Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 87 I 479



87 I 479

77. Urteil der II. Zivilabteilung vom 7. Dezember 1961 i.S. Schoch und
Bernhard gegen den Regierungsrat des Kantons Aargau. Regeste

    1.  Anmeldung eines Kaufvertrages zur Eintragung in das Grundbuch
(Art. 963 ZGB). Wegen der Abweisung der Anmeldung kann nur der Anmeldende
Beschwerde führen (Art. 103 Abs. 1 GBV), dem es im übrigen anheim steht,
die Anmeldung zurückzuziehen, solange die Hauptbucheintragung nicht
vollzogen ist. Bestätigung der Rechtsprechung (Erw. 1).

    2.  Wirkungen einer gerichtlich angeordneten Verfügungsbeschränkung
nach Art. 960 ZGB (Erw. 2).

    3.  Ob ein Kaufvertrag noch zu Recht bestehe und der sich daraus
für den Käufer ergebende Anspruch auf Eigentumsübertragung dem Anspruch
eines spätern Käufers desselben Grundstückes vorgehe, ist eine Frage
des materiellen Rechtes. Eine für die Dauer des vom ersten Käufer
angehobenen Rechtsstreites auf Grund des kantonalen Prozessrechtes
getroffene richterliche Anordnung, wonach der zweite Kaufvertrag während
der Prozessdauer nicht angemeldet werden dürfe oder eine schon erfolgte
Anmeldung zurückgezogen werden solle oder wenigstens vorderhand unter
Vorbehalt des Prozessausganges nicht durch Eintragung in das Hauptbuch
vollziehbar sei, ist für das Grundbuchamt verbindlich. (Erw. 3.)

Sachverhalt

    A.- Hans Schoch kaufte nach dem Brand des Hotels Glas in Baden am
3. März 1960 von Frau Ida Bernhard-Bühlmann die Liegenschaft Hotel Engel
in Baden zum Preise von Fr. 700'000.--. Er hatte die Kaufrestanz von Fr.
250'000.-- "bis zum Antrittstermin" zu bezahlen, und zwar erst, "wenn
er bzw. die Hotel Glas A.-G. den Hausplatz des abgebrannten Hotels Glas
... verkauft hat". Er konnte dann aber die Kaufliegenschaft mit Zustimmung
der Verkäuferin nach Anzahlung von Fr. 50'000.-- schon am 1. Mai 1960 in
Besitz nehmen. Seither betreibt er dort das Gastwirtschaftsgewerbe. Die
Zahlung des Restbetrages von Fr. 200'000.-- verzögerte sich, da Schoch
vorerst nicht die volle Brandversicherungssumme für das Hotel Glas
erhielt. Frau Bernhard mahnte ihn mehrmals und setzte ihm am 6. Juli 1960
eine "letzte Frist" bis zum 12. desselben Monats. Auf die Zusicherung,
der Käufer werde die Restzahlung bis zum 15. Juli erbringen, ging sie
nicht ein, sondern teilte dem Grundbuchamt Baden am 11. Juli mit, nach dem
12. Juli dürfe eine Anmeldung des mit Schoch abgeschlossenen Vertrages
nicht mehr entgegengenommen werden. Am 14. Juli 1960 verkaufte sie die
Liegenschaft Hotel Engel einem Dritten, Paul Sprenger, zum Preise von
Fr. 750'000.--.

    B.- Nach Überweisung des Restbetrages von Fr. 200'000.-- für
Schoch meldete Notar Steidel gestützt auf eine Ermächtigung laut dem
Kaufvertrag vom 3. März 1960 diesen am 15. Juli um 9.30 Uhr zur Eintragung
an. Um 11.50 Uhr desselben Tages folgte die Anmeldung des Kaufvertrages
Bernhard/Sprenger durch den beurkundenden Notar Meier. Den ersten Vertrag
gab das Grundbuchamt dem anmeldenden Notar "bzw. der Überbringerin" sofort
zurück, schrieb ihn aber gleichwohl unter dem erwähnten Anmeldedatum in das
Tagebuch ein und wies die Anmeldung am 25. Juli 1960 ab. Der zweite Vertrag
steht ebenfalls mit dem Datum der Anmeldung im Tagebuch; das Grundbuchamt
Baden hat diese Anmeldung nicht beanstandet, jedoch die Eintragung mit
Rücksicht auf gerichtliche Massnahmen einstweilen nicht vollzogen.

