Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 91 II 44



91 II 44

5. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. März 1965 i.S. Adès
gegen Internationale Filmvertriebsanstalt. Regeste

    Der Gerichtsstand für die Arrestforderungsklage bestimmt sich unter
Vorbehalt von Art. 59 BV und von Staatsverträgen nach kantonalem Recht.

    Internationales Obligationenrecht; Wahl des anwendbaren Rechtes
durch die Vertragsparteien. Voraussetzungen der Gültigkeit, Zeitpunkt
und Tragweite der Rechtswahl. Unter welchen Rechtsordnungen dürfen die
Parteien wählen? Ihre Wahl ist auf jeden Fall dann anzuerkennen, wenn ihr
ein vernünftiges Interesse an der Anwendung des gewählten Rechtes zugrunde
liegt (Erweiterung der Rechtsprechung). Ein solches Interesse ist z.B.
vorhanden, wenn sich die Parteien im Prozess auf die Anwendung der lex
fori einigen.

Sachverhalt

    Die Internationale Fimvertriebsanstalt in Vaduz anvertraute dem
in Paris wohnhaften Adès im März 1961 die Verwaltung eines in New
York liegenden Wertschriftendepots. Im Januar 1962 liess sie für
eine Schadenersatzforderung wegen Vertragsverletzung Vermögenswerte
des Beauftragten in Basel arrestieren. Zur Aufrechterhaltung des
Arrestes leitete sie gegen ihn in Basel Betreibung und nach erfolgtem
Rechtsvorschlag Klage ein. Die Basler Gerichte hiessen die Klage teilweise
gut. Das Bundesgericht bestätigt den Entscheid der obern kantonalen
Instanz. Über den Gerichtsstand und das anwendbare Recht enthält sein
Urteil folgende

Auszug aus den Erwägungen:

                           Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Das Zivilgericht, dem das Appellationsgericht in diesem Punkte
stillschweigend gefolgt ist, hat angenommen, es sei als Gericht des
Arrestortes nach schweizerischem und nach internationalem Recht für die
Beurteilung der vorliegenden Klage zuständig. Der Beklagte behauptet
mit Recht nicht, diese Annahme verstosse gegen Bundesrecht im Sinne von
Art. 43 OG. Unter Vorbehalt von Art. 59 BV und von Staatsverträgen dürfen
die Kantone die Frage, wo die Arrestforderungsklage zu erheben sei, nach
ihrem Gutfinden regeln (BGE 85 II 363), für diese Klage also insbesondere
den Gerichtsstand des Arrestes vorsehen, wie der Kanton Basel-Stadt es
getan hat (§ 6 ZPO). Art. 59 BV, dessen Verletzung übrigens nicht mit
der Berufung, sondern mit staatsrechtlicher Beschwerde zu rügen wäre,
greift im vorliegenden Falle nicht ein, weil der Beklagte nicht in der
Schweiz wohnt. Der Gerichtsstandsvertrag mit Frankreich vom 15. Juni
1869 und die Verordnung des Bundesgerichtes vom 29. Juni 1936 betr. die
Zusatzakte vom 4. Oktober 1935 zu diesem Vertrage sind, obwohl der
Beklagte in Frankreich wohnt, nicht anwendbar, weil es sich nicht um einen
Rechtsstreit zwischen einem Schweizer und einem Franzosen, sondern um
einen solchen zwischen einer juristischen Person des liechtensteinischen
Rechts und einem britischen Staatsangehörigen handelt. Ebensowenig steht
ein anderer Staatsvertrag der Anwendung der kantonalen Vorschriften über
den Gerichtsstand des Arrestes im Wege.

