Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 90 II 21



90 II 21

4. Urteil der Zivilabteilung vom 17. März 1964 i. S. Meier gegen Benz.
Regeste

    Grundstückkauf, Art. 216 OR, 657 ZGB; Art. 2 ZGB.

    Der Vertrag ist ungültig, wenn aus der öffentlichen Urkunde nicht
hervorgeht, welches Grundstück Gegenstand des Kaufes sein soll (Erw. 1).

    Unzulässigkeit der Berufung auf den Formmangel wegen
Rechtsmissbrauches? (Erw. 2).

    Feststellungsklage, Zulässigkeit (Erw. 3).

Sachverhalt

    A.- In der Gemeinde Spreitenbach wurde im Hinblick auf eine allfällige
Überbauung ein Landumlegungsverfahren eingeleitet. In dieses sollten
auch die Grundstücke Nr. 868, 672 und 669 des Landwirtes Meier einbezogen
werden. Laut einem als Antwortbeilage 2 eingelegten Plan war vorgesehen,
Meier anstelle des Grundstückes Nr. 868 von 3086 m2 Flächeninhalt eine
neu zu bildende Parzelle 7a im Halte von 4344 m2 zuzuteilen.

    Auf Grund dieses Planes verhandelte Benz, der in Spreitenbach Bauland
zu kaufen wünschte, mit Meier über den Kauf der künftigen Parzelle
7a. Diese Verhandlungen führten am 8. Juli 1960, noch vor Abschluss des
Landumlegungsverfahrens, zur Errichtung eines öffentlich beurkundeten
Kaufvertrages. Darin wurde als "Kaufsobjekt" bezeichnet:

    "Grundbuch Spreitenbach Nr.      , Plan      , Parz.

    Aren Acker & Wiese (Bauland)

    Anmerkungen:

    Dienstbarkeiten & Grundlasten

    Grundpfandrechte

    Keine

    Das Kaufsobjekt ist dem Käufer pfandrechtsfrei zu übergeben."

    Der Kaufpreis sollte Fr. 255'000. - betragen.

    Unter dem Titel "Allgemeine Vertragsbestimmungen" wurde u.a.
vereinbart:

    "7.  Die Parteien verpflichten sich gegenseitig nach Erfüllung dieses
Kaufvertrages einen Kaufrechtsvertrag über GB Spreitenbach Nr. 1679, Parz.
650, und GB Nr. 1787, Parz. 651, von total 11, 17 Aren abzuschliessen. Der
Kaufpreis beträgt Fr. 30.- per m2.

    9.  Sollte das Quartierplanverfahren oder die Baubewilligung für die
Überbauung des Kaufobjektes verweigert werden, so fällt dieser Kaufvertrag
für beide Parteien entschädigungslos dahin."

    Das Quartierplanverfahren führte jedoch nicht zur Bildung der
Parzelle 7a, wie sie in dem den Kaufverhandlungen zugrunde gelegten Plan
eingetragen war. Statt ihrer wurde Meier eine 4446 m2 messende, also um
102 m2 grössere Parzelle zugeteilt, die nach seiner Behauptung auch in
der Form von der ursprünglich geplanten neuen Parzelle abwich.

    An Stelle des unter Ziff. 7 der allgemeinen Bestimmungen vorgesehenen
Kaufrechtsvertrags schlossen die Parteien noch im Jahre 1960 einen
Kaufvertrag, wonach Benz von Meier die beiden Grundstücke 650 und 651
zum Preis von Fr. 30.- für den m2 erwarb.

    Zur Übertragung der ihm schliesslich zugeteilten neuen Parzelle 7a
war Meier dagegen nicht gewillt. Er liess Benz im Februar 1962 mitteilen,
dass er die Gültigkeit des Kaufvertrags vom 8. Juli 1960 bestreite. Benz
antwortete ihm, er müsste ihn auf eine sehr hohe Schadenersatzsumme
einklagen, wenn er den Vertrag bräche.

    B.- Am 3. April 1962 reichte Meier gegen Benz Klage ein mit den
Anträgen, es sei festzustellen:

    1) Dass der Kaufvertrag vom 8. Juli 1960 ungültig sei und keinerlei
Rechtswirkungen habe;

    2) dass der Beklagte gegenüber dem Kläger keinerlei Ansprüche auf
Ersatz des ihm allenfalls durch die Ungültigkeit des Vertrages entstehenden
Schadens besitze.

    Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage und erhob Widerklage mit
den Begehren:

    1) Es sei festzustellen, dass der Vertrag vom 8. Juli 1960 rechtsgültig
sei;

    2) das Grundbuchamt Baden sei anzuweisen, den Beklagten nach
endgültiger Durchführung des Umlegeverfahrens Langäcker und Vermessung der
Parzelle Spreitenbach 7a gegen Vorlage der Quittung über die Zahlung des
Kaufpreises von Fr. 255'000. - an den Kläger, eventuell gegen Übergabe
des Kaufpreises an das Grundbuchamt Baden oder bei Hinterlegung beim
Bezirksgericht Bremgarten als Eigentümer der Parzelle Spreitenbach 7a im
Grundbuch einzutragen.

    C.- Das Bezirksgericht Bremgarten wies die Klage ab und stellte
in teilweiser Gutheissung der Widerklage fest, dass der zwischen den
Parteien am 8. Juli 1960 abgeschlossene Kaufvertrag betreffend das dem
Kläger aus der Landumlegung als Ersatz für seine Parzelle Nr. 868 in
den Langäckern in Spreitenbach zufallende Grundstück rechtsgültig sei
und dass der Kläger nach endgültiger Durchführung des Umlegeverfahrens
und Vermessung der Parzelle sowie nach erfolgter Zahlung des Kaufpreises
von Fr. 255'000. - an den Kläger, eventuell nach erfolgter Hinterlegung
des Preises beim Bezirksgericht Bremgarten, dem Beklagten die Parzelle
zu Eigentum zu überlassen habe.

    Das Obergericht des Kantons Aargau wies mit Urteil vom 31. Oktober
1963 die auf Gutheissung der Klage und Abweisung der Widerklage abzielende
Appellation des Klägers ab. Es kam zum Schluss, die öffentliche Urkunde
vom 8. Juli 1960 bestimme den Kaufgegenstand nicht und mache ihn auch
nicht bestimmbar. Das habe grundsätzlich die Ungültigkeit des Vertrages
zur Folge. Die Berufung des Klägers auf den Formfehler sei jedoch
rechtsmissbräuchlich und daher nicht zu hören.

    D.- Gegen das Urteil des Obergerichts hat der Kläger die Berufung
an das Bundesgericht erklärt. Er hält an seinen Anträgen auf Gutheissung
der Klage und Abweisung der Widerklage fest.

    Der Beklagte beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des
angefochtenen Urteils.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Kaufverträge, die ein Grundstück zum Gegenstand haben, bedürfen zu
ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung (Art. 216 Abs. 1 OR, Art. 657
Abs. 1 ZGB). Diese hat nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts alle
wesentlichen Punkte zu decken (BGE 87 II 30 Erw. 3 und dort angeführte
Urteile). Aus der öffentlichen Urkunde muss insbesondere hervorgehen,
welches Grundstück Gegenstand des Kaufes ist. Zwar braucht es nicht
mit der Grundbuchnummer bezeichnet zu werden; es genügt auch eine
andere Bezeichnung, sofern diese eindeutig ist und zu keinem Irrtum
über die Identität des Grundstücks Anlass geben kann. Bestimmungen des
kantonalen Rechtes, die für die öffentliche Urkunde über den Kaufvertrag
als Rechtsgrundausweis eine grundbuchtechnische Grundstücksbeschreibung
verlangen, stellen blosse Ordnungsvorschriften dar (HAAB, Kommentar zum
Sachenrecht, Art. 657 ZGB N. 21). Die zur genügenden Kennzeichnung des
Grundstücks dienenden Willensäusserungen der Vertragschliessenden müssen
sich aber immer aus der öffentlichen Urkunde selbst ergeben. Äusserungen,
die in diese nicht aufgenommen wurden, genügen selbst dann nicht, wenn
aus dem Inhalt der Urkunde geschlossen werden kann, dass die Parteien
über den Kaufgegenstand verhandelt haben und einig geworden sind.