    C.- Zunächst verweigerte das Grundbuchamt freilich die Vormerkung
von Verfügungsbeschränkungen, die das Gerichtspräsidium Baden auf Gesuche
des Schoch vom 15. und 18. Juli 1960 sogleich an diesen Tagen vorsorglich
anordnete (und mit Entscheiden vom 29. August 1960 bestätigte). Dagegen
berücksichtigte es eine dritte gerichtliche Verfügung, die Schoch in einem
weitern Befehlsverfahren "betreffend Suspendierung einer Anmeldung beim
Grundbuchamt" am 30. August 1960 vorsorglich erwirkte.

    Diese Verfügung lautet:

    Es wird festgestellt, dass der Kläger einen Anspruch auf gerichtliche
Zusprechung des Eigentums an GB. Baden Nr. 513, Kat. Pl. 62/519
erhebt. Die Rechtswirkungen (d.h. die mit der Anmeldung verbundene
Eintragungsbewilligung) der Anmeldung des zwischen der Beklagten und
Herrn Sprenger am 14. Juli 1960 abgeschlossenen Kaufvertrages über die
Liegenschaft GB. Baden Nr. 513, Kat. Pl. 62/519 sind daher solange zu
suspendieren, bis zwischen den Parteien rechtskräftig entschieden ist, ob
dem Kläger, gestützt auf seinen Kaufvertrag vom 3. März 1960 das Eigentum
an Grundbuch Baden Nr. 513, Kat. Pl. 62/519 im Sinne von Art. 665 ZGB
gerichtlich zugesprochen wird oder nicht."

    Am 26. September 1960 bestätigte das Gerichtspräsidium Baden diese
Verfügung unter Ansetzung einer Monatsfrist an Schoch zur Einreichung
der Hauptklage. Das Grundbuchamt nahm von der gerichtlichen Verfügung
Notiz und trug ihr Rechnung, indem es einstweilen von einer Eintragung
des Vertrages Bernhard/Sprenger absah. Schoch erhob binnen der ihm dazu
eingeräumten Frist beim Bezirksgericht Baden die Hauptklage gegen Frau
Bernhard mit den Begehren:

    "1. Es sei gerichtlich festzustellen, dass gestützt auf den zwischen
den Parteien am 3. März 1960 abgeschlossenen Kaufvertrag die Beklagte nicht
mehr berechtigt war, das Grundstück GB. Baden Nr. 513, Kat. Plan 62/519
mit einem zweiten Kaufvertrag vom 14. Juli 1960 an Herrn Paul Sprenger,
Baden, zu verkaufen.

    2. Dementsprechend sei die Anmeldung des Kaufvertrages beim GB
zwischen der Beklagten und Herrn Sprenger als rechtsunwirksam und
zurückgezogen zu erklären und das GB Amt Baden sei zu verhalten, diese
Anmeldung abzuweisen. Eventuell sei die Beklagte zu verpflichten, diese
Anmeldung sofort zurückzuziehen.

    3. Es sei dem Kläger gestützt auf den Kaufvertrag vom 3. März 1960 das
Eigentum an GB. Baden Nr. 513 Kat. Plan 62/519 zuzusprechen und das GB. Amt
Baden sei richterlich zu verhalten, den Eintrag des Eigentums vorzunehmen."

    D.- Wegen der Abweisung der Anmeldung des Kaufvertrages vom
3. März 1960 wie auch wegen der Weigerung des Grundbuchamtes, die vom
Richter am 15. Juli 1960 vorsorglich angeordnete Verfügungsbeschränkung
vorzumerken, beschwerte sich Schoch bei der kantonalen Justizdirektion
als Aufsichtsbehörde über das Grundbuchwesen. Frau Bernhard beschwerte
sich ihrerseits bei derselben Behörde über die Berücksichtigung der vom
Richter im dritten Befehlsverfahren angeordneten "Suspension", die dem
eidgenössischen Grundbuchrecht widerspreche.

    Ferner zog sie die gerichtlichen Entscheidungen betreffend
Verfügungsbeschränkung und Suspendierung auf dem Beschwerdeweg an
das Obergericht weiter. Dieses sistierte indessen mit Beschlüssen vom
28. Oktober und 25. November 1960 die Behandlung dieser Beschwerden bis
zur Erledigung der von der Verkäuferin eingereichten Grundbuchbeschwerde.

