Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 88 III 109



88 III 109

17. Entscheid vom 8. November 1962 i.S. Polimex Trust Reg. Regeste

    Das Widerspruchsverfahren (Art. 106 ff. SchKG) ist (unter Vorbehalt
der für die Lohnpfändung geltenden Ausnahmen) auch dann durchzuführen,
wenn eine gepfändete (oder arrestierte) Forderung von einem Dritten
beansprucht wird (Bestätigung der Praxis).

    Verwirkung dcs Widerspruchsrechts infolge arglistiger Verzögerung
der Anmeldung des Drittanspruchs beim Betreibungsamte.

    Längeres, eine angemessene Überlegungsfrist sehr stark überschreitendes
Zuwarten mit der Anmeldung im Bewusstsein der damit verbundenen Störung
des Vollstreckungsverfahrens begründet den Verdacht der Arglist. Diesen
kann der Dritte nur dadurch abwenden, dass er Tatsachen nennt und glaubhaft
macht, die das Zuwarten als verständlich und mit Treu und Glauben vereinbar
erscheinen lassen.

    Eine Beschwerde und eine Arrestaufhebungsklage, mit denen der
Arrestschuldner die Aufhebung des Arrests nur unter Berufung darauf
verlangt, dass er die arrestierte Forderung einem Dritten abgetreten
habe, bilden für diesen (zumal nach erhaltener Rechtsbelehrung) keinen
beachtlichen Grund dafür, mit der Anmeldung seines Anspruchs beim
Betreibungsamt monatelang zuzuwarten.

Sachverhalt

    A.- Mit Erklärung vom 6. September 1957 übernahm die Firma Schneier
& Co. Nachfolger Dr. Kurt Schleuniger in Zürich die Delcrederehaftung
für die Firma Polimex Trust Reg. in Vaduz, die mit dem polnischen
Nationalunternehmen Rolimpex in Warschau mehrere Kaufverträge abgeschlossen
hatte. Nachdem die Firma Polimex unter Berufung darauf, dass die Firma
Rolimpex ihre Lieferpflichten nur teilweise erfüllt habe, den noch nicht
bezahlten Teil ihrer Kaufpreisschuld mit einer Schadenersatzforderung
gegen die Firma Rolimpex verrechnet hatte, belangte diese Dr. Kurt
Schleuniger und die Firma Dr. Kurt Schleuniger & Co. auf Grund der
Delcredereerklärung vom 6. September 1957 vor einem Schiedsgericht auf
Zahlung des Kaufpreisrests.

    Am 11. Oktober 1960 stellte die Firma Rolimpex eine Urkunde mit
notariell beglaubigten Unterschriften aus, die gemäss amtlich beglaubigter
Übersetzung aus dem Polnischen besagt, dass die Firma Rolimpex "im
Ergebnis der gegenseitigen Verrechnungen" alle ihre Ansprüche gegen die
Firma Schleuniger & Co. und Dr. Schleuniger an die Aktiengesellschaft
"Dynamo, Dom Handlowy Import Eksport AG" in Warschau, ein anderes
polnisches Nationalunternehmen, überweise. Die Firma Dynamo gab dem
Prozessvertreter der Firma Rolimpex, Rechtsanwalt Dr. X in Zürich,
am 19. Oktober 1960 von dieser Abtretung Kenntnis und ersuchte ihn,
ihre Vertretung zu übernehmen. Den Drittschuldnern wurde die Abtretung
einstweilen nicht angezeigt.

    Mit Urteil vom 21. Februar 1961 verpflichtete das Schiedsgericht die
Firma Schleuniger & Co. und Dr. Schleuniger als Solidarschuldner, der
Firma Rolimpex Franken 162'617.90 nebst 5% Zins ab 1. Dezember 1957 sowie
eine Prozessentschädigung von Fr. 6500.-- zu bezahlen. Mit Entscheid vom
4. Oktober 1961 (zugestellt 13. Oktober 1961) wies das Obergericht des
Kantons Zürich eine Nichtigkeitsbeschwerde der Beklagten gegen dieses
Urteil ab.

    B.- Am 20. Oktober 1961 erwirkte die Firma Polimex für eine
Schadenersatzforderung von Fr. 418'558.70 nebst Zins gegen die Firma
Rolimpex beim Audienzrichter des Bezirksgerichtes Zürich gestützt auf Art.
271 Ziff. 4 SchKG einen Arrestbefehl, der als Arrestgegenstand das Guthaben
der Arrestschuldnerin gegen die Firma Schleuniger & Co. und Dr. Schleuniger
im eben erwähnten Betrage (zuzüglich Fr. 3000. - Prozessentschädigung
für das Kassationsverfahren) nannte. Gleichen Tags wurde dieses Guthaben
durch das Betreibungsamt Zürich 6 unter Anzeige an die Drittschuldner
arrestiert (Arrest Nr. 13). Mit Zahlungsbefehl Nr. 7857 vom 6. November
1957 prosequierte die Firma Polimex diesen Arrest.

