Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 88 II 18



88 II 18

4. Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. Januar 1962 i.S. Konkursmasse
Silkbryner A. G. gegen Tamborini. Regeste

    Art. 165 OR. Abtretung oder blosses Versprechen der Abtretung?

    Art.2ZGB. Ist es rechtsmissbräuchlich, wenn die Konkursverwaltung
sich auf den Formmangel einer Abtretungserklärung beruft, die der
Gemeinschuldner seinem Schuldner vor der Konkurseröffnung bestätigte?

    Art.213 Abs.2Ziff. 1 SchKG. Wann entsteht die Schadenersatzforderung,
die der zu Unrecht an einen Dritten zahlende Schuldner daraus ableitet,
dass der Gläubiger ihm bestätigte, er habe die Forderung an den Dritten
abgetreten?

Sachverhalt

    A.- Die Silkbryner AG lieferte der aus Jean Tamborini und einem zweiten
Gesellschafter bestehenden Kollektivgesellschaft Tamborini & Co. Stoffe und
stellte ihr dafür in den Monaten Januar bis März 1958 Rechnungen zu. Am
25. März 1958 schrieb die Seidenweberei Amden AG der Firma Tamborini &
Co., die Silkbryner AG habe ihr bestimmte Forderungen abgetreten, die
Gegenstand dieser Rechnungen bildeten. In einem Schreiben vom 26. März
1958 an Tamborini & Co. behauptete auch die Firma Appenzeller-Herzog &
Co., bestimmte Forderungen der Silkbryner AG gegen Tamborini & Co. seien
durch Abtretung auf sie übergegangen und könnten nur noch durch Zahlung an
sie getilgt werden. Kurt Bryner, einziger Verwaltungsrat der Silkbryner
AG, bestätigte dem Jean Tamborini mündlich, die Abtretungen an die
Seidenweberei Amden AG und die Firma Appenzeller-Herzog & Co. seien
erfolgt.

    Am 28. Mai 1958 geriet die Silkbryner AG in Konkurs. Dessen Eröffnung
wurde am 4. Juni 1958 im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlicht,
nachdem sie am Vortage schon im Tagblatt der Stadt Zürich bekanntgegeben
worden war.

    Die Firma Tamborini & Co. zahlte im Glauben, die Forderungen der
Silkbryner AG gegen sie seien durch Abtretung auf die Seidenweberei
Amden AG bzw. die Firma Appenzeller-Herzog & Co. übergegangen, am
4. Juni, 9. Juni, 30. September und 1. Oktober 1958 an die Schweizerische
Bankgesellschaft als durch Abtretung ausgewiesene Rechtsnachfolgerin der
Seidenweberei Amden AG Fr. 7992.-- und am 9. Juni und 5. Juli 1958 an
die Firma Appenzeller-Herzog & Co. Fr. 3442.45.

    Die Verwaltung der Konkursmasse der Silkbryner AG bestritt, dass die
Forderungen der Gemeinschuldnerin gegen Tamborini & Co. rechtsgültig an die
Seidenweberei Amden AG und die Firma Appenzeller-Herzog & Co. abgetreten
worden seien. Sie klagte anfangs 1961 gegen Jean Tamborini, der seit
Februar 1960 das Geschäft der Firma Tamborini & Co. allein fortsetzt,
namens der Masse auf Zahlung von Fr. 11'434.45 nebst 5% Zins seit
28. Mai 1958.

