Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 87 I 430



87 I 430

70. Auszug aus dem Urteil vom 13. Oktober 1961 i.S. Römer gegen
Eidg. Getreidekommission. Regeste

    Beschränkung des Einzugsgebietes einer Kundenmühle.

    1.  Voraussetzungen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde: Zuständigkeit
des Bundesgerichts; formelle Legitimation des Müllers; Streitwert
(Erw. 1-3).

    2.  Gesetzmässigkeit der Verordnungsbestimmung, welche die Produzenten
grundsätzlich verpflichtet, das zur Selbstversorgung bestimmte Getreide
durch eine "benachbarte" Kundenmühle verarbeiten zu lassen (Erw. 4).

    3.  Sachlegitimation des Beschwerde führenden Müllers; Zuständigkeit
der eidg. Getreidekommission (Erw. 5).

    4.  Die "Nachbarschaft" kann nicht einheitlich festgelegt
werden. Die Verwaltung darf einschreiten, wenn eine Kundenmühle in
einem aussergewöhnlichen Ausmass in eine Zone hinübergreift, die nach
dem ordentlichen Lauf der Dinge nicht zu ihrem Einzugsgebiet gehört
(Erw. 6-8).

Sachverhalt

    A.- Der Beschwerdeführer Otto Römer betrieb vom 1. April
1954 bis zum 12. Februar 1959 als Pächter die Kundenmühle des Otto
Mollet in Gossliwil. Am 20. Februar 1959 nahm er eine Kundenmühle in
Rüdtligen in Betrieb, die er im August 1958 von Hermann Stettler gekauft
hatte. Gossliwil und Rüdtligen sind in der Luftlinie rund 12 km voneinander
entfernt. Der Beschwerdeführer verarbeitete in Rüdtligen weiterhin Getreide
für die Selbstversorgung von Bauern in Gossliwil und Umgebung, die schon
seine Kunden gewesen waren, als er die Mühle Mollets betrieben hatte;
er behielt ihre Mahlkarten, die ihm übergeben worden waren.

    B.- Auf Einspruch Otto Mollets und des Kundenmüllerverbands
Büren-Bucheggberg und Umgebung hin wies die eidg. Getreideverwaltung mit
Verfügungen vom 16. und 17. Mai 1960 die Leiter der Ortsgetreidestellen
von Bibern, Biezwil, Hessigkofen (bloss für die Gemeinde Gossliwil),
Leuzigen, Lüsslingen, Nennigkofen, Oberwil b. Büren, Schnottwil, Solothurn
und Zuchwil an, den Produzenten ihrer Gemeinden mitzuteilen, sie dürften
vom 1. Juli 1960 an ihr Getreide nicht mehr in der Kundenmühle des
Beschwerdeführers mahlen lassen; wer dies dennoch tue, habe den Verlust
der Mahlprämie zu gewärtigen. Die Verwaltung stellte fest, dass die von
ihrer Anordnung betroffenen Bauernbetriebe in der Luftlinie mehr als 10 km
von Rüdtligen entfernt sind, und fand, dass die dort vom Beschwerdeführer
betriebene Mühle im Verhältnis zu diesen Betrieben nicht "benachbart"
im Sinne des Art. 17 Abs. 2 der Vollziehungsverordnung I vom 10. November
1959 (VV I) zum eidg. Getreidegesetz vom 20. März 1959 (GG) sei.

    Einige in Oberwil und Schnottwil wohnende Produzenten und Otto Römer,
dem die Verwaltung Kenntnis von dieser Massnahme gab, erhoben dagegen
Beschwerde bei der eidg. Getreidekommission. Sie wurden durch getrennte
Entscheide vom 29. März 1961 abgewiesen.

    C.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Otto Römer die
Aufhebung des ihm gegenüber ergangenen Entscheides der Getreidekommission.

