963 bekanntgegebenen und auferlegten Bedingungen
bereits eine solche Weisung enthielten. Entscheidend ist allein, dass er
dadurch auf die bestehenden Mängel und die erforderlichen Vorkehrungen
aufmerksam gemacht worden ist. Die dem Beschwerdeführer dabei angesetzte
Frist ist in diesem Zusammenhang ebenfalls ohne Bedeutung. Sie hatte
nur Geltung im Hinblick auf die geplante Betriebsausweitung. Von der
gesetzlichen Verpflichtung, die Gewässerverschmutzung durch die bisherige
Ableitung zu verhindern, entband sie ihn nicht.