Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 88 I 297



88 I 297

47. Auszug aus dem Urteil vom 7. Dezember 1962 i.S. X. und Mitbetelligte
gegen Steuerrekurskommisslon des Kantons Aargau. Regeste

    Wehrsteuer: Beruht der bei der Veräusserung von Vermögensstücken
(Aktien einer Immobiliengesellschaft) erzielte Gewinn auf Erwerbstätigkeit,
so wird er auch dann als Einkommen erfasst, wenn er nicht im Betriebe
eines zur kaufmännischen Buchführung verpflichteten Unternehmens erlangt
worden ist (Art. 21 Abs. 1 lit. a und d WStB).

Sachverhalt

    A.- Eine industrielle Unternehmung in Basel suchte in der weiteren
Umgebung dieser Stadt Industrieland zu erwerben. Sie wandte sich deshalb an
X., Direktor einer Handelsfirma und Amman der ländlichen Gemeinde A. Dieser
wurde von Bankverwalter Y. und Notar Z. darauf aufmerksam gemacht,
dass in der Landgemeinde B. Boden erhältlich sei. Die Industriefirma
zeigte dafür Interesse. Im Jahre 1954 gründeten X., Y. und Z. eine
Immobiliengesellschaft mit einem Aktienkapital von Fr. 50'000.--. Diese
Gesellschaft schloss am 8. Juli 1954 mit dem Industrieunternehmen
eine schriftliche Vereinbarung ab, worin festgehalten wurde, dass sie
bestrebt sein werde, in B. einen Landkomplex, wie ihn der Vertragspartner
wünschte, zu erwerben. Die Industriefirma verpflichtete sich, nach Erwerb
eines ihr zusagenden Landkomplexes durch die Immobiliengesellschaft
deren Aktienmantel "um das Total der Landkaufpreise" zu übernehmen,
d.h. gegen Bezahlung eines Betrages, der in der Vereinbarung durch
Festlegung abgestufter Quadratmeterpreise für die verschiedenen Lagen
von vornherein bestimmt wurde. Für den Fall, dass die Landbeschaffung
gelinge, sicherte das industrielle Unternehmen der Arbeitgeberin des X. die
Entrichtung einer "Courtage" von 2% der Kaufsumme für die Inanspruchnahme
ihres Personals zu. Für den Fall des Misslingens sollte es einzig die
"generellen Planungskosten" der Immobiliengesellschaft bis zu einem
bestimmten Maximalbetrag vergüten.

    In der Folge kaufte die Immobiliengesellschaft Land in B. zusammen. Die
einzelnen Kaufverträge enthielten die Klausel, dass sie nur dann
zustande kommen sollten, wenn der gesamte in Aussicht genommene Komplex
erworben werden könne. Nachdem die Industriefirma festgestellt hatte,
dass die von ihr gestellten Bedingungen erfüllt waren, leistete sie an
die Immobiliengesellschaft Vorschüsse zur Bezahlung der Kaufpreise. Sie
überwies ihr im I-aufe des Jahres 1955 insgesamt mehr als eine Million
Franken. Damit war der Preis für die Aktien der Immobiliengesellschaft
erlegt, und diese gingen an die Industriefirma über. Von der an die
Immobiliengesellschaft überwiesenen Summe blieb nach Abzug der für
den Landerwerb aufgewendeten Beträge, der Kosten der Gründung dieser
Gesellschaft und des Aktienkapitals von Fr. 50'000.-- ein beträchtlicher
Überschuss, der auf X., Y. und Z. gleichmässig verteilt wurde.

    B.- Diese Bezüge wurden bei der Einschätzung von X., Y.  und Z. für
die Wehrsteuer der 9. Periode (Berechnungsjahre 1955/6) als Einkommen
aus Erwerbstätigkeit (Art. 21 Abs. 1 lit. a WSTB) erfasst. Die
Veranlagungsbehörde nahm an, es handle sich um Entschädigungen für
die Ausführung eines Auftrages der Industriefirma. Die kantonale
Rekurskommission schützte diesen Standpunkt.