    Es wird geltend gemacht, dieser Entscheid verletze Art. 17 Abs. 2
VV I. Die Behörde habe das ihr zustehende Ermessen nicht zutreffend
gehandhabt. Die Beschränkung der Tätigkeit des Beschwerdeführers auf
einen Rayon von 10 km sei sachlich nicht begründet. Diese Grenze werde
in zahlreichen anderen Fällen nicht eingehalten. Die Getreidekommission
nehme zu Unrecht an, dass die Verwaltung Art. 17 Abs. 2 VV I nur auf
Klage hin anzuwenden habe. Der angefochtene Entscheid verstosse gegen
den Grundsatz der Rechtsgleichheit.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Da die vorliegende Beschwerde sich gegen einen Entscheid der eidg.
Getreidekommission richtet, ist das Bundesgericht nach Art. 61 Abs. 1
lit. c GG zu ihrer Beurteilung zuständig.

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 103 Abs. 1 OG ist zur Erhebung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde berechtigt, wer in dem angefochtenen
Entscheide als Partei beteiligt war oder durch ihn in seinen Rechten
verletzt worden ist. Diese Bestimmung geht davon aus, dass ein
Beschwerdeführer, der durch den Entscheid formell als Partei ausgewiesen
ist, auch die Legitimation in der Sache selber besitzt. So verhält es sich
in der Tat fast immer. Formelle Beschwerdelegitimation und Sachlegitimation
decken sich dagegen dann nicht, wenn durch den angefochtenen Entscheid
das Begehren einer Person (materiell) abgewiesen wird, die sachlich
nicht legitimiert ist. In diesem Fall ist der Abgewiesene zwar zur
Verwaltungsgerichtsbeschwerde formell legitimiert, doch muss seine
Beschwerde ohne weiteres abgewiesen werden, weil ihm die Sachlegitimation
fehlt (KIRCHHOFER, Die Verwaltungsrechtspflege beim Bundesgericht, S. 32
ff.; BGE 85 I 124, 165).

    Durch den Entscheid, der hier angefochten ist, hat die
Getreidekommission eine Beschwerde Römers abgewiesen. Sie hat den
Beschwerdeführer als Partei behandelt. Er war als solche in dem Entscheide
beteiligt und ist daher zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde jedenfalls
formell legitimiert. Ob er auch die Legitimation in der Sache besitze,
ist bei der materiellen Beurteilung der Beschwerde zu prüfen.

Erwägung 3

    3.- Gemäss Art. 61 Abs. 1 lit. c GG unterliegen Entscheide der
Getreidekommission der Verwaltungsgerichtsbeschwerde in Fällen mit einem
Streitwert, wie er in Art. 46 OG genannt ist. Nach dieser Bestimmung
muss der Streitwert wenigstens Fr. 8000.-- betragen. Massgebend ist
das wirkliche vermögensrechtliche Interesse der Parteien (BGE 65 II
183/4). Im vorliegenden Fall ist zu untersuchen, in welchem Ausmass das
jährliche Reineinkommen des Beschwerdeführers geschmälert wird, wenn die
von ihm angefochtene Anordnung bestehen bleibt. Die Getreidekommission
schätzt in der Vernehmlassung den Ausfall auf Grund der Annahme, dass der
Beschwerdeführer von den Produzenten, die von dieser Anordnung betroffen
werden, im Rechnungsjahr 1959/60 rund 1000 q Getreide erhalten hat, auf
Fr. 2040.-- im Jahr. Sie multipliziert diesen Betrag gestützt auf Art. 36
Abs. 5 OG mit 20. Indessen ist nicht sicher, dass der Beschwerdeführer die
früher in Gossliwil erworbene Kundschaft länger als einige Jahre behalten
würde; denn es ist damit zu rechnen, dass die Kundenmühlen, welche näher
bei ihr liegen, sich bemühen würden, sie für sich zu gewinnen. Immerhin
kann angenommen werden, dass das im Spiele stehende vermögensrechtliche
Interesse auf jeden Fall einen Kapitalwert von mindestens Fr. 8000.--
hat, auch wenn davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer jene
Kundschaft ohnehin im Verlaufe einiger Jahre nach und nach verlieren
würde. Der erforderliche Streitwert ist daher gegeben.