    Die öffentliche Urkunde vom 8. Juli 1960 gibt keinen Aufschluss
darüber, welches Grundstück Gegenstand des Kaufes sein soll. Sie bezeichnet
es weder mit der Nummer, die es im Grundbuch oder im Katasterplan haben
sollte, noch mit der Nummer, die es in dem den Vertragsverhandlungen
zugrunde gelegten Plan erhalten hatte, noch durch andere Angaben,
die erlauben würden, es zu bestimmen. Die Urkunde enthält zwar gewisse
Angaben über den Kaufgegenstand, wie die Hinweise auf das Grundbuchamt
Spreitenbach, auf die gegenwärtige Bewirtschaftungsart (Acker, Wiese),
auf die beabsichtigte Verwendung als Bauland, auf die Nichtbelastung mit
Pfandrechten und auf die Einbeziehung in das Quartierplanverfahren. Diese
Angaben reichen jedoch nicht aus, das von den Vertragschliessenden ins Auge
gefasste Grundstück genau von andern zu unterscheiden. Insbesondere kann
der Urkunde nicht entnommen werden, wo das Grundstück liege, aus welchen
anderen Grundstücken es gebildet werden solle und an welche Strassen oder
Nachbargrundstücke es angrenze; ebenso fehlt jede Angabe über die Form
und die Grösse des Kaufgegenstandes.

    Der Kaufvertrag, bei dem der Beklagte den Kläger behaften will,
ist daher wegen Formmangels ungültig.

Erwägung 2

    2.- Die Vorinstanz vertritt jedoch die Ansicht, die Geltendmachung
dieses Mangels durch den Kläger sei wegen Rechtsmissbrauches nicht
zu hören.

    Der Kläger bestreitet, dass sein Verhalten einen offenbaren
Rechtsmissbrauch im Sinne von Art. 2 ZGB darstelle.

    a) Wie das Bundesgericht wiederholt entschieden hat, liegt ein
offenbarer Rechtsmissbrauch nicht schon darin, dass eine Partei
geltend macht, ein Rechtsgeschäft sei mangels der vorgeschriebenen
Form ungültig. Wer sich auf die Ungültigkeit beruft, braucht, um
dem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs zu entgehen, nicht einmal darzutun,
dass er schutzwürdige Interessen habe, die Erfüllung zu verweigern. Die
Auffassung der Vorinstanz, die Klage könnte nur geschützt werden, wenn
der Kläger gewichtige Gründe hätte, den Formmangel geltend zu machen,
ist abzulehnen. Es ist vielmehr Sache jener Partei, die der andern das
Recht zur Anrufung der Nichtigkeit bestreitet, besondere, den konkreten
Fall kennzeichnende Umstände nachzuweisen, die offensichtlich machen,
dass die Berufung auf den Formmangel gegen Treu und Glauben verstösst
(BGE 88 II 24 und dort erwähnte Entscheide).

    b) Ein solcher Umstand kann nicht darin erblickt werden, dass die
Parteien bei der Errichtung der mangelhaften öffentlichen Urkunde
den übereinstimmenden Willen hatten, den Kauf über das im damals
vorliegenden Plan (Antwortbeilage 2) als Parzelle 7a bezeichnete Stück
Land abzuschliessen und dass sie nach den verbindlichen tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz im Verlaufe der vor dem Notar geführten
Verhandlungen diesen Willen auch gegenseitig äusserten. Hängt die
Gültigkeit eines Vertrages von der Einhaltung einer Form ab, so ist
ohne sie der Vertrag ungültig, auch wenn gegenseitige übereinstimmende
Willensäusserungen über alle wesentlichen Punkte vorliegen (BGE 45 II
566). Dass solche formlos erfolgten, genügt daher nicht, um die Berufung
auf den Formmangel rechtsmissbräuchlich zu machen. Die Formvorschrift
wäre sonst sinnlos; ihre Verletzung könnte nur eine Rolle spielen,
wenn es auch an formlosen übereinstimmenden Willensäusserungen fehlen
würde und daher eine Verpflichtung schon unter dem Gesichtspunkte von
Art. 1 OR nicht bestände. Das Bundesgericht hat denn auch in BGE 84 II
641 Erw. 2 entschieden, es komme nicht darauf an, ob die sich auf den
Formfehler berufende Partei den Inhalt des Vertrages gekannt und gewollt
habe oder nicht.

    c) Ein offenbarer Rechtsmissbrauch kann darin liegen, dass sich eine
Partei auf einen Formmangel beruft, den sie arglistig selbst herbeigeführt
hat (BGE 88 II 24 und dort angeführte Entscheide).

