Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 90 II 235



90 II 235

28. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. Juli 1964
i.S. Häring gegen Wortmann. Regeste

    Aktienrecht, Kauf vinkulierter Namenaktien.

    Folgen der Nichtzustimmung der Gesellschaft zur Aktienübertragung
(Bestätigung und Verdeutlichung der Rechtsprechung) (Erw. 1-3).

    Vertragslücke; Ausfüllung durch den Richter (Erw. 4).

    Art. 627 Ziff. 8, 685/6 OR, 2 ZGB.

Sachverhalt

    A.- In Winterthur besteht seit dem Jahre 1934 die Johann Lerch A.-G.,
Bauunternehmung. Ihr Gesellschaftskapital ist in 450 volleinbezahlte
Namenaktien zu je Fr. 1000. - eingeteilt. Nach § 5 Abs. 1 der
Statuten erfolgt die Übertragung der Aktien durch Indossament; nach §
5 Abs. 2 bedarf jedoch jede Übertragung der Genehmigung durch die
Generalversammlung.

    Das Unternehmen war ursprünglich eine Familien-A.-G. Noch im Jahre
1951 waren 425 von den insgesamt 450 Aktien in der Hand von Mitgliedern
der Familie Häring-Lerch. In der Folge veräusserten verschiedene
Familienmitglieder Aktien an Dritte, so dass sich 1954 mehr als die Hälfte
aller Aktien, nämlich 249 Stück, in familienfremden Händen befanden.

    Der Kläger Emil Häring, der ursprünglich 108 Aktien besass,
hatte am 25. Januar 1952 30 Stück an den technischen Leiter des
Unternehmens, Beglinger, verkauft, wobei ihm der Käufer ein Rückkaufsrecht
einräumte. Dieser Verkauf wurde mit Beschluss der Generalversammlung vom
4. Juni 1952 genehmigt.

    Am 3. Dezember 1953 erklärte Häring, von seinem Rückkaufsrecht Gebrauch
machen zu wollen. An der Generalversammlung vom 26. März 1954 kam jedoch
die für die Genehmigung dieser Rückübertragung erforderliche qualifizierte
Stimmenmehrheit nicht zustande. Mit Rücksicht hierauf verweigerte Beglinger
die Herausgabe der Aktien an Häring. Auf dessen Klage hin wurde er jedoch
durch das Bundesgericht als letzte Instanz mit Urteil vom 11. Juni 1957
(BGE 83 II 297 ff.) verpflichtet, Häring die 30 Namenaktien zu Eigentum
zu übertragen, da die Nichtzustimmung der Gesellschaft lediglich den
Übergang der Mitgliedschaftsrechte an den Aktien verhindere, während die
Gültigkeit des Kaufvertrages als solchen davon nicht berührt werde. Auf
Grund dieses Urteils händigte Beglinger dem Kläger die 30 Namenaktien aus,
blieb aber im Aktienbuch der Gesellschaft als Aktionär eingetragen.

    B.- Der Beklagte Luc Wortmann-Häring, der gemäss übereinstimmender
Darstellung der Parteien zusammen mit seiner Ehefrau 141 Aktien der Johann
Lerch A.-G. besass, hatte am 10. Juli 1953 mit dem Kläger Emil Häring,
seinem Schwager, einen Vertrag abgeschlossen, wonach der Kläger ihm 88
Aktien der Gesellschaft zum Nominalwert von je Fr. 1000. - verkaufte.
Zur Erfüllung dieses Vertrages hatte der Kläger 38 in seinem Besitz
befindliche Aktien dem Beklagten sofort indossiert zu übergeben; ferner
verpflichtete er sich, die an Beglinger verkauften Aktien auf Grund
seines Rückkaufsrechtes zurückzuerwerben und 20 weitere bei einer Bank
hinterlegte Aktien auszulösen (Ziff. 4-6 des Vertrages).

