Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 88 I 303



88 I 303

48. Urteil vom 7. Dezember 1962 i.S. Murri gegen Regierungsrat des
Kantons Bern. Regeste

    Rindviehzucht: Zuchtstierschau, Herdebuchwesen (Landwirtschaftsgesetz
vom 3. Oktober 1951 und Verordnung des Bundesrates vom 29. August 1958).

    1.  Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Beschwerdegründe
und Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts (Erw. 1-3).

    2.  Ausschluss eines Stiers von der Verwendung zur
Zucht. Gesetzmässigkeit der Verordnungsvorschriften über die Organisation
des Herdebuchwesens und die gebietsweise Beschränkung der staatlichen
Förderung der Viehrassen (Erw. 4-11).

Sachverhalt

    A.- Ernst Murri, Landwirt in Signau, ist Eigentümer des dort am
2. Oktober 1959 geborenen Stiers der Braunviehrasse "Eiger", der im
Herdebuch der Interkantonalen Vereinigung freier Viehzuchtorganisationen
aufgenommen ist. Signau liegt ausserhalb der Gebiete, in denen nach der
Verordnung des Bundesrates über die Rindvieh- und Kleinviehzucht vom 29.
August 1958 (Tierzuchtverordnung, TVO, in AS 1958 S. 603) der Staat die
Braunviehrasse fördert.

    Am 29. November 1960 führte Murri den Stier "Eiger" der kantonalen
Schaukommission in Langnau zur Beurteilung vor. Die Kommission lehnte
die Beurteilung ab, da das Tier nicht mit der Ohrenmarke der nach
jener Verordnung anerkannten Herdebuchstelle des Schweizerischen
Braunviehzuchtverbandes in Zug versehen war, sondern nur die Marke der
Interkantonalen Vereinigung freier Viehzuchtorganisationen trug.

    B.- Murri focht den Bescheid der Schaukommission mit Beschwerde beim
Regierungsrat des Kantons Bern an. Er beantragte, 1) es sei festzustellen,
dass der Stier "Eiger" gemäss Art. 8 TVO zufolge Aufnahme im Herdebuch
der Interkantonalen Vereinigung als anerkannt gelte und deshalb zur Zucht
verwendet werden dürfe; 2) eventuell sei der Stier zur Beurteilung durch
die kantonale Schaukommission zwecks Anerkennung als Zuchttier zuzulassen
und daher sofort zur Schau aufzubieten.

    Der Regierungsrat trat auf das Hauptbegehren nicht ein, weil ein Stier
vor der Anerkennung durch die zuständige Schaukommission nicht zur Zucht
verwendet werden dürfe (Art. 49 BG über die Förderung der Landwirtschaft
und die Erhaltung des Bauernstandes vom 3. Oktober 1951, LandwG) und
seine Aufnahme in ein Herdebuch noch keine Anerkennung bedeute. Das
Eventualbegehren wies der Regierungrat ab. Er nahm an, die Schaukommission
sei mit Recht auf die Beurteilung des Stiers "Eiger" nicht eingetreten,
weil dieser nicht im offiziell anerkannten Herdebuch des Schweizerischen
Braunviehzuchtverbandes eingetragen sei. Der Standpunkt der Kommission
entspreche der TVO. Die in Betracht kommenden Bestimmungen dieses Erlasses
seien durch Art. 53 LandwG gedeckt (Entscheid vom 10. Februar 1961).

    C.- Gegen diesen Entscheid hat Murri beim Bundesgericht in getrennten
Eingaben Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde
sowie beim Bundesrat Verwaltungsbeschwerde erhoben.

    a) Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt er, 1) den
angefochtenen Entscheid aufzuheben, 2) den Stier "Eiger" zur Beurteilung
durch die kantonale Schaukommission zwecks Anerkennung als Zuchttier
zuzulassen, 3) eventuell festzustellen, dass dieser Stier infolge Aufnahme
im Herdebuch der Interkantonalen Vereinigung als anerkannt gelte und
deshalb zur Zucht verwendet werden dürfe.

    Zur Begründung wird ausgeführt, Art. 53 LandwG sehe lediglich die
"Förderung" des Herdebuchwesens durch den Bund vor. Nach dieser Bestimmung
sei die Führung von Herdebüchern Aufgabe der privaten Zuchtverbände, nicht
des Staates, so dass dieser damit nicht bloss einzelne Verbände betrauen
und andere davon ausschliessen könne. In Art. 34 TVO - wonach die von
den anerkannten Herdebuchstellen ausgestellten Ausweise öffentliche
Urkunden sind - und in den mit dieser Vorschrift zusammenhängenden
Bestimmungen derselben Verordnung sei jedoch das Herdebuchwesen
verstaatlicht worden. Diese Regelung sei gesetzwidrig, wie die
Professoren Z. Giacometti, H. Marti, M. Waiblinger und M. Imboden
in Gutachten festgestellt hätten. Das Herdebuch der Interkantonalen
Vereinigung freier Viehzuchtorganisationen müsse nach Gesetz ebenfalls
anerkannt werden. Niemand bestreite, dass die Vereinigung imstande
sei, zuverlässige Abstammungsausweise auszustellen. Die 40-50 ihr
angeschlossenen Genossenschaften stellten eine genügende Selektionsbasis
dar. In Wirklichkeit habe man durch jene Verordnung die darin anerkannten
Herdebuchstellen vor einer unliebsamen Konkurrenz bewahren wollen.

    Der Stier "Eiger" habe, weil im Herdebuch der Interkantonalen
Vereinigung aufgenommen, nach Art. 8 TVO, den der Regierungsrat übersehen
habe, als anerkannt zu gelten. Sein im gleichen Stall geborener Vollbruder
"Edi" sei denn auch anerkannt worden. Auf jeden Fall müsse "Eiger" zur
Beurteilung durch die kantonale Schaukommission zugelassen werden.

    b) Mit der staatsrechtlichen Beschwerde wird Aufhebung des
angefochtenen Entscheides beantragt, weil er Art. 4 und 31 BV verletze.

    D.- Im Meinungsaustausch mit dem Bundesrat hat das Bundesgericht sich
als zur Beurteilung des Falles zuständig erklärt. Der Bundesrat hat sich
dieser Auffassung angeschlossen.

    E.- Der Regierungsrat des Kantons Bern und der Bundesrat haben
Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt.

    Der Regierungsrat hat ferner beantragt, auf die staatsrechtliche
Beschwerde nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen.