    Von einem arglistigen Verhalten des Klägers anlässlich der Beurkundung
vom 8. Juli 1960 oder der vorausgegangenen Verhandlungen kann nicht die
Rede sein. Die Vorinstanz wirft dem Kläger denn auch nicht vor, dass er
die Nichtbezeichnung des Kaufgegenstandes im Vertrag veranlasst habe,
geschweige denn, dass er dabei einen Hintergedanken gehabt hätte.

    Dagegen nimmt sie Anstoss daran, dass er vom Notar ausdrücklich auf
den Formmangel und dessen allfällige Rechtsfolgen hingewiesen worden sei,
aber dennoch sich nicht auf einen blossen Vorvertrag habe beschränken
wollen. Das macht indessen die Berufung auf den Formmangel nicht offenbar
rechtsmissbräuchlich. Nichts hinderte den Notar, in der öffentlichen
Urkunde den Kaufgegenstand durch Angabe der seine Bestimmung erlaubenden
Tatsachen genau zu bezeichnen. Das hätte er auch in einem Vorvertrag tun
müssen, da auch dieser zur Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung bedarf
(Art. 216 Abs. 2 OR) und auch dort die Kennzeichnung des betroffenen
Grundstücks wesentlich ist. Es ist daher nicht zu ersehen, inwiefern der
Wunsch nach einem Kaufvertrag statt einem blossen Vorvertrag irgendwie zum
Ungenügen der öffentlichen Beurkundung beigetragen haben und dem Kläger
zum Vorwurf gereichen sollte. Dazu kommt, dass die Vorinstanz nicht etwa
feststellt, nur der Notar und der Kläger, nicht auch der Beklagte, seien
sich des Formmangels bewusst gewesen. Alles was der Kläger wusste, war
auch dem Beklagten schon damals bekannt. Dieser führte in der Klageantwort
selber aus, es sei vorgesehen gewesen, "dass der Vertrag nach Abschluss
des Umteilungsverfahrens noch ergänzt werden müsste und erst dann dem
Grundbuchamt zur Eintragung angemeldet werden könnte." Das Bezirksgericht
stellte sodann auf Grund des Beweisverfahrens, insbesondere gestützt auf
die Aussagen des Notars, fest, das zu verkaufende Grundstück sei noch
nicht genau festgelegt gewesen, weshalb der Notar die Bezeichnung des
Kaufgegenstandes im Vertrag offen gelassen und den Parteien erklärt habe,
der Vertrag müsse, damit er im Grundbuch angemeldet werden könne, durch
Einsetzen der Grundstückbezeichnung ergänzt werden, sobald dies möglich
sei. War also der Beklagte sogut im Bilde wie der Kläger, so verstösst
dessen Berufung auf das Ungenügen der öffentlichen Urkunde nicht gegen
Treu und Glauben; er hat weder den Beklagten noch den Notar hinters Licht
geführt. Es wäre im Gegenteil stossend, wenn man dem Beklagten erlauben
würde, aus einer Vereinbarung Rechte abzuleiten, von denen auch er und
sein Notar wussten, dass sie nicht genügend beurkundet seien.

    d) Die Vorinstanz sieht ein gegen Treu und Glauben verstossendes
Verhalten darin, dass der Kläger sich auf den Formmangel vor allem berufe,
weil seit Juli 1960 die Preise für Bauland in Spreitenbach erheblich
gestiegen seien und ihm der Vertrag zwar einen ansehnlichen, aber bei
weitem nicht derart hohen Gewinn einbringen würde, wie er ihn durch den
beabsichtigten anderweitigen Verkauf des Grundstückes erzielen könnte.