    Im weiteren bestimmte der Vertrag:

    7.  Mit diesem Kaufvertrag verpflichtet sich Herr Emil Häring
unwiderruflich, Herrn Luc Wortmann das Eigentum an insgesamt 88 Aktien
der JOH. LERCH A.-G. zu übertragen. Der gesamte Vertrag fällt dahin,
sofern Herr Emil Häring nicht in der Lage sein sollte, die 30 Titel,
welche er von Herrn Beglinger zurückzukaufen hat und die 20 Titel, welche
er bei der Schweiz. Volksbank einzulösen hat, Herrn Luc Wortmann indossiert
auszuhändigen und seine eigenen 38 Titel ebenfalls zu übertragen.

    8.  Mit der Abwicklung der Geschäfte gemäss § 5 und 6 dieses Vertrages
verpflichtet sich Herr Emil Häring, bis zur Übertragung der Aktien im
Aktienbuch der Gesellschaft auf Herrn Luc Wortmann diesen unwiderruflich
zu bevollmächtigen, das Stimmrecht für die gesamten 88 Aktien an jeder
ordentlichen oder ausserordentlichen Generalversammlung, sowie bei jedem
sonstigen Anlass auszuüben, sowie sämtliche übrigen Rechte, die aus den
Aktientitel fliessen, für sich zu beanspruchen, nachdem das Eigentum an
diesen Aktien durch Herrn Emil Häring auf Herrn Luc Wortmann hierdurch
uneingeschränkt übertragen wird.

    9.  Herr Emil Häring wird sämtliche Titel indossieren und falls es
nötig sein sollte, den entsprechenden Antrag an die Verwaltung stellen,
dass die Titel auf Herrn Luc Wortmann im Aktienbuch übertragen werden.

    ...

    11.  Dieser Vertrag ist unwiderruflich. Er steht unter der einzigen
Bedingung, dass Herr Emil Häring die gesamten 88 Aktien auf Herrn Luc
Wortmann übertragen kann. Die Lieferung nur eines Teils der gesamten
Aktien ist unzulässig und macht diese Vereinbarung hinfällig.

    Dieser Kaufvertrag wurde von den Parteien der Gesellschaft gegenüber
geheimgehalten und vom Kläger auch in dem oben erwähnten Prozess gegen
Beglinger nicht bekanntgegeben.

    Im Anschluss an des Urteil des Bundesgerichts im Prozess
Häring/Beglinger beauftragte der Kläger am 20. Juli 1957 seinen damaligen
Anwalt, dem Beklagten die 30 von Beglinger zurückerhaltenen Aktien zu
übergeben. Gleichzeitig schrieb er dem Beklagten, er verpflichte sich,
die Aktien an ihn zu indossieren. Da der Beklagte bei den gegebenen
Mehrheitsverhältnissen mit der Genehmigung der Aktienübertragung nicht
rechnete, suchte er nicht darum nach. Dagegen gab der Kläger mit Schreiben
vom 27. Februar 1959 dem Verwaltungsratspräsidenten der A.-G., Dr. Hess,
den Aktienverkauf bekannt. Dr. Hess bestätigte den Empfang dieser
Mitteilung und bemerkte dazu, er mache den Kläger darauf aufmerksam, dass
der Wert der Aktien wesentlich über dem Nominalwert liege; er selber wäre
ohne weiteres bereit, sie zu einem Kurswert von 200% des Nominalwertes
zu übernehmen. Daraufhin nahm der Kläger mit Schreiben vom 1. November
1959 an den Beklagten den Standpunkt ein, der Kaufvertrag vom 10. Juli
1953 sei hinfällig geworden.

    In der Folge verlangten beide Parteien von der Gesellschaft
die Auszahlung der auf die 88 Aktien entfallenden Dividende für das
Geschäftsjahr 1958. Die Gesellschaft hinterlegte mit Ermächtigung
des zuständigen Richters den streitigen Dividendenbetrag bei der
Bezirksgerichtskasse Winterthur.

    C.- Mit Klage vom 15. März 1961 stellte Häring das Begehren, der
Beklagte Wortmann sei zur Herausgabe der bei der Bezirksgerichtskasse
Winterthur hinterlegten Summe von Fr. 6328.65 zu verpflichten.