    Während anderseits die Justizdirektion des Kantons Aargau
die Beurteilung der Grundbuchbeschwerden beider Parteien "bis zur
rechtskräftigen Erledigung des zivilprozessualen Hauptverfahrens"
aussetzte, fällte der Regierungsrat am 24. Februar 1961 folgenden
Entscheid:

    "1.  (Aufhebung der Sistierungsverfügung der Justizdirektion.)

    "2.  Auf die Beschwerde des Herrn Hans Schoch gegen die
grundbuchamtliche Abweisung des Vertrages Bernhard/Schoch wird nicht
eingetreten.

    "3.  Die Beschwerde des Herrn Hans Schoch gegen die grundbuchamtliche
Abweisung der richterlichen Verfügungsbeschränkung vom 15. Juli 1960
wird abgewiesen.

    "4.  Die Beschwerde der Frau Bernhard wird teilweise und in dem
Sinne abgewiesen, als die mit richterlicher Verfügung vom 30. August 1960
ausgesprochene teilweise Kanzleisperre für vorläufig im Grundbuch Baden
in der notierten Form zu verbleiben hat, unter dem Vorbehalt, dass nicht
das Obergericht deren materielle Unzulässigkeit feststellt."

    E.- Beide Parteien haben Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim
Bundesgericht erhoben, Schoch gegen die Ziffern 2 und 3, Frau Bernhard
gegen die Ziffer 4 des regierungsrätlichen Entscheides.

    F.- Der Regierungsrat des Kantons Aargau beantragt Abweisung beider
Beschwerden.

    Frau Bernhard beantragt Abweisung der Beschwerde Schochs und dieser
Abweisung der Beschwerde der Frau Bernhard.

    Das eidgenössiche Justiz- und Polizeidepartement erachtet die
kantonale Entscheidung als zutreffend und stellt deshalb den Antrag,
"es seien die beiden Beschwerden nicht gutzuheissen".