    C.- Am 15. November 1961 ersuchte Dr. X den Prozessvertreter der
Firma Schleuniger & Co. und des Dr. Schleuniger, Rechtsanwalt Dr. Herold
in Zürich, den der Firma Rolimpex zugesprochenen Betrag zu seinen Handen
an die Schweiz. Kreditanstalt zu zahlen. Am 21. November 1961 teilte
er Dr. Herold u.a. mit, er habe gerüchtweise vernommen, dass die Firma
Polimex gegen die Firma Rolimpex einen Arrest auf die Ansprüche gegen
die Firma Schleuniger & Co. und Dr. Schleuniger zu erwirken gedenke oder
allenfalls schon erwirkt habe; auf diesem Umweg wolle die Firma Polimex
offenbar im Rahmen der Arrestprosequierung eine Art "Wiederaufnahme des
Verfahrens" betreiben; ein solcher Versuch sei vorauszusehen gewesen. Im
Anschluss hieran ersuchte er Dr. Herold, zur Kenntnis zu nehmen und seine
Klientschaft sowie die Firma Polimex darüber zu orientieren, dass sämtliche
Ansprüche der Firma Rolimpex gegen die Firma Schleuniger & Co. und Dr.
Schleuniger seit dem 11. Oktober 1960 nicht mehr der Rolimpex zustünden,
sondern durch Zession auf die Firma Dynamo übergegangen seien, was eine
Arrestierung dieser Forderungen zur Sicherung angeblicher Ansprüche gegen
die Firma Rolimpex ausschliesse. Er legte seinem Schreiben Photokopien
der Abtretungsurkunde sowie des Schreibens der Firma Dynamo an ihn vom 19.
Oktober 1960 und der ihm von dieser Firma gleichzeitig erteilten Vollmacht
bei. - Mit einem vom 20. November 1961 datierten Schreiben brachte
Dr. X die Abtretung an die Dynamo unter Zustellung von Photokopien der
eben erwähnten Urkunden auch der Firma Polimex zur Kenntnis mit dem
Bemerken, dass zufolge dieser Abtretung ein Arrest in Zürich keine
Ansprüche der Firma Rolimpex beschlagen könne und sofort.aufgehoben
werden müsse. Zugleich machte er die Firma Polimex für allen aus dem
Arrest entstehenden Schaden haftbar.

    Mit Zahlungsbefehl Nr. 8386 vom 25. November 1961 leitete die
Firma Dynamo gegen die Firma Schleuniger & Co. gestützt auf das
Schiedsgerichtsurteil und die Abtretung Betreibung für den der Firma
Rolimpex zugesprochenen Betrag ein. Die Betriebene erhob Rechtsvorschlag.

    D.- Am 29. November 1961 ging die Arresturkunde Nr. 13 auf dem
Rechtshilfeweg der Firma Rolimpex in Warschau zu. Tclegraphisch mit
der Wahrung der Interessen dieser Firma in der Arrestsache beauftragt,
reichte Dr. X in ihrem Namen sofort eine Arrestaufhebungsklage und eine
Beschwerde ein, beides mit dem Begehren, der Arrest, der infolge der
Abtretung vom 11. Oktober 1960 ins Leere gehe, sei aufzuheben.

    Die Firma Schleuniger & Co., die Dr. X am 23. November 1961 mitgeteilt
hatte, sie könne seine Abtretungsanzeige im Hinblick auf den ihr am 20.
Oktober 1961 angezeigten Arrest nicht mehr entgegennehmen, zahlte
am 5. Dezember 1961 den Betrag von Fr. 202'820.90 auf das Konto des
Betreibungsamtes Zürich 6 bei der Zürcher Kantonalbank ein (statt ihn
gemäss Art. 168 OR gerichtlich zu hinterlegen).

    Der Arrestaufhebungsprozess wurde sistiert, die Beschwerde von der
untern Aufsichtsbehörde am 14. Februar 1962 abgewiesen mit der Begründung,
es fehle nicht an einem arrestierbaren Vermögenswert; vielmehr sei
nur streitig, ob die arrestierte Forderung der Beschwerdeführerin
(Firma Rolimpex) zustehe oder nicht; zur Austragung des Streites,
wem diese Forderung materiellrechtlich zustehe, sehe das Gesetz das
Widerspruchsverfahren bezw. den Klageweg vor (Art. 106 ff. SchKG);
"somit wird es Sache der Beschwerdeführerin sein, zur Einleitung
des Widerspruchsverfahrens erst einmal bei der zuständigen Stelle,
dem Betreibungsamte, an dem arrestierten Vermögenstück formgerecht
eine Eigentumsansprache zu Gunsten der ,Dynamo' anzumelden unter
Darlegung der rechtlich beachtlichen Existenz der Drittansprecherin,
und in erster Instanz wird das Amt darüber zu entscheiden haben, ob die
Drittmannsansprache zuzulassen ist oder nicht."

