Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 90 I 77



90 I 77

14. Urteil vom 29. April 1964 i.S. Liver gegen Graubünden, Kanton und
Steuerverwaltung. Regeste

    Staatsrechtliche Beschwerde. Mit einer erst im Anschluss an eine
Anwendungsverfügung erhobenen staatsrechtlichen Beschwerde kann die
Verfassungswidrigkeit eines allgemein verbindlichen Erlasses nur insoweit
geltend gemacht werden, als seine Bestimmungen auf den Beschwerdeführer
angewendet worden sind (Erw. 1).

    Doppelbesteuerung. Bündnerische "Staatstaxe", die der Finanzierung
des Kantonsstrassennetzes dient und von gewissen, im Kanton weilenden
Personen nach Massgabe der Zahl der Übernachtungen erhoben wird.
Rechtliche Natur der Abgabe (Erw. 3). Anwendbarkeit von Art. 46 Abs. 2
BV auf sie (Erw. 4). Unzulässigkeit der Erhebung von den Eigentümern
von Ferienhäusern, ihren Angehörigen und nichtzahlenden Gästen, sofern
diese Personen ihr ordentliches Steuerdomizil in einem andern Kanton als
Graubünden haben (Erw. 5).

Sachverhalt

    A.- Um die Mittel für den Ausbau des kantonalen Strassennetzes zu
beschaffen, führte der Kanton Graubünden durch Gesetz vom 5. April
1936 verschiedene Abgaben ein, darunter eine "Beherbergungsabgabe".
Diese Abgabe war von denjenigen, welche gewerbsmässig gegen Entgelt
Personen beherbergten, zu entrichten, wurde nach Logiernächten bemessen
und betrug je nach dem Rang der Beherbergungsstätte ursprünglich 5-15,
später 10-30 Rappen für die Logiernacht einer Person.

    Am 7. Oktober 1962 wurde ein neues "Gesetz über die
Strassenfinanzierung" (SFG) erlassen, das am 1. Januar 1963 in Kraft
trat. Nach Art. 2 SFG werden die Aufwendungen für die Strassen und
die Tilgung der Strassenschuld finanziert durch Bundesbeiträge, durch
die Erträgnisse aus Fahrzeuga-bgaben, durch jährliche planmässige
Tilgungsbeiträge aus ordentlichen Staatsmitteln und durch die Erhebung
besonderer Strassenfinanzierungsabgaben. Diese Abgaben bestehen in einer
Sonderabgabe auf Vermögen, in einem Zuschlag zur kantonalen Nachlassteuer,
in einer Umsatzabgabe auf Zahlungen des Kantons für Bauarbeiten sowie in
einer "Staatstaxe", die an die Stelle der bisherigen "Beherbergungsabgabe"
tritt und in den Art. 3-9 SFG geregelt ist.

    Nach Art. 3 SFG ist der Staatstaxe unterworfen und zu diesem Zwecke
bei der Gemeinde anzumelden, wer "gegen Entgelt beherbergt wird" (lit. a)
und wer "in einem Ferienhaus, einer Ferien- oder Eigentumswohnung, im
Zelt, Wohnwagen oder dergleichen übernachtet" (lit. b). Art. 4 SFG zählt
diejenigen Personen auf, die von der Anmeldepflicht und der Entrichtung
der Staatstaxe befreit sind; dazu gehören insbesondere:

    "a)  Personen mit Wohnsitz im Kanton Graubünden, wenn sie in der
Wohnsitzgemeinde übernachten oder ausserhalb derselben im eigenen Hause
oder in der eigenen Wohnung;

    b)  Personen, die im Hause oder in der Wohnung einer Person gemäss
lit. a vorübergehend und unentgeltlich übernachten;

    c)  Personen, die am Übernachtungsort für Erwerbseinkommen oder
bewegliches Vermögen steuerpflichtig sind;"

    Die Staatstaxe beträgt je nach der Kategorie der Beherbergungsstätte
10-40 Rappen pro Person und Übernachtung (Art. 5 SFG). Wenn besondere
Verhältnisse vorliegen, kann die Staatstaxe pauschaliert werden (Art. 7
SFG). Die Beherberger, die Eigentümer oder Vermieter von Häusern, Wohnungen
usw. haften für die Entrichtung der Staatstaxe (Art. 9 SFG).