    B.- Das Handelsgericht des Kantons Zürich wies die Klage am
6. September 1961 ab. Es kam zum Schluss, zwei Briefe der Silkbryner AG an
die Seidenweberei Amden AG vom 13. und 21. März 1958 seien als schriftliche
Abtretungserklärungen auszulegen. Bryner habe als Zeuge glaubwürdig
bestätigt, dass der in diesen Schreiben ausgedrückte Abtretungswille
auch tatsächlich bestanden habe. Dagegen lägen schriftliche Erklärungen
über Abtretungen an die Firma Appenzeller-Herzog & Co. nicht vor, und
Bryner sage aus, er habe dieser Firma solche nicht abgegeben. Da jedoch
Bryner dem Beklagten auf dessen besondere Anfragen hin das Vorliegen
ordnungsmässiger Abtretungen jeweils höchst fahrlässig bestätigt habe,
sei es rechtsmissbräuchlich, dass die Klägerin nunmehr Zahlung an sie
verlange, nachdem Tamborini & Co. gutgläubig an die als Abtretungsgläubiger
Bezeichneten gezahlt habe. Im Falle der Seidenweberei Amden AG komme noch
dazu, dass die Silkbryner AG die Abtretung mit 70% habe bevorschussen
lassen, den grössten Teil der Gegenleistung für die Abtretung also erhalten
habe. Übrigens ständen dem Beklagten in der Höhe der geleisteten Zahlungen
gegen die Klägerin Schadenersatzforderungen zu, weil Bryner durch die
mündliche Bestätigung der Abtretungen schuldhaft gehandelt habe. Die
Klage müsste daher auch auf Grund der Verrechnungseinrede des Beklagten
abgewiesen werden.

    C.- Die Klägerin hat die Berufung erklärt. Sie beantragt dem
Bundesgericht, das Urteil des Handelsgerichtes aufzuheben und die
Klage gutzuheissen, eventuell die Sache zur Ergänzung der Akten und zur
Neubeurteilung zurückzuweisen.

    Der Beklagte beantragt Abweisung der Berufung.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Abtretung bedarf zu ihrer Gültigkeit der Schriftlichkeit
(Art. 165 Abs. 1 OR). Die in dieser Form abgegebene Erklärung braucht
nicht als Abtretung bezeichnet zu werden. Es genügt, wenn ihr der Wille,
die Forderung mit der Unterzeichnung und Übergabe der Erklärung auf den
Abtretungsgläubiger zu übertragen, durch Auslegung entnommen werden
kann. Davon sind Äusserungen zu unterscheiden, in denen zwar von der
Abtretung die Rede ist, denen aber der Empfänger nach Treu und Glauben
nicht entnehmen darf oder tatsächlich nicht entnimmt, der Gläubiger
betrachte die Abtretung mit der Äusserung als vollzogen. Selbst wenn
die Willensäusserung die förmliche Verpflichtung enthält, die Abtretung
vorzunehmen, kann sie dieser nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden. Das
ergibt sich aus Art. 165 Abs. 2 OR.

Erwägung 2

    2.- Das Schreiben der Silkbryner AG an die Seidenweberei Amden AG
vom 13. März 1958 beginnt mit den Worten: "Wie besprochen senden wir
Ihnen per Express folgende Zessionen: Tamborini 872.85..." Da sich
aus dem Schreiben nicht ergibt, ob andere Schriftstücke es begleiten
oder ob ihm solche "per Express" vorauseilen oder nachfolgen sollten,
lässt dieser Satz zweifeln, ob die Verfasserin die "Zessionen" in diesem
Schreiben selber erblickte oder vielmehr in Erklärungen, die sie neben
ihm abzugeben beabsichtigte. Die Zweifel werden durch das Schreiben
vom 21. März 1958, in dem die im Briefe vom 13. März 1958 aufgezählten
"Zessionen" wieder erwähnt sind, nicht beseitigt. Der erste Absatz des
Schreibens vom 21. März 1958 lautet:

    "Abredungsgemäss senden wir Ihnen in der Beilage eine Zession auf die
Firma J. Tamborini & Co. Zürich im Betrage von Fr. 5698.95 als Ersatz für
die Zession Kirschner. Zusammen mit den Zessionen Tamborini Fr. 872.85
vom 13.3 ....... erhalten Sie somit total Fr. 8933.30."

    In bezug auf die hier erstmals erwähnte Abtretung einer Forderung
gegen Tamborini & Co. von Fr. 5698.95 ergibt sich aus dieser Stelle,
dass die Silkbryner AG die Abtretungserklärung dem Schreiben angeblìch
beilegte. Die Gläubigerin fasste also nicht das Schreiben selbst als
Abtretungserklärung auf.