    Statt gemäss diesen Erwägungen die Ansprache der Firma Dynamo beim
Betreibungsamt anzumelden, zog Dr. X den Entscheid vom 14. Februar 1962 an
die obere kantonale Aufsichtsbehörde weiter. Erst nachdem diese mit ihrem
sehr einlässlich begründeten Entscheide vom 27. März 1962 (zugestellt 4.
April 1962) seinen Rekurs abgewiesen hatte, weil über die Zugehörigkeit
der - einstweilen wirksam arrestierten - Forderung gegen die Firma
Schleuniger & Co. und Dr. Schleuniger zum Vermögen der Arrestschuldnerin
weder im Arrestaufhebungsprozess noch im Beschwerdeverfahren, sondern im
Widerspruchsprozess zu entscheiden sei, schrieb Dr. X am 11. April 1962
dem Betreibungsamte, er teile ihm in aller Form sowohl namens der Firma
Rolimpex als auch namens der Firma Dynamo mit, dass diese letztere, und
zwar sie allein, Gläubigerin der vom Arrest Nr. 13 betroffenen Forderung
sei, und ersuchte um Ansetzung der im SchKG vorgesehenen Fristen.

    E.- Hierauf erliess das Betreibungsamt am 13. April 1962 eine
"nachträgliche Fristansetzung zur Klage" gemäss Art. 109 SchKG, womit es
die Firma Polimex zur Klage auf Aberkennung der Eigentumsansprache der
Firma Dynamo aufforderte.

    Auf Beschwerde der Firma Polimex hin entschied die untere
Aufsichtsbehörde am 8. Juni 1962, die Drittansprache der Firma Dynamo werde
wegen verspäteter Anmeldung als verwirkt erklärt und die Fristansetzung
vom 13. April 1962 demgemäss aufgehoben.

    Die obere kantonale Aufsichtsbehörde hat dagegen mit Entscheid vom
28. September 1962 die Beschwerde der Firma Polimex abgewiesen und die
Verfügung des Betreibungsamtes vom 13. April 1962 wiederhergestellt.

    F.- Mit ihrem Rekurs an das Bundesgericht beantragt die Firma Polimex,
die Eigentumsansprache der Firma Dynamo sei als verwirkt zu erklären und
das vom Betreibungsamt eingeleitete Widerspruchsverfahren einzustellen.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach den - gemäss Art. 275 SchKG auch für den Arrest massgebenden
- Art. 106 ff. SchKG ist das hier geregelte Widerspruchsverfahren
durchzuführen, wenn eine gepfändete (bzw. arrestierte) "Sache" vom
Schuldner als Eigentum oder Pfand eines Dritten bezeichnet oder von einem
Dritten als Eigentum oder Pfand beansprucht wird. Eine gewöhnliche (nicht
in einem Wertpapier verkörperte) Forderung, wie sie im vorliegenden Fall
in Frage steht, ist keine Sache. Seit dem Entscheid vom 19. November 1903
i.S. Caron werden jedoch die Art. 106 ff. SchKG analog angewendet, wenn
nicht eine Sache, sondern eine Forderung oder ein anderes Recht gepfändet
(oder arrestiert) ist und von einem Dritten als ihm zustehend beansprucht
wird (BGE 29 I 562, 31 I 197, 32 I 817 = Sep.ausg. 6 S. 286, 8 S. 56,
9 S. 399; BGE 47 III 7, 54 III 298, 67 III 51'71 III 107, 75 III 10, 79
III 163, 88 III 56). Ob dabei die Klagefrist dem Drittansprecher oder
dem Gläubiger anzusetzen sei, entscheidet sich nach der heute massgebenden
Rechtsprechung darnach, ob die Berechtigung des Schuldners oder diejenige
des Drittansprechers die grössere Wahrscheinlichkeit für sich habe (BGE
67 III 51 und die eben erwähnten seitherigen Entscheide).