    Das Bezirksgericht Winterthur und das Obergericht des Kantons Zürich
wiesen dieses Klagebegehren ab und gaben der Bezirksgerichtskasse
Winterthur Weisung, den von der Joh. Lerch A.-G. hinterlegten
Dividendenbetrag dem Beklagten auszuzahlen.

    Das Bundesgericht weist die Berufung des Klägers gegen diesen Entscheid
ab, im wesentlichen auf Grund der folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Gleich wie im Prozess Häring/Beglinger (BGE 83 II 297 f.) geht
auch im vorliegenden Falle der Streit um die Rechtsbeständigkeit eines
Kaufvertrages über vinkulierte Namenaktien, deren Erwerber von der A.-G.
nicht als Aktionär angenommen wird. Überdies handelt es sich um Aktien
der gleichen Gesellschaft, ja zum Teil sogar um die gleichen Aktien,
und der heutige Kläger Häring war auch am früheren Prozess als Partei
beteiligt. Die beiden Fälle unterscheiden sich lediglich dadurch, dass
Häring damals Käufer der Aktien war und die Gültigkeit des Kaufvertrages
verfocht, während er heute Verkäufer ist und den Standpunkt einnimmt,
der Kaufvertrag der Parteien sei ungültig. Diese Verschiedenheit des
Sachverhalts ändert jedoch nichts daran, dass in beiden Fällen die gleichen
Rechtsfragen zu entscheiden sind. Es ist daher bei der Beurteilung des
vorliegenden Streites auf die im Urteil im andern Prozess, BGE 83 II 297
ff., aufgestellten Grundsätze zurückzugreifen.

Erwägung 2

    2.- a) Im genannten Entscheid hat das Bundesgericht ausgeführt,
die Nichtgenehmigung der Übertragung vinkulierter Namenaktien
durch die Gesellschaft verhindere lediglich den Übergang der mit den
Aktien verbundenen Mitgliedschaftsrechte, während sie dem Übergang der
Vermögensrechte aus ihnen nicht entgegenstehe. Der Kaufvertrag zwischen
Aktionär und abgewiesenem Erwerber könne daher gleichwohl bestehen
bleiben, sofern die Parteien dies so vereinbart hätten. Die Folge sei,
dass die Mitgliedschaftsrechte und die Vermögensrechte verschiedenen
Trägern zustünden.

    Die zur Umschreibung dieses Sachverhaltes gebrauchte Wendung,
es trete "eine Spaltung der Aktienrechte" ein, ist in der Literatur
beanstandet worden. Man hat ihr entgegengehalten, die Aktie sei
als Recht unteilbar; die Unterscheidung zwischen Mitgliedschafts-
und Vermögensrechten sei dem Gesetz nicht bekannt und unrichtig;
zu unterscheiden sei vielmehr zwischen Verwaltungsrechten (wie dem
Stimmrecht) und Vermögensrechten (wie dem generellen Recht auf Gewinn),
die beide Mitgliedschaftsrechte seien. Ein selbständiges rechtliches
Schicksal und einen vom Aktionär verschiedenen Träger könnten höchstens
die aus den mitgliedschaftsrechtlichen Vermögensrechten fliessenden
Forderungen im gewöhnlichen obligationenrechtlichen Sinn haben, so
namentlich das Recht auf Bezug der beschlossenen Dividende. Von einer
Abspaltung mitgliedschaftlicher Vermögensrechte, wie z.B. des jährlichen
Anspruchs auf Verteilung des erzielten Reingewinns, könne dagegen keine
Rede sein. Das Bundesgericht habe somit über das Ziel hinausgeschossen,
wenn es die "Vermögensrechte aus der Aktie", ohne sie genau zu umschreiben,
als "trennbar" erkläre (JÄGGI, ZSR 1958 I S. 525 ff., sowie SAG 33 S. 65
ff; im gleichen Sinne CARRY in einem noch nicht veröffentlichten Vortrag
"Le transfert entre vifs des actions nominatives liées", Genf 1961).

