Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 88 II 465



88 II 465

66. Urteil der I. Zivilabteilung vom 27. Dezember 1962 i.S. Haldimann
gegen Felina GmbH. Regeste

    Verwechselbarkeit von Wortmarken. Art. 6 MSchG.

Sachverhalt

    A.- Die Felina GmbH in Mannheim ist Inhaberin der Marke "Felina", die
in verschiedenen Ausführungen im internationalen Register eingetragen
ist. Die erste Eintragung erfolgte 1923; gegenwärtig bestehen
die Eintragungen Nr. 113 133, 158 347 und 204 349. Die Marke war
ursprünglich nur für Büstenhalter bestimmt; in der Folge wurde jedoch
das Warenverzeichnis verschiedentlich erweitert und enthält nun für
die am 25. Oktober 1957 eingetragene Marke Nr. 204 349 neben besonderen
Angaben, wie "Corsages à savoir soutien-gorge, corsets, gaines, ceintures
pour jarretières" auch die allgemeine Bezeichnung "lingerie pour hommes
et femmes".

    Der Wäschefabrikant Paul Haldimann liess am 24. März 1959 im
schweizerischen Markenregister unter der Nr. 175 241 die für "Herren-
und Damenunterwäsche" bestimmte Marke

    florina

    die Feinwäsche für Sie

    eintragen. Am 6. Juli 1959 hinterlegte er die gleiche Marke unter
Nr. 221 702 im internationalen Register für "sousvêtements pour messieurs
et dames".

    B.- Mit Klage vom 18. Dezember 1961 beantragte die Felina GmbH,
es sei festzustellen, dass die schweizerische und internationale Marke
Haldimanns nichtig sei, da sie sich von ihrer älteren Marke "Felina"
nicht genügend unterscheide, und es sei dem Beklagten der Gebrauch der
nichtigen Marke zu untersagen.

    Der Beklagte bestritt das Bestehen einer Verwechslungsgefahr und
beantragte demgemäss Abweisung der Klage.

    C.- Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft erkannte mit Urteil
vom 31. August 1962:

    "1.  Es wird festgestellt, dass die schweizerische Marke Nr. 175 241
samt der zugehörigen IR-Marke Nr. 221 702 des Beklagten nichtig ist.

    2.  Dem Beklagten wird der Gebrauch der nichtigen Marke verboten. Für
den Fall der Übertretung des Verbotes wird ihm Bestrafung mit Haft oder
Busse gemäss Art. 292 StGB angedroht.

    3.  Bis zum Ablauf von 6 Monaten nach Rechtskraft dieses Urteils ist
es dem Beklagten gestattet, die am Urteilstage bereits vorhandene und
mit der nichtigen Wortmarke "florina" bezeichnete Wäsche abzustossen."

    D.- Gegen dieses Urteil hat der Beklagte die Berufung an das
Bundesgericht ergriffen mit dem erneuten Antrag auf Abweisung der Klage.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Gemäss Art. 4 Abs. 1 der Madrider Übereinkunft betr. die
internationale Eintragung der Fabrik- oder Handelsmarken (Fassung von
London 1934) geniessen die im internationalen Register eingetragenen
Marken der Klägerin in der Schweiz den gleichen Schutz, wie wenn sie
unmittelbar im schweizerischen Register eingetragen worden wären.

Erwägung 2

    2.- Da die Zeichen beider Parteien für Waren bestimmt sind, die nicht
gänzlich voneinander abweichen, hat gemäss Art. 6 MSchG die Marke des
Beklagten nur Bestand, wenn sie sich von der bereits früher eingetragenen
Marke der Klägerin durch wesentliche Merkmale unterscheidet und als Ganzes
betrachtet nicht leicht zu einer Verwechslung Anlass geben kann.

    Die Vorinstanz hat eine genügende Unterscheidbarkeit der Marken der
Parteien verneint. Mit der Berufung hält der Beklagte daran fest, dass
eine Verwechslungsgefahr nicht bestehe.

Erwägung 3

    3.- Gegen die Verwechselbarkeit soll nach der Ansicht des Beklagten
einmal sprechen, dass die Wortstämme "flor" und "Fel" nichts Gemeinsames
hätten.

    Dem kann nicht beigepflichtet werden. Beide Wortstämme beginnen mit
dem Buchstaben f, dem an zweiter bezw. dritter Stelle ein l folgt. Die
Verbindung dieser beiden Konsonanten gibt den beiden Wortstämmen das
Gepräge. Der Vokal, der für den Wortklang in der Regel entscheidende
Bedeutung hat, ist allerdings verschieden. Die Wirkung dieses Unterschiedes
wird aber dadurch vermindert, dass in beiden Marken der Wortstamm unbetont
ist. Vor allem aber müssen für die Beurteilung der Verwechselbarkeit die
in Frage stehenden Marken als Ganzes betrachtet werden, weil es auf den
Gesamteindruck ankommt (BGE 87 II 36 und dort erwähnte Entscheide).

