Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 88 II 341



88 II 341

47. Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. Oktober 1962 i.S. Esteve Hermanos
SA de C. V. gegen Bank Hofmann

AG Regeste

    Art. 1OR. Auslegung von Bedingungen eines Akkreditivs, besonders im
Hinblick auf Art. 9, 10 Abs. 2 und 20 der "Einheitlichen Richtlinien und
Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive" der Internationalen Handelskammer.

Sachverhalt

    A.- Die Gesellschaft Boden & Haac in Bremen kaufte der Firma Esteve
Hermanos SA de C.V. in Matamoros (Mexico) Baumwolle ab und wies die Bank
Hofmann AG in Zürich an, die Verkäuferin zur Deckung des Kaufpreises von
600 Ballen zu akkreditieren. Die Bank Hofmann AG liess der Firma Esteve
Hermanos das bis 15. Oktober 1958 gültige unwiderrufliche Akkreditiv
für ungefähr US-Dollar 90'000. - am 19. August 1958 durch die Bank of
America anzeigen. Die Urkunden, gegen deren Übergabe die Bank Hofmann
AG leisten sollte, wurden von dieser wie folgt umschrieben (aus dem
Englischen übersetzt):

    "Unterzeichnete Handelsrechnungen in 3 Kopien.

    2. Bestätigung von Wilkens & Company, Inc., Memphis/Tenn., wonach
festgestellt wird, dass die Verschiffung ungefähr Mitte September 1958 in
Übereinstimmung mit den Ihnen durch Herrn Carl Eduard Albrecht von Wilkens
& Company, Inc., Memphis/Tenn. zu gebenden Anordnungen stattgefunden hat.

    3. Voller Satz umsetzbarer an Order ausgestellter blanko indossierter
reiner Bordkonnossemente. Alte Konnossemente annehmbar."

    Die Mitteilung der Bank of America enthielt die vorgedruckte Bemerkung
(übersetzt):

    "Wenn nicht ausdrücklich anders bestimmt wird, ist dieser Kredit den
vom dreizehnten Kongress der Internationalen Handelskammer aufgestellten
,Einheitlichen Richtlinien und Gebräuchen für Dokumenten-Akkreditive'
unterworfen."

    Die Firma Esteve Hermanos SA de C.V. liess der Bank Hofmann AG nach
der Verschiffung von zwei Posten zu je 300 Ballen Baumwolle die folgenden
Urkunden vorlegen:

    1. die unterzeichneten Rechnungen Nr. 434 und 435 vom 22. September
1958, lautend auf US-Dollar 48'780.56 bzw. 48'813.48 in je drei Exemplaren;

    2. für jeden Posten eine Erklärung von Wilkens & Company Inc. vom
5. September 1958, wonach die Baumwolle nach den Instruktionen des
Carl Eduard Albrecht von dieser Gesellschaft mit dem Dampfer "Ernst
Blumenfeld" ungefähr zweite Hälfte September von Brownsville nach Bremen
zu verschiffen sei und die Klägerin bei Einhaltung dieser Anordnung die
Akkreditivbedingungen erfüllt habe;

    3. zwei volle Sätze Konnossemente vom 22. September 1958 über die
Verladung von je 300 Ballen Baumwolle auf den Dampfer "Ernst Blumenfeld"
unter Charterpartie.

    Die Bank Hofmann AG wies diese Urkunden als mit den Bedingungen
des Akkreditivs nicht übereinstimmend zurück und lehnte die Zahlung der
Rechnungen ab.

    Über das Vermögen der Gesellschaft Boden & Haac war inzwischen der
Konkurs eröffnet worden. Die Firma Esteve Hermanos SA de C.V. verkaufte
die in Bremen eingetroffene Ware anderweitig. Sie behauptet, der Erlös
liege um US-Dollar 25'341.05 unter der Summe ihrer Rechnungen, der Zinsen,
Fracht-, Entlade-, Transport- und Lagergebühren.

    B.- Die Firma Esteve Hermanos SA de C.V. klagte beim Handelsgericht
des Kantons Zürich gegen die Bank Hofmann AG auf Verurteilung zur Zahlung
von US-Dollar 25'341.05 nebst Zins.