    b) Wenn in BGE 83 II 297 ff. von der Möglichkeit der Abspaltung der
mit der Aktie verbundenen Vermögensrechte gesprochen wird, so wollte das
Bundesgericht unter diesen "Vermögensrechten" nichts anderes verstanden
wissen als die Forderungsrechte im Sinne der Ausführungen von JÄGGI und
CARRY. Dass das generelle Recht auf Gewinnausschüttung, d.h. der Anspruch
auf Festsetzung einer gesetzes- und statutengemässen Dividende, wie auch
das Recht, bei der Festsetzung des Liquidationsanteils mitzuwirken, auf
den abgelehnten Erwerber übergehen, sollte mit dem erwähnten Entscheid
nicht gesagt werden. Diese Rechte gehören auch nach der Meinung des
Bundesgerichtes zu den Mitgliedschaftsrechten, da sie eine Mitwirkung bei
der Willensbildung der Gesellschaft voraussetzen, die nur dem Aktionär
zustehen kann. Sie sind Mitbestimmungsrechte in der Gesellschaft und als
solche Bestandteil der Aktie als Recht, der Aktionäreigenschaft, die ihrem
Wesen nach unteilbar ist (so auch BÜRGI, Art. 686 OR N. 98). Was auf den
abgelehnten Aktienerwerber übergeht, sind auch nach der Auffassung des
Bundesgerichtes lediglich die aus den mitgliedschaftlichen Vermögensrechten
entstandenen oder in Zukunft entstehenden einzelnen Forderungsrechte: Der
Anspruch auf Auszahlung der beschlossenen Dividende, auf Ausrichtung des
Liquidationsanteils, der sich auf Grund der von der Generalversammlung
genehmigten Schlussabrechnung und des auf deren Grundlage erstellten
Verteilungsplanes ergibt. Da diese allein auf den abgelehnten Erwerber
übergehenden Forderungsrechte aber immerhin aus den mitgliedschaftlichen
Vermögensrechten an der Aktie herauswachsen, also primär ebenfalls dem
Aktionär zustehen, lässt sich ihre Übertragung auf den Erwerber doch
wohl als "Abspaltung" oder "Abtrennung" bezeichnen. Dagegen empfiehlt es
sich zur Verhütung von Missverständnissen, statt von einer Trennbarkeit
von Mitgliedschafts- und Vermögensrechten, bezw. einer Abspaltung der
Vermögensrechte schlechthin, von der Abspaltung oder Abtrennung der aus
der vinkulierten Aktie fliessenden Forderungsrechte zu sprechen.

    Im übrigen ist an den im Sinne der vorstehenden Erläuterungen
verdeutlichten Ausführungen in BGE 83 II 297 ff. festzuhalten, denen
auch JÄGGI und CARRY, trotz ihrer Kritik in terminologischer Hinsicht, im
Ergebnis zugestimmt haben. Insbesondere geht auch nach ihrer Auffassung
beim Aufrechtbleiben des Veräusserungsgeschäftes das Eigentum an der
Aktienurkunde mit ihrer Übergabe trotz der Eintragungsverweigerung der
Gesellschaft auf Grund des Indossaments auf den Erwerber über (JÄGGI,
SAG 33 S. 67 f.).

    Das Bundesgericht hat um so weniger Anlass, von seiner Rechtsprechung
abzuweichen, als sich die Auffassung vom Übergang der Forderungsrechte im
oben genannten Sinn sowie des Eigentums an der Aktienurkunde beim Verkauf
vinkulierter Namenaktien in der Praxis seit langem durchgesetzt hat (BÜRGI,
Art. 686 OR N. 100 f.; FLATTET, La dissociation des droits de l'action,
in Mélanges François Guisan, S. 164).

    c) Ob bei Abweisung des Käufers durch die Gesellschaft der
Veräusserer jenem gegenüber verpflichtet sei, auf die Ausübung der bei
ihm verbleibenden Mitgliedschaftsrechte zu verzichten (so JÄGGI, ZSR 1958
I S. 526 f., sowie SAG 33 S. 67), war im Falle Häring/Beglinger nicht zu
entscheiden und kann auch heute offen bleiben. Das gleiche gilt für die
Frage nach dem Schicksal der Bezugsrechte.