    Damit verkennt die Vorinstanz den Begriff von Treu und Glauben. Eine
Vertragspartei ist nicht verpflichtet, einen wegen Formmangels ungültigen
Vertrag deshalb zu halten, weil ihre eigene Leistung inzwischen an Wert
zugenommen hat und daher den Wert der Gegenleistung übersteigt. Entgegen
der Ansicht von MEIER-HAYOZ (Art. 657 ZGB N.145) ist nicht einzusehen,
weshalb der aus der Wertzunahme des Kaufgegenstandes erwachsende Vorteil
ungeachtet der Ungültigkeit des Vertrages dem Verkäufer entzogen und
dem Käufer zugehalten werden sollte. Gerade wegen der Möglichkeit, die
Kaufsache anderweitig vorteilhafter abzusetzen, hat der Verkäufer ein
berechtigtes Interesse, sich auf die Ungültigkeit des noch nicht erfüllten
Vertrages zu berufen. Der Hinweis auf BGE 50 II 148 hilft nicht, denn
dieses Urteil betraf einen Fall, in dem der Vertrag von beiden Parteien
schon erfüllt worden war, was das Bundesgericht damals ausdrücklich
als entscheidend betrachtete. In einem späteren Urteil (BGE 86 II 262)
hat es denn auch erklärt, es komme nichts darauf an, ob der Verkäufer
sich auf den Formmangel berufe, weil er die Liegenschaft überhaupt nicht
veräussern wolle oder weil er durch anderweitigen Verkauf mehr aus ihr
lösen könne. Ob dem Kläger der im Vertrag vom 8. Juli 1960 vorgesehene
Preis einen ansehnlichen Gewinn eintrage oder nicht, ist unerheblich. Der
Verkäufer schuldet dem Käufer nicht Rechenschaft über den Gewinn, den er
macht oder machen wollte, weder wenn der Vertrag gültig, noch wenn er
wegen Formmangels ungültig ist. Zu Unrecht bezeichnet der Beklagte die
Haltung des Klägers als eine Machenschaft, die bei der heutigen Lage auf
dem Liegenschaftsmarkt zu einer völligen Verwilderung führen müsste. Diese
Folge wäre gegenteils weit eher zu befürchten, wenn jemand im Wettlauf
beim Aufkauf von Grund und Boden den Kaufgegenstand in der öffentlichen
Urkunde nicht genau bezeichnen zu lassen brauchte und dennoch geschützt
würde. Die Rechtssicherheit und der Schutz der Parteien vor unüberlegtem
Entschluss, die durch die öffentliche Beurkundung gewahrt werden sollen,
gehen den Interessen desjenigen vor, der auf einen raschen, aber ungenügend
beurkundeten Kauf drängt.

    Gerade der vorliegende Fall zeigt, dass diese Gebote nicht
unter Berufung auf Art. 2 ZGB leichthin übergangen werden dürfen. Die
Vorinstanz stellt fest, dass den Parteien bei den Vertragsverhandlungen
ausschliesslich der als Antwortbeilage 2 verurkundete Plan vorlag,
in welchem der Flächeninhalt der neu zu bildenden Parzelle 7a mit
4344 m2 angegeben war, und dass sie bei den Verhandlungen den Verkauf
dieser Parzelle wollten. Sie hält aber den Kläger für verpflichtet, dem
Beklagten schlechthin das im Umlegungsverfahren als Ersatz dür die Parzelle
Nr. 868 zuzuteilende Grundstück zu übertragen, obschon feststeht, dass
es um 102 m2 grösser sein wird als die Parzelle 7a des erwähnten Planes,
und obschon sie die Behauptung des Klägers, diese Mehrzuteilung gleiche
eine Abtrennung von seiner Parzelle Nr. 672 aus, nicht als widerlegt
erachtet. Dabei wird am vereinbarten Kaufpreis von Fr. 255'000. -
festgehalten. Dem Kläger wird also bei einem Preise von rund Fr. 59.-
für den Quadratmeter eine Mehrleistung im Werte von rund Fr. 6'000. -
ohne entsprechende Gegenleistung zugemutet. Dazu kommt, dass der Kläger
schon im kantonalen Verfahren geltend gemacht hat, das Grundstück, das er
nach dem endgültigen Plan zugeteilt erhalte, habe auch eine andere Form
als das bei den Vertragsverhandlungen ins Auge gefasste. Sollte diese
Behauptung richtig sein, so wäre durchaus offen, ob das Grundstück, auf
das der Beklagte Anspruch erhebt, nicht auch wegen seiner Form mehr wert
sei als die Parzelle 7a, über welche die Parteien verhandelten. Unsicher
bleibt auch, ob der Kläger überhaupt hätte verkaufen wollen, wenn er die
endgültige Grösse und Form des Grundstückes, das der Beklagte heute als
Kaufgegenstand anspricht, gekannt hätte. Die Vorinstanz glaubt darüber
hinwegzukommen mit der Überlegung, die Abweichung in der Form und im
Ausmass sei nicht erheblich in Anbetracht dessen, dass die Parteien mit
Abweichungen von Mass und Grenzen von vorneherein rechneten. Das kann
indessen nicht entscheidend sein. Einmal bleibt ungewiss, in welchem
Rahmen dem Kläger Abweichungen in der Form und der Fläche gleichgültig
waren. Sodann hat er den Willen, sich ihnen zu unterziehen, in der
öffentlichen Urkunde nicht geäussert, ist also wegen Formmangels daran
nicht gebunden. Das Obergericht will ihn also in diesem Punkte bei bloss
mündlichen Äusserungen behaften. Die Gebote des Parteischutzes und der
Rechtssicherheit, denen die öffentliche Beurkundung dienen soll, gestatten
das nicht. Die Tatsache, dass der Kläger sich der Zumutung widersetzt,
ein wesentlich grösseres und möglicherweise auch erheblich anders geformtes
Grundstück hergeben zu müssen, als bei den Vertragsverhandlungen vorgesehen
war, schliesst den Vorwurf offenbaren Rechtsmissbrauchs aus.