    B.- Der Beschwerdeführer Peter Liver, Professor an der Universität
Bern, wohnt mit seiner Familie in Köniz bei Bern und ist Eigentümer eines
kleinen Ferienhauses (Steuerwert Fr. 20'000) in seiner Heimatgemeinde
Flerden (GR). Mit Schreiben vom 8. November 1963 eröffnete ihm die
Steuerverwaltung des Kantons Graubünden, dass er für die Staatstaxe auf
Grund des Steuerwerts seiner Liegenschaft in die 4. Kategorie eingereiht
worden sei und demgemäss ab 1. Januar 1963 für sich, seine Angehörigen
und alle nichtzahlenden Gäste 10 Rappen pro Logiernacht zu entrichten habe.

    C.- Gegen diese Einreihungsverfügung hat Peter Liver am 8. Dezember
1963 staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Er macht Verletzung des Art. 4
BV (Willkür und rechtsungleiche Behandlung) und des Art. 46 Abs. 2 BV
(Doppelbesteuerung) sowie der Eigentumsgarantie und des Art. 40 Abs. 5
KV geltend.

    D.- Der Kleine Rat des Kantons Graubünden beantragt Abweìsung der
Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der Beschwerdeführer macht geltend, dass nicht nur die
angefochtene Einreihungsverfügung, sondern schon der dieser zugrunde
liegende Art. 3 lit. b SFG (für sich allein oder allenfalls in Verbindung
mit andern Bestimmungen des Gesetzes) verfassungswidrig sei. Diese Rüge
ist zulässig. Zwar können die beanstandeten Bestimmungen, da die Frist zu
ihrer Anfechtung längst abgelaufen ist (Art. 89 OG), nicht mehr aufgehoben
werden. Dagegen kann der Beschwerdeführer die Verfassungswidrigkeit des SFG
noch im Anschluss an die gestützt darauf ergangene Einreihungsverfügung
vorfrageweise geltend machen (BGE 86 I 274 mit Verweisungen). Doch ist
er zu dieser Rüge nur insoweit legitimiert, als die Bestimmungen des SFG
auf ihn angewendet worden sind (nicht veröffentl. Urteil vom 4. Dezember
1963 i.S. Korn c. Zürich, Erw. 2). Es ist daher nur zu prüfen, ob die in
der Beschwerde angerufenen verfassungsmässigen Rechte dadurch verletzt
worden sind, dass die im Ferienhaus des Beschwerdeführers übernachtenden
Personen der Staatstaxe unterworfen werden. Und zwar fallen dabei neben
dem Beschwerdeführer auch seine Angehörigen und die nichtzahlenden Gäste
in Betracht, da der Beschwerdeführer gemäss Art. 9 SFG für die Entrichtung
der Abgabe durch diese Personen haftet, somit als Steuersubstitut durch
die angefochtene Verfügung persönlich betroffen wird und daher auch
mit Bezug auf die Unterwerfung dieser Personen unter die Staatstaxe
zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert ist (vgl. BGE 75 I 387;
BLUMENSTEIN, System des Steuerrechts S. 360 und 370).

Erwägung 2

    2.- (Inwieweit die Rügen der Verletzung der Art. 4 BV und 40 Abs. 5 KV
sowie der Eigentumsgarantie aus dem Gesichtspunkt der Art. 86 Abs. 2 und
Art. 87 OG zulässig und gegebenenfalls begründet sind, kann dahingestellt
bleiben, wenn der angefochtene Entscheid schon wegen Verletzung von
Art. 46 Abs. 2 BV aufgehoben werden muss. Es rechtfertigt sich daher,
zuerst die Rüge der Doppelbesteuerung zu prüfen.)

Erwägung 3

    3.- Dabei stellt sich zunächst die Frage nach der rechtlichen Natur
der streitigen Staatstaxe, denn das aus Art. 46 Abs. 2 BV abgeleitete
Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung gilt nach feststehender
Rechtsprechung nur für eigentliche Steuern, nicht auch für Gebühren und
Vorzugslasten (BGE 81 I 187 mit Verweisungen, 86 I 99 Erw. 2).

    Um eine Gebühr kann es sich nicht handeln. Gebühren sind ein Entgelt
für eine bestimmte, vom Pflichtigen veranlasste Amtshandlung oder für
die Benützung einer öffentlichen Anstalt (BGE 82 I 301 Erw. 3 a und dort
angeführte frühere Urteile, 84 I 165 Erw. 3). Die Staatstaxe wird aber
ohne Rücksicht darauf erhoben, ob der Pflichtige die Kantonsstrassen, zu
deren Finanzierung der Ertrag der Abgabe bestimmt ist, auch tatsächlich
benützt. Sie ist daher noch weniger als die Automobilsteuer (BGE 57 I
5 mit Verweisungen) ein Entgelt für die Strassenbenützung. Zudem würde
die Erhebung einer Gebühr für die Strassenbenützung gegen Art. 37 Abs. 2
BV verstossen.