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- In Ziff. 2 des angefochtenen Entscheides mit zugehöriger
Begründung spricht der Regierungsrat dem ersten Käufer Schoch das
Recht zur Beschwerde wegen der Abweisung der Anmeldung des von Frau
Bernhard mit ihm abgeschlossenen Kaufvertrages ab. Dieser Entscheidung
ist zuzustimmen. Sie entspricht der Vorschrift des Art. 103 Abs. 1 der
Grundbuchverordnung, wonach sich über die Abweisung einer Anmeldung nur
der Anmeldende beschweren kann, und der ständigen Rechtsprechung (BGE
60 I 139/42, 85 I 166). Freilich hat auch der Käufer ein Interesse am
Vollzug des Vertrages und insbesondere an dessen Eintrag im Hauptbuche,
womit erst das Eigentum auf ihn übergeht, Art. 972 Abs. 1 ZGB (worauf
neulich LIVER, ZbJV 96/1960 S. 449, hinweist). Allein das Beschwerderecht
gegenüber einer die Anmeldung abweisenden Verfügung des Grundbuchamtes ist
ein Ausfluss des der Anmeldung zu Grunde liegenden Verfügungsrechtes des
Eigentümers. Findet sich dieser mit der Abweisung ab, ohne die Anmeldung
allenfalls in verbesserter Form zu erneuern, so befindet sich der Käufer
in derselben Rechtsstellung, wie wenn keine Anmeldung erfolgt oder die
Anmeldung zurückgezogen worden wäre. Er kann den Verkäufer auf (bessere)
Vertragserfüllung, gegebenenfalls auch auf gerichtliche Zusprechung
des Eigentums belangen (Art. 665 Abs. 1 ZGB) und den Richter ferner
um sichernde Massnahmen angehen (vgl. Art. 960 ZGB). Die Beschwerde
gegen die Abweisung einer vom Verkäufer vorgenommenen Anmeldung steht
ihm nicht zu, zumal der Verkäufer die Eintragung dann doch noch,
solange sie nicht erfolgt ist, durch Rückzug der Anmeldung verhindern
könnte. Letzteres wird von der Rechtsprechung und, damit übereinstimmend,
von der vorherrschenden Lehre angenommen (vgl. MEIER-HAYOZ, N. 55 zu
Art. 656 ZGB mit Hinweisen; zweifelnd LIVER, a.a. O. S. 450). Daran ist
festzuhalten, nicht nur deshalb, weil der Verkäufer, solange es nicht
zur Eintragung in das Hauptbuch gekommen ist, das Eigentum am Grundstück
behält (Art. 972 Abs. 1 ZGB, von Art. 1014 des Vorentwurfs eindeutig
abweichend), sondern auch aus praktischen Gründen: Durch den Rückzug einer
Anmeldung lässt sich die Eintragung (zum Beispiel wegen Willensmangels,
oder auch weil die Vertragsparteien inzwischen den Vertrag aufgehoben
haben) vermeiden, statt dass sie dann nachträglich rückgängig gemacht
werden müsste. Gewiss bedeutet der Rückzug der Anmeldung mitunter eine
Vertragsverletzung. Aber auch in einem solchen Fall ist er nicht unbedingt
zu verpönen oder gar vom Grundbuchamte von vornherein nicht zuzulassen
(das über das Vorliegen eines diese Rechtshandlung rechtfertigenden Grundes
keinesfalls zu entscheiden hat). Das wird gerade durch den vorliegenden
Fall dargetan. Der Hauptstreit der Parteien geht darum, ob der aus dem
Kaufvertrag vom 3. März 1960 hergeleitete Anspruch des Schoch noch zu
Recht bestehe, und zwar dem Anspruch des zweiten Käufers vorgehend (wie
denn nach verbreiteter Lehre die zeitliche Folge der Entstehung beim
Entscheid über die Rangfolge konkurrierender obligatorischer Ansprüche
ins Gewicht fällt; vgl. BECKER, N. 11 der Vorbemerkungen zu den Art. 32 -
40 OR; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 6 zu Art. 97 OR; GULDENER, Schweizerisches
Zivilprozessrecht, 2. Auflage, S. 386, Ziff. III, 1). Sollte Schoch
wirklich einen in diesem Sinne vorgehenden Anspruch haben, so könnte er
den Rückzug der auf Erfüllung eines nachgehenden Anspruchs gerichteten,
sein besseres Recht gefährdenden Anmeldung. verlangen. Ebenso kann die
Verkäuferin der Liegenschaft, auch wenn der zweite Käufer damit nicht
einverstanden ist, die Anmeldung freiwillig zurückziehen, was der Frau
Bernhard allerdings, da sie den ersten Kaufvertrag als nicht mehr zu
Recht bestehend betrachtet, fern liegt.

Erwägung 2

    2.- In Ziff. 3 seines Entscheides schützt der Regierungsrat
die Weigerung des Grundbuchamtes, die von Richter auf Gesuch Schochs
angeordnete Verfügungsbeschränkung vorzumerken. Dies deshalb, weil sich
der von Schoch mit der Vormerkung verfolgte Zweck der Sicherung seines
eigenen Erwerbsanspruchs vor demjenigen des zweiten Käufers auf diesem
Weg ja doch nicht erreichen liesse: Da nämlich die gerichtliche Anordnung
später als die Anmeldung des zweiten Kaufvertrages auf dem Grundbuchamt
eintraf, konnte sie nach Ansicht des Regierungsrates nicht mehr mit
Wirkung gegenüber diesem Vertrage vorgemerkt werden. Das entspricht der
verbreiteten, anscheinend auch durch Art. 26 der Grundbuchverordnung
anerkannten Ansicht, Vormerkungen hätten gleich wie Eintragungen den dem
Datum ihrer Anmeldung gemäss dem Tagebuch entsprechenden Rang einzunehmen
(vgl. etwa HOMBERGER, N. 3 zu Art. 972 ZGB, wo freilich nur von der
Vormerkung persönlicher Rechte gemäss Art. 959 ZGB die Rede ist; LIVER,
ZbJV 96/1960, S. 449 unten). Wie es sich damit verhält, kann jedoch wie in
BGE 85 I 166, Erw. 2 am Ende, offen gelassen werden, sofern es bei der von
Frau Bernhard ihrerseits angefochtenen Ziff. 4 des regierungsrätlichen
Entscheides zu bleiben hat. Denn in diesem Fall erhält Schoch den mit
der Vormerkung einer Verfügungsbeschränkung gewünschten Schutz auf
anderem Wege.

