Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 90 IV 147



90 IV 147

32. Urteil des Kassationshofes vom 7. Juli 1964 i.S. Ros gegen
Polizeirichteramt der Stadt Zürich. Regeste

    Art. 51 Abs. 3 SVG. Der Schädiger hat Namen und Adresse auch dann
anzugeben, wenn der Geschädigte anwesend ist und den Schaden selber
feststellen kann.

Sachverhalt

    A.- Ros fuhr am 7. Mai. 1963 etwa um 14 Uhr 25 mit seinem Personenwagen
"Chevrolet" auf der Universitätsstrasse in Zürich stadteinwärts. Auf der
Verzweigung mit der Sonneggstrasse streifte er einen von rechts kommenden
Lastwagen. Die beiden Fahrer hielten an und stellten fest, dass ihre
Fahrzeuge leicht beschädigt wurden. Der Lastwagenführer entfernte sich
dann zu Fuss, um die Polizei zu benachrichtigen. Währenddem setzte sich
Ros wieder ans Steuer seines Fahrzeuges und fuhr in der Meinung, jener
habe die Nummer seiner Kontrollschilder aufgeschrieben, weiter.

    B.- Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichtes Zürich
verurteilte Ros am 30. April 1964 wegen Übertretung von Art. 36 Abs. 2
und 51 Abs. 3 SVG zu Fr. 50.- Busse.

    C.- Der Verurteilte führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, er sei
von der Anschuldigung, die Meldepflicht verletzt zu haben, freizusprechen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

    Ist bei einem Verkehrsunfall bloss Sachschaden entstanden, so
hat der Schädiger gemäss Art. 51 Abs. 3 SVG sofort den Geschädigten zu
benachrichtigen und Namen und Adresse anzugeben. Wenn dies nicht möglich
ist, hat er unverzüglich die Polizei zu verständigen.

    Der Beschwerdeführer macht geltend, der Einzelrichter verkenne den
Sinn und Zweck dieser Bestimmung, die sich vor allem auf das Beschädigen
parkierter Fahrzeuge beziehe. Sie verbiete zwar auch, dass bei einem
Zusammenstoss einer der beteiligten Führer weiterfahre, bevor der andere
Gelegenheit habe, seinen Namen und seine Adresse aufzuschreiben. Dieses
Verbot habe er aber nicht verletzt. Der Lastwagenführer habe Schreibzeug
zur Hand gehabt und sich Notizen gemacht. Dann habe er sich, ohne hiefür
einen Grund anzugeben, entfernt. Da am Lastwagen einzig eine Radkappe
leicht beschädigt worden sei, habe Ros nicht annehmen müssen, dass jener
die Polizei benachrichtigen gehe.

    Die Rüge ist offensichtlich unbegründet. Gewiss brauchte der
Beschwerdeführer den Geschädigten nicht zu benachrichtigen, da der
Lastwagenführer anwesend war und den Schaden selber feststellte. Das
enthob Ros indes nicht der Pflicht, diesem Namen und Adresse bekannt zu
geben. Auch wer den ihm zugefügten Schaden kennt und Zeit und Gelegenheit
hat, die Polizeinummer des am Zusammenstoss beteiligten Fahrzeuges
aufzuschreiben, muss sich damit nicht zufrieden geben, sondern hat
Anspruch darauf, die Personalien des Schädigers zu erfahren. Mit der
Polizeinummer ist dem Geschädigten unter Umständen gar nicht gedient,
da der verantwortliche Lenker öfters nicht mit dem Halter des Fahrzeuges
identisch ist. Aber selbst wenn dies zutrifft, ist es nicht Sache des
Geschädigten, nach dem Namen und dem Wohnsitz des Beteiligten zu forschen,
will ihm das Gesetz doch solche Nachforschungen ersparen, indem es dem
Schädiger eine Meldepflicht auferlegt. Es ist auch nicht in das Belieben
des Schädigers gestellt, wann er dem Geschädigten seine Personalien bekannt
geben will. Nach dem Gesetz hat er dieser Pflicht sogleich nachzukommen,
notfalls indem er sich an die Polizei wendet, mag der Schaden auch leichter
Art sein.

    Der Beschwerdeführer hat dieser Pflicht weder dem Geschädigten
noch der Polizei gegenüber genügt. Wenn der Lastwagenführer sich von
der Unfallstelle entfernte, sein Fahrzeug aber im Verkehr stehen liess,
so konnte Ros übrigens keinen Augenblick im Zweifel sein, dass er bald
zurückkehren werde. Die Vermutung, dass der Lastwagenführer die Polizei
benachrichtigen ging, lag auf der Hand. Der Beschwerdeführer hat es
seiner eigenen Nachlässigkeit zuzuschreiben, wenn er die Fühlung mit
ihm verlor. Er ist deshalb zu Recht wegen Verletzung der Meldepflicht
bestraft worden.

Entscheid:

Demnach erkennt der Kassationshof:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.