Erwägung 2

    2.- Da der vorliegende Rechtsstreit vor schweizerischen Gerichten
zwischen einer juristischen Person des liechtensteinischen Rechts mit
Sitz in Vaduz und einem britischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in
Paris schwebt und Schadenersatzansprüche wegen Verletzung eines in Paris
abgeschlossenen Vertrags über die von Paris aus zu besorgende Verwaltung
eines in New Yorkliegenden Wertschrift endepots der erwähnten juristischen
Person betrifft, stellt sich die Frage des anwendbaren Rechtes. Diese
Frage ist auf Grund der einschlägigen Regeln des schweizerischen Rechts
als des am Gerichtsorte geltenden Rechts zu entscheiden. Das Bundesgericht
hat sie von Amtes wegen zu prüfen, da es zur Beurteilung der Sache selbst
nur befugt ist, wenn der Streitfall vom schweizerischen Rechte beherrscht
wird (Art. 43 Abs. 1 und 55 Abs. 1 lit. c OG; BGE 78 II 77 mit Hinweisen,
79 II 297, 81 II 176 und 392, 87 II 197, 89 II 215, 90 II 123).

Erwägung 3

    3.- Die Klägerin bemerkte in der Klageschrift, ihre
Schadenersatzansprüche gegen den in Frankreich wohnhaften Beklagten (ihren
Beauftragten) seien nach französischem Rechte zu beurteilen, doch sei sie
bereit, sich dem schweizerischen Rechte als gewählter Rechtsordnung zu
unterwerfen. Der Beklagte erklärte in der Klageantwort, er sei mit der
von der Klägerin vorgeschlagenen Anwendung des schweizerischen Rechtes
einverstanden. In diesen Erklärungen erblickte das Zivilgericht eine
gültige Rechtswahl. Das Appellationsgericht hat zu dieser Frage nicht
ausdrücklich Stellung genommen.

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes, die mangels einer
gesetzlichen oder gewohnheitsrechtlichen Ordnung auf dem Wege der
Lückenausfüllung (Art. 1 Abs. 2 und 3 ZGB) die hier massgebenden Regeln
herausgearbeitet hat, sind die Parteien auf dem Gebiete des internationalen
Vertragsrechts befugt, das anwendbare Recht zu wählen, und zwar sind nach
der neuern Rechtsprechung grundsätzlich sowohl die Entstehung und die
Gültigkeit als auch die Wirkungen des Vertrags nach dem gewählten Rechte zu
beurteilen (BGE 78 II 85 f., 79 II 297, 82 II 552). Die Rechtswahl kann,
wie in BGE 79 II 298 ff. dargetan, nicht bloss beim Vertragsabschluss,
sondern auch später, insbesondere auch erst im Prozess erfolgen, spätestens
vor dem kantonalen Sachrichter (BGE 89 II 216), und ist abänderlich. Der
Verweisungsvertrag, durch den sie vorgenommen wird, unterliegt keiner
besondern Form, doch ist erforderlich, dass beide Parteien im Bewusstsein,
dass die Frage des anwendbaren Rechtes sich stellt, den Willen äussern,
ihre Beziehungen einem bestimmten Rechte zu unterwerfen (BGE 87 II 200
f., 88 II 327, 89 II 216 und 267). Im vorliegenden Falle haben sich die
Parteien vor der ersten kantonalen Instanz im Anschluss an die Bemerkung
der Klägerin, dass an sich französisches Recht anwendbar sei, auf die
Anwendung des schweizerischen Rechts geeinigt. Die Schadenersatzforderung
der Klägerin wegen Verletzung der von den Parteien getroffenen Abmachung
ist also kraft Rechtswahl nach schweizerischem Rechte zu beurteilen,
sofern sich die Wahl dieses Rechtes nicht etwa mangels einer genügenden
Beziehung der Streitsache zur Schweiz als unzulässig erweist.