    Das Handelsgericht wies am 10. April 1961 die Klage ab. Es kam zum
Schluss, die Urkunden, welche die Klägerin der Beklagten einreichen
liess, entsprächen hinsichtlich des Tages der Verschiffung der Ware den
Bedingungen des Akkreditivs nicht. Die Verschiffung am 22. September 1958
sei nicht "ungefähr Mitte September", sondern verspätet erfolgt. Das
Handelsgericht liess offen, ob die Beklagte die Urkunden auch wegen
anderer Unstimmigkeiten habe zurückweisen dürfen.

    Auf Berufung der Klägerin hob das Bundesgericht dieses Urteil
am 5. Dezember 1961 auf und wies die Sache zu neuer Beurteilung
an das Handelsgericht zurück (BGE 87 II 234). Es entschied, die
Akkreditivbedingung "Verschiffung ungefähr Mitte September 1958" sei
eingehalten worden. Dem Handelsgericht blieb vorbehalten, zu beurteilen,
ob die Klägerin die anderen Bedingungen des Akkreditivs erfüllt habe,
und allenfalls den Umfang der Verpflichtungen der Beklagten zu bestimmen.

    Am 18. Januar 1962 wies das Handelsgericht die Klage wiederum
ab. Es begründete diesen Entscheid damit, die "Ernst Blumenfeld"
sei als Charterschiff benützt worden. Konnossemente eines solchen
brauchten nach Art. 20 der "Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche
für Dokumenten-Akkreditive" von der Akkreditivbank mangels besonderer
Anweisung nicht angenommen zu werden. Dass Albrecht die Verschiffung
auf die "Ernst Blumenfeld" angeordnet habe, könne der Beklagten nicht
entgegengehalten werden. Ferner seien die Bestätigungen von Wilkens
& Company, Inc., wonach die Baumwolle nach den Weisungen Albrechts
"ungefähr zweite Hälfte September" zu verschiffen sei, keinesfalls im
Sinne des Art. 9 der "Richtlinien" äusserlich in Ordnung gewesen; sie
hätten die Verschiffung "ungefähr Mitte September" feststellen müssen,
um der Akkreditivbedingung 2 zu entsprechen.

    C.- Die Klägerin hat die Berufung erklärt. Sie beantragt, das Urteil
des Handelsgerichts aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der
Klägerin US-Dollar 25'341.05 nebst 5% Zins seit 21. Januar 1959 zu zahlen,
eventuell möge das Bundesgericht die Sache zu neuer Beurteilung an die
Vorinstanz zurückweisen.

    Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Erklärungen von Wilkens & Company, Inc. vom 5. September
1958 haben nicht den von der Beklagten gemäss Akkreditivbedingung 2
verlangten Inhalt. Sie stellen nicht fest, dass die Baumwolle tatsächlich
verschifft worden sei, und zwar "ungefähr Mitte September 1958" und
nach den Weisungen Albrechts von Wilkens & Company, Inc. Sie sagen nur,
was Albrecht hinsichtlich der Verschiffung angeordnet habe, und dass bei
Einhaltung dieser Anordnungen die Akkreditivbedingungen erfüllt seien.

    Diese Abweichung enthebt jedoch die Beklagte der Zahlungspflicht
nicht. Art. 9 der "Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für
Dokumenten-Akkreditive" bestimmt zwar, die Banken müssten alle Dokumente
und Schriftstücke sorgfältig prüfen, um sich zu vergewissern, dass die
"äusserlich in Ordnung" seien. Art. 10 Abs. 2 sodann sagt, was die
Bank zu tun habe, "wenn die Dokumente äusserlich nicht den Bedingungen
des Akkreditivs entsprechen". Mit dem Erfordernis, dass die Dokumente
"äusserlich" in Ordnung sein, bzw. "äusserlich" den Bedingungen des
Akkreditivs entsprechen müssten, ist jedoch nichts darüber gesagt, wie
die Bedingungen des Akkreditivs auszulegen seien. Namentlich heisst das
nicht, sie müssten wörtlich, formalistisch ausgelegt werden, und zwar
jede für sich allein, unbekümmert um die andern. Akkreditivbedingungen
sind Vertragsinhalt. Ihr Sinn ist wie der Inhalt aller Verträge im
Lichte von Treu und Glauben zu ermitteln, unter Würdigung ihres Zweckes
und des Zusammenhanges, in dem sie stehen. Das gilt besonders auch für
Akkreditivbedingungen, die bestimmte "Bestätigungen" verlangen. Solche
werden in der Regel nicht um ihrer selbst willen begehrt, sondern
sollen der Akkreditivbank bestimmte Tatsachen zur Kenntnis bringen
und beweisen. Welche Tatsachen das sind, kann nicht den Worten einer
einzelnen Bestimmung entnommen, sondern nur in Würdigung der Gesamtheit
der Bedingungen entschieden werden.

