Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 90 II 501



90 II 501

57. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 1. Dezember 1964
i.S. Miniera AG. und Mitbeteiligte gegen Küderli & Co. und Mitbeteiligte.
Regeste

    Zeitlicher Geltungsbereich des Kartellgesetzes. Art. 23 Abs. 1 KG
(Erw. 1).

    Einfluss des Fehlens einer Kartellabrede auf die Klagemöglichkeit
des von einer Wettbewerbsbehinderung Betroffenen (Erw. 2).

    Deliktshaftung bei einfacher Gesellschaft, Art. 544 OR; Haftung
mehrerer Schädiger, Art. 50 OR. Voraussetzungen (Erw. 3).

    Kartellähnliche Organisation, Begriff des stillschweigenden
gegenseitigen Abstimmens des Verhaltens. Art. 3 KG (Erw. 4).

    Klagemöglichkeiten des von unzulässiger Kartellmassnahme
Betroffenen. Art. 6 KG (Erw. 6).

    Erfordernis einer erheblichen Wettbewerbsbehinderung.  Art. 4 Abs. 1 KG
(Erw. 8).

Sachverhalt

    A.- Der Bedarf der schweizerischen Wirtschaft an Eisen wird zu
rund 70% durch Importe gedeckt; die übrigen 30% werden durch die vier
schweizerischen Eisen- und Stahlwerke erzeugt, nämlich durch die von Roll
AG in Gerlafingen, die Aktiengesellschaft der von Moos'schen Eisenwerke in
Luzern, die Monteforno Stahl- und Walzwerke AG in Bodio und die Ferrowohlen
AG in Wohlen. Diese Werke stellen hochwertige Armierungsstähle her,
die im Eisenbetonbau eine führende Rolle spielen.

    Der schweizerische Eisenhandel ist auf der EngrosStufe im Eisenverband
organisiert, dem 10 Import- und Grosshandelsfirmen angehören. Auf
der Detailstufe wurden vier regionale Eisenhändler-Konventionen
abgeschlossen, die zusammen mehr als 160 Mitglieder haben. Die regionalen
Eisenhändlerkonventionen sind unter sich und mit dem Eisenverband durch
Verträge verbunden. Der Eisenverband und die Detailkonventionen setzen
Preise und Lieferungsbedingungen fest und sehen Sanktionen für deren
Verletzung vor. Zwischen den Detailkonventionen und einer Reihe von
Verbraucherverbänden bestehen Verträge, wonach die Mitglieder dieser
Verbände verpflichtet sind, Konventions-Artikel ausschliesslich bei
Verbandshändlern zu beziehen.

    Die Miniera AG in Basel, eine Kohlenimportfirma, nahm im Jahre
1947 auch den Import von Eisen und Stahl auf. Sie gründete zu diesem
Zweck mehrere Tochtergesellschaften. 1959 nahm sodann die mit der
Miniera AG verbundene Kohlenhandelsfirma Hänggi & Co. AG auch das
Detailgeschäft mit Eisen und Stahl auf. Alle die erwähnten Firmen sind
durch Beteiligungsverhältnisse miteinander verbunden. Die Leitung der
ganzen Gruppe liegt in der Hand des Verwaltungsratspräsidenten der
Muttergesellschaft Miniera AG Diese befasst sich hauptsächlich mit dem
Import; sie ist Vertreterin der Ferrostaal AG in Essen. Sie betätigt
sich sodann im Engros-Handel und beliefert die übrigen der Gruppe
angehörenden Gesellschaften, die das Detailgeschäft betreiben. Die
Gesellschaften gehören weder dem Eisenverband noch einer regionalen
Eisenhändlerkonvention an.

    B.- Am 7. Juli 1960 reichten die der Miniera-Gruppe angehörenden sechs
Firmen beim Handelsgericht Zürich Klage ein gegen die drei Zürcher Firmen
Küderli & Co., Pestalozzi & Co. und Julius Schoch & Co., die Mitglieder des
Eisenverbandes und zugleich der Eisenhändler-Konvention Zürich-Ostschweiz
(Z - O) sind.