    F.- Das Gericht hat den Parteien Gelegenheit gegeben, in einem neuen
Schriftenwechsel zur Frage Stellung zu nehmen, ob die Bestimmungen der
Tierzuchtverordnung über die gebietsweise Beschränkung der Massnahmen
zur Förderung der verschiedenen Viehrassen durch Art. 52 LandwG
gedeckt seien. Der Beschwerdeführer hat die Frage unter Hinweis auf die
Entstehungsgeschichte dieses Artikels verneint. Der Regierungsrat und
der Bundesrat haben sie bejaht.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 49 LandwG dürfen Stiere zur Zucht nur verwendet
werden, wenn sie durch eine Schaukommission anerkannt worden sind. Diese
Anerkennung stellt eine durch das Gesetz geforderte Bewilligung - zur
Verwendung als Zuchtstier - dar. Gegen ihre Verweigerung ist nach Art. 107
lit. a LandwG und Art. 79 Abs. 2 TVO die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
zulässig.

    Im vorliegenden Fall hat freilich die kantonale Schaukommission, deren
Vorgehen der Regierungsrat durch den angefochtenen Entscheid geschützt hat,
das Gesuch um Anerkennung des Stiers "Eiger" nicht materiell beurteilt,
sondern seine Zulassung zur Prüfung abgelehnt, weil er nicht im Herdebuch
des Schweizerischen Braunviehzuchtverbandes eingetragen ist. Das Ergebnis
ist indessen für den Beschwerdeführer das gleiche wie bei materieller
Abweisung: Da er den Stier ohne Anerkennung nicht zur Zucht verwenden darf,
läuft der angefochtene Entscheid auf eine Verweigerung der nachgesuchten
Bewilligung hinaus. Auch gegen einen solchen Entscheid muss nach Art. 107
lit. a LandwG und Art. 79 Abs. 2 TVO die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
offenstehen.

    Ist somit das Bundesgericht zur Beurteilung des Falles zuständig,
so ist die Verwaltungsbeschwerde beim Bundesrat nicht zulässig (Art. 126
lit. a OG, Art. 108 LandwG).

Erwägung 2

    2.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann nach Art. 104 Abs 1 OG
jede Verletzung von Bundesrecht gerügt werden, auch die Missachtung in der
Bundesverfassung garantierter Rechte der Bürger (BGE 86 I 192/3). Die Rügen
der Verletzung von Art. 4 und 31 BV, die Murri in einer "staatsrechtlichen
Beschwerde" erhebt, wären daher mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend
zu machen gewesen. Die staatsrechtliche Beschwerde wäre als solche
unzulässig (Art. 84 Abs. 2 OG). Indessen genügt die unrichtigerweise
als staatsrechtliche Beschwerde bezeichnete Eingabe den an eine
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gestellten formellen Anforderungen. Sie
ist daher als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegenzunehmen und mit der
als solche Beschwerde bezeichneten Eingabe zu vereinigen. Demzufolge hat
das Bundesgericht als Verwaltungsgericht über alle in den beiden Eingaben
vorgebrachten Rügen zu befinden.

Erwägung 3

    3.- Das Bundesgericht prüft nicht bloss unter dem beschränkten
Gesichtswinkel des Art. 4 BV, sondern frei, ob der Regierungsrat
im angefochtenen Entscheid das Landwirtschaftsgesetz und die
Tierzuchtverordnung richtig angewendet hat. Die in der "staatsrechtlichen
Beschwerde" erhobene Rüge, Art. 8 TVO sei willkürlich angewendet worden,
ist daher müssig.

    Der Bundesrat hat die Tierzuchtverordnung gestützt auf eine im
Landwirtschaftsgesetz enthaltene Delegation der Gesetzgebungsbefugnis
erlassen. Das Bundesgericht ist an dieses Gesetz gebunden (Art. 113
Abs. 3, Art. 114 bis Abs. 3 BV). Es hat nicht nachzuprüfen, ob das Gesetz
verfassungsmässig sei, insbesndere nicht, ob es durch Art. 31 bis Abs. 3
lit. b BV gedeckt sei, wonach der Bund, wenn das Gesamtinteresse es
rechtfertigt, befugt ist, nötigenfalls in Abweichung vom Grundsatz der
Handels- und Gewerbefreiheit (Art. 31 BV), Vorschriften zur Erhaltung
eines gesunden Bauernstandes und einer leistungsfähigen Landwirtschaft
aufzustellen. Ebenso sind die Bestimmungen der Tierzuchtverordnung für
den Richter massgebend, soweit sie sich in den Grenzen der dem Bundesrat
im Gesetz delegierten Gesetzgebungskompetenz halten; denn in diesem
Umfange nehmen sie an der Verbindlichkeit des Gesetzes teil. Sie können
vom Gericht nur daraufhin überprüft werden, ob sie über den durch die
Delegation gezogenen Rahmen hinausgehen (BGE 88 I 279 Erw. 2 und dort
zitierte Urteile).

    Soweit die gesetzliche Delegationsnorm dem Bundesrat einen Spielraum
des Ermessens lässt, hat das Bundesgericht, da es nicht sein Ermessen an
die Stelle desjenigen des Bundesrates treten lassen kann, sich auf die
Prüfung zu beschränken, ob die Verordnungsvorschriften offensichtlich aus
dem Rahmen der delegierten Kompetenz herausfallen, wobei das allgemeine
Gebot der Rechtsgleichheit zu beachten ist. Wenn das Gesetz über die
Mittel zur Verfolgung des von ihm gesetzten Zieles nichts bestimmt, hat
das Gericht lediglich zu untersuchen, ob die in der Verordnung getroffene
Lösung objektiv geeignet sei, dieses Ziel zu erreichen (BGE 88 I 280
Erw. 3 und dort zitierte Urteile; 85 IV 71; 87 IV 34 Erw. 2).

Erwägung 4

    4.- Das in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gestellte Eventualbegehren
um Feststellung, dass der Stier "Eiger" zufolge Eintrags im Herdebuch der
Interkantonalen Vereinigung freier Viehzuchtorganisationen als anerkannt zu
gelten habe und deshalb (ohne weiteres) zur Zucht verwendet werden dürfe,
wird auf Art. 8 Abs. 2 TVO gestützt.

    Der Beschwerdeführer macht geltend, der angefochtene Entscheid
verstosse gegen diese Vorschrift.