    Im vorliegenden Falle ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte nicht
nur die in Akkreditivbedingung 2 genannte Bestätigung, sondern auch die in
Bedingung 3 beschriebenen Bordkonnossemente verlangt hat. Beide Parteien
mussten sich sagen, dass diese nicht nur die Tatsache der Verladung "an
Bord", d.h. die Verschiffung, sondern auch deren Zeitpunkt beweisen würden,
bestimmen doch die zum Vertragsinhalt gehörenden "Richtlinien" in Art. 16
und 23, welche Zeitangabe im Konnossement, besonders im Bordkonnossement,
als Tag der Verschiffung zu gelten habe. Die Bestätigung von Wilkens &
Company, Inc. gemäss Akkreditivbedingung 2 konnte also nicht bestimmt
sein, der Beklagten die Tatsache der Verschiffung und deren Zeitpunkt zu
beweisen, sondern sollte ihr nur zu prüfen ermöglichen, ob die Verschiffung
den Weisungen Albrechts entspreche, soweit die Akkreditivbedingungen und
die zum Vertragsinhalt gehörenden "Richtlinien" ihm überhaupt die Freiheit
liessen, Anordnungen über die Verschiffung zu treffen.

    Was deren Zeitpunkt betrifft, ging die von der Beklagten
selber aufgestellte Bedingung "ungefähr Mitte September 1958"
allfälligen abweichenden Weisungen Albrechts vor. Albrecht konnte
nicht zum Nachteil der Beklagten Verschiffung "ungefähr zweite Hälfte
September 1958" verlangen. Folglich ist bedeutungslos, dass Wilkens &
Company, Inc. erklärte, die Akkreditivbedingungen seien erfüllt, wenn
die Baumwolle nach den Instruktionen Albrechts ungefähr zweite Hälfte
September verschifft werde. Diese Zeitangabe hat als nicht geschrieben
zu gelten. An den Erklärungen von Wilkens & Company, Inc. vom 5. September
1958 bleibt nur von Bedeutung, dass Albrecht die Verladung auf den Dampfer
"Ernst Blumenfeld" für die Überfahrt von Brownsville nach Bremen angeordnet
hatte und auf zulässige weitere Weisungen verzichtete, wie der Satz, bei
Einhaltung dieser Anordnungen seien die Akkreditivbedingungen erfüllt,
schliessen lässt. Dass die Baumwolle tatsächlich auf diesen Dampfer
verladen worden war, und zwar am 22. September 1958, um von Brownsville
nach Bremen geschifft zu werden, konnte die Beklagte den Bordkonnossementen
entnehmen. Dass der 22. September 1958 innerhalb der Frist "ungefähr Mitte
September 1958" lag, hat das Bundesgericht am 5. Dezember 1961 verbindlich
entschieden, und dass der Weg Brownsville-Bremen den Akkreditivbedingungen
widersprochen habe, macht die Beklagte nicht geltend. Zu entscheiden bleibt
nur, ob die Beklagte sich die Benützung des Dampfers "Ernst Blumenfeld",
weil sie von Albrecht angeordnet wurde, gefallen lassen musste.

