Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 89 II 410



89 II 410

54. Urteil der I. Zivilabtellung vom 3. Dezember 1963 i.S. Veeser gegen
Veeser. Regeste

    Auftrag zu Liegenschaftskauf oder Darlehen?

    Verletzung der Vorschriften über die Beweislast (Art. 8 ZGB) oder
Beweiswürdigung? (Erw. 2).

    Ermittlung des Parteiwillens, Tat- und Rechtsfrage (Erw. 3).

    Ersatzanschaffung für Frauengut? Art. 196 Abs. 2 ZGB (Erw. 4).

    Berufung, Anforderungen an Antrag und Begründung. Art. 55 Abs. 1
lit. b und c OG (Erw. 6).

Auszug aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Beklagte das Haus, das
er im Jahre 1948 unter Verwendung von Geld der Klägerin (seiner Ehefrau,
mit der er heute im Scheidungsprozess steht) auf seinen Namen erwarb,
gemäss der Behauptung der Klägerin in ihrem Auftrag und als ihr Treuhänder
gekauft habe, oder ob er den Liegenschaftskauf, wie er geltend macht,
im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abgeschlossen und die Klägerin
ihm lediglich die dafafür erforderlichen Barmittel darlehensweise zur
Verfügung gestellt habe.

    Die Vorinstanz hat das Bestehen des von der Klägerin behaupteten
Auftragsverhältnisses verneint und demgemäss ihr Begehren auf Übertragung
der Liegenschaft abgewiesen. Mit der Berufung macht die Klägerin geltend,
die Verneinung eines Auftragsverhältnisses verstosse gegen Bundesrecht.

Erwägung 2

    2.- Die Vorinstanz hat festgestellt, es sei erwiesen, dass der Beklagte
seine Zustimmung zu dem von der Klägerin gewünschten Hauskauf von den
beiden Bedingungen abhängig gemacht habe, dass das Haus auf seinen Namen
erworben werde und die Klägerin das dazu nötige Geld vorschiesse.

    Die Klägerin rügt, diese Feststellung verstosse gegen Art. 8 ZGB,
weil der Beklagte nicht nur die beiden Bedingungen, sondern auch deren
Annahme durch die Klägerin zu beweisen gehabt hätte.

    Diese Rüge ist unbegründet. Der Appellationshof hat nicht etwa
der Klägerin den Beweis dafür auferlegt, dass sie die Bedingungen des
Beklagten nicht angenommen habe. Er nimmt vielmehr an, der Beklagte habe
den Beweis dafür erbracht, dass er die beiden Bedingungen gestellt und
seine Zustimmung zum Erwerb der Liegenschaft von ihrer Annahme durch die
Klägerin abhängig gemacht hat; aus dem Umstand, dass der Kauf abgeschlossen
und von der Klägerin finanziert wurde, schliesst die Vorinstanz sodann auf
die Annahme der Bedingungen durch die Klägerin. Diese Schlussfolgerung
begründet die Vorinstanz insbesondere damit, dass beide Ehegatten im
Grossen und Ganzen glaubhaft und übereinstimmend ausgesagt hätten, dass
die Klägerin die Erklärung des Beklagten, er werde als Käufer auftreten,
nie abgestritten habe und auch damit einverstanden gewesen sei, das
erforderliche Geld aus ihrem Vermögen vorzuschiessen.

    Die Rüge der Klägerin richtet sich somit in Wirklichkeit nicht gegen
die Verteilung der Beweislast, sondern gegen die Beweiswürdigung der
Vorinstanz. Diese kann aber vom Bundesgericht als Berufungsinstanz nicht
überprüft werden, sondern es ist an die von der Vorinstanz als Ergebnis der
Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen gebunden (Art. 63 Abs. 2 OG).

Erwägung 3

    3.- Die Auffassung der Klägerin, der Beklagte habe das Haus in ihrem
Auftrag und als ihr Treuhänder gekauft, liesse sich allenfalls vertreten,
wenn die Vorinstanz als Wille der Parteien lediglich festgestellt hätte,
dass der Beklagte als Käufer auftreten und die Klägerin das erforderliche
Geld zur Verfügung stellen solle. Die Vorinstanz geht aber mit ihren
Feststellungen zum Tatbestand noch einen Schritt weiter; sie erklärt,
"dass das Grundstück nach dem Willen der Parteien, soweit geäussert, sowohl
auf Namen als auch Rechnung des Beklagten gekauft werden sollte". Auch das
ist eine Feststellung, die auf der vom Bundesgericht nicht überprüfbaren
Beweiswürdigung beruht. Die Einschränkung "soweit geäussert" besagt nach
dem Zusammenhang, dass die Klägerin zur Zeit des Kaufes dem Beklagten die
Absicht, ihm eine Ablieferungspflicht zu überbinden, weder ausdrücklich
noch stillschweigend kundgegeben hat.

    War es aber der Wille der Parteien, dass der Beklagte auf seinen
Namen und auf seine Rechnung kaufe, so bleibt in rechtlicher Hinsicht kein
Raum für die Annahme, er habe lediglich als Beauftragter und Treuhänder
seiner Frau kaufen sollen. Damit steht fest, dass der Klägerin nach dem
zur Zeit des Vertragsschlusses geäusserten Parteiwillen kein Anspruch
auf Übertragung der vom Beklagten mit ihrem Geld gekauften Liegenschaft
zusteht.

