Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 89 II 222



89 II 222

31. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 2. Juli 1963 i.S. Abbt
gegen Bisciotti. Regeste

    Haftung des Dienstherrn wegen Unterlassung genügender Schutzmassregeln
gegen die Betriebsgefahren (Art. 339 OR). Unfall beim Betrieb einer
Mistzettmaschine. Pflicht des Landwirts, seinen Arbeitern dcn Aufenthalt
auf der fahrenden Maschine zu verbieten (Erw. 2, 3). Mitverschulden des
Verunfallten (Erw. 5).

    Schadenersatz bei Körperverletzung (Art. 99 Abs. 3 in Verbindung mit
Art. 46 OR). Berechnung der künftigen Erwerbseinbusse. Zumutbarkeit eines
Berufswechsels? Massgebender Jahresverdienst (Erw. 6).

Sachverhalt

                      Gekürzter Tatbestand:

    A. - Der italienische Landarbeiter Bisciotti, geb. 1923, trat
am 28. August 1955 in den Dienst des aargauischen Landwirts Abbt. Am
Nachmittag des 6. Oktober 1955 half er seinem Arbeitgeber zusammen mit
seinem Landsmann Urban beim Streuen von Mist. Abbt benützte hiefür eine
an seinen Traktor angehängte Mistzettmaschine Marke Agrar, Typ ZMA,
Modell 1955, die er für diesen Tag gemietet hatte. Die Maschine bestand
aus einem einachsigen Fahrgestell mit zwei Pneurädern, einem darauf
ruhenden offenen Stahlkasten von 2,5 m Länge mit einem Fassungsvermögen
von 2 m3 und einer am hintern Ende des Laderaums anstelle einer Rückwand
angebrachten Streutrommel mit quer zur Fahrrichtung liegender Achse. Sechs
auf dem Mantel dieser Trommel befestigte Leisten trugen je fünf oder sechs
schräg zur Drehrichtung aufgeschweisste Stahlplättchen (sog. Schaufeln
oder Flügel). Wurde die Maschine in Betrieb gesetzt, so bewegte ein aus
gehobelten Holzlatten zusammengesetzter Rollboden (Förderband) den in
den Laderaum eingefüllten Mist langsam gegen die sehr rasch umlaufende
Streutrommel, deren Flügel ihn von unten her abfrästen und nach hinten
auswarfen. In der Nähe der Trommel war der Laderaum durch ein aufklappbares
Brett gedeckt.

    Während Abbt den Traktor lenkte, begleitete Urban die Mistzettmaschine.
Bisciotti hatte diese jeweilen von einem auf dem Felde angelegten Miststock
aus neu zu beladen. Erst vor der letzten Fahrt bestieg er sie, um den Mist
im Laderaum nach hinten zu stossen. Er blieb dort, als Abbt die Maschine
in Bewegung setzte. Bei dieser Fahrt geriet er mit dem rechten Fuss in
den Bereich der Streutrommel. Diese erfasste den Fuss, zog das Bein nach
und zerhackte es derart, dass es bis auf einen kurzen Stumpf abgenommen
werden musste.

    B.- Mit Klage vom 6. Oktober 1958 belangte Bisciotti seinen frühern
Arbeitgeber wegen Vernachlässigung der diesem nach Art. 339 OR obliegenden
Schutzmassregeln auf Schadenersatz im Betrage von Fr. 77'115.-- nebst Zins.

    Das Bezirksgericht Bremgarten bejahte ein Verschulden des Beklagten,
ermässigte jedoch seine Ersatzpflicht wegen Mitverschuldens des
Klägers um die Hälfte, bemass den geltend gemachten Schaden, dessen
Hauptposten in der künftigen Erwerbseinbusse besteht, unter Annahme eines
Jahresverdienstes von Fr. 5000.-- und eines Invaliditätsgrades von 45% auf
Fr. 53'752. -, zog von der dem Kläger zuerkannten Hälfte dieses Betrages
Versicherungsleistungen von Fr. 5300. - ab und sprach dem Kläger demgemäss
Fr. 21'576. - nebst Zins zu.