    C.- Gegen die Entscheide der Rekurskommission erheben die drei
Steuerpflichtigen Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie beantragen, ihr
steuerbares Einkommen sei herabzusetzen. Zur Begründung wird geltend
gemacht, die Einkünfte der Beschwerdeführer aus der Transaktion mit der
Industriefirma seien nicht Erwerbseinkommen (Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB),
insbesondere nicht Entschädigungen für Auftragsbesorgung und auch nicht
Einkommen aus gewerbsmässigem Liegenschaftshandel, sondern Kapitalgewinne
aus Aktienverkauf und unterlägen daher, weil nicht im Betriebe eines
buchführungspflichtigen Unternehmens erzielt, der Wehrsteuer für Einkommen
nicht (Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB).

    D.- Die kantonalen Behörden und die eidgenössische Steuerverwaltung
beantragen Abweisung der Beschwerden.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Gemäss Art. 21 Abs. 1 WStB unterliegt der Wehrsteuer das gesamte
Einkommen der natürlichen Personen aus Erwerbstätigkeit, Vermögensertrag
oder anderen Einnahmequellen, insbesondere nach lit. a jedes Einkommen
aus einer Tätigkeit (namentlich aus Handel, Gewerbe usw.) mit Einschluss
der Nebenbezüge (wie Entschädigungen für Sonderleistungen, Provisionen
und dgl.). Danach wird u.a. jedes Entgelt für irgend eine auf Erwerb
gerichtete Tätigkeit als Einkommen erfasst, gleichgültig, ob die
Tätigkeit im Haupt- oder bloss im Nebenberuf und ob sie regelmässig
oder wiederkehrend oder nur einmalig ausgeübt wird. Auch der Gewinn,
der bei der Veräusserung von Vermögensstücken erzielt wird, kann unter
Umständen auf Erwerbstätigkeit beruhen und daher Erwerbseinkommen im
Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB bilden. Stellt er dagegen einen
Kapitalgewinn dar, der dem Veräusserer ohne solche Tätigkeit zufällt
(Zuwachsgewinn), so unterliegt er nach Art. 21 Abs. 1 lit d WStB der
Wehrsteuer für Einkommen nur dann, wenn er im Betriebe eines zur Führung
kaufmännischer Bücher verpflichteten Unternehmens erzielt wird.

Erwägung 2

    2.- Die kantonalen Behörden betrachten die Einkünfte, welche Gegenstand
des Streites sind, als Vergütung für die Ausführung eines Auftrages der
Industriefirma durch die Beschwerdeführer. Das ist auch der Hauptstandpunkt
der eidgenössischen Steuerverwaltung. Die Beschwerdeführer fechten diese
Auffassung mit der Begründung an, die Industriefirma habe die Vereinbarung
vom 8. Juli 1954 mit der Immobiliengesellschaft und nicht mit deren
Aktionären abgeschlossen, und vor allem habe sie dabei das volle Risiko
auf den Vertragspartner überwälzt und sich nicht verpflichtet, ihm seine
Auslagen - abgesehen von einem unbedeutenden Betrag für Planungskosten -
zu ersetzen, was die Annahme eines Auftrages ausschliesse. Sie machen
geltend, es liege überhaupt kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor,
insbesondere auch nicht aus erwerbsmässigem Liegenschaftshandel. Die
Industriefirma habe lediglich ein bedingtes Kaufsrecht an den Aktien der
Immobiliengesellschaft erworben. Es handle sich um einen beim Verkauf der
Aktien erzielten Kapitalgewinn, der mangels Verpflichtung der Verkäufer zur
kaufmännischen Buchführung der Wehrsteuer vom Einkommen nicht unterliege.

