Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 89 I 219



89 I 219

35. Urteil der I. Zivilabteilung vom 28. Mai 1963 i.S.
Schweiz. Vereinigung für Tiefkühlung gegen Eidg. Amt für das
Handelsreglster. Regeste

    Handelsregister. Verwendung einer nationalen Bezeichnung im Namen eines
einzutragenden Vereins (Art. 47 in Verbindung mit Art. 45 HRegV). Fall
einer Vereinigung von Firmen eines bestimmten Wirtschaftszweigs, die sich
als "schweizerisch" bezeichnen will. Voraussetzungen der Bewilligung.

Sachverhalt

    Am 29. November 1962 stellte die am 2. November 1962 als Verein
gegründete Schweizerische Vereinigung für Tiefkühlung beim Eidg. Amt für
das Handelsregister des Gesuch, es sei ihr die Führung der Bezeichnung
"Schweizerische" zu bewilligen. Das Amt wies dieses Gesuch und am 25. März
1963 auch ein mit neuen Tatsachen begründetes Wiedererwägungsgesuch
ab; letzteres mit der Begründung, unter den 36 Mitgliedern, welche
die Vereinigung nun besitze, befänden sich zwar einige Firmen von
Bedeutung, doch fehlten nach wie vor die bekanntesten Produzenten
von Tiefkühlprodukten (Birds Eye und Frisco). Dieser Umstand wäre
minder wichtig, wenn es sich um einen Verein mit vorwiegend ideeller
Zielsetzung, d.h. zur allgemeinen Interessenwahrung, handeln würde. Da
die Gesuchstellerin aber u.a. die Spezialwerbung und Absatzwerbung für
Tiefkühlprodukte sowie die Einführung eines Gütezeichens bezwecke, werde
sie unmittelbar in den Konkurrenzkampf eingreifen. An die Verwendung einer
nationalen Bezeichnung seien deshalb erhöhte Anforderungen zu stellen. Der
gewünschte Name könnte somit nur bewilligt werden, "wenn man es schlechthin
mit der Landesorganisation dieses Wirtschaftsgebietes zu tun hätte". Dies
sei solange nicht der Fall, als die beiden genannten Firmen sich daran
nicht beteiligen. "Würde man trotzdem dem Verein die Verwendung eines
nationalen Zusatzes gestatten, so käme dies einer Bevorzugung gleich,
die speziell von jenen beiden als Willkür und Ungerechtigkeit empfunden
werden müsste." Einstweilen dürfte der Name "Vereinigung für Tiefkühlung"
den Tatsachen am besten entsprechen. Der Gesuchstellerin stehe es frei,
bei veränderten Verhältnissen ein neues Gesuch einzureichen.

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Gesuchstellerin gegen den
Entscheid vom 25. März 1962 wird vom Bundesgericht abgewiesen.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- ... (Zulässigkeit der Beschwerde).

Erwägung 2

    2.- Einzutragende Vereine, die nicht ausschliesslich
nichtwirtschaftliche Ziele verfolgen, insbesondere die als Vereine
konstituierten Berufsverbände, stehen nach Art. 47 HRegV hinsichtlich der
Verwendung nationaler und territorialer Bezeichnungen in ihrem Namen unter
den Bestimmungen der Art. 45 und 46 HRegV. Die Beschwerdeführerin nimmt
selber an, dass sie ein Verein dieser Art ist und dass sich daher nach
Art. 45 HRegV bestimmt, ob sie in ihrem Namen die nationale Bezeichnung
"Schweizerische" führen dürfe.

Erwägung 3

    3.- Wie aus Art. 45 HRegV klar hervorgeht, bildet das Verbot der
Verwendung nationaler Bezeichnungen in Firmen (und Namen von Vereinen
im Sinne von Art. 47) die Regel. Ausnahmen dürfen vom Eidg. Amt für das
Handelsregister nur bewilligt werden, wenn sie durch besondere Umstände
gerechtfertigt sind.

    Dem Amt ist darin beizustimmen, dass in Fällen wie dem vorliegenden
besondere Umstände, die eine Ausnahme rechtfertigen könnten, nur
vorhanden sind, wenn der in Frage stehenden Organisation im betreffenden
Wirtschaftszweig für das ganze Gebiet der Schweiz repräsentative Bedeutung
zukommt, m.a.W. wenn sie die Landesorganisation dieses Wirtschaftszweiges
ist, oder wenn sie, wie in der Vernehmlassung beigefügt wird, eine
offizielle oder offiziöse Tätigkeit entfaltet. Würde zugelassen, dass
sich eine wirtschaftliche Organisation, die weder die eine noch die
andere dieser Voraussetzungen erfüllt, als "schweizerisch" bezeichnet,
so würde das Publikum getäuscht. Solche Täuschungen zu vermeiden, gehört
zum Zweck der erwähnten Vorschrift (BGE 72 I 360).

