Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 91 II 344



91 II 344

50. Urteil der I. Zivilabteilung vom 9. November 1965 i.S. Fratelli
Ambrosoli gegen Laubscher. Regeste

    Kaufvertrag über ein Motorfahrzeug.

    Auslegung einer Garantieklausel, Überprüfungsbefugnis des Bundes
gerichts (Erw. 1).

    Garantiezusage, Begriff (Erw. 2 a).

    Verhältnis der Garantiezusage zu den
Gewährleistungsansprüchen. Anforderungen an den Ausschluss der letzteren
(Erw. 2 b-d).

    Rechtslage beim Nebeneinanderbestehen von Gewährleistungs- und
Garantieansprüchen (Erw. 2 e).

    Rechtslage bei Wegbedingung der Gewährleistung (Erw.  3).

    Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschriften über die Erfüllung auf
den Nachbesserungsanspruch (Erw. 3 a).

    Nachfrist, Angemessenheit; Folgen zu kurz bemessener Nachfrist
(Erw. 3 b).

    Verzug mit Teilleistung, Folgen (Erw. 3 c).

    Gattungs- oder Spezieskauf? (Erw.  4).

    Wandelung oder Minderung? (Erw. 5).

Sachverhalt

    A.- Der Kläger Hans Laubscher kaufte mit Vertrag vom 3.  April 1964
von der Beklagten, der Auto-Handelsfirma Fratelli Ambrosoli in Zürich, ein
fabrikneues Auto, Marke Rambler, Modell Classic, rot, zum Preis von Fr. 19
700.--. Diesen beglich er durch Barzahlung von Fr. 10 000.-- und Übergabe
eines gebrauchten Autos, das die Beklagte zu Fr. 9700.-- an Zahlung nahm.

    Ziffer 3 der auf dem Vertragsformular wiedergegebenen "Allgemeinen
Verkaufsbedingungen" lautete:

    "Garantie. Die Verkäuferin leistet für neue Fahrzeuge volle
Fabrikgarantie laut spezieller Garantiepolice; weitergehende Ansprüche
sind ausgeschlossen ..."

    Eine Garantiepolice wurde dem Kläger jedoch nicht ausgehändigt.

    Der Wagen wurde am 9. April 1964 dem Kläger übergeben, der ihn jedoch
schon am folgenden Tage zurückbrachte und verschiedene Mängel rügte,
so namentlich, dass der Motor im Leerlauf nicht rund drehe und auch
sonst ruckartig laufe. Da es der Beklagten nicht gelang, die Störungen zu
beheben, brachte der Kläger den Wagen am 14. und 27. April 1964 neuerdings
zurück. Am 29. April schrieb er der Beklagten, falls das Fahrzeug bis am
Abend des gleichen Tages nicht einwandfrei fahrbereit sei, werde er es ihr
zur Verfügung stellen. Die Beklagte antwortete, es wäre zweckmässig, wenn
der Wagen etwas gefahren würde, bis der Fabrikinspektor aus Frankfurt nach
Zürich komme, um ihn zu prüfen. Diese Prüfung fand am 11. Mai 1964 statt,
führte aber nicht zur Aufdeckung der Störungsursache. Der Kläger teilte
daher am 15. Mai der Beklagten mit, er trete vom Kaufvertrag zurück und
verlange die Rückerstattung des Kaufpreises. Die Beklagte lehnte sofort
nach Empfang dieses Schreibens die Rückgängigmachung des Kaufes unter
Hinweis auf die im Vertrag vorgesehene Fabrikgarantie ab; sie bemerkte,
sie habe für die Instandstellung des Fahrzeugs den Fabrik-Service-Ingenieur
aufgeboten; die schrittweise Eliminierung der Störungsursachen werde aber
einige Zeit in Anspruch nehmen. Der Kläger hielt jedoch mit Schreiben
seines Anwaltes vom 20. Mai 1964 am Rücktritt vom Vertrag fest. Ebenfalls
am 20. Mai teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Mängel am Fahrzeug
seien nun vollständig behoben. Es hatte sich nämlich herausgestellt,
dass der Wagen statt mit einer Nockenwelle des Modells 1964 mit einer
solchen des Modells 1962 ausgestattet worden war, die andere Ventilzeiten
aufwies. Der Kläger weigerte sich jedoch, den Wagen zu übernehmen.