    e) Das Obergericht wirft als zusätzliches Argument zur Bejahung des
Rechtsmissbrauches in die Waagschale, dass der Beklagte die unter Ziff. 7
der allgemeinen Vertragsbestimmungen angeführten Parzellen Nr. 650 und 651
zum dort genannten Preis gekauft habe. Es sagt, der Kläger habe den Verkauf
der Parzelle 7a davon abhängig gemacht, dass der Beklagte auch die beiden
andern Parzellen erwerbe. Der Abschluss von Kaufrechtsverträgen und erst
recht von Kaufverträgen über diese Parzellen habe eine Gegenleistung des
Beklagten für die Veräusserung der neuen Parzelle 7a gebildet. Indem der
Kläger die Übertragung der letzteren wegen Formmangels ablehne, anderseits
aber an der erfolgten Veräusserung der beiden andern Parzellen festhalte,
wolle er sich seinen eigenen Verpflichtungen aus dem Vertrag vom 8. Juli
1960 entziehen, gleichzeitig aber Vorteile dieses Geschäftes behalten.

    Damit verkennt das Obergericht den Sinn der Ziffer 7 des Vertrages. Der
Beklagte hat sich durch diese Bestimmung nicht verpflichtet, dem
Kläger die Parzellen Nr. 650 und 651 abzukaufen, sondern er hat sich
den Abschluss eines Kaufrechtsvertrages versprechen lassen, wobei das
Kaufrecht ihm selbst zustehen sollte. Indem er in der Folge zwar nicht
den Kaufrechtsvertrag, aber den Kauf abschloss, erfüllte er nicht eine
Verpflichtung, sondern er machte von einem Rechte Gebrauch. Übrigens
räumte ihm Ziff. 7 des Vertrags vom 8. Juli 1960 dieses Recht erst ein
auf einen nach Erfüllung dieses Vertrages liegenden Zeitpunkt. Der Kauf der
Parzellen Nr. 650/51 kam dann aber schon vorher zustande. Aus allen diesen
Gründen kann nicht die Rede sein davon, dass der Beklagte damit dem Kläger
eine im formungültigen Vertrag versprochene Gegenleistung erbracht habe
und der Kläger sie behalten wolle, ohne seinerseits diesen Vertrag ganz
zu erfüllen. Ob der Kläger am 8. Juli 1960 wünschte, dass der Beklagte
den Kaufrechtsvertrag über die Parzellen Nr. 650/51 abschliesse und das
Kaufrecht dann auch ausübe, ist unerheblich. Massgebend ist, dass ihm
der Vertrag, so wie er lautet, nicht das Recht einräumte, den Beklagten
zum Kauf der beiden Parzellen zu verhalten.

