Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 88 IV 121



88 IV 121

32. Urteil des Kassationshofes vom 27. November 1962 i.S. Brüniger gegen
Bezirksamt Kreuzlingen. Regeste

    Art. 42 des BG über den Militärpflichtersatz. Die Bezahlung des
Militärpflichtersatzes kann nicht aus Glaubens- oder Gewissensgründen
verweigert werden.

Sachverhalt

    A.- Brüniger hat den für das Jahr 1960 geschuldeten
Militärpflichtersatz von Fr. 17.-, ungeachtet der an ihn ergangenen
Mahnung und Verwarnung, aus religiösen und Gewissensgründen nicht bezahlt.

    B.- Die Rekurskommission des Obergerichts des Kantons Thurgau
verurteilte Brüniger am 8. September 1962 wegen schuldhafter
Nichtbezahlung der Ersatzabgabe gemäss Art. 42 des Bundesgesetzes über
den Militärpflichtersatz vom 12. Juni 1959 zu zehn Tagen Haft.

    C.- Brüniger führt gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde mit
dem Antrag, er sei freizusprechen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Welche Bundesrechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen
Entscheid verletzt seien, ist in der Nichtigkeitsbeschwerde selber
darzulegen (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP). Soweit der Beschwerdeführer
zur Begründung seiner Beschwerde auf seine Eingaben und Vorbringen im
kantonalen Verfahren verweist, ist darauf nicht einzutreten (BGE 78 IV
60 und ständige Rechtsprechung).

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer kann die Nichtbezahlung des geschuldeten
Militärpflichtersatzes nicht damit rechtfertigen, dass er sich auf
die Glaubens- und Gewissensfreiheit beruft. Die Bundesverfassung
gewährleistet die Individualrechte nicht uneingeschränkt, sondern nur
im Rahmen der geltenden Rechtsordnung. Art. 49 BV, der die Glaubens-
und Gewissensfreiheit als unverletzlich erklärt (Abs. 1), legt denn auch
ausdrücklich fest, dass die Glaubensansichten nicht von der Erfüllung
der bürgerlichen Pflichten entbinden (Abs. 5). Zu diesen gehört auch die
Wehrpflicht (Art. 18 BV), die entweder durch persönliche Dienstleistung
oder durch Bezahlung des Militärpflichtersatzes zu erfüllen ist
(Art. 1 und 2 der Militärorganisation). Eine Befreiung ist nur in den
gesetzlich bestimmten Ausnahmefällen zulässig (Art. 13 MO; Art. 4 und 5
des Bundesgesetzes über den Militärpflichtersatz); die Berufung auf die
Glaubens- und Gewissensfreiheit ist kein in den Gesetzen vorgesehener
Befreiungsgrund. Der Dienstpflichtige, der den Militärdienst aus Gründen
des Glaubens oder Gewissens verweigert, verletzt daher seine Pflichten
als Staatsbürger und macht sich nach Art. 81 des Militärstrafgesetzes
strafbar (vgl. Entscheidungen des Militärkassationsgerichts Bd. 6 Nr. 40
und 66). Die gleichen Erwägungen treffen auf den Ersatzpflichtigen zu,
der die Bezahlung der Ersatzabgabe aus solchen Gründen verweigert,
sofern die Voraussetzungen der Strafbestimmung des Art. 42 des BG über
den Militärpflichtersatz erfüllt sind, was im vorliegenden Falle mit
Recht nicht bestritten wird.

Erwägung 3

    3.- Der Beschwerdeführer hat seine Einwendungen schon im kantonalen
Verfahren gemacht und ist daraufhin von den zuständigen Verwaltungsbehörden
aufgeklärt und auf die Folgen der Verletzung seiner Ersatzpflicht
aufmerksam gemacht worden. Er kann sich daher auch nicht auf Rechtsirrtum
im Sinne des Art. 20 StGB berufen.

Entscheid:

Demnach erkennt der Kassationshof:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.