    B.- Mit Klage vom 29. Mai/3. November 1964 forderte der Kläger von
der Beklagten die Bezahlung von Fr. 20 000.-- nebst Verzugszins seit
21. Mai 1964; in der Replik setzte er seine Forderung auf Fr. 19 700.--
nebst Zins herab.

    Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Sie machte geltend,
durch Ziffer 3 des Kaufvertrags sei ihre Gewährleistungspflicht auf die
Fabrikgarantie beschränkt und im übrigen ausgeschlossen worden. Aber auch
ohne eine solche Aufhebung der Gewährpflicht stünde dem Kläger weder ein
Wandelungsnoch ein Rücktrittsrecht zu, da der Mangel durch die Einsetzung
der richtigen Nockenwelle behoben worden sei. - Im weiteren erhob die
Beklagte Widerklage auf Feststellung, dass ihr der Kläger ab 1. Juli
1964 für die Unterbringung des Fahrzeugs bis zu dessen Abholung eine
Entschädigung von Fr. 4.- pro Tag zu bezahlen habe.

    C.- Das Bezirksgericht Zürich wies mit Urteil vom 9.  März 1965
die Klage ab und schützte die Widerklage, jedoch unter Herabsetzung
der geschuldeten Entschädigung auf Fr. 2.- pro Tag. Es nahm an,
die Garantieklausel schliesse eine Wandelung des Kaufvertrages aus;
dem Kläger stehe lediglich der Anspruch auf Nachbesserung (Reparatur
oder Instandstellung) der Sache durch die Beklagte zu; diesen habe die
Beklagte erfüllt.

    D.- Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schützte
mit Urteil vom 25. Mai 1965 die Klage und wies die Widerklage ab. Es kam
zum Schlusse, nach der streitigen Garantieklausel habe der Kläger nicht
endgültig, sondern nur vorläufig auf das Recht zur Wandelung verzichtet,
in dem Sinn, dass dem Verkäufer zunächst Gelegenheit geboten werden müsse,
allfällige Mängel der Sache zu beheben. Dieser vorläufige Verzicht falle
aber dahin, wenn dem Käufer ein weiteres Zuwarten nach Treu und Glauben
nicht zuzumuten sei. Da der Kläger der Beklagten den Wagen bis zum 15. Mai
1964 viermal erfolglos zur Behebung der Mängel überlassen habe, sei er zur
Wandlung des Vertrags berechtigt gewesen; denn infolge ihrer Mängel habe
der Kaufsache die Tauglichkeit zum vorausgesetzten Gebrauch gefehlt. Die
Ansetzung einer Nachfrist sei nicht nötig gewesen. Eine Ersatzlieferung
komme nicht in Betracht.

    E.- Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die Berufung an das
Bundesgericht erklärt. Sie beantragt, die Klage sei abzuweisen und die
Widerklage in dem von der ersten Instanz geschützten Umfang gutzuheissen;
eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung der Widerklage an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

    Die Beklagte wirft der Vorinstanz Verletzung der Art. 197, 199, 205 und
206 OR vor; sie habe zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass die Bestimmungen
von Art. 197 OR über die Gewährleistung gemäss Art. 199 dispositiver Natur
seien und dass im vorliegenden Falle die Gewährspflicht der Verkäuferin
durch die vertragliche Garantieklausel ausgeschlossen worden sei. Die
Annahme der Vorinstanz eines bloss vorläufigen Verzichts auf Wandelung
verletze daher Bundesrecht. Weiter wendet sich die Beklagte gegen die
Auffassung der Vorinstanz, der Kläger sei nicht verpflichtet gewesen,
eine Nachfrist zur Behebung der Mängel anzusetzen; eine solche wäre
nicht nutzlos gewesen, da die Beklagte ihre Pflicht zur Nachbesserung
ausdrücklich anerkannt und erfüllt habe. Schliesslich macht die Beklagte
geltend, Gegenstand des Vertrags sei eine vertretbare Sache, so dass der
Kläger die Lieferung eines andern Fahrzeugs des gleichen Modells hätte
fordern müssen; das habe die Vorinstanz zu Unrecht verneint.

