Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 89 I 402



89 I 402

57. Urteil vom 23. Oktober 1963 i.S. Domus A.-G. gegen Stansstad und
Nidwalden, Regierungsrat. Regeste

    Art. 88 OG: Dem Grundeigentümer fehlt die Legitimation, um die
Nichtgenehmigung eines Gestaltungsplanes mit staatsrechtlicher Beschwerde
anzufechten, mit dem die sonst anwendbaren Bauvorschriften den Bedürfnissen
einer beschränkten Zahl von Parzellen angepasst werden.

Auszug aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Nach dem geltenden Baureglement der Gemeinde Stansstad vom 1. Juni
1962 sowie dem zugehörigen Zonenplan ist für die Liegenschaft Zihl der
Domus AG gemischte Überbauung mit höchstens 4 Geschosshöhen vorgesehen. Ein
erster vom Konsortium Zihl dem Gemeinderat eingereichter und von diesem
genehmigter Gestaltungsplan entsprach dieser Ordnung. Ein späterer sah die
Überbauung mit drei Hochhäusern vor, die der Gemeinderat mit Zustimmung der
kantonalen Baudirektion an verkehrstechnisch, ästhetisch und planerisch
geeigneten Punkten bewilligen kann, sofern genügend grosse Freiflächen
geschaffen werden. Der Gemeinderat genehmigte den neuen Gestaltungsplan
und wies die Einsprachen dagegen ab. Der Regierungsrat von Nidwalden hat
jedoch eine dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 26. August 1963
gutgeheissen und den Gestaltungsplan nicht genehmigt.

    Die Domus AG als Eigentümerin von zwei Grundstücken und
Kaufsberechtigte an zwei weiteren Parzellen, und deren Eigentümer Bruno
Scheiwiler führen gegen den Entscheid des Regierungsrates staatsrechtliche
Beschwerde mit dem Antrag, den Entscheid aufzuheben. Sie machen geltend,
dieser verletze Art. 4 BV.

Erwägung 2

    2.- Der Gestaltungsplan ist kein genereller, für eine unbestimmte
Vielheit von Personen bestimmter Erlass, sondern eine Verfügung, mit
welcher ein gemeindliches Baureglement in bestimmter Weise für ganz
bestimmte Parzellen angewendet werden soll. Er untersteht deshalb bezüglich
der Beschwerdelegitimation des davon Betroffenen nicht den Regeln, die für
den generellen Erlass gelten, sondern hat die Voraussetzungen zu erfüllen,
welche für die Legitimation des von einer Anwendungsverfügung Betroffenen
verlangt werden.

    Zur Anfechtung eines Gestaltungsplanes mit staatsrechtlicher Beschwerde
ist der Grundeigentümer oder Bauberechtigte also nur befugt, soweit er
dadurch in seiner Rechtslage betroffen wird, durch den Entscheid eine ihn
persönlich treffende Rechtsverletzung erleidet. Das träfe etwa dann zu,
wenn er durch den Plan in der baulichen Auswertung seines Grundstückes
in ungesetzlicher Weise eingeschränkt würde oder ihm diese Auswertung in
rechtsungleicher Weise verunmöglicht wäre.

    Die Nichtgenehmigung eines Gestaltungsplanes hat nicht zur Folge,
dass der Eigentümer nicht mehr nach den geltenden Bauvorschriften bauen
kann. Der Plan dient dazu, in bereits überbautem Gebiet eine schwierige
bauliche Situation zu regeln, sofern die Bestimmungen von Zonenplan
und Strassenplänen den Anforderungen nicht gerecht werden, oder aus
gestalterisch oder technisch wichtigen Gründen vom Zonenplan oder von
Strassenplänen abzuweichen (Art. 16 des Baureglementes). Hier soll der
Plan dem Grundeigentümer die Erstellung von Hochhäusern ermöglichen. An
der Möglichkeit der Überbauung gemäss den geltenden Vorschriften aber
ändert er nichts, selbst nicht an der Erstellung von Hochhäusern, wenn
die gesetzlichen Voraussetzungen dafür (Art. 32 Abs. 2 des Baugesetzes)
erfüllt sind.

    Die Beschwerdeführer werden durch die Nichtgenehmigung des
Gestaltungsplanes also nicht in einem ihnen bereits zustehenden Recht
verkürzt, sondern bloss an der Möglichkeit gehindert, in einer über die
bestehenden Vorschriften hinausgehenden Weise zu bauen. Das Interesse
des Grundeigentümers daran, dass er auf seinem Grundstück anders, unter
besserer Ausnützung desselben bauen könne, als es nach den geltenden
Vorschriften ohne Gestaltungsplan möglich wäre, dass Vorschriften in
diesem Sinne erlassen und von den zuständigen Behörden genehmigt werden,
wenn es solcher Genehmigung bedarf, ist aber nicht von anderer Art als das
Interesse des Bürgers überhaupt, dass Vorschriften öffentlich-rechtlicher
Art erlassen oder nicht erlassen werden. Es ist nicht rechtlicher,
sondern bloss tatsächlicher Art. Derartige Interessen können nicht mit
staatsrechtlicher Beschwerde geltend gemacht werden (BGE 82 I 96, 83 I 245,
nicht veröffentlichtes Urteil vom 7. Oktober 1963 i.S. Wohnlich, das die
Beschwerde wegen Nichtgenehmigung eines Gestaltungsplanes als unzulässig
bezeichnet). Die Beschwerdeführer können sich mangels solcher Legitimation
nicht über unrichtige Auslegung des Baugesetzes oder Baureglementes durch
den Regierungsrat beschweren.