    Die Klägerinnen machten geltend, die Beklagten spielten eine führende
Rolle im Eisenverband und seien daher verantwortlich dafür, dass dieser
und die ihm unterworfenen regionalen Detailkonventionen im Einvernehmen mit
den schweizerischen Eisen- und Stahlwerken die Klägerinnen boykottierten,
um sie aus dem Eisenhandel zu verdrängen.

    Zum Nachweis für die Behauptung, dass ein Boykott vorliege, brachten
die Klägerinnen im wesentlichen vor: Es werde ihnen die Aufnahme in
die Detailkonventionen verweigert, so dass sie von der Belieferung mit
Konventionsartikeln ausgeschlossen seien. Auf Grund der Bindungen zwischen
dem Eisenverband und den schweizerischen Eisenwerken lehnten diese eine
Belieferung der Klägerinnen ab. Infolgedessen erhielten diese keinen
Armierungsstahl, der wegen seiner grossen Bedeutung im Eisenbetonbau für
jeden Eisenhändler lebenswichtig sei. Armierungsstahl der Werke von Roll,
von Moos und Monteforno sei für die Klägerinnen überhaupt nicht und solcher
von Ferrowohlen nur auf dem Umweg über die Handelsfirma Walzstahl AG in
Basel erhältlich.

    Gestützt auf den von ihnen behaupteten Sachverhalt beantragten die
Klägerinnen unter anderem:

    1. Die Verurteilung der Beklagten, sämtlichen dem Eisenverband
angeschlossenen Organisationen und Firmen mitzuteilen, dass die Aufnahme
und Belieferung der Klägerinnen gestattet sei;

    2. die Verurteilung der Beklagten, den schweizerischen Eisenwerken
mitzuteilen, dass der Belieferung der Klägerinnen nichts entgegenstehe;

    3. die Verurteilung der Beklagten zu folgenden Schadenersatzleistungen:

    a) Fr. 2 000 000.-- für den Schaden der Klägerinnen bis zur
Klageeinreichung;

    b) Fr. 50 000.-- monatlich während der weiteren Dauer von Boykott
und Diskriminierung, nämlich solange die schweizerischen Eisenwerke
die Klägerinnen nicht in gleicher Weise wie andere Eisenhandelsfirmen
beliefern.

    C.- Das Handelsgericht Zürich wies diese Begehren gemäss Antrag der
Beklagten ab.

    Das Bundesgericht hat die Berufung der Klägerinnen hiegegen abgewiesen
und den angefochtenen Entscheid bestätigt, im wesentlichen auf Grund
der folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Am 15. Februar 1964 ist das Bundesgesetz vom 20. Dezember 1962
über Kartelle und ähnliche Organisationen (KG) in Kraft getreten. Es ist
deshalb in erster Linie zu prüfen, ob und inwieweit dessen Bestimmungen
bei der Beurteilung des vorliegenden Rechtsstreites heranzuziehen sind.

    Das KG enthält keine übergangsrechtlichen Vorschriften. Es wird
lediglich in Art. 23 Abs. 1 bestimmt, soweit das Gesetz nichts Abweichendes
vorsehe, seien auf Kartelle und ähnliche Organisationen die Bestimmungen
des ZGB, insbesondere jene über das OR, anwendbar.

    Aus dieser Vorschrift ist zu folgern, dass sich der zeitliche
Geltungsbereich des KG nach den einschlägigen Bestimmungen des ZGB und
des OR richtet. Da Art. 1 der Schluss- und Übergangsbestimmungen des
OR auf die Vorschriften des Schlusstitels des ZGB verweist, sind dessen
Bestimmungen massgebend. Es gilt somit der in Art. 1 SchlT ZGB aufgestellte
Grundsatz der Nichtrückwirkung des Gesetzes. Die Bestimmungen des KG gelten
daher nur für Tatsachen, die nach dem 15. Februar 1964 eingetreten sind,
während für vorher eingetretene die damals geltenden Rechtsnormen weiterhin
massgebend bleiben.