    Der Kläger beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene
Urteil zu bestätigen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die "spezielle Garantiepolice" ist weder dem Kläger übergeben,
noch von der Beklagten im Prozess vorgelegt worden. Die Vorinstanz hat
daher mit Recht die Tragweite der streitigen Garantieklausel durch blosse
Auslegung ihres Wortlautes ermittelt. Diese Auslegung ist Rechtsfrage und
daher vom Bundesgericht zu überprüfen (BGE 87 II 236 und dort erwähnte
Entscheide).

Erwägung 2

    2.- a) Die Garantieklausel ist eine Nebenklausel des Kaufvertrages. Mit
der Garantiezusage verpflichtet sich der Verkäufer in der Regel zur
Realerfüllung in dem Sinne, dass der Käufer Anspruch auf Behebung
allfälliger Mängel oder Herstellung zugesicherter Eigenschaften der
Kaufsache haben soll. Ein solcher Nachbesserungsanspruch stünde dem Käufer
auf Grund der gesetzlichen Gewährleistungsregeln nicht zu; diese geben
ihm nur Anspruch auf Wandelung und allenfalls auf Schadenersatz oder auf
Minderung des Kaufpreises (Art. 205, 208 OR). Die Garantie bezweckt somit
regelmässig eine Besserstellung des Käufers gegenüber der gesetzlichen
Ordnung (WITSCHI, Garantieklauseln und Garantiefristen im Kauf- und
Werkvertrag nach schweizerischem Recht, Diss. Bern 1948, S. 25, 27,
48). Eine Garantiezusage des Verkäufers ist daher im allgemeinen geeignet,
auf jeden Fall beim nicht juristisch gebildeten Käufer, den Eindruck zu
erwecken, besser gestellt zu sein, als er es ohne eine solche wäre.

    Die gesetzliche Gewährleistungsordnung ist allerdings dispositiven
Rechts. Sie kann (abgesehen vom Falle der Arglist des Verkäufers; Art. 199
OR) vertraglich ausgeschlossen oder eingeschränkt werden. Das muss aber als
Ausnahme von der gesetzlichen Regelung im Vertrag klar zum Ausdruck kommen.
Solche Vereinbarungen sind daher im Zweifel einschränkend auszulegen
(BECKER, OR Art. 199 N. 1 i.f.). Das gilt in besonderem Masse, wenn die
ganze oder teilweise Wegbedingung der Gewährspflicht im Zusammenhang mit
einer Garantiezusage erfolgt, die nach dem oben Ausgeführten ihrer Natur
nach eine Besserstellung des Käufers bedeutet.

    b) Im vorliegenden Falle erweckt die Wendung, die Verkäuferin
leiste "volle Fabrikgarantie", beim Durchschnittskäufer den Eindruck,
nach allen Richtungen besonders gut gesichert zu sein. Die anschliessende
Bemerkung, "weitergehende Ansprüche" seien ausgeschlossen, ist zu allgemein
gehalten, als dass sie den Käufer auf den Gedanken bringen müsste, mit
der Zustimmung zu der vom Verkäufer vorgeschlagenen Regelung begebe er
sich seiner gesetzlichen Gewährleistungsansprüche, insbesondere des Rechts
auf Wandelung. Die im vorliegenden Vertrag gebrauchte allgemeine Wendung
des Ausschlusses "weitergehender Ansprüche" ist nicht eindeutig. Der
Käufer konnte sie z.B. sehr wohl dahin verstehen, dass die Garantie
auf die vom Verkäufer mündlich bekanntgegebene oder im Handbuch des
Herstellers genannte Zahl gefahrener Kilometer oder auf eine bestimmte Zeit
beschränkt sein sollte. Dass die Hersteller von Motorfahrzeugen und ihre
Vertreter bei der Abgabe von Garantieerklärungen meist darauf ausgehen,
als Gegenstück zur Nachbesserungspflicht einen Ausschluss oder eine
Beschränkung der gesetzlichen Sachgewährleistung herbeizuführen, ist dem
Durchschnittskäufer im allgemeinen nicht bekannt. Das trifft selbst dann
zu, wenn er sich darüber Rechenschaft gibt, dass die Garantieklausel auch
ihm eine Pflicht auferlegt, die Pflicht nämlich, vor der Geltendmachung
von Gewährleistungsansprüchen dem Verkäufer Gelegenheit zur Behebung der
Mängel zu geben.