    Allerdings bestimmt Art. 8 Abs. 2 TVO, dass "die Aufnahme ins
Herdebuch" als Anerkennung (d.h. als Bewilligung der Verwendung des Tiers
zur Zucht) gilt. Gemeint ist aber nicht irgendein Herdebuch, sondern
allein dasjenige, das von einem in Art. 38 TVO anerkannten Zuchtverband -
für das Braunvieh vom Schweizerischen Braunviehzuchtverband - geführt
wird. Das ergibt sich insbesondere aus Art. 27 Abs. 4 TVO, wonach
als Herdebuchtiere nur solche Tiere bezeichnet werden dürfen, die im
Zuchtbuch oder Zuchtregister einer anerkannten Genossenschaft und damit
im Herdebuch einer in Art. 38 genannnnten Organisation eingetragen sind;
ferner aus Art. 6 und 28 TVO, wonach über "die Aufnahme ins Herdebuch"
eine kantonale Kommission (oder ein offiziell anerkanntes Preisgericht)
an einer öffentlichen Schau entscheidet und der auf Aufnahme lautende
Entscheid u.a. der zustanändigen Herdebuchstelle eines anerkannten
Zuchtverbandes mitgeteilt wird.

    Der Stier der Braunviehrasse "Eiger" ist jedoch nicht im Herdebuch des
in Art. 38 TVO genannten Schweizerischen Braunviehzuchtverbandes, sondern
nur in demjenigen der dort nicht genannten Interkantonalen Vereinigung
freier Viehzuchtorganisationen - auf Grund einer Beurteilung durch eine von
dieser Vereinigung eingesetzte Expertenkommission - eingetragen. Das ist
nicht eine Eintragung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 TVO. Der Beschwerdeführer
beruft sich zu Unrecht auf diese Bestimmung. Der angefochtene Entscheid
steht mit ihr im Einklang, wenn auch der in seinen Erwägungen stehende
Satz, dass "die Aufnahme des Stiers in ein Herdebuch noch keine Anerkennung
bedeuten würde", zu allgemein gefasst ist.

Erwägung 5

    5.- Der Beschwerdeführer wendet jedoch ein, die Tierzuchtverordnung
überschreite insoweit, als sie das Herdebuchwesen "verstaatliche",
die in Art. 53 LandwG der Gesetzgebungsbefugnis des Bundesrates
gezogenenen Grenzen. Der Einwand richtet sich namentlich gegen Art. 34
(öffentliche Urkunden) und Art. 38 TVO (anerkannte Viehzuchtverbände). Der
Beschwerdeführer ist der Meinung, nach jener Gesetzesbestimmung sei
das Herdebuchwesen "Privatsache", so dass auch das Herdebuch der
Interkantonalen Vereinigung freier Viehzuchtorganisationen anerkannt
werden müsse.

    a) Indessen ist in der Tierzuchtverordnung das Herdebuchwesen nicht
"verstaatlicht" in dem Sinne, dass dem Staat die Aufgabe zugewiesen
wäre, selber, in eigener Regie, Zucht- und Herdebücher zu führen.
Vielmehr ist die Führung dieser Bücher Organisationen des Privatrechts
überlassen. Aber es trifft zu, dass nach der Verordnung nur diejenigen
Zucht- und Herdebücher anerkannt, mit den in ihr näher umschriebenen
Wirkungen ausgestattet sind, welche von bestimmten, staatlich anerkannten
privatrechtlichen Organisationen - Zuchtgenossenschaften (Art. 32, 35) bzw.
Verbänden solcher (Art. 38) - geführt werden; die Bücher anderer, nicht
anerkannter Organisationen sind von jenen Wirkungen ausgeschlossen. Ferner
trifft zu, dass in der Verordnung die den anerkannten Organisationen
anvertraute Zucht- und Herdebuchführung als staatliche, im öffentlichen
Interesse zu erfüllende Aufgabe (öffentlicher Dienst) aufgefasst
ist. In der Tat ist darin das Herdebuchwesen nach öffentlichrechtlichen
Gesichtspunkten ausgestaltet:

    Die Verordnung lässt nicht zu, dass die anerkannten Organisationen
nach Belieben darüber befinden, ob und wie Zucht- und Herdebücher zu
führen sind. Vielmehr werden diese Organisationen verpflichtet, solche
Bücher nach bestimmten, zwingenden Vorschriften einzurichten und ständig
zu führen (Art. 27 ff.). Über die Aufnahme eines Tieres in das Herdebuch
entscheidet die kantonale Schaukommission, d.h. eine staatliche Behörde,
oder ein ihr gleichgestelltes, offiziell anerkanntes Organ (Art. 6,
28). In das Zuchtbuch einer anerkannten örtlichen Genossenschaft sind
unter bestimmten Voraussetzungen auch Tiere von Züchtern, die ihr nicht
angehören, aufzunehmen (Art. 36), und die anerkannten Zuchtverbände dürfen
bei der Zucht- und Herdebuchführung die ihnen nicht angeschlossenen
anerkannten Genossenschaften gegenüber den angeschlossenen nicht
benachteiligen (Art. 40). Die Tätigkeit der mit dem Herdebuchwesen
betrauten Organisationen unterliegt einer strengen staatlichen Aufsicht;
"Entscheide der Zuchtorganisationen" unterliegen der Beschwerde bei der
Abteilung für Landwirtschaft (Art. 77, 80). Fehlbare Zuchtbuchführer und
Kontrolleure sind zu massregeln, unter Umständen - von der kantonalen
Behörde - ihres Amtes zu entheben (Art. 84). Erfüllen die anerkannten
Zuchtverbände ihre Pflichten nicht, so ist das eidgenössische
Volkswirtschaftsdepartement zur Ersatzvornahme ermächtigt (Art. 85
Abs. 1). Die Verantwortlichkeit ihrer Organe richtet sich nach den
für die Bundesbeamten geltenden Bestimmungen (Art. 85 Abs. 2). Die von
den Zuchtbuchführern und anerkannten Herdebuchstellen geführten Bücher
und ausgestellten Ausweise werden als öffentliche Urkunden bezeichnet
(Art. 34).