    Mit den Berufungsbegehren 1 und 2 fordern die Klägerinnen die
Beseitigung von wettbewerbsbehindernden Massnahmen der Beklagten, durch
welche sie nach ihrer Ansicht in ihren Rechten verletzt werden. Die
Gutheissung solcher Beseitigungsbegehren setzt voraus, dass die
Beeinträchtigung in dem für das Urteil massgebenden Zeitpunkt noch
bestanden hat (BGE 88 II 179 f.). Massgebender Zeitpunkt in diesem
Sinne ist nach dem diese Frage beherrschenden kantonalen Prozessrecht,
wie die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich entschieden hat,
der Tag der Urteilsfällung, also der 14. April 1964. Die Begründetheit
der Berufungsbegehren 1 und 2 beurteilt sich somit nach den Bestimmungen
des KG.

    Das Berufungsbegehren 3 hat Schadenersatzansprüche zum
Gegenstand. Soweit sich diese auf Wettbewerbsbehinderungen aus der Zeit vor
dem 15. Februar 1964 stützen, sind sie nach altem Recht zu beurteilen. Der
Anspruch auf Ersatz eines nach dem genannten Tag entstandenen Schadens
dagegen unterliegt dem neuen Recht.

Erwägung 2

    2.- Das Hauptgewicht des Prozesses liegt nach den zutreffenden
Ausführungen der Vorinstanz auf den Lieferungsbeschränkungen, welche
die schweizerischen Eisen- und Stahlwerke, also die Eisenproduzenten,
namentlich in Bezug auf Armierungsstähle den Klägerinnen gegenüber
handhaben. Das ist auch die Auffassung der Klägerinnen selber, wie aus
ihrem Berufungsbegehren 3 b erhellt, mit dem sie Schadenersatzleistungen
von monatlich Fr. 50 000.-- fordern "während der weiteren Dauer von Boykott
und Diskriminierung, nämlich solange die schweizerischen Eisenwerke die
Klägerinnen nicht... beliefern..."

    Die Klägerinnen behaupten in erster Linie, die gänzliche
Lieferungsverweigerung der drei älteren Eisenwerke von Roll, von Moos und
Monteforno, sowie die Verweigerung unmittelbarer Belieferung durch das 1955
gegründete Werk Ferrowohlen beruhe auf einer Kartellabrede zwischen den
Werken einerseits und den Händlerverbänden sowie den Beklagten als deren
Mitgliedern anderseits. Sie streben danach, die Wettbewerbsbehinderung,
welche diese Kartellabrede für sie zur Folge habe, durch den Richter
beseitigen zu lassen. Zu diesem Zwecke beantragen sie mit Berufungsbegehren
2, die Beklagten seien zu verpflichten, den Eisenwerken gegenüber zu
erklären, sie hätten gegen die Belieferung der Klägerinnen mit sämtlichen
Erzeugnissen der schweizerischen Eisenwerke nichts einzuwenden.

    Nach den Ausführungen des Handelsgerichts haben die Klägerinnen
jedoch nicht nachzuweisen vermocht, dass zwischen den Beklagten oder den
Verbänden, denen sie angehören, und den Stahlwerken eine ausdrückliche
oder stillschweigende Vereinbarung getroffen worden ist, wonach den Werken
eine Belieferung der Unternehmen der Miniera-Gruppe verwehrt wäre. Wie
im angefochtenen Entscheid weiter ausgeführt wird, haben die Klägerinnen
auch nicht dargetan, dass die Lieferungsverweigerung der Werke auf einen
Druck oder eine sonstige Einflussnahme seitens der Beklagten oder der
Verbände des Eisenhandels zurückzuführen sei. Das Handelsgericht ist
auf Grund seiner Beweiserhebungen vielmehr zum Schluss gelangt, dass die
Werke die Belieferung der Klägerinnen aus eigenem Entschluss, zur Wahrung
ihrer eigenen Interessen ablehnen. Der angefochtene Entscheid stellt
somit fest, dass die von den Klägerinnen in dieser Hinsicht behauptete
Wettbewerbsbehinderung ausschliesslich die Folge des Verhaltens der am
vorliegenden Prozess nicht beteiligten Werke ist. Die Vorinstanz verneint
also mit andern Worten das Bestehen eines Kausalzusammenhanges zwischen
einem Verhalten der Beklagten und einer durch die Lieferungsverweigerung
der Werke bewirkten Beeinträchtigung der Klägerinnen.