    Das Obergericht des Kantons Aargau, an das beide Parteien appellierten,
verneinte ein Mitverschulden des Klägers, rechnete wie das Bezirksgericht
mit einem Jahresverdienst von Fr. 5000.--, schätzte die Beeinträchtigung
der Erwerbsfähigkeit auf 60%, gelangte so zu einem Schaden von
Fr. 76'280. -, zog davon die erwähnten Versicherungsleistungen ab und
verurteilte den Beklagten daher zur Zahlung von Fr. 70'980. - nebst Zins.

    C.- Gegen dieses Urteil hat der Beklagte die Berufung an das
Bundesgericht erklärt mit dem Antrag, die Klage sei abzuweisen; eventuell
sei das Urteil des Bezirksgerichtes wiederherzustellen.

    Das Bundesgericht bestätigt die Schadensberechnung des
Obergerichts, zieht vom Schadensbetrage von Fr. 76'280.-- neben den
Versicherungsleistungen von Fr. 5300. - wegen Mitverschuldens des Klägers
einen Fünftel (Fr. 15'256.--) ab und setzt den vom Beklagten zu leistenden
Schadenersatz deshalb auf Fr. 55'724.-- nebst Zins fest.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 339 OR hat der Dienstherr, soweit es ihm mit Rücksicht
auf das einzelne Dienstverhältnis und die Natur der Dienstleistung
billigerweise zugemutet werden darf, für genügende Schutzmassregeln gegen
die Betriebsgefahren zu sorgen. Unter Schutzmassregeln sind dabei nicht nur
technische Vorkehren zu verstehen, sondern es kommen auch organisatorische
Massnahmen, Anweisungen für das Verhalten der Dienstpflichtigen und
Warnungen vor bestimmten Gefahren in Betracht.

    Der Beklagte hat den Kläger, der die stillstehende Mistzettmaschine
gemäss einer von ihm erteilten Weisung bestiegen hatte, um den darin
liegenden, nicht mehr kompakten Mist mit der Gabel nach hinten zu
stossen, unstreitig nicht aufgefordert, von der Maschine abzusteigen,
bevor er diese wieder in Bewegung setzte. Er duldete vielmehr, dass der
Kläger während der Fahrt auf der Maschine stehen blieb, obwohl er dort
nichts mehr zu tun hatte. Der Aufenthalt auf der fahrenden Maschine war
für einen Mitfahrer sehr gefährlich, selbst wenn er sich bestrebte, im
vordern Teil des Laderaums zu bleiben. Wie die Vorinstanz feststellt,
war auf dem nach hinten fliessenden, mit Mist verschmierten Förderband
in Gummistiefeln, wie der Kläger sie mit Rücksicht auf die Art der
zu verrichtenden Arbeit trug, ein fester Stand von vornherein nicht
möglich. Zudem war die Maschine als einachsiges Fahrzeug bei der Fahrt
über das holprige Feld starken Stössen ausgesetzt. Sich darin irgendwo
festzuhalten, war ausgeschlossen; die Wände des Laderaums waren hiefür
zu niedrig. Daher bestand offenkundig eine erhebliche Sturzgefahr. Ein
Sturz in dem nur 2,5 m langen Laderaum brachte aber gemäss einleuchtender
Feststellung der Vorinstanz "die grösste Gefahr, in die Streutrommel zu
geraten." Unter diesen Umständen durfte der Beklagte keinesfalls dulden,
dass der Kläger während der Fahrt auf der Maschine blieb, sondern war
verpflichtet, ihn zum Absteigen aufzufordern, als er sah, dass der
Kläger sich zum Verweilen auf der Maschine anschickte. Diese einfache
Schutzmassregel drängte sich auf und war dem Beklagten ohne weiteres
zuzumuten. Indem er es unterliess, dem Kläger den Befehl zum Absteigen
zu geben, verstiess er also gegen die in Art. 339 OR niedergelegte Pflicht.