    Die Seidenweberei Amden AG ihrerseits erblickte die
Abtretungserklärungen nicht in den Briefen vom 13. und 21. März 1958. Als
sie der Firma Tamborini & Co. am 25. März 1958 schrieb, die Silkbryner
AG habe ihr neuerdings Forderungen abgetreten, fügte sie bei: "Wir werden
Ihnen in den nächsten Tagen durch unsern Notar eine Abtretungs-Erklärung
seitens der Firma Silkbryner AG verschaffen." Am Fusse des Schreibens
vermerkte sie: "Beilagen: Fakturen vom 28/2/58 und 20/3/58, wie sie uns
von der Firma Silkbryner als Zession abgetreten wurden." Sie verstand
also unter den "Zessionen" vorläufig die Doppel der Rechnungen und war der
Ansicht, ihr Notar werde erst in der Folge die Abtretungserklärung erhalten
und der Schuldnerin davon eine Ausfertigung oder Abschrift zusenden.

    Daher können die Briefe der Silkbryner AG vom 13.  und 21. März 1958
nicht als Abtretungserklärungen ausgelegt werden. Das dürfte höchstens
geschehen, wenn die Seidenweberei Amden AG sie selber als das aufgefasst
hätte. Das Gesetz verlangt die Schriftlichkeit der Abtretung aus Gründen
der Rechtssicherheit. Damit verträgt es sich nicht, eine Äusserung,
die der Empfänger nicht als genügende Abtretung verstand, nachträglich
in eine solche umzudeuten.

    Da weitere schriftliche Erklärungen der Silkbryner AG gegenüber
der Seidenweberei Amden AG, die als Abtretung ausgelegt werden könnten,
nicht abgegeben wurden, gehören somit die Forderungen, welche die Firma
Tamborini & Co. durch die Zahlungen an die Schweizerische Bankgesellschaft
zu tilgen wähnte, noch immer zum Vermögen der Silkbryner AG, über das
nunmehr der Konkurs schwebt.

Erwägung 3

    3.- Das Handelsgericht stellt verbindlich fest, dass in bezug auf
die angeblich auf die Firma Appenzeller-Herzog & Co. übergegangenen
Forderungen die Abtretung seitens der Silkbryner AG nur mündlich erklärt
wurde, unter Übergabe von Rechnungen und Aufstellungen solcher. Dieses
Vorgehen entspricht den Anforderungen der Schriftlichkeit nicht (Art. 13
ff. OR). Auch diese Forderungen stehen daher noch der Klägerin zu.

Erwägung 4

    4.- Die Klägerin macht geltend, die Klage dürfe schon deshalb nicht
in Anwendung der Bestimmung über Rechtsmissbrauch (Art. 2 ZGB) abgewiesen
werden, weil der Beklagte sich nicht auf solchen berufen habe.

    Diese Auffassung hält nicht stand (BGE 78 II 227, 86 II 232,
401). Art. 2 ZGB enthält objektives Recht. Dieses ist vom Richter von
Amtes wegen anzuwenden, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen in
der vom Prozessrecht vorgeschriebenen Weise vorgetragen wurden und
feststehen. Einer besonderen Einrede bedarf es nicht. Wo das Gesetz
gewisse Bestimmungen nicht von Amtes wegen berücksichtigt wissen will,
sagt es das ausdrücklich (Art. 142 OR).

Erwägung 5

    5.- Wie das Bundesgericht wiederholt entschieden hat, liegt ein
Rechtsmissbrauch nicht schon darin, dass eine Partei geltend macht,
ein Rechtsgeschäft sei mangels der vorgeschriebenen Form ungültig. Wer
einen Vertrag wegen Formmangels nicht gelten lassen will, missbraucht das
Recht nur, wenn seine Haltung wegen besonderer, nur den einzelnen Fall
kennzeichnender Umstände offensichtlich gegen Treu und Glauben verstösst
(BGE 53 II 165, 54 II 331, 68 II 236 f., 72 II 41, 78 II 227, 84 II 375,
641, 86 II 262, 401, 87 II 31; vgl. auch BGE 85 II 114 f., 87 II 154). Das
kann z.B. zutreffen, wenn die Partei, die sich auf den Formmangel beruft,
diesen arglistig herbeigeführt hat (vgl. BGE 43 II 24, 54 II 332, 57 II
154, 87 II 32).