    Diese Feststellungen betreffen tatsächliche Verhältnisse; sie sind
daher gemäss Art. 63 Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich, sofern
sie nicht auf einem offensichtlichen Versehen der Vorinstanz beruhen
oder unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande
gekommen sind.

    (Es folgen Ausführungen darüber, dass die von den Klägerinnen in
dieser Hinsicht erhobenen Rügen unbegründet sind).

Erwägung 3

    3.- Die Klägerinnen sind der Ansicht, selbst wenn die
Lieferungsverweigerung der Werke nicht auf einer Abmachung zwischen
diesen und den Verbänden des Handels oder auf einem von den letzteren
ausgeübten Druck beruhe, hätten die Beklagten gleichwohl für die Folgen
dieser Nichtbelieferung einzustehen. Entscheidend sei, dass man es auf
Seiten der Werke wie des Handels mit einem ganzen System von Verträgen,
Konventionen, Abreden und Geschäftsmaximen zu tun habe, das die Fernhaltung
der Klägerinnen vom Eisenhandel bewirke. Die Mitwirkung der Beklagten
an diesem System begründe ihre solidarische Haftung sowohl nach den
Vorschriften über die einfache Gesellschaft wie nach Art. 50 OR.

    Von einer gesellschaftsrechtlichen Haftung in dem von den Klägerinnen
behaupteten Sinne kann jedoch nicht die Rede sein. Die tatsächlichen
Feststellungen des angefochtenen Entscheides bieten keinen Anhaltspunkt für
das Bestehen von Abmachungen der Beklagten mit den Werken, die zwischen
ihnen eine einfache Gesellschaft im Sinne von Art. 530 ff. OR begründen
würden. Die Vorinstanz hat im Gegenteil ausdrücklich festgestellt, dass
kein solcher Vertrag habe nachgewiesen werden können, mit dem die Werke
sich den Händlern gegenüber verpflichtet hätten, die Klägerinnen nicht zu
beliefern. Das von den Klägerinnen behauptete Bestehen eines Systems von
Verträgen unter den Werken einerseits und unter den Händlern anderseits
vermag den fehlenden Gesellschaftsvertrag zwischen den beiden Gruppen
nicht zu ersetzen. Für einen solchen bedürfte es des Nachweises gemeinsam
beschlossener und durchgeführter Massnahmen, d.h. einer Kartellabrede im
Sinne von Art. 2 KG.

    Abgesehen hievon trifft nicht zu, dass jedes Mitglied einer einfachen
Gesellschaft für die von den übrigen Gesellschaftern begangenen unerlaubten
Handlungen solidarisch hafte. Eine solche Haftung besteht nur für die von
den Gesellschaftern gemeinsam oder durch einen Vertreter eingegangenen
Verpflichtungen (Art. 544 Abs. 3 OR). Für die unerlaubten Handlungen
eines Gesellschafters haften dagegen die übrigen nicht, sofern er nicht
mit ihrem Einverständnis gehandelt hat (BGE 84 II 383).

    Auch die von den Klägerinnen weiter angerufene solidarische Haftung
mehrerer Schädiger nach Art. 50 OR setzt ein gemeinsames Handeln voraus,
das im Falle eines Boykottes nur in einer bewussten und gewollten Teilnahme
an diesem bestehen kann. Der Umstand, dass die Werke, also Dritte, eine
Belieferung der Klägerinnen ablehnen, vermag keine Deliktshaftung der
Beklagten zu begründen, selbst wenn sie vom Vorgehen der Werke Kenntnis
hatten und dieses sich indirekt zu ihrem Vorteil auswirkte. Entscheidend
ist, dass sie nicht beteiligt waren an der Beschlussfassung über diese
Massnahmen, sondern dass diese, wie bereits ausgeführt wurde, von den
Werken aus eigenem Entschluss, zur Wahrung ihrer eigenen Interessen
getroffen wurden, und daher auch der Kausalzusammenhang zwischen dem
Verhalten der Beklagten und der in Frage stehenden schädigenden Handlung
der Werke fehlt.

