Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 89 III 25



89 III 25

6. Entscheid vom 10. April 1963 i.S. Kredit-Bank AG Zürich. Regeste

    Abzahlungsvertrag mit Eigentumsvorbehalt.

    Der nach Art. 226 a Abs. 2 OR im Vertrag anzugebende Gesamtkaufpreis
(Ziff. 5 dieser Vorschrift) umfasst den Barkaufpreis (Ziff. 3) und den
Kreditzuschlag (Teilzahlungszuschlag; Ziff. 4). Dazu können andere,
den Kaufpreis nicht berührende Leistungen des Käufers (nach Ziff. 6)
treten. Sie sind neben dem Gesamtkaufpreis als zusätzliche Verpflichtungen
anzugeben und nicht in diesen einzurechnen.

    Art. 226 a Abs. 2 und 3 OR. Art. 4 Abs. 5 lit. a der Verordnung
betreffend die Eintragung der Eigentumsvorbehalte.

Sachverhalt

    A.- Die Kredit-Bank AG Zürich meldete als Zessionarin einen "Kauf-
und Finanzierungsvertrag" vom 25. Januar 1963 zwischen Franz Müller
und Max Häfliger über ein Automobil Opel Record 1700 zur Eintragung in
das Eigentumsvorbehaltsregister von Basel an. Der Vertrag wurde durch
Ausfüllung und Unterzeichnung eines Vertragsformulars abgeschlossen. Es
sind ihm ausser dem Eigentumsvorbehalt folgende Bestimmungen zu entnehmen:

    "Kaufpreis bei Barzahlung     Fr. 8'000.--

    ./. Tauschwagen       Fr. 3'850.--
          Fr.

    verbleiben    Fr. 4'150.--

    + Kasko für 15 Monate

    mit Selbstbehalt von Fr. 300.-- (34.-)        Fr. 510.--

    ergeben       Fr. 4'660.--

    ./. Baranzahlung des Käufers  Fr. 60.-

    Restkaufpreis (evtl. inkl. Kasko)     Fr. 4'600.--

    + Kreditzuschlag      Fr. 596.--

    + Risikenversicherung Fr. 30.-        Fr. 626.--

    Erforderlicher Kredit Fr. 5'226.--

    (entsprechend einem Gesamtkaufpreis von Fr. 8'596.--)

    rückzahlbar in 15 monatlichen Raten

    von 2 Raten à Fr. 80.- ab 20. Febr. 1963

    1 Rate à Fr. 2000.-- per 20. Apr. 1963

    11 Raten à Fr. 80.- ab 20. Mai 1963

    1 letzte Rate à Fr. 2186.-- per 20. Apr. 1964."

    B.- Das Betreibungsamt Basel-Stadt wies die Anmeldung zurück
und erklärte, den Vertrag erst registrieren zu können, wenn darin als
Gesamtkaufpreis die Summe aller Verpflichtungen des Käufers mit Einschluss
der Kasko- und Risikoversicherungsprämien angegeben werde. Dies um so mehr,
als der Eigentumsvorbehalt nach den Vertragsbestimmungen auch diese beiden
Prämien, die in den Abzahlungsplan einbezogen seien, zu sichern habe.

    C.- Gegen diese Verfügung führte die Gesuchstellerin Beschwerde,
indem sie ihre Angabe des Gesamtkaufpreises gemäss dem Barkaufpreis

    von   Fr. 8'000.--

    zuzüglich Teilzahlungszuschlag von    Fr.   596.--

    Summe Fr. 8'596.--

    als richtig bezeichnete. Die Versicherungskosten seien im Vertrag
ebenfalls angegeben, aber nicht Bestandteil des Kaufpreises und deshalb
nicht in den Gesamtkaufpreis eingerechnet worden.