    Die Schriftlichkeit der Abtretung dient unter anderem dem Schutze der
Gläubiger des Abtretenden. In deren Interesse soll festgestellt werden
können, ob eine Forderung in einem bestimmten Zeitpunkt zum Vermögen des
Abtretenden gehört oder einem andern zusteht. Daher kann man sich fragen,
ob überhaupt der Abtretungsschuldner der Konkursmasse des "Abtretenden"
gegenüber jemals geltend machen kann, dessen mit der formungültigen
"Abtretung" zusammenhangendes Verhalten verstosse gegen Treu und
Glauben. Der Rechtsmissbrauch müsste doch wohl der die Interessen der
Gläubiger vertretenden Konkursverwaltung vorgeworfen werden können. Es
verhält sich ähnlich, wie wenn der Gemeinschuldner, der sich zur Bestellung
eines Faustpfandes verpflichtete, die Besitzübertragung unterliess. Das
Bundesgericht hat entschieden, die Konkursmasse müsse sich unter allen
Umständen auf den Mangel der Besitzübertragung berufen können (BGE 43
II 24).

    Es braucht indessen zu der Frage nicht abschliessend Stellung
genommen zu werden, da nicht nur der Kon- kursverwaltung, sondern auch
Kurt Bryner als dem einzigen Verwaltungsrat der Silkbryner AG kein
gegen Treu und Glauben verstossendes Verhalten gegenüber dem Beklagten
oder dessen Rechtsvorgängerin vorgeworfen werden kann. Bryner wusste
nicht, dass die Abtretungen ungültig seien, als er sie dem Beklagten
bestätigte. Denn das Handelsgericht stellt verbindlich fest, er habe die
Bestätigung nicht dolos, sondern nur höchst fahrlässig vorgenommen. Von
Arglist kann also keine Rede sein. Blosse Fahrlässigkeit aber, mag
sie auch grob gewesen sein, kann den Vorwurf des Handelns gegen Treu
und Glauben nicht stützen, nicht einmal im Hinblick darauf, dass die
Silkbryner AG von der Seidenweberei Amden AG für die "Abtretung" einer
der umstrittenen Forderungen einen "Vorschuss" von 70% ihres Nennwertes
von Fr. 4420.20 erhalten hat. Hätte Bryner als Kaufmann wissen sollen,
dass Abtretungen nur schriftlich gültig sind, so konnte vom Beklagten
als geschäftsführendem Gesellschafter von Tamborini & Co. gleiche
Rechtskenntnis vorausgesetzt werden. Diesem ist gleiche Fahrlässigkeit
vorzuwerfen. Er hätte besonders vorsichtig sein sollen, denn er musste
wissen, dass er sich der Gefahr doppelter Zahlung aussetze, wenn er
sich nicht schriftliche Abtretungserklärungen vorlegen lasse. Es hätte
ihn nicht viel gekostet, Einsicht in solche zu verlangen. Gegenüber
der Seidenweberei Amden AG hatte er dazu um so mehr Anlass, als er aus
ihrem Schreiben vom 25. März 1958 entnehmen konnte, dass sie noch keine
Abtretungsurkunde besass, aber bereit war, ihm eine solche durch ihren
Notar zu verschaffen. Dass sie das in der Folge nicht tat, hätte ihn
stutzig machen sollen. Die vorinstanzliche Auffassung, die Vorlegung von
Abtretungsurkunden sei nicht üblich, kann dem Beklagten nicht erlauben,
die Folgen eigener Sorglosigkeit mit dem Vorwurf des Rechtmissbrauchs auf
andere abzuwälzen. Vorsicht war auch besonders am Platze, weil Unternehmen,
die ihren Gläubigern Kundenforderungen abtreten, oft finanziell schwach und
nicht vertrauenswürdig sind. Vollends nicht zu verstehen ist, weshalb der
Beklagte nicht durch den Konkurs der Silkbryner AG, der am 3. Juni 1958
im Tagblatt der Stadt Zürich und am folgenden Tage im Schweizerischen
Handelsamtsblatt veröffentlicht wurde, zur Vorsicht bewogen wurde. Zwei
Zahlungen an die Schweizerische Bankgesellschaft nahm er sogar noch vor,
nachdem ihm das Konkursamt am 10. Juli 1958 geschrieben hatte, er dürfe
nur gestützt auf formell einwandfreie Abtretungen mit befreiender Wirkung
an allfällige Abtretungsgläubiger zahlen.