    In BGE 86 III Erw. 3 hat das Bundesgericht im Anschluss an die
Feststellung, dass das Widerspruchsverfahren nach dem Wortlaut des
Gesetzes nur zur Abklärung von Rechten an Sachen diene, dass es aber
seit dem Urteil vom 19. November 1904 (richtig: 1903) auch zur Austragung
des Streits über das Gläubigerrecht an gepfändeten Forderungen verwendet
worden sei, freilich ausgeführt:

    "Die neuere Rechtsprechung ist dann aber, der rechtlichen Natur
der nicht in einem Wertpapier verkörperten Forderung Rechnung tragend,
zu einer andern Art der Abklärung des Gläubigerrechts übergegangen:
Die Forderung ist mit Rücksicht auf die Drittansprache eines Zessionars
oder sonstigen Erwerbers als bestrittene zu pfänden. Sie kann hierauf -
sowohl gegenüber dem Drittschuldner, der allenfalls noch andere Einreden
erhebt, wie auch gegenüber dem als Zessionar oder als Erwerber aus anderm
Rechtsgrund auftretenden Vierten - entweder vor jeder Verwertungsmassnahme
durch das Betreibungsamt selbst auf Grund von Art. 100 SchKG oder aber,
kraft Überweisung nach Art. 131 Abs. 2 SchKG, durch einen betreibenden
Gläubiger oder endlich durch einen Ersteigerer geltend gemacht werden."

    Die als Belege für diese neuere Rechtsprechung angeführten Entscheide
BGE 65 III 129, 66 III 42 und 70 III 34 betreffen jedoch mit Ausnahme des
letzten, der erklärt, dass im Konkurs mit Bezug auf gewöhnliche Forderungen
das Aussonderungsverfahren im Sinne von Art. 242 Abs. 2 SchKG nicht Platz
greife (vgl. hiezu BGE 76 III 11, 87 III 16), nur die Frage, wie vorzugehen
sei, wenn im Falle der Pfändung künftigen Lohns über die Gültigkeit
einer Lohnabtretung Streit herrscht. Nur für diesen besondern Fall hat
das Bundesgericht in BGE 65 III 129 und 66 III 42 die Durchführung eines
Widerspruchsverfahrens abgelehnt. Auch der Entscheid BGE 86 III 61 betraf
einen Fall der Pfändung abgetretener Lohnansprüche. Zu den nach BGE 65
III 129, 66 III 42 und 70 III 34 ergangenen Präjudizien, die bei Pfändung
anderer Forderungen für die Abklärung des Gläubigerrechts weiterhin das
Widerspruchsverfahren als anwendbar betrachten, wurde in BGE 86 III 61
nicht Stellung genommen. Es kann also trotz der allgemeinen Fassung
der in diesem Entscheid enthaltenen, oben wiedergegebenen Erwägungen
nicht die Rede davon sein, dass das Bundesgericht die im Jahre 1903
begründete Rechtsprechung über die Anwendbarkeit Art. 106 ff. SchKG bei
Streit darüber, wem eine gepfändete Forderung zustehe, preisgegeben habe,
sondern es wurde davon nur für den Fall des Streits über die Gültigkeit
einer der Pfändung künftigen Lohns entgegengehaltenen Lohnabtretung eine
Ausnahme gemacht.

Erwägung 2

    2.- Die Eröffnung des Widerspruchsverfahrens hat zur Voraussetzung,
dass das Betreibungsamt vom Schuldner oder vom Dritten über dessen Anspruch
unterrichtet wird (vgl. Art. 106 Abs. 1 SchKG). Der Dritte kann seinen
Anspruch erst anmelden, wenn er von der Pfändung (oder Arrestierung)
des Vermögensstücks, das er für sich beansprucht, hinlängliche Kenntnis
hat. Eine von dieser Kenntnis an laufende Frist für die Anmeldung sieht das
Gesetz nicht vor. Mit der Frage, bis wann die Anmeldung erfolgen könne,
befasst sich einzig Art. 107 Abs. 4 SchKG. Darnach kann der- Dritte,
"der nicht in die Lage gesetzt wurde, nach Massgabe dieser Bestimmungen
vorzugehen" (s'il n'a pas été mis en mesure d'agir comme il est dit
ci-dessus; che non sia stato posto in grado di agire a'termini delle
precedenti disposizioni), einen Anspruch an der gepfändeten Sache oder
an deren Erlös, solange dieser nicht verteilt ist, geltend machen. Unter
einem Dritten, der "nicht in die Lage gesetzt wurde, nach Massgabe dieser
Bestimmungen vorzugehen", kann nach dem Wortlaut in allen drei Amtssprachen
und nach dem Zusammenhang nur ein Dritter verstanden werden, dem keine
Frist im Sinne von Art. 107 Abs. 1 SchKG angesetzt wurde und der deshalb
nicht die Möglichkeit hatte, Widerspruchsklage zu erheben. Aus Art. 107
Abs. 4 SchKG lässt sich also durch Umkehrschluss nur ableiten, (1) dass ein
Dritter, dem nach Art. 107 Abs. 1 SchKG Frist zur Klage gesetzt worden ist,
der aber diese Frist nicht benützt oder mit seiner Klage keinen Erfolg
gehabt hat, den fraglichen Anspruch in der betreffenden Betreibung nicht
nochmals geltend machen kann, und (2) dass ein Dritter selbst dann, wenn
ihm keine Klagefrist angesetzt wurde, seinen Anspruch nach der Verteilung
des Erlöses nicht mehr auf dem Wege des Widerspruchsverfahrens zur Geltung
bringen kann. Dagegen folgt aus Art. 107 Abs. 4 SchKG (entgegen der in
BGE 37 I 467 = Sep. ausg. 14 S. 246 vertretenen Auffassung) jedenfalls
bei wörtlicher Auslegung nicht, dass der Dritte seinen Anspruch bei Gefahr
der Verwirkung des Widerspruchsrechts beim Betreibungsamt anmelden müsse,
sobald er in die Lage kommt, dies zu tun, d.h. sobald er von der Pfändung
erfährt. Da das Gesetz eine Vorschrift dieses Inhalts auch sonst nicht
enthält, muss also einem Dritten, dem keine Klagefrist eröffnet wurde,
nach dem Gesetzeswortlaut grundsätzlich bis zur Verteilung des Erlöses
gestattet sein, seinen Anspruch anzumelden (vgl. BGE 72 III 4, 83 III 24,
86 III 66).