    Offen bleiben kann schliesslich auch die Frage, ob der abgewiesene
Erwerber einer vinkulierten Namenaktie, der keine Coupons beigegeben sind,
von der Gesellschaft die Auszahlung der Dividende beanspruchen kann
(so FLATTET, op.cit. S. 147), oder ob die Gesellschaft die Dividende
nur an den als Aktionär im Aktienbuch Eingetragenen zu bezahlen habe
(so JÄGGI, SAG 33 S. 70). Denn diese Frage war, wie auch JÄGGI anerkennt,
ohne Einfluss auf den Entscheid im Falle Häring/Beglinger, und im heutigen
Falle ist sie nicht streitig, da die Gesellschaft durch die Hinterlegung
der Dividende anerkannt hat, sie dem Beklagten zu schulden, falls er im
Prozess obsiegt. Das Bundesgericht hat sich somit im vorliegenden Prozess
nicht abschliessend darüber auszusprechen, welche Rechte die Aktie dem
abgewiesenen Erwerber verschafft.

    d) Gemäss den aus BGE 83 II 297 ff. zu übernehmenden Grundsätzen ist
somit der Übergang sämtlicher Rechte aus den 88 Aktien auf den Beklagten
nicht notwendige Voraussetzung für die Rechtsgültigkeit des Kaufvertrages
der Parteien vom 10. Juli 1953.

Erwägung 3

    3.- Der Kläger glaubt, die Ungültigkeit des Kaufvertrages daraus
ableiten zu können, dass nach § 5 Abs. 2 der Statuten "jede Übertragung
von Aktien zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung einer Generalversammlung
bedarf".

    Dieser Einwand beruht auf der Auffassung, das Gesetz unterscheide
zwischen dem Verbot und der Beschränkung der Übertragung von
Namenaktien gemäss Art. 627 Ziff. 8 OR einerseits und der Verweigerung
der Eintragung des Erwerbers im Aktienbuch gemäss Art. 685/86 OR
anderseits; die A.-G. könne daher in den Statuten die Übertragbarkeit
als solche beschränken mit der Folge, dass für die Gültigkeit des ganzen
Veräusserungsgeschäftes die Zustimmung der Gesellschaft notwendig sei;
sie könne sich aber auch bloss das Recht vorbehalten, die Eintragung
des Erwerbers im Aktienbuch zu verweigern, was lediglich den Übergang
der Aktionäreigenschaft verhindere, das Veräusserungsgeschäft über die
Aktienurkunde dagegen nicht berühre.

    Diese aus dem Wortlaut des Gesetzes abgeleitete Unterscheidung ist
jedoch in BGE 83 II 301 abgelehnt worden, weil der Entscheid über die
Zulassung oder Abweisung des Erwerbers im Beschluss des dafür nach den
Statuten zuständigen Organs liege; der Vornahme oder Verweigerung der
Eintragung im Aktienbuch komme keine selbständige Bedeutung zu, sondern sie
stelle lediglich die Vollzugsmassnahme des bereits getroffenen Entscheides
dar. Diese Auffassung über die Tragweite der Eintragung im Aktienbuch hat
das Bundesgericht in BGE 90 II 171, Erw. 3, mit einlässlicher Begründung
bestätigt.

    Damit ist dem vom Kläger gestützt auf den Wortlaut von § 5 Abs. 2
der Statuten erhobenen Einwand der Boden entzogen.

Erwägung 4

    4.- a) Die Vorinstanz hat angenommen, da den Parteien die
Möglichkeit der Aufrechterhaltung des Veräusserungsgeschäftes trotz
fehlender Zustimmung der Gesellschaft zur Übertragung der Aktionärrechte
nicht bewusst gewesen sei, weise der Kaufvertrag gleich wie im Falle
Häring/Beglinger eine Lücke auf; diese sei durch den Richter nach
dem mutmasslichen Parteiwillen in dem Sinne auszufüllen, dass das
Ausbleiben der Genehmigung der Gesellschaft zur Aktienübertragung das
Veräusserungsgeschäft nicht hinfällig machen sollte.