Erwägung 6

    6.- Die Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner, er habe die
Forderung an einen bestimmten Dritten abgetreten, kann unter Umständen als
Auftrag oder Ermächtigung umgedeutet werden, auf Rechnung des Gläubigers
an den Dritten zu zahlen. Wie das Handelsgericht zutreffend ausführt,
kann der Beklagte hieraus jedoch nichts zu seinen Gunsten ableiten, weil
am 28. Mai 1958 über das Vermögen der Silkbryner AG der Konkurs eröffnet
wurde und die Zahlungen der Firma Tamborini & Co. an die Schweizerische
Bankgesellschaft als Abtretungsgläubigerin der Seidenweberei Amden AG
und an die Firma Appenzeller-Herzog & Co. erst später erfolgten. Mit der
Konkurseröffnung erlosch der allfällige Auftrag (Art. 405 OR). Auch eine
blosse Ermächtigung (Anweisung) fiel in diesem Zeitpunkt dahin, da die
Firma Tamborini & Co. die Annahme der Anweisung den Empfängern gegenüber
nicht erklärt hatte (Art. 470 Abs. 3 OR).

Erwägung 7

    7.- Die Klage ist auch nicht deshalb abzuweisen, weil der Beklagte für
den Fall der Verneinung gültiger Abtretungen Anspruch auf Schadenersatz zu
haben glaubt und seine Forderung mit seiner Schuld verrechnen will. Wer
erst nach der Konkurseröffnung Gläubiger des Gemeinschuldners wird,
kann gemäss Art. 213 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG seine Forderung nicht mit
der Gegenforderung der Konkursmasse verrechnen. Diese Bestimmung trifft
hier zu. Die angeblichen Schadenersatzforderungen des Beklagten können
entgegen der Auffassung des Handelsgerichts nicht schon im Zeitpunkt
entstanden sein, als Bryner ihm bestätigte, er habe seine Forderungen
an die Seidenweberei Amden AG und die Firma Appenzeller-Herzog &
Co. abgetreten. Diese Bestätigung hatte nur die Bedeutung eines
tatsächlichen Verhaltens, das später zur Ursache oder Mitursache
der behaupteten Schädigung geworden sein mag. Entscheidend für den
Eintritt des Schadens waren die Zahlungen der Firma Tamborini & Co. an die
Schweizerische Bankgesellschaft und die Firma Appenzeller-Herzog & Co. Erst
mit ihnen konnte die angebliche Schadenersatzforderung entstehen, also erst
nach der Konkurseröffnung, da sie alle nach diesem Zeitpunkt erfolgten.

    Der Hinweis des Handelsgerichts auf JAEGER, Art. 213 SchKG N. 12,
wonach der Zeitpunkt, in dem der Rechtsgrund der Forderung entsteht,
für die Zulässigkeit oder den Ausschluss der Verrechnung massgebend sei,
führt nicht zu einer anderen Würdigung. Der Kommentator äussert sich
an dieser Stelle zum Fall des Art. 213 Abs. 2 Ziff. 2 SchKG und denkt
z.B. an "Schulden, die der Masse gegenüber aus einem vom Gemeinschuldner
vor Konkurseröffnung abgeschlossenen Vertrag entstehen, in den sie nach
Konkurseröffnung eingetreten ist". Dieses Beispiel betrifft eine durch
den Abschluss eines Vertrages entstandene Forderung. Es sagt nichts
darüber, in welchem Zeitpunkt eine auf fahrlässiger Täuschung beruhende
Schadenersatzforderung entsteht, ob schon mit der Irreführung oder erst
wenn der Getäuschte die ihn schädigende Handlung vornimmt.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Handelsgerichts
des Kantons Zürich vom 6. September 1961 aufgehoben und der Beklagte
verpflichtet, der Klägerin Fr. 11'434.45 nebst 5% Zins seit 28. Mai 1958
zu zahlen.