    b) Art. 53 LandwG delegiert dem Bundesrat die Kompetenz, "zur
Förderung des Herdebuchwesens für die einzelnen Tiergattungen und Rassen
die grundlegenden Bestimmungen für die Anerkennung der Zuchtbuch- und
Herdebuchtiere, die genossenschaftliche Zuchtbuchführung, die Errichtung
von Herdebuchstellen und die Führung von Stammzuchtregistern" zu
erlassen. Der Artikel nennt zunächst das zu verfolgende Ziel ("Förderung
des Herdebuchwesens"); sodann enthält er Vorschriften über die Mittel
zu dessen Erreichung, indem er die Materien bezeichnet, welche der
Bundesrat zu diesem Zwecke zu ordnen hat. Was die Mittel anbelangt,
sieht er eine Organisation des Herdebuchwesens in einer unteren, lokalen
und in einer oberen, zentralen Stufe vor. Den lokalen Dienst umschreibt
er als "genossenschaftliche Zuchtbuchführung", d.h. als Aufgabe, welche
durch Genossenschaften (des Privatrechts) besorgt werden soll; dagegen
verpflichtet er den Bundesrat hinsichtlich der zentralen Stufe einfach
zum Erlass von Bestimmungen über "die Errichtung von Herdebuchstellen
und die Führung von Stammzuchtregistern", ohne ihn auf eine bestimmte
Form der Organisation festzulegen.

    Nach dieser gesetzlichen Ordnung darf der Bundesrat die
Herdebuchführung jedenfalls in der unteren, lokalen Stufe nicht der
staatlichen Verwaltung zuweisen. Aber daraus folgt nicht, dass das
Gesetz das Herdebuchwesen als "Privatsache" aufgefasst wissen will,
in dem Sinne, dass die Leistungen der Zucht- und Herdebuchstellen
privatrechtlichen Charakter hätten und die Befugnis des Staates, die
Materie öffentlichrechtlich zu ordnen, auf polizeiliche Eingriffe
beschränkt wäre. Der Staat kann einen öffentlichen Dienst auch so
organisieren, dass er damit anstelle der eigenen Verwaltung Personen des
Privatrechts (Individuen oder Verbände) betraut. Er kann zu diesem Zwecke
Konzessionen an private Unternehmungen erteilen, welche aus dem Dienst
einen Gewinn ziehen wollen. Er kann aber auch anders vorgehen, indem er
privatrechtliche Verbände (Genossenschaften oder Vereine) heranzieht,
welche den Dienst ohne Streben nach Gewinn versehen (vgl. betreffend
die kriegswirtschaftlichen Syndikate BGE 70 IV 218/9, 71 IV 144 Erw. 2,
74 I 439). In dieser Weise hat der Bundesrat in der Tierzuchtverordnung
das Herdebuchwesen geordnet.

    Eine solche Betrauung Privater mit öffentlichen Aufgaben bedarf nach
Bundesrecht allerdings einer gesetzlichen Grundlage. Es ist daher zu
prüfen, ob das Landwirtschaftsgesetz den Sinn hat, dass das Herdebuchwesen
als öffentlicher Dienst zu organisieren ist.

    Dieses Gesetz bezweckt, die einheimische Landwirtschaft in allen
ihren Zweigen, insbesondere auch die Tierzucht, zu fördern und damit dem
öffentlichen Interesse zu dienen, wie sich aus seinem Ingress ergibt, der
mit Art. 31bis Abs. 3 lit. b BV übereinstimmt. Für die Tierzucht, welche
auf der Auswahl der besten Subjekte beruht, ist aber das Herdebuchwesen
unentbehrlich. Wie die Förderung der Tierzucht im allgemeinen, so liegt
auch die Förderung des Herdebuchwesens, welche Art. 53 LandwG dem Bundesrat
zum Ziel setzt, im öffentlichen Interesse. Es unterliegt keinem Zweifel,
dass dies der Sinn der gesetzlichen Ordnung ist.

    Dementsprechend fordert Art. 53 LandwG, dass der Herdebuchdienst
den Züchtern ständig zur Verfügung stehen muss, also von den privaten
Organisationen - soweit er ihnen anvertraut wird - nicht nach Belieben
unterbrochen oder aufgehoben werden darf. Die Bestimmung bringt
dies dadurch zum Ausdruck, dass sie den Bundesrat u.a. verpflichtet,
die grundlegenden Bestimmungen für "die Errichtung" von (zentralen)
Herdebuchstellen zu erlassen. Würde ein mit der Herdebuchführung
beauftragter privater Verband seine Aufgabe nicht erfüllen, so hätte
nach dem Gesetz der Bundesrat eine andere Organisation, nötigenfalls die
staatliche Verwaltung selbst, damit zu betrauen.

    Ein öffentlicher Dienst bedarf sodann im allgemeinen einer
öffentlichrechtlichen Ordnung, die weiter geht als diejenige eines
privaten Dienstes. Art. 53 LandwG sieht auch in dieser Beziehung das
für einen öffentlichen Dienst Erforderliche vor, indem er den Bundesrat
verpflichtet, die "grundlegenden" Bestimmungen für die Zucht- und
Herdebuchführung zu erlassen. Der Beschwerdeführer schliesst aus dem
Wort "grundlegend" im Gegenteil, dass das Gesetz das Herdebuchwesen als
"Privatsache" betrachte und dem Bundesrat eine entsprechend beschränkte
Gesetzgebungskompetenz delegiere. Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt
werden. Allerdings braucht ein Dienst, wenn er privatrechtlichen Verbänden
anvertraut wird, namentlich in formeller Hinsicht nicht erschöpfend durch
staatlichen Erlass geregelt zu werden. Aus dem Ausdruck "grundlegend"
kann ausserdem abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber nicht nur die
(lokale) Zuchtbuchführung, sondern auch die (zentrale) Herdebuchführung
privatrechtlichen Organisationen zugedacht hat. Aber auf jeden Fall
schreibt Art. 53 LandwG dem Bundesrat vor, alle materiellen Bestimmungen
zu erlassen, welche erforderlich sind, um sicherzustellen, dass die
Einrichtung des Herdebuchwesens dem öffentlichen Interesse einwandfrei
dienen kann.

    Ferner muss der Staat die Geschäftsführung eines öffentlichen Dienstes
in eingehender Weise beaufsichtigen können. Diese Befugnis gibt Art. 120
LandwG den Behörden, indem er bestimmt, dass die Mitwirkung privater
Organisationen beim Vollzug des Gesetzes unter staatlicher Aufsicht steht.