    Die Betrachtungsweise der Klägerinnen setzt somit einerseits
einen Sachverhalt voraus, der in den tatsächlichen Feststellungen des
angefochtenen Urteils keine Stütze findet, und anderseits beruht sie auf
rechtlich unhaltbaren Auffassungen über den Begriff der Solidarität.

Erwägung 4

    4.- Es liesse sich erwägen, ob das Bestehen einer "kartellähnlichen
Organisation" im Sinne von Art. 3 lit. b KG zwischen den Werken und den
Händlerverbänden anzunehmen sei. Eine solche setzt keine vertragliche
Bindung der beteiligten Unternehmen voraus. Es genügt vielmehr, dass sie
"stillschweigend ihr Verhalten aufeinander abstimmen", wenn sie damit
erreichen, dass sie den Markt für die in Frage stehenden Waren beherrschen
oder wenigstens massgeblich beeinflussen.

    Eine Heranziehung von Art. 3 KG scheitert jedoch schon daran,
dass nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz zwischen
der Lieferungsverweigerung der Werke und den von den Händlerverbänden
und den Beklagten gegenüber den Klägerinnen vorgekehrten Massnahmen
kein ursächlicher Zusammenhang besteht. Auf Grund der vorinstanzlichen
Feststellungen hat das Bundesgericht vielmehr davon auszugehen, dass die
Werke aus eigenem Entschluss, in Verfolgung ihrer eigenen Interessen,
eine Belieferung der Klägerinnen mit Armierungsstählen ablehnen, ohne
dass dabei eine Rücksichtnahme oder Ausrichtung auf die Wünsche oder
Interessen des Handels eine Rolle gespielt hätten.

    Wenn die Vorinstanz bei dieser Sachlage ein "gegenseitiges
Abstimmen" zwischen dem Verhalten der Werke einerseits und demjenigen der
Händlerverbände anderseits verneint, so ist sie dabei nicht von einem
unzutreffenden Begriff des "gegenseitigen Abstimmens des Verhaltens"
ausgegangen. Denn wie immer man im übrigen diesen Rechtsbegriff umschreiben
mag, so steht doch auf jeden Fall das Eine fest, dass er einen irgendwie
gearteten Zusammenhang im Verhalten der beteiligten Unternehmen erfordert.

    Scheidet eine "kartellähnliche Organisation" zwischen Werken
und Händlerverbänden schon aus diesem Grunde aus, so braucht nicht
entschieden zu werden, ob die erste Voraussetzung erfüllt wäre, die
Art. 3 KG im einleitenden Satz für das Vorliegen einer solchen aufstellt,
nämlich dass die in Frage stehenden Unternehmen "den Markt für bestimmte
Waren... beherrschen oder massgeblich beeinflussen". Ebenso kann offen
bleiben, wie der Zusammenhang des Verhaltens der beteiligten Unternehmen
beschaffen sein müsste, um als "stillschweigendes Abstimmen" gelten
zu können, und ob ein solches nur in Bezug auf Unternehmen der gleichen
Marktstufe (also für das Verhältnis zwischen Produzenten oder dasjenige von
Unternehmen des Grosshandels oder solchen des Kleinhandels je unter sich)
denkbar wäre. Da das Verhalten der Werke, die am vorliegenden Prozess
nicht beteiligt sind, ausser Betracht zu bleiben hat, braucht nach der
zutreffenden Auffassung der Vorinstanz auch nicht geprüft zu werden, ob die
Weigerung der Werke, die Klägerinnen zu beliefern, auf einer Abrede oder
einem stillschweigenden Abstimmen der Werke unter sich beruhe. Ebenso kann
dahingestellt bleiben, welches die Gründe für dieses Verhalten der Werke
seien und ob es mit Rücksicht auf das Geschäftsgebaren der Klägerinnen als
berechtigt betrachtet werden könnte, weil sie gemäss den Behauptungen der
Beklagten den schweizerischen Markt durch Unterbietung der landesüblichen
Preise gestört haben. Alle diese Fragen liegen, da sich die Klage nicht
gegen die Werke richtet, ausserhalb des Rahmens des vorliegenden Prozesses.