Erwägung 2

    2.- a) Wie das Bundesgericht im Urteil vom 5. Dezember 1961 ausgeführt
hat, wurden die Bestimmungen der "Richtlinien" durch die Verweisung in der
Erklärung der Bank of America vom 19. August 1958 zum Vertragsinhalt. Daher
gilt für das Verhältnis unter den Parteien Art. 20 der "Richtlinien",
dessen zweiter Satz lautet: "Konnossemente, die unter Charterpartie
ausgestellt und deren Bedingungen unterworfen sind, werden nur bei
besonderer diesbezüglicher Anweisung aufgenommen."

    Der Klägerin ist nicht beizupflichten, wenn sie sagt, die
Akkreditivbedingung 2 gehe als "engere Norm" den nur kraft einer
Verweisung als Vertragsrecht geltenden "Richtlinien" vor. Beide
Bestimmungen, Akkreditivbedingung 2 und Art. 20 der "Richtlinien",
sind Vertragsrecht. Beide haben nebeneinander Platz. Anders verhielte
es sich nur, wenn jene dem Art. 20 der "Richtlinien" widerspräche,
d.h. schlechterdings nicht anders verstanden werden könnte, als dass sie
Verschiffung unter Charterpartie gestatte. Das sagt sie aber nicht, sondern
sie spricht einfach von Anordnungen Albrechts über die Verschiffung.
Für eine Verladung der Ware nach Weisungen Albrechts blieb reichlich Raum,
auch wenn gemäss Art. 20 der "Richtlinien" Verladung unter Charterpartie
als unzulässig ausgenommen wird.

    b) Fragen kann sich nur, ob die Beklagte in den Akkreditivbedingungen
die Verschiffung unter Charterpartie durch "eine besondere diesbezügliche
Anweisung" im Sinne des Art. 20 der "Richtlinien" zugelassen hat.

    Das Handelsgericht stellt in tatsächlicher Hinsicht und daher für
das Bundesgericht verbindlich fest, dass Sonderanweisungen über die
Zulässigkeit von Konnossementen eines Charterschiffes üblicherweise durch
die Klausel "Charter Party acceptable" ausgedrückt werden. Das Fehlen
dieser Klausel spricht deshalb gegen die Zulässigkeit der Verschiffung
unter Charterpartie, umsomehr als diese im Akkreditivgeschäft ohnehin nur
ausnahmsweise vorkommt (OBRIST, Das Warenakkreditiv, Zürich 1950 S. 69).

    Dieser Schluss ist freilich nicht zwingend. Es ist der Klägerin
zuzugeben, dass die Verschiffung unter Charterpartie durch irgendwelche
Wendung zugelassen werden konnte, und zwar nicht nur durch entsprechende
Fassung der die Konnossemente betreffenden Akkreditivbedingung 3,
sondern auch unter.Akkreditivbedingung 2, auf welche die Klägerin sich
beruft. Diese Bestimmung äussert sich aber über die Zulässigkeit der
Charterpartie nicht, sondern spricht nur allgemein von Weisungen, die
Albrecht über die Verschiffung zu erteilen habe. Sie hat nicht den Sinn,
Albrecht dürfe hinsichtlich der Verschiffung alles Beliebige anordnen,
auch wenn es dem Inhalt des Vertrages, z.B. dem Art. 20 der "Richtlinien",
widerspreche. Albrecht konnte die Art der Verschiffung nur bestimmen,
soweit sie nicht vertraglich geregelt war.

    Der Einwand der Klägerin, die Konnossemente hätten selbstverständlich
unter Charterpartie ausgestellt werden müssen, wenn die Beklagte selber die
Verschiffung auf die "Ernst Blumenfeld" verlangt hätte, hilft nicht. Was
die Beklagte tun durfte, war nicht ohne weiteres auch Albrecht zu tun
ermächtigt. Indem die Beklagte die "Richtlinien" als anwendbar erklärte,
bedang sie Verschiffung unter Charterpartie weg. Davon hätte Albrecht
nur abweichen dürfen, wenn sie ihn bevollmächtigt hätte, den Vertrag
abzuändern. Eine dahin gehende Vollmacht lag in der Akkreditivbedingung
2 nicht, und dass sie durch eine andere Willensäusserung der Beklagten
erteilt worden sei, hat die Klägerin nicht behauptet.