    D.- Mit Entscheid vom 20. März 1963 hat die kantonale Aufsichtsbehörde
die Beschwerde abgewiesen. Sie geht mit Hinweis auf die bundesrätliche
Botschaft zum Vorentwurf des Bundesgesetzes über den Abzahlungs- und
den Vorauszahlungsvertrag davon aus, dass die Kenntnis der Elemente des
Kaufpreises dem Käufer zu dessen wirtschaftlicher Überprüfung unentbehrlich
sei. Daher müsse ihm die Gesamtbelastung, die der Vertrag mit sich bringe,
vor Augen geführt werden. Einen Teil dieser Belastung bildeten nun auch
die Nebenleistungen; der Verkäufer dürfe sie nicht von der Angabe des
Gesamtpreises ausnehmen und so gegenüber den Mitbewerbern günstigere
Bedingungen vortäuschen. Somit habe der "Gesamtkaufpreis" auch "jede
andere, dem Käufer obliegende Leistung in Geld oder Waren", wie sie nach
Art. 226 a Abs. 2 Ziff. 6 (neben dem Teilzahlungszuschlag nach Ziff. 4
daselbst) anzugeben sei, in sich zu enthalten, "wenigstens soweit sie zum
voraus zu bemessen ist und im Ratenplan rechnerische Berücksichtigung
findet". Wohl gebe es Nebenleistungen des Käufers, die den Gesamtpreis
nicht belasten, so etwa die Pflicht, die Kaufsache bei einer Gesellschaft
seiner eigenen Wahl zu versichern oder bestimmte Serviceleistungen besorgen
zu lassen. Anders verhalte es sich aber mit einer zusätzlichen Zahlung an
den Verkäufer selbst, wie dies für die Versicherungsprämien von Fr. 510.--
und Fr. 30.- zutreffe.

    E.- Mit vorliegendem Rekurs an das Bundesgericht hält die
Gesuchstellerin an der Beschwerde fest. Die kantonale Aufsichtsbehörde
hat Gegenbemerkungen angebracht.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der durch das Bundesgesetz vom 23. März 1962 über den Abzahlungs-
und den Vorauszahlungsvertrag aufgestellte, seit dem 1. Januar 1963
in Kraft stehende Art. 226 a OR schreibt in Abs. 2 vor, dass ein vom
Verkäufer gewerbsmässig abgeschlossener Abzahlungsvertrag folgende Angaben
zu enthalten habe:

    "...

    3.  den Preis bei sofortiger Barzahlung;

    4.  den Teilzahlungszuschlag in Franken;

    5.  den Gesamtkaufpreis;

    6.  jede andere dem Käufer obliegende Leistung in Geld oder Waren;

    ..."

    Laut dieser Aufstellung ist der Gesamtkaufpreis nach Ziff. 5
nichts anderes als die Summe der in den Ziffern 3 und 4 genannten
Preiselemente. Der Preis, den der Käufer beim Abzahlungskauf zu entrichten
hat, setzt sich zusammen aus dem Preis, wie er bei sofortiger Barzahlung
gefordert würde, und dem wegen der Bewilligung von Ratenzahlungen
berechneten Zuschlag. Unter den "andern" Leistungen, die nach Ziff. 6
nach dem Gesamtkaufpreis anzugeben sind, handelt es sich laut dieser
Aufstellung um solche, die nicht den Charakter eines Entgeltes für die
Kaufsache haben und auch nicht als Preiszuschlag für die Kreditgewährung
zu verstehen sind. Gemeint sind Nebenleistungen anderer Art, die der
Käufer in gewissen Fällen erbringen soll, wobei namentlich das (in
irgendwelcher Form zu entrichtende) Entgelt für besondere zum Verkauf
hinzutretende Leistungen des Verkäufers in Betracht fällt. Die Botschaft
des Bundesrates vom 26. Januar 1960 erwähnt als Beispiele Transport-
und Montagekosten (BBl 1960 I 523 ff., speziell 554) und stellt sie
dem Gesamtkaufpreise gegenüber. Sie sind, wie die Botschaft ausführt,
ebenfalls schon im Kaufvertrage zu nennen, damit der Käufer nicht
nachträglich mit hohen Aufwendungen solcher Art überrascht werde. Auch
die hier in Frage stehenden Versicherungsprämien von Fr. 510.-- und
30.- fallen unter Ziff. 6 der Aufstellung. Den Kaufpreis berühren sie
nicht. Und das Gesetz verlangt auch nicht etwa, dass im Kaufvertrage nach
Ermittlung des Gesamtkaufpreises und Beifügung des Betrages allfälliger
Nebenleistungen eine zweite Addition zur Ermittlung der sich danach
ergebenden Gesamtbelastung vorgenommen werde. Die Nebenleistungen, denen
nicht die Eigenschaft eines Preiselementes zukommt, sind denn auch keine
Besonderheit des Abzahlungskaufes. Transport- und Montagekosten können
dem Käufer in gleicher Weise bei einem Barkauf erwachsen, ebenso die
Kosten einer nach Übernahme des gekauften Wagens laufenden Versicherung
für Kasko, Haftpflicht, Verkehrsunfall und dergleichen. Es ist nicht von
wesentlicher Bedeutung, dass der Verkäufer beim vorliegenden Abzahlungskauf
solche Versicherungen selber abgeschlossen und nun die von ihm selbst
entrichteten und allenfalls noch zu entrichtenden Prämien für die Zeit
nach dem Kaufe dem Käufer belastet hat. Es handelt sich um eine Belastung,
die diesen natürlicherweise trifft, wie denn bei normaler Abwicklung des
Abzahlungsvertrages der Versicherungsschutz ihm selbst zugute kommt.