    Ein weiteres Merkmal des öffentlichen Dienstes besteht darin,
dass seine Leistungen allen Personen, welche die in der gesetzlichen
Ordnung näher umschriebenen Voraussetzungen erfüllen, erbracht werden
müssen. Art. 53 LandwG sieht dies für das Herdebuchwesen auch vor. In
der Tat bestimmt er, dass der Bundesrat die grundlegenden Bestimmungen
"für die Anerkennung der Zucht- und Herdebuchtiere" zu erlassen hat. Damit
wird der Bundesrat verpflichtet, Vorschriften aufzustellen, welche dafür
Gewähr bieten, dass die Zucht- und Herdebücher allen Berechtigten zur
Verfügung stehen.

    Nach den vorstehenden Ausführungen ist das Landwirtschaftsgesetz
(Art. 53 in Verbindung mit Art. 120) dahin auszulegen, dass das
Herdebuchwesen als öffentlicher Dienst organisiert werden soll, welcher auf
jeden Fall in der unteren, lokalen Stufe - wenn nicht auch in der oberen,
zentralen Stufe - privatrechtlichen Verbänden anvertraut werden muss. Die
einleitenden Worte des Art.53 LandwG ("Zur Förderung des Herdebuchwesens")
schliessen entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers diese Auslegung
nicht aus.

    Als öffentlicher Dienst ist die in dieser Bestimmung vorgesehene
Zucht- und Herdebuchführung vom Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit
ausgenommen.

    c) Da Art. 53 LandwG das lokale Herdebuchwesen (die Zuchtbuchführung)
den Genossenschaften zuweist, hatte der Bundesrat die Bedingungen zu
umschreiben, welche eine Genossenschaft erfüllen muss, um als Träger
des örtlichen Dienstes anerkannt zu werden. Er hat dies in Art. 35 TVO
getan. Die dort aufgestellten Bedingungen halten vor Art. 53 LandwG -
welcher dem Bundesrat keine näheren Anweisungen darüber gibt - dann stand,
wenn sie objektiv geeignet sind, das in dieser gesetzlichen Bestimmung
gesteckte Ziel zu erreichen, und wenn sie nicht gegen Art. 4 BV verstossen.
Ein Grund, sie unter diesen Gesichtspunkten zu beanstanden, ist nicht
ersichtlich. Sie fallen nicht offensichtlich aus dem Rahmen der dem
Bundesrat in Art. 53 LandwG delegierten Kompetenz heraus. (Auch gegen
die in Art. 35 TVO enthaltene Bedingung, dass die Genossenschaft und ihre
Mitglieder ausschliesslich Tiere einer im betreffenden Gebiet staatlich
gefördeten Rasse halten, ist nichts einzuwenden, sofern die gebietsweise
Beschränkung der Förderung der Rassen als gesetzmässig betrachtet werden
kann. S. hiezu Erw. 9 und 10 hiernach.)

    Die Führung des zentralen Herdebuches hat der Bundesrat in Art. 38
TVO für jede Rindviehrasse und für jede Gattung des Kleinviehs in der Hand
eines einzigen bzw. einiger weniger Zuchtverbände zentralisiert. Es sind
dies die wichtigsten und ältesten Verbände, was nicht bestritten ist. Auch
diese Lösung geht nicht offensichtlich über den Rahmen des Art. 53 LandwG
hinaus, sondern erscheint als objektiv geeignet, das dort gesetzte Ziel
zu erreichen, ohne gegen Art. 4 BV zu verstossen.

    Da das in Art. 53 LandwG vorgesehene Herdebuchwesen ein öffentlicher
Dienst ist, sind die von den Stellen, die ihn versehen, geführten Bücher
und ausgestellten Ausweise öffentliche Urkunden. Art. 34 TVO, welcher
dies feststellt, ist ebenfalls durch Art. 53 LandwG gedeckt.

    Diese Gesetzesvorschrift erteilt dem Bundesrat auch keine näheren
Anweisungen hinsichtlich der grundlegenden Bestimmungen über die
Anerkennung der Zucht- und Herdebuchtiere. Dagegen schreibt Art. 49 Abs. 1
LandwG vor, dass männliche Tiere, insbesondere Stiere, zur Zucht nur
verwendet werden dürfen, wenn sie durch eine offizielle Schaukommission
anerkannt worden sind. Die amtliche Anerkennung eines Stiers als Zuchttier
muss notwendigerweise in öffentlicher Urkunde festgehalten werden. Sie
ist daher in die vom offiziellen Herdebuchdienst geführten Bücher
einzutragen. Die Aufnahme in ein Herdebuch, das nicht vom öffentlichen
Dienst geführt ist, genügt nicht. Das ist offensichtlich der Sinn der
Art. 49 und 53 LandwG. Ihm entspricht Art. 8 Abs. 2 TVO, wonach - wie
oben in Erw. 4 dargelegt - nur die Aufnahme ins offizielle Herdebuch,
nicht auch die Aufnahme in ein anderes Herdebuch, als Anerkennung (gemäss
Abs. 1 ebenda, der den in Art. 49 Abs. 1 LandwG ausgesprochenen Grundsatz
wiederholt) gilt. Diese Verordnungsvorschrift hängt eng mit jenen zusammen,
welche den offiziellen Herdebuchdienst bestimmten privatrechtlichen
Organisationen unter Ausschluss anderer an vertrauen, und muss wie sie
als gesetzmässig betrachtet werden.

    Das Eventualbegehren des Beschwerdeführers, es sei festzustellen,
dass der Stier "Eiger" zufolge Eintrags im Herdebuch der Interkantonalen
Vereinigung freier Viehzuchtorganisationen als anerkannt zu gelten habe
und deshalb (ohne weiteres) zur Zucht verwendet werden dürfe, ist somit
unbegründet, da dieses Herdebuch nicht offiziellen Charakter im Sinne
des Gesetzes und der Verordnung hat.

