Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 89 III 58



89 III 58

13. Entscheid vom 26. Juni 1963 i.S. Fira

AG Regeste

    Erfordernis der schriftlichen Zustimmung des Ehegatten zum
Abzahlungsvertrag, falls die Ehegatten einen gemeinsamen Haushalt führen
und die Verpflichtung tausend Franken übersteigt (Art. 226 b Abs. 1 OR):
Diese Zustimmung ist notwendig, wenn die gesamte Verpflichtung des Käufers
(Gesamtkaufpreis nebst allfälligen andern Leistungen, gemäss Art. 226 a
Abs. 2 Ziffern 5 und 6 OR) tausend Franken übersteigt, gleichgültig ob die
nach Abzug der Anzahlung oder des Wertes einer auf den Preis anzurechnenden
Sache sich ergebende Restschuld jenen Betrag nicht erreicht. - Verordnung
betreffend die Eintragung der Eigentumsvorbehalte, Art. 4 Abs. 5 lit. b.

Sachverhalt

    A.- Am 30. März 1963 verkaufte die Firma Logo Möbelgeschäft Basel
verschiedene Möbelstücke an Julius Meury-Jardin und trat die Rechte aus
dem Vertrag an die Fira AG, Basel, ab.

    Vereinbart wurde ein Barkaufpreis von Fr. 1410.--

    mit einem Teilzahlungszuschlag von    Fr.  108.10
          zusammen    Fr. 1518.10

    Nach Abzug der Baranzahlung von       Fr.  650.--

    ergab sich ein Restkaufpreis von      Fr.  868.10

    zahlbar in 18 aufeinanderfolgenden Monatsraten von Fr. 50.45, erstmals
am 30. April 1963 (was mehr als jenen Restbetrag, nämlich Fr. 908.10,
ergeben würde).

    B.- Das Betreibungsamt lehnte die Eintragung des im Kaufvertrage
vereinbarten Eigentumsvorbehaltes mangels Zustimmung der Ehefrau des
Käufers ab.

    C.- Darüber beschwerte sich die Fira AG, indem sie die Ansicht
vertrat, man habe es hier nicht mit einer Fr. 1000.-- übersteigenden
"Verpflichtung" im Sinne von Art. 226 b Abs. 1 OR zu tun, so dass
die schriftliche Zustimmung der Ehefrau erforderlich wäre. Entgegen
der Auffassung des Betreibungsamtes falle als "Verpflichtung" nach
der erwähnten Vorschrift nur der Restkaufpreis in Betracht, "d.h. die
dem Käufer effektiv kreditierte Summe, welche sich ergibt, nachdem vom
Gesamtkaufpreis die Baranzahlung (oder eine eventuelle Gutschrift für
an Zahlung genommene Ware) abgezogen wurde." Da der Restkaufpreis im
vorliegenden Fall nicht mehr als Fr. 1000. -, sondern bloss Fr. 868.10
betrage, bedürfe es der Zustimmung der Ehefrau nicht.

    D.- Gegen den die Beschwerde abweisenden Entscheid der kantonalen
Aufsichtsbehörde vom 12. Juni 1963 richtet sich der vorliegende Rekurs
der Fira AG an das Bundesgericht. Die Rekurrentin erneuert den Antrag,
das Betreibungsamt sei anzuweisen, den Eigentumsvorbehalt an den im
Kaufvertrag angeführten Gegenständen einzutragen.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

    Nach Art. 226 b Abs. 1 OR bedarf der Abzahlungsvertrag zu seiner
Gültigkeit der schriftlichen Zustimmung des Ehegatten, "falls die Ehegatten
einen gemeinsamen Haushalt führen und die Verpflichtung tausend Franken
übersteigt." Die Rekurrentin stellt den hier vom Gesetze verwendeten
Begriff der Verpflichtung den Begriffen des Barkaufpreises und des
Gesamtkaufpreises in Art. 226 a Abs. 2 und 3 OR gegenüber. Sie hält dafür,
entsprechend der von diesen Benennungen abweichenden Ausdrucksweise des
Art. 226 b OR sei hier unter der "Verpflichtung" etwas anderes als der
Gesamtkaufpreis, nämlich der nach Abzug der Baranzahlung oder des Wertes
einer auf den Preis anzurechnenden Sache sich ergebende Restkaufpreis
zu verstehen. Zum gleichen Ergebnis wie diese durch den Wortlaut der
gesetzlichen Bestimmungen nahegelegte Auslegung führe der gesetzgeberische
Grund des Art. 226 a OR. Die bereits bei Vertragsabschluss oder spätestens
bei der Übergabe der Kaufsache zu leistende Anzahlung (Art. 226 d OR)
belaste den Käufer in Zukunft nicht. Er brauche nicht geschützt zu
werden "für das, was er bar erlegt, sondern nur für das, was ihn in
Zukunft finanziell belastet", also für den restlichen Kaufpreis nach
Abzug der Anzahlung.

