Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 89 III 78



89 III 78

17. Auszug aus dem Entscheid vom 28. November 1963 i.S. Pensionskasse
Schweiz. Elektrizitätswerke und Mitbeteiligte. Regeste

    Konkurs. Pflicht der Vollstreckungsorgane, dem Bundesbeschluss
über die Bewilligungspflicht für den Erwerb von Grundstücken
durch Personen im Ausland vom 23. März 1961 (BewB) Nachachtung zu
verschaffen. Prüfungsbefugnis der Vollstreckungsorgane mit Bezug auf die
Frage, ob ein Geschäft, für das keine Bewilligung vorliegt, nach Art. 1
oder 2 Abs. 1 BewB bewilligungsbedürftig sei. Vorgehen im Falle, dass
diese Frage sich nicht zweifelsfrei verneinen lässt. Ein rechtskräftiger
Entscheid einer der in Art. 7/8 BewB vorgesehenen Behörden über diese
Frage ist für die Vollstreckungsorgane verbindlich.

Sachverhalt

                       Aus dem Tatbestand:

    A . - Im Anschluss an den Entscheid der Schuldbetreibungs- und
Konkurskammer vom 6. September 1962 (BGE 88 III 68 ff.) forderte
der Konkursverwalter im Konkurs der Parkhof AG den Verwaltungsrat der
Gemeinschuldnerin auf, beim Departement des Innern des Kantons Basel-Stadt,
das für die Erteilung von Bewilligungen im Sinne des Bundesbeschlusses vom
23. März 1961 über die Bewilligungspflicht für den Erwerb von Grundstücken
durch Personen im Ausland (BewB) zuständig ist, um die Bewilligung
nachzusuchen, den bei der Gerichtskasse Basel-Stadt hinterlegten Betrag
von Fr. 14'000,000.-- zum Zwecke des Konkurswiderrufs zu verwenden. Am
20. Mai 1963 erkannte das Departement auf ein entsprechendes Gesuch
hin, das geplante Geschäft unterliege den Bestimmungen des erwähnten
Bundesbeschlusses nicht, obwohl es von Banken getätigt werde, die
offensichtlich von ausländischem Kapital beherrscht seien; gegen die
Übernahme der Aktien der Parkhof AG durch C.-A. Junod, Dr. S. Scheps, P.
Audeoud und Dr. T. Rosenbaum in Genf habe es keine Einwendungen zu erheben.

    Gegen diese Verfügung führten drei Konkursgläubiger, nämlich die
Pensionskasse Schweiz. Elektrizitätswerke, die AG Fritz Frei und die
Gartenbau AG, beim Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt Beschwerde.

    B.- Mit Zirkular vom 26. Juni 1963 stellte der Konkursverwalter
den Gläubigern unter Ansetzung einer Anfechtungsfrist von zehn
Tagen eine "Aufstellung über die nun vorzunehmenden Auszahlungen bzw.
Depositionen aus dem Betrag von Fr. 14 Mio" zu. Als Tag der Auszahlung bzw.
Hinterlegung bezeichnete er den 10. Juli 1963.

    Gegen dieses Zirkular reichte die Pensionskasse der Schweiz.
Elektrizitätswerke am 5. Juli 1963 eine Beschwerde ein, mit der
sie die darin enthaltenen Anordnungen anfocht und u.a. verlangte,
der Konkursverwalter sei anzuweisen, das Verwertungsverfahren
wiederaufzunehmen. Am gleichen Tag erhob eine Gruppe weiterer Gläubiger
Beschwerde gegen das Zirkular.

    Am 8. Juli 1963 erteilte der Vorsitzende der kantonalen
Aufsichtsbehörde den Beschwerden aufschiebende Wirkung.