Erwägung 6

    6.- Die Anforderungen, welche männliche Tiere der Rindvieh-
und Kleinviehrassen unter allen Umständen erfüllen müssen, um als
Zuchttiere anerkannt zu werden, sind in Art. 9 in Verbindung mit Art. 5
TVO umschrieben. Sie stehen im Einklang mit den nach Art. 49 Abs. 3
LandwG für den Entscheid der Schaukommission massgebenden Richtlinien des
Art. 47 LandwG, wonach in der Tierzucht "gute Dauerleistungen, eine gute
Fruchtbarkeit und Futterverwertung sowie zweckmässige Körperformen"
anzustreben und "die Grundsätze zur Förderung von Gesundheit und
Widerstandskraft der Zucht- und Nutztiere" zu beachten sind. Es
sind Anforderungen, die notwendigerweise zu stellen sind, damit die
Auswahl der besten Subjekte, von welcher der Erfolg der Zucht abhängt,
gewährleistet ist. Dies trifft namentlich auch für die Anforderungen an
die Qualität und die Leistungen der Ahnen zu. Sie sind für die Prüfung,
ob ein junger Stier für Zuchtzwecke anerkannt werden kann, von besonderer
Bedeutung. Verlässlichen Aufschluss darüber, ob sie erfüllt sind,
können nur Zucht- und Herdebücher geben, welche volle Gewähr für die
Richtigkeit der darin aufgezeichneten Tatsachen bieten. Dementsprechend
verlangt Art. 9 TVO, dass die Abstammung "amtlich nachgewiesen" wird, mit
anderen Worten, dass das zu beurteilende männliche Tier von Herdebuchtieren
abstammt, d.h. von Tieren, die im Herdebuch einer in Art. 38 TVO genannten
Organisation eingetragen worden sind (Art. 27 Abs. 4 TVO). Diese Ordnung
geht nicht über das nach Art. 47, 49 und 53 LandwG Zulässige hinaus. Sie
ist ebenfalls als gesetzmässig anzusehen.

    Der Beschwerdeführer wendet ein, ein amtlicher Abstammungsausweis sei
nicht besonders zuverlässig, da er auf den Eintragungen im Stallbüchlein
beruhe, das vom Halter des männlichen Zuchttiers geführt werde, also
nicht eine öffentliche Urkunde sei. Wenn dem Stallbüchlein der offizielle
Charakter abgeht, so ändert dies aber nichts daran, dass die von den
staatlich anerkannten Zuchtbuchführern und Herdebuchstellen geführten
Bücher und ausgestellten Ausweise öffentliche Urkunden sind und einen
entsprechenden Beweiswert haben. Übrigens sind die Halter verpflichtet,
das Stallbüchlein einwandfrei zu führen; die Verletzung dieser Pflicht
zieht Sanktionen, gegebenenfalls sogar Bestrafung, nach sich (Art. 15, 83
TVO). Die Halter werden über ihre Obliegenheiten genau instruiert, und die
Führung der Stallbüchlein wird vom öffentlichen Zucht- und Herdebuchdienst
streng kontrolliert. Nach den Darlegungen des Bundesrates werden denn auch
die Stallbüchlein fast ausnahmslos vorschriftsgemäss und exakt geführt.

Erwägung 7

    7.- Sodann bestimmt Art. 30 Abs. 2 (in Verbindung mit Art. 35 und
36) TVO: Ein (männliches oder weibliches) Herdebuchtier verliert die
Herdebuchberechtigung, wenn es an jemanden verkauft wird, der sich mit der
Zucht der in Frage stehenden Rasse in einem Gebiet befasst, wo diese Rasse
vom Staat nicht gefördet wird; die nach dem Verkauf gezeugten Nachkommen
eines solchen Tiers dürfen nicht mehr markiert werden; ist das verkaufte
Tier ein trächtiges Weibchen, so können die von ihm am neuen Standort
geworfenen Jungtiere auch nicht markiert werden.

    Nach dieser Ordnung kann im vorliegenden Fall der Stier der
Braunviehrasse "Eiger" nicht als Zuchttier anerkannt werden und ist die
durch den angefochtenen Entscheid geschützte Weigerung der kantonalen
Schaukommission, ihn zur Prüfung zuzulassen, nicht zu beanstanden. Die
Mutter dieses Stiers war zwar ursprünglich ein Herdebuchtier, doch ist
sie zu einer Zeit, da sie trächtig war, nach Signau - in ein Gebiet, wo
die Braunviehrasse vom Staat nicht gefördet wird - verkauft worden und
hat ihn dort geboren. Unter diesen Umständen kann "Eiger" nach Art. 30
Abs. 2 TVO nicht markiert werden, d.h. es kann für ihn ein amtlicher
Abstammungsausweis, der nach Art. 9 TVO Voraussetzung der Anerkennung ist,
nicht ausgestellt werden.

Erwägung 8

    8.- Es stellt sich noch die Frage, ob auch Art. 30 Abs. 2 TVO durch
das Landwirtschaftsgesetz gedeckt ist. Diese Bestimmung beruht auf dem
in Art. 3 TVO aufgestellten Grundsatz, dass die staatliche Förderung der
Viehrassen beschränkt ist auf wirtschaftlich zusammenhängende Gebiete,
welche bestimmte Mindestbestände an rassereinen Tieren aufweisen - Gebiete,
die der Bundesrat gemäss Art. 4 TVO im Einvernehmen mit den Kantonen und
nach Anhören der Zuchtverbände bezeichnet.

    Wenn dieser Grundsatz gesetzmässig ist, so ist es auch Art. 30
Abs. 2 TVO. In der Tat dient der Förderung im Sinne des Art. 3 TVO
auch das offizielle Herdebuchwesen. In einem Gebiet, wo der Staat eine
Rasse nicht fördert, wird für Tiere dieser Rasse kein offizielles Zucht-
und Herdebuch geführt. Sie stehen dort nicht unter der Kontrolle des
öffentlichen Herdebuchdienstes. Dem entspricht es, dass sie, wenn sie
bisher Herdebuchtiere waren, die Herdebuchberechtigung verlieren, falls
sie in ein solches Gebiet verkauft werden. Die Abstammung ihrer dort
geborenen Nachkommen kann nicht offiziell kontrolliert und registriert
worden. Sie können daher nicht mit der offiziellen Marke und mit den
amtlichen Abstammungsausweisen versehen werden.

    Als gesetzliche Grundlage der Bestimmungen der Tierzuchtverordnung
über die gebietsweise Beschränkung der staatlichen Förderung der
einzelnen Rassen kommt einzig Art. 52 Abs. 2 LandwG in Betracht,
welcher den Bundesrat ermächtigt, im Einvernehmen mit den Kantonen und
nach Anhören der Zuchtverbände, unter Berücksichtigung der land- und
volkswirtschaftlichen Bedürfnisse und der Interessen der verschiedenen
Kantone und Landesgegenden, Vorschriften "über die zu fördernden
Rassen" aufzustellen, "um einen möglichst hohen züchterischen Stand zu
erreichen und die verschiedenen Rassen in Reinzucht zu erhalten". Diese
Delegationsnorm räumt dem Bundesrat für die Bestimmung der Mittel,
welche zur Erreichung des in ihr gesteckten Ziels dienen können, einen
Spielraum des Ermessens ein. Das Bundesgericht hat lediglich zu prüfen,
ob der Bundesrat die seinem Ermessen gesetzten Grenzen eingehalten oder
überschritten habe.

