Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 89 IV 157



89 IV 157

31. Urteil des Kassationshofes vom 21. Junl 1963 i.S. Wullschleger gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern. Regeste

    Art. 96 Ziff. 1 Abs. 3 SVG. Widerhandlung gegen die Vorschriften
über das zulässige Gesamtgewicht, fahrlässig begangen dadurch, dass der
den Holztransport veranlassende Angestellte einer Holzfirma dem Führer
des Anhängerzuges das spezifische Gewicht des zu verladenden Holzes zu
niedrig angab.

Sachverhalt

    A.- Wullschleger ist Prokurist und Disponent einer Holzfirma. Am
23. Februar 1962 begab er sich nach Flühli LU, um dort für seine
Arbeitgeberin von einer Sägerei 25-30 Kubikmeter Bretter und Balken aus
Tannenholz zu übernehmen, das Holz zu messen und bei dessen Verlad auf
einen Lastzug, den er für den Abtransport des Holzes bestellt hatte,
anwesend zu sein. Dem Führer des Lastwagens erklärte er, das Gewicht
des Tannenholzes betrage je Kubikmeter ca. 500 kg, worauf der Lastzug
mit insgesamt 26-27 m3 beladen wurde. In Wirklichkeit wog das Holz
durchschnittlich 700 kg je m3.

    Bei der Kontrolle des Transportes, die von der Polizei am gleichen
Tage in Wolhusen vorgenommen wurde, ergab sich, dass der Lastwagen mit
2070 kg und der Anhänger mit 3500 kg überladen war. Die Polizei erstattete
deshalb gegen Wullschleger Strafanzeige.

    B.- Das Amtsgericht Entlebuch erklärte am 11. September 1962
Wullschleger der Widerhandlung gegen Art. 11 MFV schuldig und verurteilte
ihn in Anwendung von Art. 58 MFG zu einer Busse von Fr. 40.-. Es wirft ihm
vor, er habe dadurch, dass er dem Lastwagenführer das Gewicht des Holzes
zu niedrig angab, die Überladung der Fahrzeuge fahrlässig verursacht.

    C.- Wullschleger führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, er sei
von Schuld und Strafe freizusprechen. Mit der Beschwerde wird geltend
gemacht, Art. 58 MFG bedrohe nur den Führer des Fahrzeuges mit Strafe,
so dass der Beschwerdeführer.als Täter ausscheide. Als Anstifter könne er
nicht bestraft werden, weil er nicht vorsätzlich gehandelt habe (Art. 24
Abs. 1 StGB), und Gehilfenschaft falle ausser Betracht, da sie nach dem
MFG nicht strafbar sei (BGE 75 IV 189).

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Es ist unbestritten, dass die im Fahrzeugausweis eingetragenen
Gesamtgewichte von Zugwagen und Anhänger zusammen um mehr als 5,5
t überladen waren. Nach Art. 2 Abs. 6 lit. b des BRB über Masse und
Gewichte vom 21. Oktober 1960, der vom 1. November 1960 bis 31. Dezember
1962 Geltung hatte, durften bei Anhängerzügen die im Fahrzeugausweis
eingetragenen Gesamtgewichte von Zugwagen und Anhänger zusammen um
höchstens 1,5 t überschritten werden.

Erwägung 2

    2.- Die Widerhandlung fällt unter die Strafbestimmung des Art. 96
Ziff. 1 Abs. 3 SVG, der mit Haft oder Busse bedroht, wer die mit dem
Fahrzeugausweis verbundenen Beschränkungen oder Auflagen, namentlich
über das zulässige Gesamtgewicht, missachtet (vgl. BGE 89 IV 30). Diese
Bestimmung ist am 1. Januar 1960 in Kraft getreten (Art. 61 Verordnung
über Haftpflicht und Versicherungen im Strassenverkehr vom 20. November
1959). Insoweit ist Art. 58 MFG nicht mehr anwendbar (Art. 107 Abs. 3
SVG).

    Gemäss Art. 96 Ziff. 1 Abs. 3 SVG fällt als Täter nicht bloss der
Führer des Fahrzeuges in Betracht, sondern jeder, der dazu beiträgt,
dass ein Fahrzeug in Missachtung der Vorschriften über das zulässige
Gesamtgewicht in Verkehr gebracht wird (vgl. Randtitel). Strafbar ist nach
Art. 100 Ziff. 1 Abs. 1 SVG, in Kraft seit 1. November 1960 (Art. 30 des
erwähnten BRB vom 21. Oktober 1960), auch die fahrlässige Widerhandlung.

Erwägung 3

    3.- Den Holztransport, so wie er durchgeführt wurde, hat der
Beschwerdeführer veranlasst. Er bestellte den Lastzug und wies
die Transportfirma an, wie gross dessen Fassungsvermögen sein
müsse. Der Beschwerdeführer war beim Verlad in Flühli anwesend, mass
das übernommene Holz aus und machte dem Führer des Anhängerzuges die
Angabe, dass das spezifische Gewicht des Holzes, das für die Berechnung
des Gewichts der Ladung massgebend war, ca. 500 kg betrage. Somit hat der
Beschwerdeführer das Gewicht der Ladung bestimmt, und auf seine Anordnung
ist zurückzuführen, dass der Anhängerzug mit 27 Kubikmeter Holz beladen
auf der Strasse verkehrte.

    Der Beschwerdeführer war unter diesen Umständen verpflichtet, dem
Führer des Anhängerzuges über das spezifische Gewicht des zu verladenden
Holzes richtige Angaben zu machen. Er wusste, dass das Gesamtgewicht der
Holzmasse nach dem spezifischen Gewicht des Holzes berechnet wird und
dass dieses je nach der Holzart verschieden gross ist und durch weitere
Umstände beeinflusst werden kann. Er hat denn auch in der Untersuchung
nie behauptet, dass er hievon nichts verstehe, sondern im Gegenteil
darauf hingewiesen, dass es sich bei dem in Flühli übernommenen Holz
ausschliesslich um Nadelholz (Fichte/Tanne) gehandelt habe, das gelagert
worden sei, und dass für solches Holz erfahrungsgemäss ein spezifisches
Gewicht von 500 kg pro m3 angenommen werde. War ihm aber bekannt, worauf
es ankam, so hätte er diese zu niedrige Gewichtsangabe bei pflichtgemässer
Vorsicht vermeiden können. Als erfahrener Fachmann, der seit mehr als 14
Jahren in der Holzbranche tätig war, hätte er das zutreffende spezifische
Gewicht kennen sollen oder nötigenfalls, wenn er nicht sicher war, sich
hierüber rechtzeitig erkundigen müssen. Er kann sich daher nicht auf Irrtum
berufen, der die Folge seiner Pflichtwidrigkeit war. Dem Beschwerdeführer
ist infolgedessen Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

Erwägung 4

    4.- Hat sich der Beschwerdeführer nach Art. 96 Ziff. 1 Abs. 3 SVG
strafbar gemacht, so hält die ausgefällte Busse vor dem Gesetze stand. Die
Beschwerde ist daher trotz unrichtiger Begründung des angefochtenen
Urteils abzuweisen (BGE 79 IV 89/90).

Entscheid:

Demnach erkennt der Kassationshof:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.