    Dieser Betrachtungsweise ist die kantonale Aufsichtsbehörde mit
Recht nicht gefolgt. Nimmt man die Vorschrift des Art. 226 b Abs. 1 OR
zunächst für sich allein, so erscheint als "Verpflichtung" alles, was
der Käufer nach dem Abzahlungsvertrag zu leisten hat, und nicht bloss,
was ihm nach Erlegung der Anzahlung (oder nach Übergabe einer auf den
Kaufpreis und allfällige weitere Leistungen des Verkäufers anzurechnenden
Sache) in Raten zu leisten bleibt. Zu keinem andern Ergebnis gelangt man,
wenn man diese Vorschrift dem die Einzelangaben des Abzahlungsvertrages
bezeichnenden Art. 226 a Abs. 2 OR gegenüberstellt. "Verpflichtung"
des Käufers ist zweifellos der volle (aus dem "Preis bei sofortiger
Barzahlung" und dem "Teilzahlungszuschlag", Ziffern 3 und 4 daselbst)
zusammengesetzte "Gesamtkaufpreis" (Ziff. 5) ohne Abzug der Anzahlung. Ja,
die "Verpflichtung" des Käufers erschöpft sich mitunter nicht in diesem
von der Vorinstanz einzig berücksichtigten Preise. Falls ihm darüber hinaus
"andere Leistungen" obliegen, die gesondert vom Gesamtkaufpreis anzuführen
sind (Ziff. 6), vermehrt seine "Verpflichtung" um deren Betrag oder Wert.

    Diese dem Gesetzestext entsprechende Auslegung erscheint als
sinnvoll. Um die gewichtigen von den kleinen Abzahlungsverträgen
zu unterscheiden, hat man richtigerweise die gesamten
einandergegenüberstehenden Leistungen in Rechnung zu stellen. Die Anzahlung
hiebei als unerheblich auszuscheiden, rechtfertigt sich um so weniger, als
sie in manchen Fällen erst nach dem Vertragsabschluss, bei der Übergabe der
Kaufsache (gemäss Art. 226 d OR), geleistet wird, während die Zustimmung
des Ehegatten "spätestens bei der Unterzeichnung des Vertrages durch den
Käufer" zu erteilen ist (Art. 226 b Abs. 3 OR). Im übrigen kann sich die
Anzahlung ebenso wie die in Zukunft zu leistenden Raten als Schmälerung
der für den ordentlichen Aufwand der Familie verfügbaren Mittel auswirken.

    Beigefügt sei, dass die zahlenmässige Grenze des
Zustimmungserfordernisses auch bei der Gesetzesberatung durchwegs unter dem
Gesichtspunkt des gesamten Preises oder der gesamten dem Käufer überhaupt
erwachsenden Verpflichtungen erörtert worden ist. Davon gingen bereits
die Vernehmlassungen zum ersten Vorentwurf von Dr. Stofer aus (vgl. die
Zusammenstellung S. 43-48: "... die Zustimmung des Ehegatten erst für die
Käufe über Fr. 1000.-- vorzusehen ..."; "... sofern der Gesamtkaufpreis
den Betrag von Fr. 1000. - übersteigt"; "... Abzahlungsvertrag ... über
einen Gesamtkaufpreis von mehr als Fr. 800.--, ..."; "Die Zustimmung des
Ehegatten scheint nur notwendig für grössere Geschäfte, beispielsweise ab
Fr. 500.--"; "Abzahlungsverträge über Fr. 200.--"; "Käufe über Fr. 300.--";
"... Auch sollten Verträge mit einer Schuldsumme bis zu Fr. 500.--
ausgeschlossen sein"; "Allenfalls könnte die Zustimmung des andern
Ehegatten dann verlangt werden, wenn es sich um grössere Verpflichtungen
(über Fr. 2000 oder 3000) handelt"; "Allerdings sollte die Zustimmung auf
Geschäfte über Fr. 500.-- beschränkt sein"). Der Nationalrat beriet über
den Vorschlag der Minderheit seiner Kommission, "bei Verträgen von 1000
Franken und mehr die Unterschrift beider im gemeinsamen Haushalt lebenden
Ehegatten zu verlangen" (Sten. Bull. 1961 NR S. 372; Votum Ernst Schmid;
ebenda S. 374, Votum Schürmann: "für Abzahlungsgeschäfte, bei denen der
Betrag mehr als 1000 Franken ausmacht"; übereinstimmend Sten.Bull. 1962
NR S. 3, Votum Ernst Schmid: "Geschäfte von einem gewissen Ausmass -
eben was über 1000 Franken geht und mit Abzahlungsraten verbunden ist";
S. 4, Votum Huber: "wenn der Kaufpreis 1000 Franken überschreitet"; "bei
Abzahlungsverträgen über 1000 Franken"; S. 256, Votum Eder: "... teure
Perserteppiche oder Automobile, die über 1000 Franken kosten ...").

    Diesem Ausgangspunkt entspricht denn auch, wie dargetan, der klare
Gesetzestext, der die Verpflichtung aus dem Abzahlungsvertrage schlechthin,
ohne Abzug der Anzahlung, ins Auge fasst.

Entscheid:

Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:

    Der Rekurs wird abgewiesen.