    Die Rechtsprechung hat jedoch schon längst erkannt, dass dieser
Grundsatz nicht uneingeschränkt gelten kann. Wie in BGE 37 I 466 =
Sep. ausg. 14 S. 245 zutreffend dargelegt, liegt der Festsetzung kurzer
Verwirkungsfristen für die Bestreitung von Drittansprachen und für die
Klage auf An- oder Aberkennung solcher Ansprachen (Art. 106 Abs. 2,
Art. 107 Abs. 1 und Art. 109 SchKG) sowie der Bestimmung, dass die
Betreibung bis zum Austrag der Sache eingestellt wird (Art. 107 Abs. 2
SchKG), unverkennbar das Bestreben zugrunde, Streitigkeiten über die
Rechte Dritter an gepfändeten Gegenständen möglichst rasch und frühzeitig
erledigen zu lassen, und können dem pfändenden Gläubiger, wenn der
Dritte mit der Anmeldung seiner Ansprache bis zur Verteilung des Erlöses
beliebig zuwarten darf, erhebliche Nachteile entstehen (unnötige Kosten;
Beeinträchtigung der Möglichkeit, sich Nachdeckung zu verschaffen). Im
Hinblick hierauf sowie in der Erwägung, es könne nicht zugelassen werden,
dass der Gläubiger infolge der Nachlässigkeit oder des bösen Willens
des Dritten solchen Gefahren ausgesetzt sei, und aus Art. 107 Abs. 4
SchKG folge e contrario, dass der Dritte seinen Anspruch anmelden müsse,
sobald er von der Pfändung erfahre, ist das Bundesgericht im erwähnten
Entscheid zum Schlusse gelangt, das Gesetz enthalte eine Lücke, die in
dem Sinne auszufüllen sei, dass der Dritte seinen Anspruch bei Gefahr der
Verwirkung binnen zehn Tagen, seitdem er von der Pfändung des streitigen
Gegenstands Kenntnis erlangt hat, anzumelden habe.

    Diese Schlussfolgerung ist später mit Recht als zu weitgehend
befunden worden. Abgesehen davon, dass das aus Art. 107 Abs. 4 SchKG
gewonnene Argument, wie schon gezeigt, nicht durchschlagend ist, bildet
der unbenützte Ablauf einer lediglich durch die Praxis eingeführten Frist
keinen genügenden Grund dafür, einem Dritten, der noch nicht durch eine
gesetzlich vorgeschriebene Verfügung in das Betreibungsverfahren einbezogen
worden ist, die Möglichkeit zu entziehen, in diesem Verfahren geltend zu
machen, dass ihm an den gepfändeten Vermögensstücken materielle Rechte
zustehen, die den durch die Pfändung begründeten Rechten der betreibenden
Gläubiger vorgehen. Vielmehr kann nur eine schuldhafte Störung des
Betreibungsverfahrens eine solche Verwirkung rechtfertigen. In BGE 48
III 52 wurde daher entschieden, die Verwirkung trete nicht ein, wenn die
Nichtanmeldung innert der nach BGE 37 I 465 ff. massgebenden Frist durch
die besonderen Umstände gerechtfertigt oder doch entschuldigt werde, und
in BGE 67 III 67 f. wurde darüber hinaus festgestellt, der Drittansprecher
verwirke sein Widerspruchsrecht nur dann schon vor der Verteilung des
Erlöses, wenn er die Anmeldung seines Anspruchs arglistig verzögere,
d.h. mit seiner Säumnis darauf ausgehe, das Betreibungsverfahren zu
stören; nur wer in solcher Absicht in den Gang der Betreibung eingreife,
verdiene, mit der verzögerten Ansprache nicht mehr gehört zu werden. Damit
hat das Bundesgericht die durch BGE 37 I 465 ff. eingeführte Befristung
des Rechts zur Anmeldung einer Drittansprache aufgegeben. In BGE 83 III
24/25 und 86 III 66/67 wurde demgemäss festgestellt, die im fakultativen
Formular Nr. 2 (Anzeige vom Vollzug einer Pfändung) enthaltene Aufforderung
zur Anmeldung von Ansprachen an gepfändeten Gegenständen binnen zehn
Tagen könne nicht als Ansetzung einer Verwirkungsfrist gelten, sondern
es handle sich dabei nur um einen warnenden Hinweis darauf, dass es im
eigenen Interesse des Adressaten liege, allfällige Ansprachen möglichst
bald anzumelden. Hiebei werde "von zehn Tagen als der normalerweise
genügenden Überlegungsfrist ausgegangen und auf die mit längerem Zuwarten
verbundene Gefahr hingewiesen, ohne dass aber das Anmeldungsrecht als
solches befristet wäre" (BGE 83 III 25).

