Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 90 III 33



90 III 33

8. Auszug aus dem Entscheid vom 8. Juni 1964 i.S. Schumacher Regeste

    Lohnpfändung. Berechnung der pfändbaren Quote. Art. 93 SchKG.

    Bei der Feststellung des pfändbaren Lohnbetrages ist auf den
Lohn abzustellen, den der Schuldner wirklich ausbezahlt erhält. Von
der Arbeitgeberin ohne Zutun des Schuldners abgezogene pauschale
Einkommenssteuern sind nicht als Teil des für die Pfändung massgebenden
Nettolohnes zu betrachten.

Sachverhalt

    A. - Sachwalter Otto Schumacher betrieb Alfred Riedmann in
Betreibung Nr. 4518 für eine Forderung aus Pfändungsverlustschein von
Fr. 3'870.50. Das Betreibungsamt der Stadt Luzern vollzog am 7. November
1963 die Pfändung und stellte am 29. Januar 1964 dem Gläubiger die
Pfändungsurkunde zu. Mangels freier Aktiven wurde die Pfändungsurkunde
als provisorischer Verlustschein im Sinne von Art. 115 Abs. 2 SchKG
bezeichnet. Das Existenzminimum des Schuldners Riedmann, der ausländischer
Aufenthalter ist und bei der Firma Josef Meier AG arbeitet, wurde bei
einem Bruttolohn von Fr. 945.-- mit Fr. 972.70 angegeben, wobei im
betreibungsrechtlichen Zwangsbedarf ein Steuerabzug der Arbeitgeberin
von Fr. 44.- berücksichtigt wurde.

    B.- Schumacher erhob am 10. Februar 1964 Beschwerde beim
Amtsgerichtspräsidenten Luzern-Stadt als unterer Aufsichtsbehörde und
verlangte u.a., der beim Notbedarf in Abzug gebrachte Steuerbetrag von
monatlich Fr. 44.- sei zu streichen. In einer Vernehmlassung zur Beschwerde
brachte das Betreibungsamt der Stadt Luzern am 21. Februar 1964 vor: Die
Pauschalsteuer-Quote sei bei der Bestimmung des Notbedarfs wegzulassen,
dafür auf der Einkommensseite in dem Sinne zu berücksichtigen, dass der
Bruttoverdienst von Fr. 945.-- um den Betrag der Steuer zu kürzen sei. Der
Amtsgerichtspräsident Luzern-Stadt wies die Beschwerde mit Entscheid
vom 31. März 1964 ab. Auch die Schuldbetreibungs- und Konkurskommission
des Obergerichtes des Kantons Luzern (obere kantonale Aufsichtsbehörde)
wies mit Urteil vom 27. April 1964 die von Schumacher weitergezogenen
Beschwerdebegehren ab, soweit sie die Lohnpfändung betrafen.

    C.- Schumacher rekurriert hiegegen an das Bundesgericht.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- 2. - Der Schuldner verdient bei der Josef Meier AG brutto
Fr. 945.--. Davon sind nach der Meinung des Rekurrenten bloss Fr. 55.70
Beiträge an verschiedene Sozialversicherungskassen abzuziehen, sodass
der für die Pfändung massgebende Nettolohn Fr. 889.30 betragen würde und
bei einem unbestrittenen Existenzminimum von Fr. 873.-- ein pfändbarer
Lohnbetrag von Fr. 16.30 verbliebe. Diese Berechnung ist unrichtig. Wie
die Vorinstanz zutreffend ausführt, ist als Lohn des Schuldners Riedmann
der Betrag massgebend, den er wirklich ausbezahlt erhält (s. BGE 77 III
162). Dies sind aber bloss Fr. 845.30, d.h. die errechneten Fr. 889.30
abzüglich eine Pauschalsteuer von Fr. 44.- monatlich. Die Pauschalsteuer
zahlt die Arbeitgeberin als Vertreterin des steuerpflichtigen Schuldners
Riedmann - der ausländischer Aufenthalter in der Schweiz ist - direkt
an die Steuerbehörde und entgeht damit einer allfälligen Haftbarkeit
als Solidarschuldnerin. Für die Zulässigkeit des direkten Abzuges kann
sich die Josef Meier AG auf die Verordnung des Regierungsrates des
Kantons Luzern vom 29. Dezember 1956 über die pauschale Besteuerung
des Erwerbseinkommens ausländischer Aufenthalter stützen. Sollte der
Rekurrent das Recht der Arbeitgeberin bestreiten, einen Teil des Lohnes des
Schuldners zurückzubehalten, so hätte das Betreibungsamt nach den Regeln
über die Pfändung bestrittener Guthaben vorzugehen (s. BGE 77 III 162).

    Es handelt sich also nicht um die Zurechnung der Steuern zum Notbedarf,
sondern um einen ohne Zutun des Schuldners von der Arbeitgeberin
vorgenommenen Lohnabzug. Für die Steuerbehörde wird dadurch kein
betreibungsrechtliches Privileg geschaffen; sie stützt sich auf den in der
Verordnung des Regierungsrates enthaltenen besondern Rechtstitel. Eine
Rechtsungleichheit zwischen Schuldnern, die ausländische Aufenthalter
sind, und solchen, die als Schweizer oder Ausländer Wohnsitz in der
Schweiz haben, wird durch die Berechnungsart ebenfalls nicht bewirkt. Im
Gegenteil: Es wird der Grundsatz verwirklicht, dass jeder Schuldner das
ihm zustehende Existenzminimum tatsächlich ausbezahlt erhalten soll und
ihm nicht Lohnforderungen angerechnet werden, über die er wegen Verrechnung
oder Zession gar nicht verfügen kann.

Entscheid:

       Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:

    Der Rekurs wird abgewiesen.