Erwägung 3

    3.- Der Beklagte macht freilich geltend, er habe die besondern Gefahren
der Maschine, die er am 6. Oktober 1955 erst zum zweiten Mal benützte,
nicht erkennen können. Die Herstellerfirma habe es damals selber noch
nicht für nötig gefunden, auf diese Gefahren aufmerksam zu machen und
namentlich darauf hinzuweisen, dass während der Fahrt niemand auf der
Maschine bleiben dürfe, wie sie es seither wegen der eingetretenen Unfälle
getan hat. Auch die Warnungen der Beratungsstelle für Unfallverhütung in
Brugg seien erst später erfolgt. Zur Zeit des Unfalls sei das Mitfahren
auf der Maschine in vielen Gegenden noch üblich gewesen. Urban habe den
Kläger wiederholt davor gewarnt, auf der fahrenden Maschine nach hinten
zu gehen und den Mist mit den Füssen nachzustossen. Mit Rücksicht auf
diese Warnungen seien zusätzliche Anweisungen des Beklagten nicht nötig
gewesen. Die Gefahr einer Annäherung an die laufende Streutrommel sei
im übrigen so offensichtlich, dass der mit einer guten Auffassungsgabe
ausgestattete Kläger nicht besonders darauf habe hingewiesen werden
müssen. Diese Einwendungen sind jedoch nicht stichhaltig.

    a) Der Beklagte gibt zu, dass die Gefährlichkeit der Streutrommel in
die Augen sprang. Dass auf der Maschine mitfahrende Personen in Gefahr
standen, zu stürzen oder wenigstens auszugleiten und dabei in den Bereich
dieser Trommel zu geraten, war für ihn sehr wohl erkennbar, auch wenn
die Herstellerfirma und die Unfallverhütungsstelle damals noch nicht
vor dieser Gefehr gewarnt hatten oder solche Warnungen ihm nicht bekannt
geworden waren. Wie die Vorinstanz zutreffend bemerkt, konnte sich auch
ein Landwirt, der nicht über besondere technische Kenntnisse verfügte,
von dieser Gefahr Rechenschaft geben. Das Mass an praktischem Verständnis,
über das ein mit Maschinen arbeitender Landwirt heute verfügen muss,
genügte hiefür vollauf. Wenn das - arbeitstechnisch unnötige - Mitfahren
auf Mistzettmaschinen damals noch üblich gewesen sein sollte, so hätte es
sich dabei um eine offensichtlich missbräuchliche Gepflogenheit gehandelt,
die der Beklagte in seinem Betriebe nicht dulden durfte. Unerheblich ist
auch der Umstand, dass der Beklagte die in Frage stehende Maschine vor
dem Unfalltag erst einmal benützt hatte. Wer in seinem Betrieb Maschinen
einsetzt, hat sich mit den damit verbundenen Gefahren zum voraus vertraut
zu machen. Die Gefährdung eines auf der Maschine mitfahrenden Arbeiters
war für den Beklagten sofort erkennbar.