    Zwar vermöchte ihn eine im Grundbuch vorzumerkende
Verfügungsbeschränkung auch bei dem vom Regierungsrat angenommenen
Zeitpunkt ihrer Wirksamkeit immerhin gegenüber spätern Verfügungen der
Frau Bernhard zu schützen, so etwa bei Abschluss und Anmeldung eines
dritten Kaufvertrages. Es geht also nicht an, einer solchen Vormerkung
von vornherein jede praktische Bedeutung abzusprechen. Indessen will
Schoch sich einzig gegen den Vollzug des am 15. Juli 1960 zur Anmeldung
gelangten zweiten Kaufvertrages schützen. Es ist nicht die Rede davon,
dass ernstlich mit andern Verfügungen der Verkäuferin zu rechnen sei,
die jenen Anspruch Schochs ebenfalls gefährden könnten.

Erwägung 3

    3.- Im Unterschied zur erwähnten Verfügungsbeschränkung will das
Grundbuchamt die vom Richter angeordnete "Suspendierung" der Wirkungen
der den zweiten Kaufvertrag betreffenden Eintragungsbewilligung der
Frau Bernhard beachten, und es hat im Grundbuch eine Notiz in diesem
Sinne angebracht. Der Regierungsrat billigt diese Stellungnahme unter
Vorbehalt der noch ausstehenden obergerichtlichen Entscheidung über
die Begründetheit der "Suspendierung" an sich. Besteht diese zur
Verhinderung einer dem Gesuchsteller Schoch nachteiligen Veränderung
des Gegenstandes des Hauptprozeses getroffene richterliche Verfügung
nach kantonalen Prozessgrundsätzen zu Recht, so ist sie nach Ansicht
des Regierungsrates von den Grundbuchbehörden zu respektieren, da keine
Normen des eidgenössischen Grundbuchrechtes sie ausschliessen. Man
habe es, wird zur Begründung des kantonalen Entscheides ausgeführt, mit
einer bloss teilweisen Grundbuchsperre (Kanzleisperre) zu tun, wie sie
eine Reihe von Autoren auf kantonaler Rechtsgrundlage zulassen wollen,
namentlich zur Verhinderung von Änderungen eines Streitgegenstandes, im
Gegensatz zu einer allgemeinen, jegliche Art grundbuchlicher Verfügung
über ein Grundstück verbietenden Sperre (vgl. LEEMANN, Grundbuchsperren
nach kantonalem Prozessrecht, SJZ 23/1927 S. 209 ff.; HOMBERGER, N. 2
und 7-9 zu Art. 960 ZGB; H. E. MÜLLER, Zur Frage der Grundbuchsperre,
Diss. 1942, S. 104 ff., besonders S. 122/23). Diesen Standpunkt nimmt
auch das zürcherische Obergericht in seinem Beschluss vom 20. August
1926 betreffend die gerichtliche Anordnung der Grundbuchsperre im Sinn
einer vorsorglichen Massnahme ein (ZBGR 7 S. 348; zustimmend GULDENER,
Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. Auflage, S. 251 und 386/87; ablehnend
LEUCH, Kommentar zur bernischen ZPO, N. 4 zu N. 326).