    Selbst wenn der Vertrag vom 8. Juli 1960 den Beklagten verpflichtet
hätte, diese Parzellen zu kaufen, würde die Tatsache, dass er sie
erwarb, die Berufung des Klägers auf die Nichtigkeit jenes Vertrages
nicht missbräuchlich machen. Mit dem Erwerb der beiden Parzellen
durch den Beklagten wäre erst eine Nebenverpflichtung erfüllt. Die
Hauptleistungen aus dem Vertrag sind noch nicht erbracht worden, weshalb
die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach die Berufung auf die
Ungültigkeit eines freiwillig erfüllten Vertrages rechtsmissbräuchlich
sein kann (BGE 84 II 376 und dort erwähnte Entscheide), nicht zutrifft. Es
wäre höchstens die Rückübertragung der Parzellen Nr. 650/51 in Frage
gekommen. Diese hat der Beklagte aber für den Fall der Ungültigkeit
des Vertrages vom 8. Juli 1960 gar nicht verlangt. Er hat nicht einmal
behauptet, dass er sich durch ihren Besitz benachteiligt fühle. In
der Parteibefragung vor dem Bezirksgericht erklärte er im Gegenteil,
er habe dem Kläger gesagt, er sei zur Erfüllung des Kaufvertrags über
diese Parzellen selbst dann gewillt, wenn das Umlegungsverfahren nicht
zustande käme. Er betrachtete also den Erwerb der Parzelle 7a nicht als
Voraussetzung der Gültigkeit des Kaufes der beiden andern Parzellen. Da
festgestelltermassen die Bodenpreise in Spreitenbach seit dem 8. Juli
1960 erheblich gestiegen sind und dort Bauland schon im November 1962
Fr. 110. - bis Fr. 120. - pro m2 galt, ist übrigens nicht zu ersehen,
inwiefern der Beklagte dadurch einen Nachteil erlitten haben sollte, dass
er die beiden Parzellen im Sommer 1960 für Fr. 30.- den m2 erwarb. Von
einem Rechtsmissbrauch des Klägers besteht unter dem Gesichtspunkt dieses
Geschäftes keine Spur, geschweige denn, dass er offensichtlich zutage läge,
wie Art. 2 ZGB voraussetzt.

Erwägung 3

    3.- Das Klagebegehren auf Feststellung, dass der Kaufvertrag vom
8. Juli 1960 ungültig sei und keinerlei Rechtswirkungen habe, ist demnach
gutzuheissen. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse, zu wissen, ob ihn
der Vertrag verpflichtet oder nicht, zumal der Beklagte ihm am 24. Februar
1962 für den Fall der Nichterfüllung Schadenersatzansprüche angedroht
hat. Das Feststellungsbegehren ist daher von Bundesrechts wegen zulässig
(BGE 88 II 238 und dort angeführte Urteile).

    Da der Vertrag ungültig ist und keinerlei Rechtswirkungen hat, wird der
Kläger dem Beklagten durch die Nichterfüllung nicht schadenersatzpflichtig.
Der Beklagte hat auf Ersatz des Erfüllungsinteresses so wenig Anspruch
wie auf die Erfüllung selbst. Auch ein negatives Vertragsinteresse hat ihm
der Kläger nicht zu ersetzen, schon deshalb nicht, weil der Beklagte nicht
dargetan hat, dass und inwiefern ihn der Abschluss des ungültigen Vertrages
geschädigt habe. Das Klagebegehren auf Feststellung, dass der Beklagte
keinerlei Ansprüche auf Ersatz des ihm allenfalls durch die Ungültigkeit
des Vertrages vom 8. Juli 1960 entstehenden Schadens gegenüber dem Kläger
besitze, ist daher ebenfalls begründet. Auch es muss von Bundesrechts wegen
zugelassen werden; denn der Kläger hat ein rechtliches Interesse, dass
das Nichtbestehen von Schadenersatzansprüchen festgestellt werde, nachdem
der Beklagte im Schreiben vom 24. Februar 1962 solche angedroht hat.

    Mit dem Schutz der Klage ist anderseits der Widerklage der Boden
entzogen, weshalb sie im vollen Umfange abzuweisen ist.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    1.- In Gutheissung der Berufung wird das Urteil des Obergerichts des
Kantons Aargau, 1. Zivilabteilung, vom 31. Oktober 1963 aufgehoben.

    2.- Es wird festgestellt, dass der öffentlich beurkundete
Kaufvertrag zwischen den Parteien vom 8. Juli 1960 ungültig ist und
keinerlei Rechtswirkungen hat und dass dem Beklagten gegenüber dem Kläger
keinerlei Ansprüche auf Ersatz des ihm allenfalls durch diese Ungültigkeit
erwachsenden Schadens zustehen.

    3.- Die Widerklage wird abgewiesen.