Erwägung 5

    5.- Nach dem Gesagten ist sowohl das Vorliegen einer Kartellabrede
zwischen den Werken und den Verbänden des Handels im Sinne von Art. 2 KG,
als auch das Bestehen einer kartellähnlichen Organisation gemäss Art. 3 KG
zwischen ihnen zu verneinen. Soweit sich die Berufung gegen die Abweisung
von Berufungsbegehren 2 richtet, ist sie daher unbegründet.

Erwägung 6

    6.- Mit dem Berufungsbegehren 1 wenden sich die Klägerinnen gegen die
Wettbewerbsbehinderungen, die sich aus der Organisation des Eisenhandels
für sie ergeben, nämlich aus den Bestimmungen des Eisenverbandes und der
Detailkonventionen oder aus Verträgen dieser Organisationen mit bestimmten
Abnehmerkreisen (sog. Handwerkerabkommen). Die Klägerinnen verlangen, die
Beklagten seien zu verpflichten, sämtlichen dem Eisenverband angehörenden
Organisationen und Firmen mitzuteilen, dass die Aufnahme der Klägerinnen
als Mitglieder gestattet sei und dass sie in gleicher Weise beliefert
werden dürfen wie andere Vertragshändler von entsprechender Bedeutung.

    Die Fassung dieses Begehrens lässt seine Zulässigkeit als
zweifelhaft erscheinen. Nach Art. 6 Abs. 1 KG hat der durch eine
unzulässige Wettbewerbsbehinderung Betroffene Anspruch auf Feststellung
der Widerrechtlichkeit, auf Unterlassung der Vorkehren und Beseitigung
des rechtswidrigen Zustandes, auf Ersatz des Schadens bei Verschulden und
auf Genugtuung im Falle von Art. 49 OR. Art. 6 Abs. 2 KG sodann bestimmt,
zur Durchsetzung des Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruchs könne
der Richter auf Begehren des Klägers anordnen, dass diesem gegenüber
Kartellverpflichtungen unverbindlich seien; nötigenfalls könne er auch
die Beteiligung des Klägers am Kartell mit den damit verbundenen Rechten
und Pflichten oder die Aufnahme des Klägers in den Verband verfügen.

    Seinem Wortlaut nach fällt das Berufungsbegehren 1 unter keinen der
in Art. 6 KG vorgesehenen Ansprüche. Die Klägerinnen verlangen vielmehr
nur die Verpflichtung der Beklagten zum Erlass bestimmter Mitteilungen an
die Händlerverbände und deren übrige Mitglieder. Es liesse sich allenfalls
erwägen, ob eine Mitteilung des von den Klägerinnen beantragten Inhalts
nicht als eine besondere Form der Störungsbeseitigung zu betrachten sei,
die der Richter gleich den in Art. 6 Abs. 2 KG vorgesehenen Massnahmen
anordnen könne. Unter der Herrschaft des früheren Rechtes hat das
Bundesgericht die Verpflichtung einer Partei, derartige Mitteilungen
vorzunehmen, als zulässiges und geeignetes Mittel zur Beseitigung eines
gegen die Grundsätze des Persönlichkeitsrechts verstossenden und darum
unzulässigen Boykotts betrachtet (BGE 76 II 295). Allerdings hatte in
jenem Fall die Mitteilung von einem Grosshandelsverband auszugehen, auf
dessen Verträgen mit den Produzenten einerseits und den Verbrauchern
anderseits der Boykott beruhte, und die Mitteilung war an die Partner
dieser Verträge zu richten, während vorliegend einzelne Firmen dazu
verhalten werden sollen, die Mitteilung den Verbänden zukommen zu lassen,
in denen sie angeblich eine führende Rolle spielen.

    Die Frage der Zulässigkeit des Berufungsbegehrens 1 kann indessen
offen gelassen werden, da auf jeden Fall die sachlichen Voraussetzungen
für seine Gutheissung fehlen.