    Ob zum Schutz eines streitigen Anspruchs auf Grund des kantonalen
Prozessrechts eine teilweise Grundbuchsperre, also das Verbot der
Eintragung eines andern Rechtes, angeordnet werden könne - was über
die Vormerkung einer Verfügungsbeschränkung gemäss Art. 960 ZGB und
deren Wirkungen nach dessen Abs. 2 hinausgeht - braucht hier nicht in
umfassender Weise geprüft zu werden. Hervorzuheben ist, dass eine solche
Sperre sich mit der Rechtsnatur und dem Zweck des Grundbuches durchaus
verträgt. Das Bundesrecht kennt denn auch selbst Eintragungsverbote
(vgl. Art. 137 SchKG, Art. 41/42 EntG). Im übrigen erscheint ein solches
Verbot auf kantonalrechtlicher Grundlage jedenfalls dann als zulässig,
wenn es sich als Reflexwirkung einer das materielle Recht betreffenden
gerichtlichen Entscheidung oder Verfügung ergibt. So verhält es sich
hier. Die vom Richter ausgesprochene "Suspendierung" der Wirkungen der
den zweiten Kaufvertrag betreffenden Anmeldung richtet sich ihrem wahren
Inhalte nach in erster Linie an die anmeldende Eigentümerin; sie gestaltet
die materielle Rechtslage in einer dann ohne weiteres auch für das
Grundbuchamt verbindlichen Weise, so dass sich die teilweise Kanzleisperre
nicht als unmittelbarer Befehl an jenes Amt, sondern als Auswirkung
einer an und für sich die Rechtsverhältnisse zwischen den in materieller
Hinsicht Beteiligten betreffenden prozessualen Verfügung darstellt. Gegen
derartige gerichtliche Massnahmen ist vom Standpunkt des eidgenössischen
Grundbuchrechts aus nichts einzuwenden. Läge bereits ein rechtskräftiges
Sachurteil zu Gunsten Schochs vor, so wäre dadurch der Rechtsgrund der
Anmeldung des zweiten Kaufvertrages als den Ansprüchen Schochs nachgehend
entkräftet, und es dürfte daher jene Anmeldung gerade auch nach den
letztlich vom materiellen Recht beherrschten Regeln des Grundbuchrechts
nicht vollzogen werden (Art. 965 ZGB). Es läuft aber diesen Regeln auch
nicht zuwider, wenn der Richter zum Schutz eines noch nicht beurteilten,
einstweilen streitigen Vorgangsanspruchs eines Klägers dem Beklagten für
die Prozessdauer untersagt, die Eintragung eines Dritten zu bewilligen,
oder wenn er ihn verpflichtet, eine bereits vorgenommene dahingehende
Anmeldung mit Rücksicht auf die vom Kläger geltend gemachten angeblich
vorgehenden Ansprüche zurückzuziehen, natürlich mit dem Vorbehalt, sie
je nach dem Ausgang des Rechtsstreites zu erneuern. Solche richterliche
Verfügungen darf der Grundbuchführer keineswegs unbeachtet lassen. Liegt in
ihnen doch eine auf prozessrechtlicher Grundlage beruhende Gestaltung der
Rechtsbeziehungen der Beteiligten, wonach der im Vertrag mit dem Dritten
bestehende Rechtsgrund der Eigentumsübertragung aufihn einstweilen nicht
als vollgültig betrachtet werden darfund daher eine auf diesen Vertrag
gestützte Anmeldung für die Dauer des Hauptprozesses als unzulässig und,
wenn schon erfolgt, als unwirksam zu gelten hat. Im vorliegenden Fall ist
freilich der Richter nicht so weit gegangen, der Verkäuferin den Rückzug
der Anmeldung des zweiten, mit Sprenger abgeschlossenen Kaufvertrages
aufzugeben. Er hat sich darauf beschränkt, die Rechtswirkungen
der Anmeldung für die Prozessdauer einzustellen. Damit ist aber
gleichermassen eine Feststellung über die einstweilige Unsicherheit des
Rechtsgrundes dieser Anmeldung getroffen worden, und es ergab sich daraus
für das Grundbuchamt ebenfalls die Unzulässigkeit der Eintragung in das
Hauptbuch. Die "Suspendierung" war zweifellos als rückwirkend zu verstehen;
wurde sie doch mit Rücksicht auf einen allenfalls wegen der zeitlichen
Folge der Kaufverträge vorgehenden Erwerbsanspruch Schochs verfügt, einen
Anspruch also, der, wenn überhaupt, so schon beim Abschluss des zweiten
Kaufvertrages und bei dessen Anmeldung bestanden haben muss. Das in der
"Suspendierung" der Anmeldungswirkungen enthaltene richterliche Gebot der
Rücksichtnahme auf den Gegenstand der Hauptklage ist vom Grundbuchamt
in richtiger Weise durch einstweilige Unterlassung der Eintragung in
das Hauptbuch beachtet worden. Dabei wird es für die Prozessdauer zu
bleiben haben, sofern das Obergericht die "Suspendierung" nach kantonalem
Prozessrecht bestätigen sollte.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde des Hans Schoch wird, soweit sie nicht gegenstandslos
geworden ist, abgewiesen.

    Die Beschwerde der Frau Ida Bernhard-Bühlmann wird abgewiesen.