    b) Die behaupteten Warnungen durch Urban sind nach den tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz nicht bewiesen. Es kann keine Rede
davon sein, dass diese Feststellungen im Sinne von Art. 55 lit. d und
Art. 63 Abs. 2 OG (vgl. hiezu BGE 81 II 86, 83 II 341, 87 II 232/33)
offensichtlich auf Versehen beruhen, wie das der Beklagte behauptet. Was
zur Begründung dieser Rüge vorgebracht wird, ist nichts anderes als eine
Kritik an der Beweiswürdigung der Vorinstanz, die nach Art. 55 lit. c OG
nicht zu hören ist. Dass die Beweise willkürlich gewürdigt worden seien,
kann im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht werden. Eine Verletzung
bundesrechtlicher Beweisvorschrift wirft der Beklagte der Vorinstanz
mit Recht nicht vor. Die angefochtenen Feststellungen sind daher für
das Bundesgericht verbindlich (Art. 63 Abs. 2 OG). Im übrigen hätte die
Weisung, nicht nach hinten zu gehen, sondern vorn im Laderaum zu bleiben,
nicht genügt, sondern die einzige Massregel, die einen zuverlässigen
Schutz vor der Berührung mit der laufenden Streutrommel versprach,
bestand nach dem Gesagten im Befehl, die Maschine zu verlassen.

    c) Von der Erteilung dieses Befehls durfte der Beklagte nicht im
Vertrauen darauf absehen, dass der Kläger die Gefahr einer Annäherung an
die sich drehende Streutrommel selber erkennen könne und deshalb nicht
besonders davor gewarnt zu werden brauche. Der Beklagte musste sich eben
sagen, dass der Kläger beim Mitfahren auf der Maschine infolge Verlustes
des Gleichgewichts auch dann in den Bereich der Streutrommel geraten
und von ihr erfasst werden könne, wenn er die Gefährlichkeit dieses
Maschinenteils erkannte und sich deshalb bestrebte, im vordern Teil
des Laderaums zu bleiben. Daher musste er den Kläger von der Maschine
wegweisen, selbst wenn er erwarten durfte, dieser würde sich im Falle
des Mitfahrens aus eigenem Antrieb bemühen, sich von der Streutrommel
fernzuhalten.

    Dass der Kläger die Maschine im Hinblick auf die schon mit dem blossen
Mitfahren verbundene Gefahr von sich aus verlassen werde und dass sich
ein Befehl zum Absteigen aus diesem Grund erübrige, nahm der Beklagte
nach seiner eigenen Darstellung nicht an. Zu einer solchen Annahme wäre
er denn auch auf jeden Fall von dem Zeitpunkte an nicht mehr berechtigt
gewesen, als er sah, dass der Kläger sich anschickte, auf der Maschine
zu bleiben. Ein Dienstherr, der bemerkt, dass ein Dienstpflichtiger
im Begriffe steht, eine Unvorsichtigkeit zu begehen, hat dagegen
einzuschreiten, auch wenn er bis zu dieser Wahrnehmung annehmen durfte, der
Dienstpflichtige werde die in Frage stehende Gefahr von sich aus vermeiden.

    Es bleibt also dabei, dass der Beklagte die ihm nach Art. 339 OR
obliegende Pflicht zur Ergreifung von Schutzmassregeln verletzte, indem
er es unterliess, den Kläger zum Verlassen der Maschine aufzufordern. Der
Nachweis, dass ihn keinerlei Verschulden treffe (Art. 97 Abs. 1 OR),
ist ihm nicht gelungen.