    Dass der Dritte die Anmeldung seines Anspruchs arglistig verzögert
habe, ist immerhin, wie die Rechtsprechung klargestellt hat, nicht nur
dann anzunehmen, wenn durch Äusserungen des Dritten unmittelbar bewiesen
ist, dass er mit seinem Zuwarten darauf ausging, das Betreibungsverfahren
zu stören. Es genügt vielmehr, wenn aus den Umständen auf eine solche
Absicht geschlossen werden muss. Dieser Schluss kann sich namentlich
dann rechtfertigen, wenn der Dritte, ohne für sein Verhalten einen
beachtlichen Grund angeben zu können, mit der Anmeldung längere Zeit
zugewartet hat, obwohl ihm bewusst sein musste, dass er damit den Gang des
Betreibungsverfahrens hemme. Längeres, eine angemessene Überlegungsfrist
sehr stark überschreitendes Zuwarten im Bewusstsein der damit verbundenen
Störung des Verfahrens begründet den Verdacht der Arglist. Diesen kann der
Dritte nicht dadurch abwenden, dass er die Arglist kurzerhand bestreitet
oder für sein Verhalten Gründe anführt, die sich als blosse Vorwände
erweisen, sondern nur dadurch, dass er Tatsachen nennt und glaubhaft
macht, die das Zuwarten mit der Anmeldung als verständlich und mit Treu
und Glauben vereinbar erscheinen lassen (vgl. BGE 78 III 73/74, 81 III
55/56 und 108, 83 III 25/26, 84 III 87/88 und 86 III 67).

Erwägung 3

    3.- Im vorliegenden Fall erhielt der Anwalt der Firma Rolimpex, den
auch die Firma Dynamo mit ihrer Vertretung "in Sachen Dr. K. Schleuniger
& Co. sowie Dr. K. Schleuniger... betr. Forderung (Zession der ROLIMPEX,
Warschau)" beauftragt hatte, gegen Ende November 1961 sichere Kenntnis
davon, dass die Firma Polimex die der Firma Rolimpex durch rechtskräftiges
Schiedsgerichtsurteil zugesprochene Forderung gegen die Firma Schleuniger
& Co. und Dr. Schleuniger hatte arrestieren lassen. Damit erhielt
er Gelegenheit und Anlass, dem Betreibungsamte mitzuteilen, dass
die Arrestschuldnerin die arrestierte Forderung an die Firma Dynamo
abgetreten habe und dass diese demzufolge darauf Anspruch erhebe. Er
unterliess dies aber und reichte unter Berufung auf die Abtretung
eine Arrestaufhebungsklage und eine Beschwerde ein. Zur Anmeldung des
Anspruchs der Firma Dynamo beim Betreibungsamte schritt er erst nach dem
zweitinstanzlichen Beschwerdeentscheid, mehr als vier Monate nach dem
Zeitpunkte, da er vom Arrest Kenntnis erhalten- hatte.