    Entgegen der Auffassung des Kleinen Rates liegt aber auch keine
Vorzugslast vor. Vorzugslasten sind Beiträge, die vom Pflichtigen für den
ihm aus einer öffentlichen Einrichtung erwachsenden wirtschaftlichen
Vorteil erhoben und einerseits nach den zu deckenden Kosten der
Einrichtung, anderseits nach Massgabe des dem Pflichtigen daraus
erwachsenden Sondervorteils bemessen werden (BGE 63 I 153, 67 I 309/10,
70 I 126, 74 I 224/5, 86 I 99 Erw. 2). Die Staatstaxe dient jedoch nicht
dem Ausgleich eines Vorteiles, welcher den abgabepflichtigen Personen
allein oder doch in besonderem Masse erwächst, denn die Staatsstrassen,
für deren Finanzierung die Abgabe erhoben wird, dienen der gesamten
Bevölkerung und Wirtschaft des Kantons und darüber hinaus denjenigen,
welche den Kanton mit ihren Fahrzeugen durchqueren. Insbesondere ist klar,
dass diejenigen, die im Kanton übernachten, ohne dort Erwerbseinkommen
und bewegliches Vermögen zu versteuern, und die den überwiegenden Teil
der Abgabepflichtigen ausmachen, aus den Kantonsstrassen keinen grösseren
Vorteil ziehen als diejenigen, die im Kanton Wohnsitz haben, deshalb
für Erwerbseinkommen und bewegliches Vermögen steuerpflichtig sind und
daher gemäss Art. 4 SFG von der Abgabe befreit sind. Dass es sich nicht um
eine Vorzugslast handeln kann, ergibt sich auch daraus, dass die Höhe der
Taxe nach der Preislage der Beherbergungsstätte abgestuft ist und nicht
nach dem mehr oder weniger grossen Vorteil, den die Strassenanlagen dem
Abgabepflichtigen bieten.

    Dagegen erfüllt die Staatstaxe alle Merkmale der Steuer, denn sie wird
voraussetzungslos, d.h. nicht als Äquivalent für eine staatliche Leistung
oder einen besondern Vorteil, sondern lediglich im Anschluss an einen
bestimmten, in der Person des Pflichtigen erfüllten wirtschaftlichen
Tatbestand erhoben und stellt einen Beitrag an die allgemeinen, dem
Wohl der Gesamtheit dienenden Staatsaufgaben dar (BGE 52 I 51, 53 I
482, 54 I 37, 63 I 153, 86 I 99 Erw. 2). Erstellung und Unterhalt eines
leistungsfähigen Kantonsstrassennetzes gehören zu den im Interesse der
gesamten Bevölkerung und Wirtschaft eines Kantons liegenden allgemeinen
Staatsaufgaben, ja bilden heute, angesichts der immer stärkeren Zunahme des
Motorfahrzeugverkehrs, eine der grössten, wichtigsten und dringendsten
Staatsaufgaben. Dass die Staatstaxe nach Art. 2 SFG ausschliesslich
zur Finanzierung der Strassen und Tilgung der Strassenschuld verwendet
werden muss, stempelt sie nicht zur Vorzugslast, da auch Abgaben, deren
Verwendung dergestalt gebunden ist, unter die Steuern (sog. Zwecksteuern)
fallen, wenn darauf im übrigen die Merkmale der Steuer zutreffen (vgl. BGE
53 I 377, 63 I 154). Es ist daher nicht einzusehen, wieso die Staatstaxe,
wie in der Beschwerdeantwort behauptet wird, "sowohl den Charakter einer
Sondersteuer im Sinne einer Gemengsteuer als auch einer Vorzugslast" habe.