    b) Der Kläger wendet mit der Berufung ein, im vorliegenden Fall bestehe
entgegen der Auffassung des Obergerichts keine Vertragslücke. Dass die
Parteien die erwähnte Spaltungsmöglichkeit nicht kannten, sei belanglos;
denn aus dem Vertragstext, sowie aus den gesamten Umständen gehe hervor,
dass der Vertrag nach dem Willen der Parteien nur gelten sollte, wenn
der Kläger vollständig erfüllen, d.h. alle 88 Aktien zu vollem Recht auf
den Beklagten übertragen könne. Diese Schlussfolgerung stützt der Kläger
auf Ziff. 11 des Vertrages, die dessen Gültigkeit von der Übertragung der
sämtlichen 88 Aktien abhängig macht, sowie auf Ziff. 7 und 8, welche die
"uneingeschränkte Übertragung" der Aktien vorsehen und bestimmen, dass
der Verkäufer dem Erwerber den unwiderruflichen Auftrag erteile, ihn
bis zur Eintragung des Erwerbers im Aktienbuch an der Generalversammlung
zu vertreten.

    c) Wie der Kläger zugibt, war den Parteien beim Abschluss des Vertrages
vom 10. Juli 1953 nicht bekannt, dass selbst bei Nichtzustimmung der
Gesellschaft zur Aktienübertragung das Eigentum an den Aktientiteln und
die Forderungsrechte aus diesen übertragen werden können. Sie konnten
deshalb keine Vorstellung darüber haben, ob im Falle der Nichtgenehmigung
der Aktienübertragung durch die A.-G. das Veräusserungsgeschäft bestehen
bleiben oder dahinfallen solle. Das schliesst eine Entscheidung dieser
Frage auf dem Wege blosser Auslegung des Vertrages aus. Es liegt entgegen
der Auffassung des Klägers auch hier eine Vertragslücke vor. Da diese nicht
einen wesentlichen Punkt betrifft, dessen Nichtregelung das Zustandekommen
des Vertrages in Frage stellen könnte, ist sie dem Sinn und Zweck des
Vertrages entsprechend vom Richter auszufüllen, und zwar in der Weise,
wie es angesichts der gesamten Sachlage die Parteien selber nach Treu
und Glauben vermutlich getan hätten (BGE 83 II 308 f.).

    d) Bei der Ermittlung dieses mutmasslichen Parteiwillens ist in
bezug auf den Beklagten davon auszugehen, dass er gemäss verbindlicher
Feststellung der Vorinstanz schon im Jahre 1953 danach strebte, die
Aktienmehrheit in der Gesellschaft zu erlangen. Da er damals zusammen mit
seiner Ehefrau über 141 Aktien verfügte, hätte er dieses Ziel nur erreichen
können, wenn er vom Kläger die sämtlichen 88 Aktien bekommen hätte, die
Gegenstand des Vertrages der Parteien bildeten. Daraus erklärt sich, dass
er in Ziff. 7 und 11 des Vertrages dessen Gültigkeit von der Aushändigung
aller dieser 88 Aktien abhängig machte, während die Lieferung nur eines
Teils derselben ausdrücklich als unzulässig bezeichnet wurde. Diese
Bedingung konnte sich, da den Parteien ja die Möglichkeit einer Übertragung
bloss des Eigentums an den Aktienurkunden nicht bewusst war, nur auf die
Zahl der Aktien beziehen, wie die Vorinstanz zutreffend angenommen hat.