    Dass in der Befugnis Albrechts, Anordnungen über die Verschiffung
zu treffen, das Recht eingeschlossen war, das Schiff zu bezeichnen,
ist richtig, ändert aber nichts. Albrecht durfte Verladung auf
ein Linienschiff, nicht auch auf ein Charterschiff, anordnen. Die
Beklagte hat die Klägerin nicht "vorbehaltlos angewiesen, auf das
von Albrecht zu bezeichnende Schiff zu verladen", wie die Klägerin
sagt. Akkreditivbedingung 2 darf nicht aus dem Zusammenhang herausgenommen
und für sich allein betrachtet werden; sie steht im Rahmen des ganzen
Vertrages, also unter anderem neben Art. 20 der "Richtlinien", der
deutlich den Vorbehalt macht, dass Konnossemente unter Charterpartie
mangels besonderer Anweisung nicht angenommen zu werden brauchen.

    Ebensowenig hilft der Einwand, die Befugnis Albrechts zur Bezeichnung
des Schiffes könne durch Art. 20 der "Richtlinien" nicht beschränkt sein,
weil die Klägerin sonst die Bedingungen des Akkreditivs nicht hätte
erfüllen können, sie aber vernünftigerweise habe annehmen dürfen, die
Beklagte stelle nicht unerfüllbare Bedingungen. Schon objektiv kann von
Unerfüllbarkeit nicht die Rede sein. Die Klägerin behauptet nicht, es habe
ungefähr Mitte September 1958 kein Linienschiff zur Verfügung gestanden
oder sie habe Albrecht unter Hinweis auf Art. 20 der "Richtlinien"
erfolglos ersucht, Verladung auf ein solches zu gestatten. Aber
selbst unter der einen oder anderen Voraussetzung hätte die Klägerin
die Akkreditivbedingungen nicht im Sinne ihrer Auffassung auslegen
dürfen. Sie musste sich sagen, die Unmöglichkeit der Verladung auf ein
Linienschiff oder die Weigerung Albrechts, ein solches zu bezeichnen, sei
der Beklagten nicht bekannt gewesen, als diese die Akkreditivbedingungen
aufstellte. Ohne diese Kenntnis seitens der Beklagten durfte die Klägerin
nicht unterstellen, jene habe Verladung auf ein Charterschiff gestatten
wollen. Sie durfte das umsoweniger voraussetzen, als es sie nur wenig Mühe
gekostet hätte, die Beklagte anzufragen, wie die Akkreditivbedingungen
angesichts der Unmöglichkeit der Verladung auf ein Linienschiff zu
verstehen seien. Sollen Akkreditivbedingungen Sinn haben, so muss der
Akkreditierte sich sagen, dass die Akkreditivbank an ihnen auch dann
festhalten wolle, wenn er sie nicht oder nur mit Mühe erfüllen kann. Er
darf sie nicht eigenmächtig umdeuten, bloss weil es ihm nicht möglich
ist oder schwer fällt, sie zu erfüllen.

    Die Klägerin macht geltend, es sei zum mindesten unklar, ob die
Akkreditivbedingungen gestatten wollten, dass Albrecht die Lieferung an
Bord eines Charterschiffes verlange; daher müsse zu Ungunsten der Beklagten
entschieden werden, die diese Bedingungen abgefasst habe. Doch auch hierin
ist der Klägerin nicht beizupflichten. Art. 20 der "Richtlinien" schliesst
die Verschiffung unter Charterpartie unmissverständlich aus. Zulässig wäre
sie nur, wenn die Akkreditivbedingungen eine besondere diesbezügliche
Anweisung enthielten. Das trifft, wie gesagt, nicht zu. Dass Albrecht
Anordnungen über die Verschiffung zu erteilen hatte, durfte von der
Klägerin nicht dahin verstanden werden, er könne Verladung auf ein
Charterschiff verlangen. Das ist klar. Es bleibt daher kein Raum für den
in der Rechtsprechung anerkannten Satz, dass mehrdeutige Bestimmungen eines
Vertrages zu Ungunsten jener Partei auszulegen sind, die sie verfasst hat.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des
Kantons Zürich vom 18. Januar 1962 bestätigt.