Erwägung 7

    7.- ...

Erwägung 8

    8.- Nach Art. 4 Abs. 1 KG sind Vorkehren eines Kartells, wie Bezugs-
und Liefersperren oder Benachteiligung in den Preisen und Bezugsbedingungen
unzulässig, wenn mit ihnen Dritte vom Wettbewerb ausgeschlossen oder in
dessen Ausübung erheblich behindert werden sollen.

    Das angefochtene Urteil enthält keine Feststellung des Inhaltes,
dass die Wettbewerbsbehinderungen, die von den Beklagten den Klägerinnen
gegenüber getroffen worden sind, deren gänzlichen Ausschluss vom Wettbewerb
bezweckt oder bewirkt hätten. Es kann sich daher lediglich fragen, ob
diese Vorkehren auf eine "erhebliche Behinderung" der Klägerinnen abzielen
oder eine solche zur Folge haben. Der Begriff des unzulässigen Boykottes
wird damit von einem quantitativen Element abhängig gemacht. Gegen dieses
Erfordernis der Erheblichkeit der Behinderung sind im Schrifttum Bedenken
geäussert worden (MERZ, Der mögliche Wettbewerb, Schweiz. Zeitschrift
für Volkswirtschaft und Statistik, 1959, S. 431; DESCHENEAUX, La nouvelle
jurisprudence du Tribunal fédéral en matière de boycott, Wirtschaft und
Recht, 1961, S. 148). Nach der Auffassung dieser Autoren schützt das
KG damit die Wettbewerbsfreiheit in geringerem Masse als die bisherige
Boykottrechtsprechung des Bundesgerichts, welche eine solche Erheblichkeit
der Behinderung nicht vorausgesetzt habe.

    Dieser Ansicht kann jedoch nicht beigepflichtet werden. Sowohl nach
dem letzten Stand der Rechtsprechung vor dem Inkrafttreten des KG (BGE
86 II 376 ff.) als auch nach dem neuen Recht ist der Boykott unerlaubt,
weil er das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzt, nämlich sein
Recht auf freie Betätigung seiner Persönlichkeit im Wirtschaftsleben. Die
Unterlassung wirtschaftlicher Beziehungen ist aber, selbst wenn sie auf
Verabredung beruht, nicht an sich schon unzulässig. Sie ist es nur, soweit
sie einem Dritten die Ausübung einer normalen Tätigkeit verwehrt, indem
sie seine wirtschaftliche Freiheit aufhebt oder übermässig einschränkt.
Eine solche Persönlichkeitsverletzung kann sich begriffsmässig nur aus
einer Behinderung der wirtschaftlichen Betätigung ergeben, die eine gewisse
Intensität aufweist. Ein bloss vorübergehender Eingriff, wie auch ein
Eingriff von geringer Tragweite, der lediglich Unzukömmlichkeiten von
untergeordneter Bedeutung mit sich bringt, stellen keine Verletzungen
der wirtschaftlichen Persönlichkeit dar. Denn diese ist, sowenig wie die
andern von der Rechtsordnung anerkannten Freiheitsrechte, kein absolutes
und schrankenloses Recht. Die Erheblichkeit der Wettbewerbsbehinderung
ist daher ein Begriffsmerkmal des unzulässigen Boykottes sowohl nach der
früheren Rechtsprechung als auch nach dem neuen Recht.

Erwägung 9

    9.- Die von einem Kartell getroffenen diskriminierenden Massnahmen
sind somit nur unerlaubt, wenn sie die Wettbewerbstätigkeit erheblich
behindern. Wer Unzulässigkeit eines Boykottes behauptet, muss dartun,
dass alle in Art. 4 KG umschriebenen Begriffsmerkmale der Unzulässigkeit
gegeben sind. Er hat daher auch zu beweisen, dass die gegen ihn gerichteten
Massnahmen eine erhebliche Wettbewerbsbehinderung bezwecken oder bewirken.