    Nach der Erlangung der Aktienmehrheit strebte der Beklagte, um auf die
Beschlüsse der A.-G. einen massgebenden Einfluss ausüben zu können. Dazu
hätte es des Übergangs der Aktien des Klägers mit allen Rechten bedurft.
Angesichts der gegebenen Umstände war sich der Beklagte jedoch im klaren
darüber, dass die Zustimmung der Gesellschaft zur Übertragung vorläufig
nicht erhältlich sein werde. Aus diesem Grunde wurde der Vertrag der
Gesellschaft gegenüber geheimgehalten und in Ziff. 8 vereinbart, dass der
Kläger den Beklagten unwiderruflich zur Ausübung der Aktionärrechte,
insbesondere des Stimmrechts, bevollmächtige. Diese Vereinbarung
war allerdings, wie schon die Vorinstanz zutreffend ausführt, als
rechtsmissbräuchliche Umgehung der statutarischen Vinkulierungsbestimmungen
ungültig (BGE 81 II 540). Aber sie lässt immerhin erkennen, dass der
Beklagte das Geschäft nicht von der sofortigen Erlangung aller mit den
Aktien verbundenen Rechte abhängig machen wollte. Es darf daher mit
Sicherheit angenommen werden, dass er auch gewillt gewesen wäre, sich
vorläufig mit dem Übergang des Eigentums an den Aktienurkunden und der
damit verbundenen Forderungsrechte abzufinden, wenn er die Möglichkeit
einer solchen Regelung gekannt hätte. Diese Annahme wird auch durch sein
späteres Verhalten bestätigt, da er stets am Vertrag festgehalten hat und
zur Bezahlung des vollen Kaufpreises bereit ist, obwohl ihm der Kläger
die Aktionärrechte nicht zu verschaffen vermag.

    Auf der andern Seite hätte auch der Kläger vermutlich zu der
Aufrechterhaltung des Geschäftes mit dieser beschränkten Tragweite Hand
geboten. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz entschloss
er sich zum Verkauf der Aktien an den Beklagten, seinen Schwager, damit
sie auch weiterhin im Familienbesitz verblieben. Er war sich zwar dessen
bewusst, dass dieses Resultat nicht im vollen Umfang erreichbar sei,
solange die Gesellschaft ihre Zustimmung zur Übertragung verweigerte. Da
er aber immerhin grundsätzlich gewillt war, die Aktien dem Beklagten zu
überlassen, darf angenommen werden, er wäre auch mit einer Ausgestaltung
des Vertrages einverstanden gewesen, die wenigstens eine teilweise
Verwirklichung seiner Absicht bedeutete. Auch sein späteres Verhalten
weist in der gleichen Richtung: Am 20. Juli 1957, also mehrere Wochen
nach dem bundesgerichtlichen Urteil in seinem Prozess gegen Beglinger,
beauftragte er seinen Anwalt, die Aktien dem Beklagten auszuhändigen,
und gleichzeitig verpflichtete er sich diesem gegenüber, die Indossierung
vorzunehmen. Zwar kannte er damals die Begründung des Urteils noch nicht;
aber im Prozess, der drei Jahre gedauert hatte, waren die massgebenden
Rechtsfragen einlässlich erörtert worden und mussten daher auch dem
Kläger bekannt sein. Erst zwei Jahre später, im November 1959, nahm
er dann plötzlich den Standpunkt ein, der Kaufvertrag sei hinfällig;
dieser Frontwechsel war aber nach den verbindlichen Feststellungen der
Vorinstanzen einzig und allein auf das ihm vom Verwaltungsratspräsidenten
Hess gemachte Angebot zurückzuführen, die Aktien zum doppelten Betrag
ihres Nennwertes zu übernehmen.

    Mit der Vorinstanz ist deshalb der Vertrag in dem Sinne zu ergänzen,
dass das Veräusserungsgeschäft auch wirksam bleibe, wenn die Zustimmung
der Gesellschaft zur Übertragung der Aktionäreigenschaft nicht erhältlich
sein sollte. Diese Lösung ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben,
auf die es entscheidend ankommt, die einzig vertretbare, weil einerseits
der Beklagte zur Erfüllung des Vertrages bereit ist, obwohl er nur einen
Teil der angestrebten Gegenleistung erhält, und anderseits der Kläger kein
schutzwürdiges Interesse an dem heute von ihm behaupteten Dahinfallen
des Veräusserungsgeschäftes geltend machen kann. Denn für ihn hat das
Fehlen der Zustimmung der Gesellschaft keinerlei nachteilige Folgen;
er hat dem Beklagten die Aktienurkunden gegen Entrichtung des vollen
Kaufpreises zu übergeben. Dass er die Aktionäreigenschaft beibehält,
ist für ihn belanglos. Selbst wenn man annehmen wollte, dass er an sich
zur Ausübung der damit verbundenen Rechte, insbesondere des Stimmrechts,
befugt bleibe, wäre er auf jeden Fall dazu nicht verpflichtet.