Erwägung 2

    2.- Nichts Abweichendes folgt daraus, dass Art. 226 a Abs. 2 OR in
Ziff. 6 von Leistungen des Käufers "in Geld oder Waren" spricht. Unter
einer Leistung in Waren stellt man sich allerdings in erster Linie eine
auf Anrechnung an den Kaufpreis zu liefernde Ware vor, handle es sich nun
um einen mit dem Kauf verbundenen Tausch oder um eine Zahlungsmodalität,
also um eine Hingabe an Zahlungsstatt. Nimmt man die Ziff. 6 zunächst für
sich allein, und legt man ihr diesen Sinn bei, so würde sie sich auf einen
Teil des Kaufpreises, also auch des Gesamtkaufpreises, beziehen, so dass
diese "andern" Leistungen ebenfalls einzurechnen wären. Das könnte aber
nur im Widerspruch zu den Ziffern 3 und 4 geschehen, sofern diese Ziffern
wirklich den ganzen Barkaufpreis und den ganzen für die Kreditierung
nach dem Abzahlungssystem berechneten Zuschlag umfassen. Mehr als diese
Elemente kann der gesamte Kaufpreis gar nicht enthalten. Ist ein Teil
des Kaufpreises in Waren zu entrichten, so ist dies bereits bei den
Angaben nach Ziff. 3-5 zu vermerken, nicht als zusätzliche Leistung im
Sinne der Ziff. 6. Im Vorentwurf II von Dr. H. Stofer vom 5. September
1957 zum Gesetz über den Abzahlungs- und den Vorauszahlungsvertrag war
die heute als Ziff. 6 eingereihte Angabe als Ziff. 5 unmittelbar an die
Angabe des Barpreises und des Teilzahlungszuschlages laut Ziff. 3 und 4
gewissermassen als drittes Preiselement angeschlossen, worauf erst, in
Ziff. 6, die Angabe des Gesamtkaufpreises folgte. Es mag dahingestellt
bleiben, in welchem Sinne der Verfasser des Vorentwurfes diese
"andern" Leistungen des Käufers verstand, und ob ihm etwa der Gedanke
vorschwebte, es seien als "Gesamtkaufpreis" alle dem Käufer im Vertrag
auferlegten Leistungen, auch diejenigen, die sich nicht als Elemente
des Kaufpreises darstellen, in ihrem Gesamtbetrage zusammenzufassen,
wofür die Benennung "Gesamtkaufpreis" zu eng gewesen wäre. Sachlich wäre
eine derartige Summenangabe kaum zu rechtfertigen, da Nebenleistungen,
wie schon bemerkt, auch beim Barkaufe vorkommen. Anderseits dient die
Angabe des gesamten eigentlichen Kaufpreises neben seinen Elementen
beim Abzahlungsvertrage dazu, dem Käufer den sich aus der Kreditierung
ergebenden Preis-Unterschied deutlich zu machen. Die mit der Bereinigung
des Vorentwurfs befasste Redaktionskommission beschloss am 15. Januar 1958
zutreffenderweise, die Ziffern 5 und 6 des Vorentwurfes umzustellen, "da
Ziff. 6 eher zu Ziff. 4 gehört", wobei es geblieben ist. Der Verfasser
des Vorentwurfes erläuterte seinerseits den Art. 226 a Abs. 2 OR in der
vorberatenden Kommission des Ständerates am 1. Dezember 1960 dahin, es
sei über die Kreditbedingungen Klarheit zu schaffen; namentlich dürfe
der Teilzahlungszuschlag nicht verschleiert werden; "der Kunde sollte
bei einem Abzahlungsvertrag feststellen können, wieviel er mehr bezahlen
muss als bei einem Barkauf". Für die Angabe dieses Zuschlages in Franken
statt in Prozenten sprach man sich deshalb aus, weil in diesem Zuschlag
nicht nur Zinse enthalten sind, sondern auch eine Risikoprämie und das
Entgelt für Umtriebe (Darms, Sten.Bull. StR 1961 S. 107).