Erwägung 5

    5.- Die Vorinstanz verneint ein Mitverschulden des Klägers,
das nach Art. 99 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 44 Abs. 1 OR eine
Ermässigung der Ersatzpflicht des Beklagten rechtfertigen würde, weil
dem Kläger bei den gegebenen Umständen nicht zuzumuten gewesen sei,
die Maschine aus eigenem Antrieb zu verlassen. In diesem Punkte kann das
Bundesgericht der Vorinstanz nicht folgen. Die Gefahr des Verbleibens auf
der Maschine während der Fahrt war so offenkundig, dass auch der Kläger
sie erkennen musste. Die Gefahrenmomente (glitschige Standfläche; Bewegung
des Rollbodens gegen die rasch laufende, mit scharfkantigen Schaufeln
bestückte Streutrommel; Erschütterung des einachsigen Fahrzeugs bei der
Fahrt über das holprige Feld) waren auch für einen einfachen Landarbeiter
aus Süditalien, der zwar mit landwirtschaftlichen Maschinen nicht vertraut
war, die streitige Maschine aber einige Zeit im Betrieb beobachten konnte,
bevor er sie bestieg, klar ersichtlich. Der hiefür erforderliche Blick
für praktische Dinge fehlte dem Kläger nicht; stellt die Vorinstanz
doch in anderm Zusammenhang fest, er verfüge offenbar "über die nötige
Geschicklichkeit, um irgend in einer Fabrik arbeiten zu können." Es war
daher ein Fehler, dass er während der Fahrt auf der Maschine blieb. Eine
dahingehende Weisung hatte ihm der Beklagte nicht erteilt, und es kann
ihm entgegen der Auffassung der Vorinstanz auch nicht zugute gehalten
werden, er habe "annehmen müssen, dass es zur richtigen Erfüllung der ihm
übertragenen Arbeit gehöre, oben zu bleiben." Die Vorinstanz hat zwar in
für das Bundesgericht verbindlicher Weise festgestellt, vorher habe sich
Urban "während der Arbeit" auch auf der Maschine aufgehalten, was nach
dem Zusammenhang und den von der Vorinstanz angezogenen Aktenstellen
(Aussagen des Beklagten) bedeutet, dass Urban jeweils auf der Maschine
mitfuhr. Dieser Umstand bot jedoch dem Kläger keinen genügenden Grund
zur Annahme, er habe während der Fahrt trotz der damit offensichtlich
verbundenen Gefahr auf der Maschine zu bleiben, wo er nach Ausführung
des Auftrags, den Mist nachzustossen, nichts mehr zu tun hatte. Dass
die Anwesenheit eines Arbeiters auf der fahrenden Mistzettmaschine
notwendig sei, konnte er um so weniger annehmen, als sich während der
vorausgegangenen Fahrt, die der Beklagte abbrach, um den Mist nachstossen
zu lassen, niemand auf der Maschine befunden hatte. Der Kläger hätte
also ungeachtet des schlechten Beispiels, das ihm Urban mit Duldung des
Beklagten gegeben hatte, absteigen sollen.

    Im Verhältnis zum Verschulden des Beklagten ist das Selbstverschulden
des Klägers indessen von untergeordneter Bedeutung. Auch wenn der Beklagte
die streitige Maschine vor dem Unfalltag erst einmal benützt hatte, war
er doch als in der Schweiz aufgewachsener Landwirt mit der Verwendung von
Maschinen und den damit allgemein verbundenen Gefahren besser vertraut
als der Kläger. Schon deswegen wiegt seine Fahrlässigkeit schwerer als
diejenige des Klägers. Entscheidend ist aber vor allem, dass es in erster
Linie dem Dienstherrn obliegt, sich die Gefahren zu vergegenwärtigen,
welche der Gebrauch einer bestimmten Maschine mit sich bringt, sich zu
überlegen, wie diesen Gefahren zu begegnen sei, und hierauf entsprechend
zu handeln. Hiezu gehört namentlich, dass er ungeschulte Hilfskräfte,
die mit der Maschine umzugehen haben, durch klare Befehle zu einem
Verhalten anweist, bei dem sie die drohenden Gefahren so gut als möglich
vermeiden. Der Dienstherr, der dies versäumt, begeht einen gröbern Fehler
als der Dienstpflichtige, der es unterlässt, von sich aus die nötige
Vorsicht anzuwenden. Dazu kommt hier, dass der Beklagte bei frühern Fahrten
den Aufenthalt Urbans auf der Maschine geduldet hatte. Wenn der Kläger
hieraus auch nicht schliessen durfte, dass das Mitfahren geboten sei, so
erlaubte ihm das Verhalten des Beklagten doch den Schluss, dass dieser das
Verweilen auf der Maschine während der Fahrt als zulässig betrachtete. In
Würdigung aller dieser Umstände ist die Ersatzpflicht des Beklagten wegen
des festgestellten Selbstverschuldens des Klägers um 20% zu ermässigen.