    Für dieses monatelange Zuwarten hatte er keinen beachtlichen Grund. Die
Rechtsbehelfe, die er anstelle der gebotenen Vorkehr ergriff, taugten
ganz offensichtlich nicht dazu, gestützt auf die behauptete Abtretung die
Aufhebung des Arrestbeschlags zu erwirken. Es kann ihm also nicht zugute
gehalten werden, er habe im Vertrauen darauf, dass er mit der Beschwerde
oder mit der Arrestaufhebungsklage zum Ziel gelangen werde, einstweilen
von der Anmeldung des Anspruchs der Firma Dynamo beim Betreibungsamt
absehen dürfen. Der Erwägung der Vorinstanz, von einem Anwalt mit
allgemeiner Praxis dürfe nicht ohne weiteres erwartet werden, dass er sich
in diesen betreibungsrechtlichen Verfahrensfragen auskenne, kann nicht
gefolgt werden. Ein Irrtum darüber, welcher Rechtsbehelf zu ergreifen sei,
kann bei einem Anwalt jedenfalls dann nicht als verständlich gelten, wenn
das Gesetz oder die Praxis hierüber klaren Aufschluss geben. So verhielt
es sich im vorliegenden Fall angesichts der veröffentlichten ständigen,
von der gebräuchlichen Fachliteratur (JAEGER N. 3 zu Art. 106 SchKG;
FRITZSCHE, Schuldbetreibung, Konkurs und Sanierung, I, 1954, S. 204 f.;
FAVRE, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, 1956, S. 178) zutreffend
dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach in solchen
Fällen das Widerspruchsverfahren durchzuführen ist. Der Vertreter der
Arrestschuldnerin und der Drittansprecherin behauptet denn auch selber
nicht, dass ihm diese Praxis unbekannt gewesen sei oder dass er sie aus
einem beachtlichen Grunde als überholt betrachtet habe. Insbesondere
macht er nicht etwa geltend, er sei durch die in Erwägung 1 hievor
wiedergegebenen Ausführungen im Entscheide BGE 86 III 61 in den Irrtum
versetzt worden, das Bundesgericht habe diese Praxis aufgegeben, so dass
dahingestellt bleiben kann, ob ein solcher Irrtum begreiflich gewesen wäre.

    Sebst wenn man ihm aber noch zubilligen wollte, er habe anfänglich
in guten Treuen der Meinung sein können, die behauptete Abtretung der
arrestierten Forderung lasse sich auf dem von ihm eingeschlagenen Wege
zur Geltung bringen, so konnte er doch auf jeden Fall nach dem Entscheide
der untern Aufsichtsbehörde in der Beschwerdesache, der ihn mit aller
Deutlichkeit auf die Notwendigkeit einer Anmeldung des Drittanspruchs
beim Betreibungsamte hinwies, nicht mehr im Zweifel darüber sein, was er
vorzukehren habe. Sogar wenn er nach wie vor glaubte, der Arrestbeschlag
müsse auf seine Beschwerde hin aufgehoben werden, und es deshalb für
richtig hielt, den Entscheid der untern Aufsichtsbehörde an die zweite
Instanz weiterzuziehen, musste ihm nunmehr doch mindestens soviel klar
sein, dass dieses Vorgehen den gewünschten Erfolg keineswegs mit Sicherheit
erwarten liess und dass es sich nach den Grundregeln einer sorgfältigen
Interessenwahrung folglich aufdrängte, ohne weitern Verzug die ihm von
der untern Aufsichtsbehörde nahegelegte Rechtsvorkehr zu treffen. Es
bestand kein auch nur einigermassen einleuchtender Grund dafür, diese
ganz einfache Massnahme nochmals nahezu zwei Monate aufzuschieben.

    Der Vertreter der Arrestschuldnerin und der Drittansprecherin musste
sich aber auch davon Rechenschaft geben, dass sein Zuwarten geeignet war,
die Abwicklung des Betreibungsverfahrens zu verzögern. Wie die Vorinstanz
zutreffend ausgeführt hat, hätten die von ihm eingereichte Beschwerde
(der keine aufschiebende Wirkung erteilt wurde) und die nur mit der
streitigen Abtretung begründete Arrestaufhebungsklage die Eröffnung
des Widerspruchsverfahrens über die Ansprache der Firma Dynamo nicht
gehindert. Es lässt sich aber auch nicht etwa sagen, die Verzögerung der
Einleitung dieses Verfahrens sei im Verhältnis zur voraussichtlichen Dauer
des Widerspruchsprozesses gering und deshalb unerheblich. Zwar ist möglich,
dass dieser Prozess im vorliegenden Falle viel Zeit in Anspruch nähme,
weil Verhältnisse und Vorgänge im Ausland zu beurteilen wären. Gerade
dann, wenn mit einer langen Prozessdauer zu rechnen ist, hat aber der
betreibende Gläubiger ein wesentliches Interesse daran, dass wenigstens
die Einleitung des Verfahrens nicht übermässig verzögert wird.

    Aus diesen Gründen muss die erst am 11. April 1962 erfolgte Anmeldung
des Anspruchs der Firma Dynamo nach den in Erwägung 2 hievor dargelegten
Grundsätzen als verspätet gelten. Die Verzögerung der Anmeldung lässt sich
nach den Umständen nur mit dem Bestreben erklären, der Arrestgläubigerin
Schwierigkeiten zu bereiten.