    Nach alldem stehen die nicht als Bestandteil des Preises vereinbarten
Nebenleistungen sowohl nach dem eindeutigen Aufbau des Art. 226 a
Abs. 2 OR wie auch nach dem Zweck der darin aufgestellten Vorschriften
ausserhalb des "Gesamtkaufpreises". Nach Ziff. 6 daselbst ist zwar
"jede andere... Leistung..." ebenfalls, zur gänzlichen Orientierung des
Käufers, aufzuführen, jedoch gesondert nach dem Gesamtkaufpreis, ohne
Einrechnung in diesen und ohne dass durch neue Addition auch noch der
Gesamtbetrag aller Leistungen mit Inbegriff der Nebenleistungen anzugeben
wäre. Als sinnlos erscheint übrigens die Wendung "in Geld oder Waren"
auch mit Bezug auf Nebenleistungen nicht, da diese unter Umständen durch
Warenlieferung oder auch etwa durch andere Verrichtungen zu erbringen sind,
so dass Ziff. 6 über ihren Wortlaut hinaus jede andere, dem Käufer nicht
als Entgelt für die Kaufsache obliegende Verpflichtung beliebiger Art
umfasst. Anderseits kann, wie bereits bemerkt, eine Warenlieferung (oder
eine sonstige Leistung) auch auf Anrechnung an den Kaufpreis erfolgen,
was in den Kaufbedingungen unter dem Gesichtspunkt der Ziff. 3-5 der in
Frage stehenden Gesetzesnorm genau festzulegen ist und denn auch aus dem
vorliegenden Kaufvertrage klar hervorgeht.

Erwägung 3

    3.- Erweist sich somit die Bemängelung des in diesem Vertrag
enthaltenen, den Barkaufpreis und den Kreditzuschlag (Teilzahlungszuschlag)
umfassenden Gesamtkaufpreises als unbegründet, so ist dem Rekursantrage
zu entsprechen. Darin, dass diese drei Rechnungsposten im Text des
Vertrages nicht übersichtlich zusammengestellt worden sind, liegt keine
Verletzung des Art. 226 a Abs. 3 OR, welche die formelle Ungültigkeit des
Kaufvertrages nach sich zöge. Sollte der Käufer geltend machen wollen, er
sei durch die Fassung der Kaufbestimmungen verwirrt und in einen Irrtum
versetzt worden, so wäre dies eine Berufung auf Willensmängel im Sinne
der Art. 23 ff. OR, was keinen für die Eintragung des Eigentumsvorbehaltes
beachtlichen Formmangel bedeutet.

    Die Einbeziehung der Nebenleistungen des Käufers in die durch
Eigentumsvorbehalt zu sichernde Restschuld ("Erforderlicher Kredit
Fr. 5'226.--") ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der allfälligen
gerichtlichen Entscheidung darüber, ob der Eigentumsvorbehalt für
solche Nebenleistungen in Anspruch genommen werden darf, greift der
Registereintrag nicht vor. Offen bleibt auch, ob die Nebenleistungen
bereits durch den in Zahlung gegebenen Wagen und durch die Baranzahlung
getilgt sind.

Entscheid:

Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:

    Der Rekurs wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid
aufgehoben und das Betreibungsamt Basel-Stadt angewiesen, den Kauf-
und Finanzierungsvertrag vom 25. Januar 1963 zwischen Franz Müller (mit
Zession an die Rekurrentin) und Max Häfliger im Eigentumsvorbehaltsregister
einzutragen.