Erwägung 6

    6.- Der Beklagte beanstandet die Annahme der Vorinstanz, dass
der Unfall die Erwerbsfähigkeit des Klägers um 60% vermindert habe,
für den Fall der Beibehaltung des bisherigen Berufs mit Recht nicht als
bundesrechtswidrig. Er macht dagegen geltend, dem Kläger sei zuzumuten,
sich auf einen andern Beruf, in welchem er durch den Verlust eines Beins
weniger behindert wäre, umschulen zu lassen. Er denkt dabei namentlich an
die Berufe eines Fräsers, Bohrers oder Drehers, die nach seiner Auffassung
auch sitzend ausgeübt werden können und für welche der Kläger die nötige
Geschicklichkeit besässe. Bei der Berechnung der künftigen Erwerbseinbusse
des Klägers eine solche Berufsänderung in Betracht zu ziehen, rechtfertigt
sich jedoch nicht. Der Kläger hat eine sehr schwere Verletzung erlitten,
die eine Umstellung auf eine andere körperliche Arbeit, für die er sich
nach seinen Fähigkeiten eignen würde, von vornherein stark erschwert.
Zudem ist nicht dargetan, dass die vom Beklagten erwähnten Berufe
wirklich sitzend ausgeübt werden können, und der Kläger hätte nach den
Ausführungen des Orthopäden, auf welche die Vorinstanz abstellt, auch
bei sitzender Tätigkeit mit Schwierigkeiten zu rechnen, weil die Prothese
dabei zu "Drücken" (und damit zu Hemmungen der ohnehin beeinträchtigten
Blutzirkulation im Beinstumpf) führen könnte. Ferner ist fraglich, ob der
Kläger in der Metallindustrie wirklich Arbeit fände. Nach den Schreiben der
Firma Brown, Boveri & Cie AG in Baden, auf welche die Vorinstanz verweist,
war es dieser Firma - trotz Hochkonjunktur - nicht möglich, den Kläger zu
beschäftigen, obwohl ein solches Grossunternehmen noch am ehesten in der
Lage sein dürfte, Arbeitsplätze für Invalide zu schaffen. In Italien,
wohin der Kläger aus armenrechtlichen Gründen heimgeschafft wurde und
wohin er mit Rücksicht auf seine Invalidität wohl ohnehin zurückgekehrt
wäre, sind für ihn die Aussichten auf eine Stelle in der Metallindustrie
kaum besser. Unter diesen Umständen ist ihm ein Berufswechsel nicht
zuzumuten. Bei dem von der Vorinstanz angenommenen Invaliditätsgrad muss
es daher sein Bewenden haben.

    Entgegen der Auffassung des Beklagten ist auch nichts dagegen
einzuwenden, dass die Vorinstanz der Berechnung der künftigen
Erwerbseinbusse des Klägers das von ihr auf Fr. 5000.-- geschätzte
Einkommen eines Landarbeiters in der Schweiz zugrunde gelegt hat. Die
Invaliditätsentschädigungen werden regelmässig auf Grund des bisherigen
Einkommens berechnet, das hier dasjenige eines Landarbeiters in der
Schweiz war. Die Vorinstanz hat im übrigen mit guten Gründen angenommen,
der Kläger wäre ohne den Unfall auf absehbare Zeit in der Schweiz geblieben
und hätte angesichts seiner Geschicklichkeit auch im Falle einer Rückkehr
nach Italien in einem andern Beruf ein Einkommen von der genannten Höhe
erzielen können.

    In den übrigen Punkten ist die Schadensberechnung der Vorinstanz nicht
angefochten. Auch über die Anrechnung der Versicherungsleistungen von Fr.
5300. - und über den Zinsenlauf herrscht kein Streit.