    Im vorliegenden Falle weisen die beiden Marken neben dem Wortstamm
noch den Zusatz "- ina" auf. Dadurch wird die Ähnlichkeit der beiden
Marken erheblich verstärkt, vor allem auch wegen der Übereinstimmung in
der Betonung des Buchstabens i. Aber nicht nur im Wortklang, sondern auch
im Schriftbild bewirkt die gemeinsame Endung eine starke Annäherung. Die
Marke "florina" zählt 7 Buchstaben, die Marke "Felina" deren 6; 5 von
ihnen sind beiden Marken gemeinsam. Der Verschiedenheit des Druckes ist
bei Wortmarken keine grosse Bedeutung beizumessen (BGE 84 II 316 und
dort erwähnte Entscheidungen). Ebenso ist unerheblich, dass "Felina"
als reine Phantasiebildung erscheint, während bei der Marke "florina"
der Wortstamm den Gedanken an etwas Blumenhaftes oder an die Stoffart
Flor hervorrufen kann. Denn diese Annäherung an einen Sinngehalt ist zu
schwach und zu unbestimmt, als dass er gegenüber dem ähnlichen Klang-
und Wortbild ins Gewicht zu fallen vermöchte.

    Man könnte sich nun allerdings fragen, ob bei der Beurteilung der
Verwechselbarkeit der beiden Marken der Endung "-ina" das gleiche Gewicht
beigelegt werden dürfe wie dem Wortstamm. Der Beklagte bestreitet dies
unter Hinweis auf die Feststellung der Vorinstanz, dass die Endung "-ina"
in der Branche häufig anzutreffen sei.

    Die Wahl einer nicht sehr unterscheidungskräftigen Endung könnte jedoch
nur dann von ausschlaggebender Bedeutung sein, wenn die Verwechslungsgefahr
ausschliesslich durch sie geschaffen würde. Das trifft im vorliegenden Fall
nicht zu. Gewiss ist die Gleichheit der Endung von Einfluss auf die Grösse
der Verwechslungsgefahr. Aber diese besteht, wie dargelegt wurde, schon
beim Wortstamm und wird durch die gemeinsame Endung nur noch verschärft.

Erwägung 4

    4.- Der Beklagte wendet ein, die Unterscheidbarkeit der beiden
Marken werde dadurch erhöht, dass seine Marke den Zusatz "die Feinwäsche
für Sie" aufweise. Wie jedoch die Vorinstanz mit Recht erklärt, wird
der Gesamteindruck einer Marke vorwiegend durch den Hauptbestandteil
bestimmt, da dieser in die Augen springt, während reklamehafte Zusätze
schon wegen ihrer Länge weniger im Gedächtnis haften bleiben und darum
von untergeordneter Bedeutung sind.

Erwägung 5

    5.- Der Beklagte wendet sich weiter gegen die Feststellung der
Vorinstanz, die Käufer der Waren beider Parteien rekrutierten sich aus
der breiten Masse des Volkes, also hauptsächlich aus Leuten, die subtilen
Unterschieden der Marken einfacher Gebrauchsartikel keine besondere
Beachtung schenkten, weshalb an die Unterscheidbarkeit hohe Anforderungen
zu stellen seien.

    Demgegenüber macht der Beklagte geltend, dass die Käuferinnen von
Feinwäsche heikel und durchaus in der Lage seien, dem Verkäufer ihre
Wünsche genau zu umschreiben. Da für andere Textilprodukte dieser Art
ähnliche Marken existierten, werde das Publikum veranlasst, die einzelnen
Marken mit vermehrter Aufmerksamkeit zu betrachten.

    Die Vorinstanz hat die vom Beklagten angefochtene Feststellung
nicht auf Grund von Beweiserhebungen getroffen, sondern sich von der
allgemeinen Lebenserfahrung leiten lassen. Schlussfolgerungen, die sich
auf diese stützen, sind nach ständiger Rechtsprechung vom Bundesgericht
frei überprüfbar (BGE 69 II 204 ff. Erw. 5). Es besteht jedoch kein Anlass,
im vorliegenden Falle von der Auffassung der Vorinstanz abzuweichen. Denn
erfahrungsgemäss werden im allgemeinen Gebrauchsartikel der hier in Frage
stehenden Art ohne grosse Aufmerksamkeit erstanden, weshalb die Mehrheit
der Käuferschaft verhältnismässig leicht der irrtümlichen Annahme zum
Opfer fallen dürfte, eine ihr angebotene Ware sei von der gewünschten
Marke. Die Vorinstanz hat daher mit Recht an die Unterscheidbarkeit der
zu vergleichenden Marken einen strengen Masstab angelegt, zumal ja der
Käufer die Marken in der Regel nicht nebeneinander sieht, sondern auf
das Erinnerungsbild abstellen muss, das er von der einen Marke hat (BGE
87 II 37 und dort erwähnte Entscheide).

Erwägung 6

    6.- Der Beklagte behauptet schliesslich, der angefochtene Entscheid
stehe mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht im Einklang, weil
die hier einander gegenüberstehenden Marken nicht den gleichen Wortstamm
hätten. Das Bundesgericht hat jedoch schon wiederholt Verwechslungsgefahr
angenommen bei Marken, deren Wortstamm zwar an sich verschieden, aber
doch so ähnlich war, dass dem jüngeren Zeichen als Ganzes genommen die
unterscheidende Kraft fehlte (vgl. BGE 36 II 428: Honneur-Bonheur; 47 II
363: Glygis-Hygis; 52 II 166: Coro-Hero; 55 II 155: Valvoline-Havoline;
70 II 189: Figor-Cafidor). Der Entscheid der Vorinstanz hält sich in
dem durch diese Rechtsprechung gezogenen Rahmen und kann daher nicht
beanstandet werden.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantons
Basel-Landschaft vom 31. August 1962 bestätigt.