    Die streitige Garantieklausel ist daher mangels der erforderlichen
Klarheit nicht als Verzicht des Klägers auf die gesetzlichen
Gewährleistungsansprüche aufzufassen.

    c) Die Garantieklausel verweist zwar auf eine "spezielle
Garantiepolice". Selbst wenn man annehmen wollte, der Kläger wäre
verpflichtet gewesen, sich nach dieser zu erkundigen und ihre Aushändigung
zu verlangen, wäre das Ergebnis kein anderes. Gemäss verbindlicher
Feststellung der Vorinstanz hat die Beklagte nicht behauptet, die spezielle
Garantiepolice schliesse die Gewährleistungsansprüche, insbesondere die
Wandelung, ausdrücklich aus. Auch die Prüfung dieser Police hätte somit
dem Kläger keine Klarheit darüber verschafft, dass mit dem Ausschluss
"weiterer Ansprüche" die Aufhebung der gesetzlichen Gewährspflicht
gemeint sei. Übrigens ist es fraglich, ob dem Kläger eine solche
Erkundigungspflicht obgelegen hätte. Denn in Anbetracht des Eindruckes, den
die Wendung "volle Fabrikgarantie" beim Durchschnittskäufer erweckt, ist
der harmlos erscheinende und zweideutige Ausschluss "weiterer Ansprüche"
geradezu irreführend, wenn damit die Wegbedingung der gesetzlichen
Gewährspflicht beabsichtigt war.

    d) Bedeutet aber der Ausschluss weitergehender Ansprüche keinen
Verzicht des Klägers auf die Gewährleistungsansprüche, insbesondere auf das
Recht der Wandelung, so wurde die Beklagte nicht in bundesrechtswidriger
Weise beschwert dadurch, dass das Obergericht statt des von ihr behaupteten
endgültigen nur einen vorläufigen Verzicht auf die Wandelung annahm.

    e) Dass im übrigen die Voraussetzungen für die Geltendmachung des
Wandelungsanspruchs gegeben waren, steht ausser Zweifel. Der Käufer
eines fabrikneuen Fahrzeugs darf erwarten, dass dieses störungsfrei
funktioniert. Trifft dies nicht zu, so hat er zwar auf Grund der ihm
aus der Garantieklausel erwachsenden Pflichten zunächst dem Verkäufer
Gelegenheit zur Behebung der Störung zu geben. Der Verkäufer kann aber
nach Treu und Glauben nicht verlangen, dass ihm dafür die ganze Dauer
der Garantiefrist zur Verfügung stehe. Die Vereinbarung einer solchen
bedeutet nur, dass der Verkäufer verpflichtet ist, innerhalb derselben
auftretende Mängel zu verbessern. Gelingt es ihm nicht, eine Störung
innert angemessener Frist nach ihrem Auftreten zu beseitigen, so kann
der Käufer die Wandelung verlangen.

    Im vorliegenden Fall hat der Kläger der Beklagten im Zeitraum von 5
Wochen mehrmals Gelegenheit zur Behebung der Störungen gegeben, ohne dass
dieses Ziel erreicht worden wäre. Ein weiteres Zuwarten war ihm nach Treu
und Glauben nicht zuzumuten.

    Die Beklagte macht geltend, das Fahrzeug habe nicht einen Mangel,
sondern einen Konstruktionsfehler aufgewiesen, der sofort behoben
werden konnte, als er endlich entdeckt wurde. Dieser Einwand hilft
ihr nicht. Entscheidend ist einzig, dass das Fahrzeug wegen einer von
ihr bzw. vom Hersteller zu vertretenden Ursache zu dem vorausgesetzten
Gebrauch untauglich war. Auch ein Konstruktionsfehler, der diese Folge hat,
ist daher ein Mangel im Rechtssinne.