Erwägung 4

    4.- Aus der Feststellung, dass die Staatstaxe eine eigentliche Steuer
ist, folgt noch nicht ohne weiteres, dass das Verbot der interkantonalen
Doppelbesteuerung auf sie anwendbar ist. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts betrifft dieses Verbot vor allem die ordentlichen Steuern
auf dem Vermögen und Einkommen, die Personalsteuer und die Erbschaftssteuer
sowie die diese Hauptsteuern ergänzenden oder ersetzenden Abgaben. Für
die übrigen Steuern lässt sich keine allgemeine Regel aufstellen, sondern
muss in jedem einzelnen Fall geprüft werden, ob Art. 46 Abs. 2 BV nach
seinem Sinn und Geist auf sie anzuwenden ist (BGE 47 I 301/2, 53 I 377/8,
64 I 305, 71 I 324 Erw. 2, nicht veröffentlichtes Urteil vom 31. März
1954 i.S. Défencycle SA, S. 8). Es fragt sich somit, ob es sich bei der
Staatstaxe um eine die genannten Hauptsteuern ergänzende oder ersetzende
Abgabe handelt oder die Anwendung von Art. 46 Abs. 2 BV auf sie sich
sonst rechtfertigt.

    Die Aufwendungen für allgemeine Staatsaufgaben, zu welchen
Erstellung und Unterhalt des Kantonsstrassennetzes gehören, werden
üblicherweise aus dem Ertrag der allgemeinen Steuern (Vermögens-,
Einkommens-, Erbschaftssteuer usw.) bestritten. Das SFG sieht denn auch
als Finanzierungsmittel - neben den Bundesbeiträgen - jährliche Beiträge
aus ordentlichen Staatsmitteln, die Erträgnisse der Fahrzeugabgaben,
eine Sonderabgabe auf Vermögen sowie einen Zuschlag zur kantonalen
Nachlasssteuer vor. Schon das zeigt, dass die streitige Staatstaxe, die
als weiteres Finanzierungsmittel hinzutritt, sich entgegen der Auffassung
des Kleinen Rates nicht vergleichen lässt mit der Kurtaxe, auf die das
Doppelbesteuerungsverbot im allgemeinen nicht anwendbar ist (BGE 64 I 305,
67 I 205, heutiges Urteil i.S. Jaeger S. 86 ff. hienach). Während die
Kurtaxe die Aufwendungen für Einrichtungen decken soll, die vor allem den
Fremden zugute kommen und an die nur verhältnismässig kleine Beiträge aus
dem allgemeinen Gemeindehaushalt geleistet werden, soll die Staatstaxe
mithelfen, eine der wichtigsten staatlichen Aufgaben zu finanzieren,
nämlich den Ausbau und Unterhalt des Kantonsstrassennetzes, das nicht
bloss im Interesse bestimmter Kreise, sondern der ganzen Bevölkerung und
der gesamten Wirtschaft des Kantons mit Einschluss der Fremdenindustrie
liegt. Im Unterschied zur Kurtaxe ist die Staatstaxe auch nicht die fast
ausschliessliche Finanzierungsquelle für die Aufgabe, der sie dient,
sondern sie leistet nur einen verhältnismässig kleinen Beitrag daran
(nach der Beschwerdeantwort rund 30 Millionen Franken der insgesamt etwas
über eine Milliarde Franken betragenden Kosten des Strassenprogramms
1963-1976). Nach ihrem Zweck ist die Staatstaxe somit im Gegensatz zur
Kurtaxe nichts anders als eine zusätzliche, die allgemeinen Steuern
ergänzende Finanzierungsmassnahme für eine allgemeine Staatsaufgabe.