    C.- Mit Entscheid vom 16. Juli 1963 trat der Regierungsrat des
Kantons Basel-Stadt auf die Beschwerde der Pensionskasse Schweizerischer
Elektrizitätswerke, der AG Fritz Frei und der Gartenbau AG gegen die
Verfügung des Departements des Innern vom 20. Mai 1963 mangels Legitimation
der Beschwerdeführer nicht ein. Die Eidgenössische Rekurskommission für
den Erwerb von Grundstücken erledigte den Rekurs der Beschwerdeführer am
1. Oktober 1963 aus dem gleichen Grunde durch Nichteintreten, führte aber
im Anschluss an die Feststellung, dass den Rekurrenten kein Beschwerderecht
zustehe, in Erwägung 2 aus:

    "Die eidgenössische Rekurskommission, die Beschwerdeinstanz und
nicht von Amtes wegen einschreitende Aufsichtsbehörde ist, kann sich
demzufolge nicht materiell mit der Sache befassen. Zuhanden der kantonalen
Behörden ist immerhin festzustellen, dass der Entscheid des kantonalen
Departements des Innern als höchst fragwürdig erscheint. Die Tatsache, dass
die Übernehmer der Aktien ausnahmslos der Delegation des Verwaltungsrates
der Banque de Crédit International in Genf angehören, belegt, dass diese
sich bei der Darlehensgewährung nicht mit dem Versprechen grundpfändlicher
Sicherstellung begnügte, wie die kantonale Bewilligungsbehörde meint,
sondern dass die Darleiherin eine weitgehende Beeinflussung, ja die
eigentliche Beherrschung der Schuldnerin anstrebte, deren Vermögen zur
Hauptsache aus einem Grundstück besteht. Dass die Bank ihrerseits von
ausländischem Kapital beherrscht wird, nimmt auch das kantonale Departement
des Innern an. Ist dem aber so, dann liegt ein Erwerbsgeschäft im Sinne
von Art. 1 Abs. 1 lit. b oder doch jedenfalls ein Umgehungsgeschäft im
Sinne von Art. 11 Abs. 2 BewB vor."

    D.- Mit Entscheiden vom 28. Oktober 1963 hat die Aufsichtsbehörde
über das Betreibungs- und Konkursamt des Kantons Basel-Stadt die beiden
Beschwerden gegen das Zirkular des Konkursverwalters vom 26. Juni 1963
abgewiesen, soweit sie darauf eintrat.

    E.- Die Beschwerdeführer haben diese Entscheide gemeinsam an das
Bundesgericht weitergezogen. Sie halten an ihren Beschwerdebegehren
fest und machen in der Rekursschrift u.a. geltend, das Eidg. Justiz-
und Polizeidepartement habe nach Erhalt des Entscheides der
Eidg. Rekurskommission vom 1. Oktober 1963 den Regierungsrat des Kantons
Basel-Stadt schriftlich aufgefordert, die Rechtsfragen, die das Depot
von Fr. 14'000,000.-- aufwerfe, neu zu überprüfen.

    Auf Anfrage hin hat das Departement des Innern des Kantons Basel-Stadt
der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer mit Schreiben vom 18. November
1963 mitgeteilt, es habe der Eidg. Justizabteilung am 6. November
geantwortet, es sehe keinen Anlass, seinen Entscheid i.S. Parkhof AG in
Wiedererwägung zu ziehen; es sei der Auffassung, "dass ein Widerruf nur
zulässig ist, wenn das Interesse an der Verwirklichung des objektiven
Rechts eindeutig und offenkundig überwiegt und die Rücknahme demgemäss
aus Gründen des öffentlichen Wohls als geboten erscheint"; diese
Voraussetzungen erachte es im vorliegenden Falle nicht als erfüllt.

    Das Bundesgericht weist den Rekurs ab, soweit es darauf eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

    Die Rekurrenten behaupten, trotz dem formell rechtskräftigen Entscheide
des Departements des Innern des Kantons Basel-Stadt vom 20. Mai 1963
stehe materiell zweifelsfrei fest, dass das von der Gemeinschuldnerin
und ihren Geldgebern geplante Rechtsgeschäft ein Umgehungsgeschäft im
Sinne von Art. 11 Abs. 2 BewB darstelle und deshalb nach dieser Bestimmung
nichtig sei. Die Nichtigkeit sei nach Art. 11 Abs. 3 BewB von Amtes wegen
zu beachten. Daher dürfe der hinterlegte Betrag von Fr. 14'000,000.--
nicht zur Befriedigung der Konkursgläubiger verwendet werden, sondern
sei gemäss dem Entscheide der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom
6. September 1962 das Verwertungsverfahren wiederaufzunehmen.