Erwägung 3

    3.- a) Selbst wenn aber gemäss der Behauptung der Beklagten
die Gewährleistungsansprüche des Klägers und damit das Recht auf
Wandelung wegbedungen worden wären, bliebe der Berufung der Erfolg
versagt. In diesem Falle hätte der Kläger lediglich Anspruch auf die
in der Garantie zugesagte Nachbesserung. Für die Durchsetzung dieses
Nachbesserungsanspruches gelten die allgemeinen Bestimmungen von Art. 97
ff. OR über die Erfüllung, insbesondere Art. 102 (Inverzugsetzung) sowie
Art. 107/8 (Rücktritt mit und ohne Fristansetzung) (WITSCHI op.cit. S. 50
f.).

    b) Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz hat der
Kläger der Beklagten das Fahrzeug viermal überlassen, um die unbestritten
vorhandenen Störungen zu beheben. Das waren mehrfache Mahnungen im Sinne
von Art. 102 OR, womit die Beklagte in Verzug geriet. Am 29. April 1964,
d.h. zwei Tage nachdem der Kläger den Wagen zum dritten Mal zurückgegeben
hatte, setzte er der Beklagten Frist bis zum selben Abend, um die Mängel
zu beseitigen, "ansonst er gewungen wäre, das Fahrzeug zur Verfügung
zu stellen", was die Beklagte zutreffend als Androhung des Rücktritts
vom Vertrag verstand. Die angesetzte Frist mag auf den ersten Blick als
sehr kurz erscheinen. In Anbetracht der Vorgeschichte, der erfolglosen
Bemühungen der Beklagten während mehr als drei Wochen, und da sich der
Wagen seit dem 27. April bereits wieder bei ihr befand, könnte die Frist
gleichwohl als angemessen gelten. Die Frage kann jedoch offen bleiben.
Denn der Kläger erklärte den Rücktritt ja nicht schon am 29. April, sondern
erst am 15. Mai 1964. Der Beklagten standen somit mehr als zwei Wochen zur
Verfügung, um die Sache in Ordnung zu bringen und den Wagen dem Kläger
vor erfolgter Rücktrittserklärung auszuliefern. Eine zu kurze Nachfrist
ist nämlich nach Lehre und Rechtsprechung nicht völlig unwirksam; sie
ist in eine angemessene Frist umzudeuten, innerhalb welcher der Schuldner
noch mit befreiender Wirkung erfüllen kann (BECKER, 2. Aufl., N. 23, und
OSER/SCHÖNENBERGER, N. 15 zu Art. 107 OR; BGE 29 II 251). Von praktischer
Bedeutung ist das Erfordernis der Angemessenheit der Nachfrist somit
bloss in jenen Fällen, in denen der Schuldner innert einer angemessenen
Nachfrist noch erfüllt hat (BECKER aaO; ZBJV 41 S. 215). Das trifft
hier nicht zu. Noch am 19. Mai 1964 rechnete die Beklagte gemäss ihrem
Schreiben von diesem Tage damit, dass die schrittweise Eliminierung der
Störungsursachen einige Zeit in Anspruch nehmen werde. Dass sie dann am
20. Mai die Ursache des Mangels feststellte und diesen beheben konnte, ist
belanglos. Selbst wenn man nämlich die am 29. April gesetzte Frist als zu
kurz ansehen wollte, hätte eine angemessene Nachfrist auf keinen Fall mehr
als 14 Tage betragen. Der vom Kläger am 15. Mai 1964 erklärte Rücktritt
war daher nach Art. 107 OR zulässig. Ob sich gemäss der Auffassung der
Vorinstanz sogar eine Nachfristansetzung wegen Nutzlosigkeit im Sinne
von Art. 108 Ziff. 1 OR erübrigt hätte, kann dahingestellt bleiben.