Erwägung 4

    4.- Die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtes, welche die
Rechtswahl seit dem Entscheide BGE 32 II 415 ff. nur für die Wirkungen des
Vertrages zuliess (vgl. z.B. die bei SCHÖNENBERGER/JÄGGI, Allg. Einleitung,
N. 197 a.E. angeführten Entscheide), schränkte das Wahlrecht der Parteien
mit Bezug auf die wählbaren Rechte nicht ein. Die damals beurteilten Fälle
boten aber auch keinen Anlass zur Prüfung der Frage, ob jedes beliebige
Recht oder nur das Recht eines Landes, zu dem der Vertrag eine Beziehung
hat, gewählt werden dürfe; denn in den Fällen, wo eine bewusste Rechtswahl
vorlag, war eine solche Beziehung vorhanden (vgl. namentlich BGE 68 II
203 ff. und 220 ff.).

    Ausführungen über die erwähnte Frage finden sich erst im Entscheide
BGE 78 II 74 ff., der den Grundsatz aufstellte, dass die Entstehung und
die Wirkungen eines Vertrages nach dem gleichen Rechte, nämlich nach dem
von den Parteien gewählten Rechte oder in Ermangelung eines solchen nach
dem Rechte des Landes zu beurteilen seien, mit welchem der Vertrag den
engsten räumlichen Zusammenhang aufweist. In diesem Entscheide, der einen
Fall betraf, wo eine Rechtswahl unterblieben war, hat das Bundesgericht
(S. 86) unter Hinweis auf GUTZWILLER, Das Kaufrecht (in GUTZWILLER und
NIEDERER, Beiträge zum Haager internationalen Privatrecht, 1951, S. 26,
44-45) erklärt, die Parteien seien in der Wahl des anwendbaren Rechtes
nicht vollständig frei; nach allgemeiner Lehrmeinung (selon l'opinion
commune en doctrine) sei zum mindesten erforderlich, dass ihr Vertrag
natürliche Beziehungen von einiger Bedeutung (des attaches naturelles
et de quelque importance) zum Lande habe, dessen Recht sie wählen, ganz
abgesehen davon, dass der Richter des Gerichtsortes dieses Recht nur im
Rahmen seiner eigenen öffentlichen Ordnung anwende.

    Seit diesem Entscheide hat das Bundesgericht die Frage, unter welchen
Rechtsordnungen die Parteien wählen dürfen, nicht mehr behandelt, wenn
man davon absieht, dass es in BGE 79 II 295 ff., wo es die Rechtswahl
mittels einer erst nach dem Vertragsabschluss getroffenen Vereinbarung
und die Abänderung einer früher vorgenommenen Wahl zuliess, vom Ersatz
der ursprünglich gewählten Rechtsordnung durch eine andere, "nach dem
Sachverhalt ebenfalls in Betracht kommende" sprach (S. 301) und dass
es in BGE 82 II 552 erklärte, die Parteien seien im internationalen
Obligationenrecht "zum mindesten dem Grundsatze nach" befugt, das
massgebende Recht "frei" zu wählen (les parties peuvent, à tout le moins
en principe, désigner librement la loi compétente).

    Folgt man der in BGE 78 II 86 vertretenen Auffassung, so erweist sich
die im vorliegenden Falle erfolgte Rechtswahl als unzulässig, weil der
zu beurteilende Vertrag als solcher zur Schweiz keine Beziehung hat.