    Lässt man die Nichtbelieferung mit Armierungsstählen beiseite,
die ausschliesslich auf Massnahmen der Stahlwerke beruht und daher
hier ausser Betracht zu bleiben hat, so enthält das angefochtene
Urteil keine Feststellung über die beabsichtigten oder tatsächlich
eingetretenen Wirkungen der diskriminierenden Massnahmen, welche die mit
dem Berufungsbegehren 1 ins Recht gefassten Beklagten über die Klägerinnen
verhängt haben. Die Vorinstanz hat sich auf die Feststellung beschränkt,
dass die von Seiten des Handels veranlassten Behinderungen der Klägerinnen
(also die Nichtbelieferung durch die Mitglieder der Händlerverbände und
die durch die sog. Handwerkerabkommen bewirkten Absatzerschwerungen)
"nur von untergeordneter Bedeutung" seien.

    Es geht daher nicht an, aus dem Bestehen diskriminierender Massnahmen
der Händlerverbände gegenüber den Klägerinnen ohne weiteres zu folgern,
die dadurch bewirkte Behinderung weise auch die nach dem Gesetz für ihre
Unzulässigkeit erforderliche Intensität auf. Gewiss dürfen an den Beweis
dieser Erheblichkeit keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden.
Häufig wird schon die blosse Tatsache des Boykottes eine Vermutung
für seine Erheblichkeit begründen; denn es ist anzunehmen, dass die
Urheber eines Boykottes die getroffenen Massnahmen kaum beschlossen
hätten, wenn sie von ihnen nicht Wirkungen von einer gewissen Bedeutung
erhoffen würden. Im vorliegenden Fall stellt aber, wie bereits oben
(Erw. 2) hervorgehoben wurde, die Weigerung der Werke, die Klägerinnen
mit Armierungsstählen zu beliefern, das Element dar, dem auch nach der
Auffassung der Klägerinnen selber die weitaus überragende Bedeutung
zukommt. Man darf in der Tat ohne Bedenken davon ausgehen, dass es
für die Klägerinnen, die eine bedeutende Wirtschaftsgruppe mit sicheren
und leistungsfähigen Bezugsquellen im Ausland bilden, keine erhebliche
Behinderung bewirke, wenn sie von ihren Konkurrenzunternehmen nicht
beliefert werden. Denn einerseits ist die Muttergesellschaft Miniera
AG selber ein Import- und Grosshandelsunternehmen, das die Vertretung
des Werkes Ferrostaal AG in Essen innehat, und anderseits leuchtet ein,
dass als Lieferanten eines Grossisten nicht andere Grossisten, sondern
in erster Linie die Produzenten in Betracht kommen.

    Aus diesen Erwägungen geht es daher nicht an, aus dem blossen Bestehen
der von den Händlerverbänden getroffenen Massnahmen gestützt auf eine
natürliche Vermutung den Schluss zu ziehen, es liege auch eine erhebliche
Wettbewerbsbehinderung der Miniera-Gruppe vor.

    Die Klägerinnen behaupten in der Berufungsschrift nicht, den ihnen
obliegenden Beweis für dieses Merkmal der Erheblichkeit der Behinderung
angetragen zu haben. Sie machen auch nicht geltend, dass das Handelsgericht
in diesem Punkte durch die Ablehnung von ihnen gestellter Beweisanträge
Art. 8 ZGB verletzt habe. Für das Bundesgericht, das nach Art. 63
Abs. 2 OG ausschliesslich auf den im angefochtenen Urteil festgehaltenen
Sachverhalt abzustellen hat, ergibt sich daraus die rechtliche Folgerung,
dass das Berufungsbegehren 1 wegen Nichtvorliegens eines Begriffsmerkmals
des Boykotts abzuweisen ist.

Erwägung 10

    10.- ...

Erwägung 11

    11.- Mit der Feststellung, dass den Klägerinnen den Beklagten
gegenüber keinerlei Ansprüche der mit den Berufungsbegehren 1 und 2
geltend gemachten Art zustehen, ist den mit Berufungsbegehren 3 erhobenen
Schadenersatzansprüchen der Boden entzogen. Auch dieses Begehren ist
deshalb abzuweisen, ohne dass im Einzelnen darauf einzutreten wäre.