    Aus der Umschreibung des Kreises der Abgabepflichtigen im Gesetz
wie auch aus den bei der Gesetzesberatung im Grossen Rat gefallenen
Voten (Verhandlungen der Frühjahrssession 1962 S. 92 und 135)
ergibt sich weiter, dass die Staatstaxe dazu bestimmt ist, nicht
nur die allgemeinen Steuern zu ergänzen, sondern diejenigen auf dem
Erwerbseinkommen und beweglichen Vermögen geradezu zu ersetzen. Nach
Art. 4 lit. a-c SFG sind von der Staatstaxe befreit einerseits Personen,
die am Übernachtungsort für Erwerbseinkommen und bewegliches Vermögen
steuerpflichtig sind, und anderseits die im eigenen Hause oder in der
eigenen Wohnung übernachtenden Personen, die im Kanton wohnen, dort also
für Erwerbseinkommen und bewegliches Vermögen steuerpflichtig sind, sowie
die bei ihnen vorübergehend und unentgeltlich übernachtenden Gäste. Die
Staatstaxe trifft somit zur Hauptsache diejenigen Personen, die ausserhalb
des Kantons wohnen und deshalb im Kanton weder Erwerbseinkommen noch
bewegliches Vermögen zu versteuern haben. Das zeigt, dass die Staatstaxe
bei den Eigentümern von Ferienhäusern nicht etwa als Zuschlag zur
Steuer auf dem im Kanton liegenden Grundeigentum gedacht ist, sondern
als Ersatz für die ausfallenden Steuern auf dem Erwerbseinkommen und
beweglichen Vermögen. Es verhält sich ähnlich wie mit der in BGE 46 I
406 ff. beurteilten "Hotelkontrollgebühr" der Stadt Zürich, die an die
Gemeindesteuer angerechnet werden durfte und daher vom Bundesgericht
als blosses Surrogat der allgemeinen Vermögens- und Einkommenssteuer
bezeichnet wurde (S. 415). Auf Eigentümer von Ferienhäusern angewendet,
läuft die Staatstaxe darauf hinaus, Personen, die mangels eines jährlichen
ununterbrochenen Aufenthalts von mindestens 90 Tagen in diesen Häusern
kein sekundäres Steuerdomizil des Saisonaufenthaltes im Kanton Graubünden
begründen (Art. 3 Ziff. 1 lit. b bünd. StG; BGE 75 I 121), mit einer die
unzulässige Besteuerung des Erwerbseinkommens und beweglichen Vermögens
ersetzenden Abgabe zu belasten.

    Art. 46 Abs. 2 BV ist daher schon deshalb auf die Staatstaxe anwendbar,
weil sie sich als eine Ergänzung ja ein Ersatz der allgemeinen Steuern auf
dem Erwerbseinkommen und beweglichen Vermögen erweist. Davon abgesehen
rechtfertigt sich ihre Unterstellung unter das Doppelbesteuerungsverbot
auch deshalb, weil der Steuersatz mit der Leistungsfähigkeit des
Pflichtigen in Beziehung steht (vgl. BGE 53 I 378, 71 I 324 Erw. 2). Für
den Ferienhausbesitzer ist sie wie die Vermögenssteuer nach dem Steuerwert
des Ferienhauses abgestuft, während die Einreihung der übrigen Pflichtigen
in eine der 4 Kategorien vom durchschnittlichen Minimalpreis für Pension
oder Zimmer abhängt, also immerhin mittelbar über den Aufwand auf die
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Pflichtigen abstellt.

Erwägung 5

    5.- Erweist sich demnach die Staatstaxe nach ihrem Zweck, nach der
Umschreibung des Kreises der Abgabepflichtigen und nach der Bemessung
des Steuersatzes als eine Ergänzung und ein Ersatz der allgemeinen
Steuern auf dem Erwerbseinkommen und beweglichen Vermögen, so verstösst
die angefochtene Einreihungsverfügung gegen Art. 46 Abs. 2 BV. Der
Beschwerdeführer hat sein ordentliches Steuerdomizil in Köniz bei Bern
und hält sich mit seiner Familie nicht jährlich ununterbrochen mmdestens
90 Tage in seinem Ferienhaus in Flerden auf. Er ist deshalb im Kanton
Graubünden nur für dieses Ferienhaus und dessen Ertrag steuerpflichtig,
nicht dagegen für sein sonstiges Einkommen und sein bewegliches
Vermögen. Es stellt daher eine mit Art. 46 Abs. 2 BV unvereinbare
Doppelbesteuerung dar, wenn er auf Grund von Art. 3 lit. b SFG zur
Bezahlung der Staatstaxe verhalten wird, die ihm gegenüber an die Stelle
der unzulässigen Steuern auf dem beweglichen Vermögen und Erwerbseinkommen
tritt. Das trifft auch für die Angehörigen und nichtzahlenden Gäste des
Beschwerdeführers zu, soweit sie ihr ordentliches Steuerdomizil in einem
andern Kanton als Graubünden haben. Eine Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV
würde nur mit Bezug auf die Erhebung der Staatstaxe von solchen Angehörigen
und Gästen des Beschwerdeführers nicht vorliegen, die ihren ordentlichen
Steuerwohnsitz im Kanton Graubünden oder im Ausland haben. Es wird aber
nicht behauptet, dass der Beschwerdeführer auch solche Gäste beherberge
und für sie die Staatstaxe zu entrichten habe.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird dahin gutgeheissen, dass die Einreihungsverfügung
der kantonalen Steuerverwaltung Graubünden vom 8. November 1963 aufgehoben
wird.