Erwägung 5

    5.- Die erwähnte Auffassung war jedoch schon im Jahre 1952, als
der Entscheid BGE 78 II 86 erging, nicht unangefochten. GUTZWILLER,
auf den sich das Bundesgericht damals berief, bezeichnete zwar an der
erstangeführten Stelle (S. 26) als "ganz selbstverständliche" Voraussetzung
der Rechtswahl, "dass das von den Parteien gekürte Recht mit ihrem Vertrag
irgend eine räumliche Beziehung aufweist", wies aber an der zweitgenannten
Stelle zutreffend darauf hin, dass dieser Punkt sehr umstritten sei. Vor
allem sprach sich damals bereits der Entwurf eines Abkommens über
Gesetzeskonflikte beim Warenkauf, den der von der 6. Session der Haager
Konferenz für internationales Privatrecht eingesetzte Sonderausschuss
im Jahre 1931 angenommen hatte, für eine unbeschränkte Wahlbefugnis der
Parteien aus (Conférence de La Haye de Droit international privé, Documents
relatifs à la Septième Session tenue du 9 au 31 octobre 1951, S. 4
ff.). Art. 2 dieses Entwurfs bestimmte vorbehaltlos, der Kauf werde durch
das inländische Recht des von den Parteien bezeichneten Landes geregelt
(La vente est régie par la loi interne du pays désigné par les parties
contractantes). JULLIOT DE LA MORANDIÈRE bemerkte in dem diesen Entwurf
begleitenden Berichte, die den Parteien hinsichtlich der wählbaren Rechte
eingeräumte Freiheit sei so weit (large) wie möglich; alle vorgeschlagenen
Beschränkungen seien im Interesse des internationalen Handels abgelehnt
worden (aaO S. 22). RABEL (The conflict of laws, 2. Band 1947, S. 408, 427)
lehnte eine Beschränkung der Rechtswahl auf Rechtsordnungen, zu denen der
Vertrag eine Beziehung hat, ebenfalls ab. Auch MOSER (Vertragsabschluss,
Vertragsgültigkeit und Parteiwille im internat. OR, 1948, S. 195 ff., 200)
erklärte, für eine solche Beschränkung bestehe bei internationalen (zu
mehr als einer Rechtsordnung in einer wesentlichen objektiven Beziehung
stehenden) Tatbeständen kein Grund; in einem solchen Falle dürfe eines
dieser Rechte oder ein sonstiges gewählt werden.

    Seit dem Erscheinen der in BGE 78 II 86 angeführten Abhandlung
Gutzwillers haben sich die Stimmen zugunsten der freien Rechtswahl
gemehrt. WOLFF erklärte 1954 (Das IPR Deutschlands, 3. Aufl. S. 139) in
Abweichung von seiner frühern Ansicht (2. Aufl. 1949 S. 118), die Parteien
seien befugt, das auf ihren Vertrag anwendbare Recht "beliebig" zu wählen;
ihre Autonomie sei "unbeschränkt, wenn von etwaigen Fällen sinnloser,
albern-verspielter, kurz, ungehöriger Wahl abgesehen wird." Das aus den
Beratungen der 7. Session der Haager Konferenz (1951) hervorgegangene
Abkommen über das auf internationale Warenkäufe anwendbare Recht
(Convention sur la loi applicable aux ventes à caractère international
d'objets mobiliers corporels) vom 15. Juni 1955, das am 1. September 1964
in Kraft trat (Schweiz. Jahrbuch für internat. Recht 1963 S. 274), für die
Schweiz aber noch nicht gilt, übernahm in Art. 2 die bereits wiedergegebene
Bestimmung des Entwurfs von 1931. Wie FRÉDÉRICQ darlegt, verwarf die
Konferenz mehrere Anträge auf Beschränkung der Wahlfreiheit der Parteien
(Académie de Droit international, Recueil des cours 1958 I 39 f.; vgl.
Conférence de La Haye, Actes de la Septième Session, S. 32 ff.). Unter
Hinweis auf dieses Abkommen trat auch GAMILLSCHEG (Archiv für die civilist.
Praxis 1958/59 S. 308 ff.) dafür ein, dass bei internationalen Verträgen
die Rechtswahl unbeschränkt zuzulassen sei. Gleicher Ansicht ist VON
OVERBECK (Schweiz. Jahrbuch für internat. Recht 1963 S. 275).