    Richtig ist, dass die Organe der Zwangsvollstreckung wie alle andern
Behörden die zwingenden Vorschriften des erwähnten Bundesbeschlusses
und insbesondere auch die Nichtigkeit von nach diesem Beschluss
bewilligungsbedürftigen, aber nicht bewilligten Geschäften und von
Geschäften oder Nebenabreden, die der Umgehung der Bewilligungspflicht
dienen (Art. 11 Abs. 1 und 2 BewB), von Amtes wegen zu beachten haben. Sie
dürfen demgemäss bei der Versteigerung von Grundstücken Angebote von
Personen mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland, die keine rechtskräftige
Bewilligung vorzulegen vermögen, nicht berücksichtigen (BGE 88 III
2). Darüber hinaus haben sie allgemein darüber zu wachen, dass bei
Geschäften, die im Zwangsvollstreckungsverfahren abgeschlossen werden oder
zur Auswirkung kommen, der Bundesbeschluss beachtet wird (BGE 88 III 91).
Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Vollstreckungsorgane ohne Rücksicht
auf die Stellungnahme der Bewilligungsbehörden und der Beschwerde- und
Rekursinstanzen im Sinne von Art. 7/8 BewB darüber zu befinden haben, ob
ein bestimmtes Geschäft der Bewilligung bedürfe oder nicht. Solange diese
Behörden nicht angerufen worden sind, müssen die Vollstreckungsorgane
freilich befugt sein, diese Frage zu prüfen. Das Ergebnis dieser
Prüfung dürfen sie jedoch nur dann als massgebend betrachten, wenn sich
zweifelsfrei ergibt, dass eine Bewilligung nicht nötig ist (vgl. BGE 88 III
93, Erw. 8 Abs. 2). Andernfalls haben sie die Personen, die das betreffende
Geschäft abschliessen oder im Vollstreckungsverfahren zur Geltung bringen
wollen, aufzufordern oder allenfalls (bei bereits erfolgter Anmeldung
zur Eintragung ins Grundbuch) durch den Grundbuchverwalter auffordern zu
lassen, eine Entscheidung der zuständigen Behörde zu erwirken (BGE 88 III
91 und 93 Erw. 8 Abs. 3, wo auf Art. 12 Abs. 2 BewB verwiesen wird, sowie
BGE 88 III 3 Ziff. III). Was die Bewilligungsbehörde oder die zuletzt
angerufene Beschwerde- oder Rekursinstanz hierauf entscheidet, ist für
die Vollstreckungsorgane verbindlich (vgl. BGE 88 III 94 oben). Diesen
steht es nicht zu, rechtskräftig gewordene Entscheide der in Art. 7/8
BewB vorgesehenen Behörden auf ihre Richtigkeit zu prüfen und die
von diesen Behörden beurteilte Frage anders als sie zu lösen. Für das
Bundesgericht als Oberaufsichts- und Rekursinstanz in Schuldbetreibungs-
und Konkurssachen gilt in dieser Hinsicht das gleiche wie für die
kantonalen Vollstreckungsorgane.

    Im vorliegenden Falle hat die kantonale Bewilligungsbehörde erkannt,
eine Bewilligung im Sinne des BewB sei nicht erforderlich. Dieser Entscheid
ist formell rechtskräftig geworden, da die kantonale Beschwerdeinstanz
und die eidgenössische Rekursinstanz auf die Beschwerde, die dagegen
erhoben wurde, nicht eingetreten sind. Er lässt sich, obwohl er nach
den Erwägungen der eidgenössischen Rekursinstanz materiell höchst
fragwürdig ist, nicht etwa als schlechthin nichtig bezeichnen. Ihn
in Wiedererwägung zu ziehen, hat die kantonale Bewilligungsbehörde
abgelehnt. Die Vollstreckungsorgane haben daher die Verwendung des bei
der Gerichtskasse Basel-Stadt hinterlegten Betrags von Fr. 14'000,000.--
zur Befriedigung der Konkursgläubiger als zulässig zu betrachten, selbst
wenn sie an der Richtigkeit des Entscheides der Bewilligungsbehörde
zweifeln. Das Verwertungsverfahren muss eingestellt bleiben. In diesem
Punkt ist der Rekurs folglich abzuweisen.