Erwägung 4

    4.- Die Vorinstanz hat freilich gefunden, diese Anmeldung müsse
unabhängig davon, aus welchen Gründen sie sich verzögert habe, auf jeden
Fall deswegen berücksichtigt werden, weil die Sanktion der Verwirkung im
vorliegenden Falle zu weit gehe. Dass die Firma Dynamo die arrestierte
Forderung gestützt auf eine Abtretung der Firma Rolimpex für sich
beanspruche, sei nämlich der Arrestgläubigerin und den Drittschuldnern
durch die Schreiben des Dr. X vom 20./21. November 1961 und dem
Betreibungsamte durch die ihm zur Vernehmlassung zugestellte Beschwerde
vom 1. Dezember 1961 zur Kenntnis gelangt. Die Drittansprache sei also
nicht verborgen gehalten, sondern nur auf unrichtigem Wege geltend gemacht
worden. Den zögernden Drittansprecher mit der.Anmeldung auszuschliessen,
rechtfertige sich nur, wenn das Betreibungsamt über keine mildern
Mittel verfüge, um der drohenden Störung des Betreibungsverfahrens zu
begegnen. Diese Bedingung sei hier nicht erfüllt. Das Betreibungsamt sei
zwar nicht verpflichtet gewesen, von Amtes wegen das Widerspruchsverfahren
einzuleiten. Nachdem es auf Umwegen von der behaupteten Abtretung der
arrestierten Forderung erfahren habe, hätte es aber die Möglichkeit gehabt,
"die angebliche Zessionarin anzufragen, ob sie ein Drittmannsrecht anmelden
wolle, und ihr hiezu unter Androhung der Verwirkung des Anmelderechts
eine Frist anzusetzen."

    Hieran ist richtig, dass das Betreibungsamt nicht verpflichtet
(ja nicht einmal befugt) war, das Widerspruchsverfahren einzuleiten,
nachdem es aus der Beschwerde der Arrestschuldnerin erfahren hatte, dass
diese geltend machte, die arrestierte Forderung sei an die Firma Dynamo
abgetreten worden. Voraussetzung für ein Handeln des Amtes nach Art. 106
ff. SchKG ist eine an es selber gerichtete Erklärung. Eine solche wollten
die Arrestschuldnerin und die Firma Dynamo vor dem 11. April 1962 gerade
nicht abgeben, und zwar auch dann noch nicht, als sie von der untern
Aufsichtsbehörde über das richtige Vorgehen belehrt worden waren.

    Der Vorinstanz kann dagegen nicht beigepflichtet werden, wenn sie
annimt, das Betreibungsamt hätte der Firma Dynamo eine Verwirkungsfrist
für die Anmeldung ihres Anspruchs setzen können. Hiezu war das Amt, wie in
Erwägung 2 hievor ausgeführt, nicht befugt. Eine Aufforderung des Amtes zur
Anmeldung des Drittanspruchs hätte vielmehr nur den Sinn eines warnenden
Hinweises darauf haben können, dass es im Interesse dieser Firma liege,
allfällige Ansprüche möglichst bald anzumelden. In diesem Sinne ist der
Vertreter der Arrestschuldnerin und der Firma Dynamo tatsächlich zur
Anmeldung aufgefordert worden, zwar nicht durch das Betreibungsamt, wohl
aber durch den mehrerwähnten Entscheid der untern Aufsichtsbehörde vom
14. Februar 1962, wo es hiess, die Eigentumsansprache an der arrestierten
Forderung sei beim Betreibungsamt anzumelden, das erstinstanzlich über
ihre Zulassung zu befinden habe. Diese Aufforderung bewog ihn jedoch
wie festgestellt nicht, die fragliche Ansprache nunmehr (mindestens
vorsorglich) anzumelden. Vielmehr beschränkte er sich zunächst darauf,
die Beschwerde weiterzuverfolgen. Eine vom Betreibungsamt im Anschluss an
die Zustellung der Beschwerde vom 1. Dezember 1961 erlassene Aufforderung
hätte unzweifelhaft nicht mehr Erfolg gehabt als diejenige im Entscheid
der untern Aufsichtsbehörde. Das Mittel, mit dem das Betreibungsamt nach
der Auffassung der Vorinstanz der drohenden Verzögerung des Verfahrens
hätte entgegentreten können und sollen, wäre folglich, soweit überhaupt
zulässig, nutzlos gewesen.

Entscheid:

Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:

    In Gutheissung des Rekurses werden der angefochtene Entscheid und die
vom Betreibungsamt Zürich 6 am 13. April 1962 in der Arrestsache Nr. 13
erlassene Fristansetzung zur Klage aufgehoben.