    Allgemein anerkannt ist diese Auffassung freilich nicht. Auch unter
den Befürwortern einer Beschränkung der Rechtswahl herrscht jedoch heute
das Bestreben vor, diese Wahl zu erleichtern. Das Erfordernis einer
räumlichen Beziehung zwischen dem Vertrag und dem Lande, dessen Recht
gewählt wird, tritt in den Hintergrund. So begnügt sich der Entwurf eines
portugiesischen Zivilgesetzbuchs von 1951 (MAKAROV, Quellen des IPR,
2. Aufl. I 1953/54, Nr. 45 Portugal, S. 35/36) mit der Vorschrift, es
müsse sich um ein Recht handeln, "dessen Anwendbarkeit im Einzelfalle
einem bedeutenden und berücksichtigenswerten Interesse entspricht",
und betrachtet diese Voraussetzung ohne weiteres als gegeben, wenn das
gewählte Recht eine objektive Beziehung mit dem fraglichen Rechtsverhältnis
aufweist. Das französische "Avant-projet de Code civil", dessen I. Teil
1955 veröffentlicht wurde, bestimmt in Art. 89 Abs. 1:

    "Sous réserve des dispositions de police et de sûreté, les contrats
sont soumis, en ce qui concerne leurs conditions de fond et leurs effets
obligatoires, à la loi que les contractants ont choisie dans un intérêt
légitime."

    Der Grundgedanke dieser Regelung fand zahlreiche Anhänger. GAMILLSCHEG,
der schon im bereits angeführten Aufsatze (S. 311) erklärt hatte, gegen
das - nach seiner Ansicht praktisch stets erfüllte - Erfordernis eines
"intérêt légitime" sei nichts einzuwenden, führte 1959 (Internationales
Arbeitsrecht, S. 101) aus, die Parteien seien nicht auf die Wahl eines
Rechtes beschränkt, zu dem der Vertrag eine örtliche Beziehung habe,
sondern ihre Wahl sei schon dann anzuerkennen, "wenn sie durch irgendein
sachliches Interesse getragen wird." Im gleichen Sinne äussern sich
KEGEL (IPR, 1960, S. 208: "irgendein anerkennenswertes Interesse an der
Herrschaft des gewählten Rechts"), SCHÖNENBERGER/JÄGGI (Allg. Einleitung,
1961, N. 199: "jede Rechtsordnung, für deren Wahl ein vernünftiges
Interesse der Parteien spricht oder die in guten Treuen gewählt wurde"),
RAAPE (IPR, 5. Aufl. 1961, S. 461: "ein intérêt légitime"), und UMBRICHT
(Die immanenten Schranken der Rechtswahl im internat. Schuldvertragsrecht,
1963, S. 107 ff.: "Rechte, deren Anwendbarkeit einem legitimen Interesse
entspricht"). Ähnlich sind, wie UMBRICHT (S. 113-115) zutreffend ausführt,
in der praktischen Auswirkung auch die Auffassungen von BATIFFOL (Les
conflits de lois en matière de contrats, 1938, n. 57 ff. S. 51 ff.,
und Traité élémentaire de droit international privé, 3. Aufl. 1959,
n. 574 S. 624 ff.) und NIEDERER (Einführung in die allg. Lehren des IPR,
1. Aufl. 1954, 3. Aufl. 1961, je S. 196); ebenso diejenige von VISCHER
(Internationales Vertragsrecht, 1962, S. 51 ff.).