Erwägung 9

    9.- Dem Art. 3 TVO liegt der Gedanke zugrunde, dass die staatlichen
Massnahmen zur Förderung der verschiedenen Viehrassen die Erreichung
eines "möglichst hohen züchterischen Standes" und die Erhaltung der
Rassen in Reinzucht dann am besten gewährleisten, wenn sie auf Gebiete
beschränkt werden, welche bestimmte Mindestbestände an rassereinen Tieren
aufweisen und daher eine genügend breite Selektionsbasis darstellen. Diese
Auffassung ist namentlich von Professor Lörtscher, Inhaber des Lehrstuhls
für Tierzucht an der ETH, verteidigt worden, und die Mehrheit der
vom eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement zur Überprüfung der
Gesetzmässigkeit des Entwurfes der Tierzuchtverordnung bestellten
juristischen Expertenkommission hat sich ihr angeschlossen (Bericht dieser
Kommission vom 20. April 1956, S. 20/21). Es ist offenbar die Meinung,
die in den Kreisen der schweizerischen Viehzüchter gegenwärtig überwiegt.

    Der Gerichtshof hat nicht zu untersuchen, ob die vom Bundesrat
angeordnete territoriale Beschränkung der staatlichen Förderungsmassnahmen
das beste Mittel zur Erreichung des in Art. 52 Abs. 2 LandwG gesetzten
Ziels sei, sondern nur, ob sie dafür objektiv geeignet sei. Diese
Frage ist auf Grund der Ansicht des Sachverständigen Lörtscher, die
von weiten Kreisen der Viehzüchter geteilt wird, zu bejahen. Der
Beschwerdeführer bringt nichts vor, was eine andere Beurteilung
rechtfertigen könnte. Insbesondere hilft ihm der Hinweis auf ein Schreiben
der Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Höhenviehzüchter in München
an die Interkantonale Vereinigung freier Viehzuchtorganisationen vom
7. Januar 1955 nicht; wird doch darin ebenfalls der Überzeugung Ausdruck
gegeben, "dass grössere züchterische Leistungen nur in geschlossenen
Rassengebieten vollbracht werden können". Es mag sein, dass aus Gründen,
die der Beschwerdeführer erwähnt (Leichtigkeit der Transporte, Möglichkeit
der künstlichen Besamung) die heute herrschenden Auffassungen sich mit
der Zeit ändern werden. Aber auf jeden Fall hat der Gerichtshof unter den
heute gegebenen Umständen keinen Anlass, die in Art. 3 TVO vorgesehene
gebietsweise Beschränkung der staatlichen Förderung als zur Erreichung
der in Art. 52 Abs. 2 LandwG genannten Zwecke überhaupt nicht geeignet
zu betrachten.

Erwägung 10

    10.- Indessen ermächtigt Art. 52 Abs. 2 LandwG den Bundesrat nur,
Vorschriften "über die zu fördernden Rassen" aufzustellen, und nicht auch,
die Zucht der einzelnen Rassen auf bestimmte Gebiete zu beschränken. Der
Bundesrat legt die Bestimmung auch so aus.

    Dass dies ihr Sinn ist, bestätigt ihre Entstehungsgeschichte: Der auf
den ausserordentlichen Vollmachten gemäss BB vom 30. August 1939 beruhende
BRB betreffend die Förderung der Tierzucht vom 27. Juni 1944 (BS 9 S. 208)
enthält einen Art. 4, der das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement
ermächtigte, in Zusammenarbeit mit den Kantonen und tierzüchterischen
Organisationen "die Verbreitungsgebiete der verschiedenen Rassen und
die sich hieraus ergebenden Rassengrenzen zu umschreiben", und den
Grundsatz aufstellte, dass eine weitere Rassenvermischung zu vermeiden
und eine allmähliche Säuberung der bezeichneten Verbreitungsgebiete von
Tieren anderer Rassen, einschliesslich der Kreuzungsprodukte, anzustreben
sei. Ein erster Vorentwurf des Landwirtschaftsgesetzes lehnte sich an diese
Bestimmung an, indem er vorsah, dass in den Vorschriften des Bundesrates
über die Regelung der Rassenfragen "dem Grundsatz der Reinzucht und der
Erhaltung oder Schaffung reinrassiger Verbreitungsgebiete" tunlichst
Rechnung zu tragen sei. Indessen wurde die Befürchtung laut, auf Grund
dieses Textes könnten scharf umschriebene Rassengrenzen eingeführt
werden. Dieses Bedenken wurde in einem abgeänderten Text berücksichtigt,
der zu Art. 52 Abs. 2 des Gesetzes wurde. Darin ist nicht mehr die Rede
davon, dass der Bundesrat der Verbreitung der verschiedenen Rassen Grenzen
setzen darf.

    Die Vorschriften der Tierzuchtverordnung über die gebietsweise
Beschränkung der staatlichen Förderungsmassnahmen würden daher über den
Rahmen des Gesetzes hinausgehen, wenn sie die Zucht von Tieren einer Rasse
ausserhalb der Gebiete, in denen diese Rasse von Staat gefördert wird,
ausschlössen oder ernstlich beeinträchtigten.

    a) Der ausserhalb dieser Gebiete tätige Züchter solcher Tiere
(im folgenden aussenstehender Züchter genannt) wird durch die
Tierzuchtverordnung nicht gehindert, gute männliche Tiere zum Decken
des eigenen Bestandes zu beschaffen. Er muss sie allerdings in Gebieten
kaufen, wo die betreffende Rasse vom Staat gefördert wird, d.h. in einer
mehr oder weniger grossen Entfernung. Dieser Nachteil fällt aber nicht
ins Gewicht; denn er wird dadurch aufgewogen, dass die männlichen Tiere,
denen die Förderungsmassnahmen des Staates zugutekommen, Gewähr für einen
guten Zuchterfolg bieten.

    b) Die Tierzuchtverordnung verwehrt dem aussenstehenden Züchter,
männliche Tiere, die er aufgezogen hat, zum Decken des eigenen Bestandes zu
verwenden. Dieser Unterschied gegenüber dem Halter herdebuchberechtigter
männlicher Subjekte hat jedoch angesichts der Notwendigkeit, die mit
der Inzucht verbundenen Unzukömmlichkeiten zu vermeiden, praktisch keine
Bedeutung.