    Indessen steht fest, dass die Beschwerdeführer eine rege
Tätigkeit entfaltet haben, um der idustriellen Unternehmung das von
ihr gewünschte Land zu verschaffen. Zu diesem Zweck hat X., dem die
Unternehmung ihr Anliegen unterbreitet hatte, sich mit Y. und Z. in
Verbindung gesetzt. Sie haben ihn darauf aufmerksam gemahct, dass in
B. Land erhältlich sei. Hierauf ist zur Durchführung der beabsichtigten
Transaktion die Immobiliengesellschaft gegründet worden, und zwar offenbar
deshalb, weil die Industriefirma befürchtete, bei Bekanntwerden ihres
Interesses für Landkäufe könnten Preistreibereien einsetzen, und weil die
Beschwerdeführer nicht als Makler in Erscheinung treten wollten. X. hat
für die Immobiliengesellschaft die Verhandlungen mit den Grundeigentümern
geführt und den Kontakt mit dem industriellen Unternehmen aufrecht
erhalten. Y. hat die Buchhaltung der Immobiliengellschaft besorgt,
und Z. hat als Revisor dieser Gesellschaft geamtet. Ausserdem haben
diese beiden, wie ohne weiteres angenommen werden darf, X. bei seinen
Bemühungen, in B. Land für das industrielle Unternehmen zusammenzubringen,
aktiv unterstützt; waren sie doch, der eine als Bankverwalter und der
andere als Notar, mit den Verhältnissen auf dem Liegenschaftsmarkt
in der Gegend vertraut. Z. hat also entgegen seiner Darstellung nicht
bloss als instrumentierende Urkundsperson mitgewirkt. Weil jeder der
drei Beschwerdeführer ds Seinige zur Erreichung des gemeinsamen Ziels
beigetragen hat, haben sie den Betrag, der von der durch das industrielle
Unternehmen an die Immobiliengesellschaft als Kaufpreis für deren
Aktien überwiesenen Summe nach Abzug der Kosten geblieben ist, unter sich
gleichmässig aufgeteilt. Diesen Betrag haben sie offensichtlich als Entgelt
für intensive - und erfolgreiche - Arbeit im Interesse der Industriefirma
erhalten. Sie haben die Arbeit in der begründeten Erwartung übernommen,
dafür in dieser Weise entschädigt zu werden. Man hat es also mit Einkommen
aus Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB zu tun.

    Ob diese Tätigkeit, unter dem Gesichtspunkte des Zivilrechtes
betrachtet, Auftragsbesorgung (Erfüllung eines einfachen Auftrags oder
eines Mäklervertrags) oder (vom Geschäftsherrn genehmigte) Geschäftsführung
ohne Auftrag oder Handel mit Immobiliarwerten für eigene Rechnung der
Beschwerdeführer oder Geschäftsführung für die Immobiliengesellschaft oder
etwas anderes ist, kann offen gelassen werden. Auf jeden Fall war sie auf
Erwerb gerichtet und sind daher die Einkünfte, welche die Beschwerdeführer
daraus gezogen haben, als Einkommen (Nebenbezüge) gemäss Art. 21 Abs. 1
lit. a WStB zu besteuern.

    Anders wäre es, wenn die Beschwerdeführer die in Frage stehenden
Einnahmen bloss im Rahmen der Verwaltung eigenen Vermögens oder nur
in Ausnützung einer zufällig sich bietenden Gelegenheit, ohne eine
eigentliche gewerbliche Tätigkeit, erzielt hätten (Urteil H. vom 28. März
1958, Erw. 1b, wiedergegeben in ASA Bd. 27 S. 176). So verhält es sich
indessen nicht; denn nach den gesamten Umständen müssen jene Einnahmen
als Entgelt für eine Erwerbstätigkeit betrachtet werden. X. selbst hat
die Einkünfte seinerzeit der Steuerkommission gegenüber - zutreffend -
als "Honorar" und "Entschädigung" bezeichnet.

    Daraus, dass die umstrittenen Einkünfte Einkommen aus Erwerbstätigkeit
darstellen, folgt weiter, dass sie nicht als Zuwachsgewinn im Sinne
von Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB - wonach sie mangels Buchführungspflicht
der Empfänger von der Wehrsteuer für Einkommen befreit wären - betrachtet
werden können. Von einem solchen Gewinn (Kapitalgewinn) kann umsoweniger
gesprochen werden, als der für die Landbeschaffung erforderliche
Kapitaleinsatz im wesentlichen nicht von den Beschwerdeführern, sondern
von der industriellen Unternehmung geleistet worden ist.