    Den Befürwortern der unbeschränkten Rechtswahl und den Anhängern
der Lehre, welche die Anerkennung der Wahl eines bestimmten Rechts von
einem rechtmässigen oder vernünftigen Interesse an dessen Anwendung
abhängig macht, ist darin beizustimmen, dass das Erfordernis einer
natürlichen oder räumlichen Beziehung zwischen dem Vertrag und dem Lande,
dessen Recht gewählt wird, zu streng ist. Den Grundauffassungen des
schweizerischen Rechts, das für den innern Bereich die Vertragsfreiheit
in weitem Masse gewährleistet (Art. 19 OR), entspricht es, dem Willen der
Vertragsparteien auch im Kollisionsrecht einen ausgedehnten Spielraum
zuzugestehen. Anerkennt man den Parteiwillen im internationalen
Obligationenrecht als selbständigen Anknüpfungsbegriff, wie es die
schweizerische Rechtsprechung seit jeher tut (vgl. BGE 79 II 299), so
besteht kein sachlicher Grund, die Rechtswahl auf solche Rechtsordnungen
zu beschränken, mit denen das Vertragsverhältnis z.B. durch den Wohnsitz
oder die Staatsangehörigkeit einer Partei oder durch den Abschluss- oder
den Erfüllungsort verbunden ist. Vielmehr verdient beispielsweise auch
eine Rechtswahl Beachtung, die lediglich darauf beruht, dass das gewählte
Recht für Verträge der in Frage stehenden Art eine besonders sorgfältige
Regelung enthält, dass sich die Parteien erprobten Handelsbräuchen,
welche die Anwendung des gewählten Rechts voraussetzen, unterwerfen
wollen oder dass ihr Vertrag mit andern Geschäften zusammenhängt, welche
dem gewählten Rechte unterliegen. Allgemein gesprochen, ist die Wahl der
Parteien in Erweiterung des in BGE 78 II 86 aufgestellten Grundsatzes
auf jeden Fall dann anzuerkennen, wenn ihr ein vernünftiges Interesse an
der Anwendung des gewählten Rechtes zugrunde liegt. (Dass schon BGE 78 II
86 die Rechtswahl in diesem Rahmen zugelassen habe, trifft entgegen der
Ansicht von SCHÖNENBERGER/JÄGGI, Allg. Einleitung N. 244, nicht zu.) Ob
den Parteien internationaler schuldrechtlicher Verträge unter Vorbehalt der
öffentlichen Ordnung geradezu ein unbeschränktes Wahlrecht einzuräumen sei
oder ob zur Vermeidung von Missbräuchen oder eines "choix trop arbitraire
des parties" (wie die Begründung des französischen Vorentwurfs auf S. 65
sagt) ein Interesse der erwähnten Art gefordert werden müsse, braucht heute
nicht entschieden zu werden; denn im vorliegenden Falle erweist sich die
erfolgte Rechtswahl auch nach der strengern dieser beiden Auffassungen
als gültig.

Erwägung 6

    6.- Lässt man mit der neuern Rechtsprechung des Bundesgerichtes eine
nachträgliche Rechtswahl zu, so ist ein vernünftiges Interesse an der
Anwendung des gewählten Rechts namentlich anzuerkennen, wenn sich die
Parteien im Prozess auf die Anwendung des am Gerichtsort geltenden Rechtes
einigen, und zwar muss dies auch dann gelten, wenn ihr Vertragsverhältnis
mit dem Lande, in dem sie prozessieren, an sich nichts zu tun hat und die
Zuständigkeit der Gerichte dieses Landes nur auf dem zufälligen Umstande
beruht, dass es dem Kläger gelang, in diesem Lande Vermögensstücke des
Beklagten zu arrestieren. Das Bestehen eines Arrestgerichtsstandes vermag
zwar an und für sich die Anwendung der lex fori nicht zu rechtfertigen
(BGE 46 II 489, 59 II 364 oben, 67 II 217; SCHNITZER, Handbuch des IPR,
4. Aufl., Band I S. 180). Daraus folgt aber keineswegs, dass den Parteien
verwehrt sei, dieses Recht zu wählen. Die nachträgliche Rechtswahl wurde
vielmehr gerade auch deshalb zugelassen, um die Anwendung der lex fori zu
begünstigen (BGE 79 II 302; vgl. STAUFFER in Festschrift Lewald, 1953,
S. 398). Für die Wahl dieses Rechts spricht daher ein vernünftiges,
von der Rechtsordnung selber als berechtigt anerkanntes Interesse.

    Der vorliegende Rechtsstreit unterliegt somit nach dem massgebenden
schweizerischen Kollisionsrecht kraft einer gültigen Rechtswahl dem
materiellen Rechte der Schweiz, und zwar dem Bundesgesetz über das
Obligationenrecht, so dass das Bundesgericht zu seiner Beurteilung
zuständig ist.