    Die Beschwerdeführerin übt weder eine offizielle noch eine offiziöse
Tätigkeit aus und konnte auf Grund der Angaben, die sie selber dem Amt
unterbreitet hatte, auch nicht für sich in Anspruch nehmen, dass sie die
repräsentative schweizerische Organisation auf dem Gebiet der Tiefkühlung
sei. Als Mitglieder fehlten ihr insbesondere die beiden unstreitig
bedeutendsten Produzenten von Tiefkühlprodukten in der Schweiz, und
ihre Mitgliederzahl war mit 36 noch sehr weit vom Ziel (ca. 1000-3000
Mitglieder) entfernt, das sie sich laut ihrem Gesuch vom 29. November
1962 selber gesetzt hatte. Die der Beschwerdeschrift beigelegte Liste, die
den Stand der Mitglieder am 27. März 1963 (nach Erlass des angefochtenen
Entscheides) angibt, ist aus prozessualen Gründen unbeachtlich und
vermöchte im übrigen keine entscheidende Änderung der Sachlage darzutun.

Erwägung 4

    4.- Zurückhaltung in der Bewilligung von Ausnahmen ist, wie
das Amt zutreffend annimmt, besonders dann geboten, wenn es sich um
eine Organisation handelt, die unmittelbar in den Konkurrenzkampf
eingreift. Dies trifft hier zu. Die Beschwerdeführerin betreibt zwar
nicht selber ein Fabrikations- oder Handelsgeschäft. Sie plant aber
u.a. die Einführung eines Gütezeichens, das von ihren Mitgliedern
soll gebraucht werden können. Darin liegt, wie das Amt in seiner
Vernehmlassung richtig bemerkt, ein Instrument des Konkurrenzkampfes,
das sich gegen die Nichtmitglieder richten wird. Dass einstweilen
gerade auch die beiden bedeutendsten Hersteller von Tiefkühlprodukten
in der Schweiz mit der Vereinigung und ihren Mitgliedern in einem
Konkurrenzverhältnis stehen, ergibt sich aus den eigenen Ausführungen der
Beschwerdeführerin im Wiedererwägungsgesuch und in der Beschwerdeschrift,
wonach die Firmen Birds Eye und Frisco eine Konkurrenzierung durch die
Bestrebungen der Beschwerdeführerin befürchten und diese Bestrebungen
tatsächlich zu einer solchen Konkurrenzierung führen können. Durch die
Verleihung der gewünschten nationalen Bezeichnung würde die Stellung
der Beschwerdeführerin und ihrer Mitglieder in diesem Konkurrenzkampf
unzweifelhaft gestärkt. Einen solchen Eingriff in den Wettbewerb hat
das zuständige Amt zu vermeiden. Es kann keine Rede davon sein, dass der
angefochtene Entscheid dazu beitrage, den beiden erwähnten Firmen eine
Monopolstellung zu verschaffen, wie am Schluss der Beschwerdeschrift
behauptet wird. Vielmehr ist es die Beschwerdeführerin, die mit ihrem
Gesuch um Bewilligung einer Ausnahme vom Verbot der Verwendung nationaler
Bezeichnungen eine bevorzugte Stellung zu erlangen sucht.

Erwägung 5

    5.- Das Amt macht in seiner Vernehmlassung ausserdem noch geltend,
bei Bewilligung der gewünschten nationalen Bezeichnung könnten die Käufer
der mit dem Gütezeichen der Beschwerdeführerin versehenen Erzeugnisse
in den falschen Glauben versetzt werden, es handle sich dabei um
eine besondere, staatlich oder unter Aufsicht des Staates geprüfte
Ware; die Bezeichnung "Schweizerische" könnte das Publikum unter den
gegebenen Umständen zur Annahme verleiten, die Beschwerdeführerin sei
mit öffentlichen Aufgaben betraut. Zu diesem Argument, das dazu führen
könnte, dass der Beschwerdeführerin die gewünschte Bezeichnung entgegen
der vom Amt im angefochtenen Entscheid geäusserten Auffassung selbst dann
zu verweigern wäre, wenn sie als repräsentative Landesorganisation für
den Wirtschaftszweig der Tiefkühlung gelten könnte, braucht heute nicht
Stellung genommen zu werden; denn die übrigen vom Amt angeführten Gründe
genügen, um seinen Entscheid zu stützen.