    c) Die Nachbesserungspflicht macht nur einen Teil der Leistung des
Verkäufers aus. Der Verzug der Beklagten in ihrer Erfüllung berechtigte
aber den Kläger gleichwohl zum Rücktritt vom ganzen Vertrag. Denn diese
Teilleistung ist wesentlich und der Mangel betraf die Tauglichkeit
der Kaufsache zum vorausgesetzten Gebrauch. Ohne Zusicherung dieser
Teilleistung hätte der Käufer bestimmt nicht auf die gesetzliche
Sachgewährleistung verzichtet. Der Vertrag ist daher nach den gegebenen
Umständen als untrennbares Ganzes anzusehen, so dass der Rücktritt des
Klägers zulässig war (BECKER, 2. Aufl., N. 46, und OSER/SCHÖNENBERGER,
N. 38 zu Art. 107 OR). Die gegenteilige Lösung würde zu einer
unerträglichen Schlechterstellung des Käufers führen, der im Vertrauen auf
die Nachbesserungsgarantie den gesetzlichen Wandelungsanspruch aufgegeben
hat. Er wäre nämlich gezwungen, die Reparatur zunächst auf eigene Kosten
durch einen Dritten vornehmen zu lassen, um hernach vom Verkäufer Ersatz
seiner Auslagen zu fordern. Bedenkt man zudem, dass im Autogewerbe nur
der Markenvertreter über die Originalersatzteile verfügt, so kann nicht
zweifelhaft sein, dass der Rücktritt vom ganzen Vertrag zulässig sein muss,
sobald der Verkäufer wesentliche Mängel trotz seiner Nachbesserungspflicht
nicht innert angemessener Frist behebt.

Erwägung 4

    4.- In der Frage, ob man es mit einem Gattungskauf oder einem
Spezieskauf zu tun habe, ist der Vorinstanz beizustimmen, dass ursprünglich
ein Gattungskauf vorlag, der mit der Übergabe des Fahrzeuges an den
Kläger in einen Spezieskauf umgewandelt wurde. Kaufgegenstand war ein
Serienfahrzeug, das ohne Identifizierung durch Motor- und Chassis-Nummer
lediglich nach Marke, Modell und Farbe, d.h. der Gattung nach,
näher bezeichnet wurde. Da der Vorrat des Herstellers und Verkäufers
an Fahrzeugen mit diesen Eigenschaften regelmässig begrenzt ist,
handelte es sich um eine begrenzte Gattungsschuld. Mit der Übergabe des
Fahrzeuges und des dazugehörenden Fahrzeugausweises, in dem Motor- und
Chassis-Nummer angegeben waren, erfolgte jedoch eine genaue Bezeichnung,
die den Kaufgegenstand zur Speziessache werden liess.

    Aber selbst wenn weiterhin eine begrenzte Gattungsschuld vorgelegen
hätte, wäre der Käufer nach Art. 206 Abs. 1 OR nicht verpflichtet, sondern
nur berechtigt gewesen, die Lieferung eines Ersatzwagens zu verlangen. Er
verstiess daher entgegen der Meinung der Beklagten nicht gegen Treu und
Glauben, wenn er kein solches Begehren stellte. Die Beklagte hätte zwar
gemäss Art. 206 Abs. 2 OR sich durch die Lieferung eines Ersatzwagens
befreien können; sie hat jedoch nach verbindlicher Feststellung der
Vorinstanz dem Kläger nie ein Angebot dieses Inhalts gemacht.

Erwägung 5

    5.- Die Parteien haben die Frage nicht aufgeworfen, ob nicht an Stelle
der Wandelung auf eine blosse Minderung des Kaufpreises zu erkennen
sei. Auch die Vorinstanz hat dazu nicht Stellung genommen, obwohl nach
Art. 205 Abs. 2 OR der Richter befugt ist, statt der verlangten Wandelung
nur die Minderung anzuordnen. Nach der Sachlage kommt eine solche
jedoch nicht in Betracht. Denn es liesse sich schwerlich ermitteln,
ob und inwieweit die Zurücklegung von ca. 2500 km mit einer nicht
passenden Nockenwelle dem Motor geschadet hat. Vor allem aber könnte
dem Kläger nicht zugemutet werden, für die im Falle blosser Minderung
verbleibende Garantiezeit auf allfällige weitere Nachbesserungen der
Beklagten angewiesen zu sein, nachdem er genötigt war, sein Recht auf
dem Prozesswege zu suchen.

Erwägung 6

    6.- Da das Wandelungsbegehren des Klägers begründet ist, bleibt
für den von der Beklagten mit der Widerklage geltend gemachten
Entschädigungsanspruch kein Raum.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des
Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 25. Mai 1966 bestätigt.