    c) Die Tierzuchtverordnung hindert den aussenstehenden Züchter nicht,
zur Verbesserung seiner Zucht weibliche Subjekte dort zu kaufen, wo er
will. Allerdings kann er - im hier gegebenen Fall - den von einer Kuh,
die er als Herdebuchtier in trächtigem Zustand in einem der staatlichen
Förderung der betreffenden Rasse teilhaftigen Gebiet gekauft hat, in
seinem Stall geworfenen Stier niemals als Zuchttier anerkennen lassen,
während dies einem dem offiziellen Herdebuch angeschlossenen Züchter
unter Umständen möglich ist, selbst wenn er der anerkannten örtlichen
Zuchtgenossenschaft nicht angehört (Art. 36 Abs. 1 TVO). Aber es kommt,
wie der Beschwerdeführer einräumt, nicht häufig vor, dass jemand ein
trächtiges herdebuchberechtigtes Tier in der Hoffnung kauft, von ihm einen
herdebuchberechtigten Stier zu erhalten. Auch in dieser Beziehung kann
mithin nicht von einer ernstlichen Benachteiligung des aussenstehenden
Züchters gesprochen werden.

    d) In der Fleisch- und Milchproduktion wird der aussenstehende Züchter
durch die Tierzuchtverordnung in keiner Weise benachteiligt.

    e) Die Tierzuchtverordnung verwehrt ihm auch nicht, von ihm aufgezogene
weibliche Tiere nach seinem Belieben zu verkaufen. Dagegen hindert sie
ihn, männliche Tiere, die er aufgezogen hat, zu Zuchtzwecken zu verkaufen,
da sie die Anerkennung solcher Tiere zur Zucht ausschliesst.

    Indessen weist der Bundesrat darauf hin, dass mehr als die Hälfte
der schweizerischen Rindviehhalter - mit Einschluss derjenigen, die im
Gebiet der Förderung der betreffenden Rasse wohnen - dem offiziellen
Herdebuch nicht angeschlossen sind. Die aussenstehenden Züchter,
die nicht angeschlossen werden können, sind praktisch in der gleichen
Lage wie die zahlreichen Halter, die sich nicht anschliessen wollen,
obwohl sie es könnten. Die einen wie die anderen betreiben aber die
Tierzucht. Es besteht kein Grund zur Annahme, dass die Tätigkeit der
aussenstehenden Züchter deshalb ernstlich behindert wird, weil sie vom
offiziellen Herdebuch ausgeschlossen sind.

    Der Beschwerdeführer macht zur Begründung seines abweichenden
Standpunktes geltend, dass diese Züchter für ihre Tiere weniger hohe
Preise erzielen können als die dem öffentlichen Herdebuch angeschlossenen
Züchter für die ihren. So verhält es sich allerdings; denn die staatlichen
Förderungsmassnahmen haben eine Verbesserung des geförderten Viehs zur
Folge, und die Aufnahme im offiziellen Herdebuch erhöht den Marktwert
eines Tiers. Aber diesem Mehrwert stehen finanzielle Aufwendungen der
dem offiziellen Herdebuch angeschlossenen Züchter für das Herdebuchwesen
gegenüber, und vor allem ist er das Ergebnis der Opfer, die der Staat
zugunsten dieser Züchter auf sich nimmt. Wie oben ausgeführt, gestattet
indessen die gesetzliche Ordnung dem Staat, seine Förderungsmassnahmen
auf bestimmte Gebiete zu beschränken. Da die aussenstehenden Züchter auf
die staatliche Förderung keinen Anspruch haben, können sie sich nicht
mit Grund darüber beklagen, dass sie die mit ihr verbundenen Vorteile
nicht geniessen.

    Der Beschwerdeführer wendet weiter ein, die Tierzucht könne nicht mit
Erfolg betrieben werden, wenn ein Verkauf der gezüchteten Tiere zu Preisen,
wie sie für Herdebuchtiere bezahlt werden, nicht möglich sei. Auch dieser
Einwand hilft ihm nicht. Es gibt zahlreiche schweizerische Züchter - auch
unter den dem öffentlichen Herdebuchwesen angeschlossenen -, welche aus dem
Verkauf ihrer Tiere nur selten bedeutende Einnahmen erzielen. Die meisten
Züchter befinden sich in dieser Lage. Nur eine Minderheit verlegt sich
darauf, regelmässig hochwertige Subjekte zu züchten und sie zu entsprechend
hohen Preisen zu veräussern. Allerdings werden die guten aussenstehenden
Züchter z.B. von Braunvieh, die erstklassige Tiere dieser Rasse halten
wollen, durch die Tierzuchtverordnung erheblich benachteiligt. Sie
können zwar die vom Staat nicht geförderte Tierzucht betreiben; aber sie
können, solange sie die gleiche Rasse züchten, nicht an den staatlichen
Förderungsmassnahmen teilhaben und daher für ihre Tiere nicht so hohe
Preise erzielen, wie sie für Herdebuchtiere erhältlich sind. Das ist jedoch
die Folge des Art. 52 LandwG, der den Bundesrat ermächtigt, die staatliche
Förderung der einzelnen Viehrassen auf bestimmte Gebiete zu beschränken.

Erwägung 11

    11.- Aus vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Ablehnung der
Begehren des Beschwerdeführers, der Stier "Eiger" sei zufolge Aufnahme im
Herdebuch der Interkantonalen Vereinigung freier Viehzuchtorganisationen
als zur Zucht anerkannt zu betrachten oder auf jeden Fall zur Beurteilung
durch die Schaukommission zwecks Anerkennung zuzulassen, nicht gegen
Bundesrecht verstösst.

    Vergeblich beruft der Beschwerdeführer sich darauf, dass der Stier
"Edi", der ein Vollbruder "Eigers" sein und im gleichen Stall wie dieser
geboren worden sein soll, seinerzeit mit der offiziellen Marke des
Schweizerischen Braunviehzuchtverbandes versehen und zur Zucht anerkannt
worden ist. Diese Anerkennung ist nach den Ausführungen des Bundesrates zu
Unrecht erfolgt. Aus ihr kann nicht abgeleitet werden, dass auch "Eiger",
entgegen den verbindlichen Vorschriften der Tierzuchtverordnung, anerkannt
werden müsse.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.