Erwägung 4

    4.- Die Klägerin glaubt, den Anspruch auf Übertragung der Liegenschaft
auch damit begründen zu können, dass gemäss dem auf den vorliegenden
Fall analog anwendbaren Art. 196 Abs. 2 ZGB für Anschaffungen, die zum
Ersatz für Vermögenswerte der Ehefrau gemacht werden, die Zugehörigkeit
zum Frauengut zu vermuten sei.

    Eine analoge Anwendbarkeit dieser Vorschrift erscheint nicht als
von vorneherein ausgeschlossen. Die Gütertrennung, welche die Parteien
auf Betreiben des Vaters der Klägerin vor dem Eheabschluss vereinbart
hatten, wurde nämlich nach dem Tod des Vaters in ihrer Wirkung dadurch
erheblich abgeschwächt, dass die Klägerin dem Beklagten die Verwaltung
ihres gesamten, in Wertschriften angelegten Vermögens übertrug und ihm
dafür Generalvollmacht erteilte. Mit dieser Übertragung, die zwar nicht
güterrechtlicher, sondern obligationenrechtlicher Natur war (LEMP,
N. 25 zu Art. 242 ZGB), erhielt der Beklagte Befugnisse, die denen
eines Ehemanns bei Güterverbindung ähnlich waren. Doch bleiben wichtige
Unterschiede. So wurde der Beklagte nicht Eigentümer der seiner Frau
gehörenden Inhaberpapiere, wie dies bei Güterverbindung nach Art. 201
Abs. 3 ZGB der Fall gewesen wäre.

    Die Frage der analogen Anwendbarkeit des Art. 196 Abs. 2 ZGB kann
jedoch offen bleiben; denn selbst wenn sie grundsätzlich zu bejahen wäre,
vermöchte dies der Klägerin nicht zu helfen. Für die in der genannten
Vorschrift aufgestellte Vermutung ist nämlich kein Raum beim Erwerb
dinglicher Rechte an Grundstücken, weil dann das Grundbuch den Berechtigten
ausweist. Aber auch sonst ist die Vermutung widerlegbar durch den Beweis,
dass der Wille bestand, den erworbenen Vermögensgegenstand Eigentum des
Mannes werden zu lassen (LEMP, N. 42 und 28 zu Art. 196 ZGB). Dieser
Beweis ist im vorliegenden Fall erbracht, da es gemäss verbindlicher
Feststellung der Vorinstanz der Wille der Parteien war, dass der Beklagte
die Liegenschaft auf seinen Namen und auf seine Rechnung kaufen solle.

Erwägung 5

    5.- Eine Pflicht des Beklagten zur Übereignung des Grundstücks an die
Klägerin könnte demnach nur auf einem Rechtstitel beruhen, der nach dem 16.
September 1948 geschaffen worden wäre. Dass sie aber nach diesem Tage
einen solchen Rechtstitel erworben habe (was nur durch eine Vereinbarung
mit dem Beklagten möglich gewesen wäre), behauptet sie selber nicht.

    Damit erweist sich das Hauptbegehren der Klägerin als unbegründet.

Erwägung 6

    6.- Mit ihrem Eventualbegehren verlangt die Klägerin, dass der
Beklagte zur Leistung eines angemessenen, gerichtlich zu bestimmenden
Schadenersatzbetrages verurteilt werde.

    Auf dieses Begehren kann nicht eingetreten werden, weil es den
Anforderungen von Art. 55 Abs. 1 lit. b OG nicht entspricht. Nach dieser
Vorschrift hat die Berufungsschrift die genaue Angabe zu enthalten, welche
Abänderungen des angefochtenen Entscheides beantragt werden. Danach ist für
die Berufung eine Bezifferung des geforderten Schadenersatzes unerlässlich,
und zwar gilt dies nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtes selbst
dann, wenn das kantonale Prozessrecht das Begehren auf Zusprechung von
Schadenersatz nach richterlichem Ermessen genügen lässt (BGE 88 II 206,
86 II 193 und dort erwähnte Entscheide). Das Fehlen einer ziffernmässigen
Umschreibung des geforderten Schadenersatzes macht die Berufung unwirksam.

    Abgesehen hievon könnte auf das Eventualbegehren auch aus dem weiteren
Grunde nicht eingetreten werden, dass zu seiner Begründung lediglich auf
die Vorbringen der im kantonalen Verfahren eingereichten Klageschrift
verwiesen wird. Ein solcher Hinweis genügt aber gemäss ständiger
Rechtsprechung den Anforderungen des Art. 55 Abs. 1 lit. c OG nicht
(BGE 84 II 110 und zahlreiche spätere, nicht veröffentlichte Urteile).

Erwägung 7

    7.- Dass der Klägerin bei Verneinung eines Anspruchs auf Übereignung
der Liegenschaft eine Forderung auf Rückerstattung des dem Beklagten
gewährten Darlehens sowie auf Vergütung ihrer wertvermehrenden Aufwendungen
für die Liegenschaft zusteht, ist nicht streitig. Der Beklagte hatte
dieses Guthaben der Klägerin in einer Abrechnung vom 1. Juli 1961 auf
Fr. 81'603.55 beziffert. Die Klägerin hatte damals diese Abrechnung nicht
anerkannt, weil sie glaubte, die Übereignung der Liegenschaft beanspruchen
zu können. Nachdem nun feststeht, dass sie keinen solchen Anspruch hat,
werden sich die Parteien über die Geldforderung der Beklagten (die aber
keine Schadenersatzforderung wegen nicht oder nicht richtig erfüllten
Auftrags darstellt), noch auseinandersetzen müssen.