    Auf die vorliegende - rechtzeitig und in gesetzlicher Form erhobene -
Beschwerde ist deshalb einzutreten.

Erwägung 4

    4.- Art. 9 Satz 1 GG verpflichtet den Produzenten, der dem Bund
Inlandgetreide abliefern will, zur Selbstversorgung. Nach Art. 13 Abs. 1 GG
hat der Produzent, der selbst angebautes, gutes, mahlfähiges Inlandgetreide
im eigenen Betriebe verwendet, Anspruch auf eine Mahlprämie, wenn
diese Ware in einer Kundenmühle verarbeitet wurde. Art. 17 VV I enthält
nähere Bestimmungen über die Berechtigung zum Bezug der Mahlprämie. Nach
seinem Abs. 2, auf den die vom Beschwerdeführer angefochtene Anordnung
der Getreideverwaltung gestützt wird, ist das (zur Selbstversorgung des
Produzenten bestimmte) Getreide - unter Vorbehalt von Ausnahmen, welche
die Verwaltung gestatten kann - unmittelbar einer benachbarten Kundenmühle
zur Verarbeitung zu übergeben.

    Wie das Bundesgericht an das Getreidegesetz gebunden ist (Art. 114 bis
Abs. 3 BV), so hat es sich auch an die Vollziehungsverordnungen zu halten,
soweit sie im Rahmen des Gesetzes bleiben. Es kann die Verordnungen nur
daraufhin überprüfen, ob sie diesen Rahmen überschreiten (BGE 84 I 144;
85 I 177, 292 Erw. 4).

    Art. 68 Abs. 1 GG beauftragt den Bundesrat mit dem Vollzug dieses
Gesetzes und ermächtigt ihn, die erforderlichen Ausführungsbestimmungen
zu erlassen. Im Ingress der VV I erwähnt der Bundesrat nur diese
Vorschrift. Er hätte dort auch auf Art. 9 Satz 2 GG hinweisen können,
wonach er bestimmt, wie die Selbstversorgung, zu der die Produzenten
verpflichtet sind, durchzuführen ist. Die Mahlprämie soll die
Produzenten zur Selbstversorgung anspornen; sie ist ein Mittel zu deren
Durchführung (Botschaft des Bundesrates vom 16. Juni 1958, BBl 1958 II
S. 179). Deshalb gilt die besondere Ermächtigung, welche Art. 9 Satz 2
GG dem Bundesrat erteilt, auch für den Erlass näherer Bestimmungen über
die Mahlprämie. Art. 17 Abs. 2 VV I, der die Berechtigung zum Bezug der
Mahlprämie grundsätzlich davon abhängig macht, dass das Getreide einer
benachbarten Kundenmühle zur Verarbeitung übergeben wird, lässt sich
daher sowohl auf Art. 68 Abs. 1 als auch auf Art. 9 Satz 2 GG stützen.

    Diese Verordnungsbestimmung steht auch im Einklang mit Art. 27 Satz
1 GG, wonach der Bund die Bestrebungen zur Erhaltung einer genügenden
Anzahl von Kundenmühlen und zur Förderung ihrer angemessenen Verteilung
über das ganze Land unterstützt. Gerade die gesetzlichen Bestimmungen über
die Selbstversorgung und die Mahlprämie sollen u.a. die Erhaltung einer
dezentralisierten Kundenmüllerei fördern (BBl 1958 II S. 180). Diesem
Zweck dient offensichtlich auch der in Art. 17 Abs. 2 VV I aufgestellte
Grundsatz, dass der Produzent, wenn er die Mahlprämie erhalten will, das
zur Selbstversorgung bestimmte Getreide einer benachbarten Kundenmühle
zur Verarbeitung zu übergeben hat.

    Daraus ergibt sich, dass Art. 17 Abs. 2 VV I sich im Rahmen der
Ermächtigung hält, die das Gesetz dem Bundesrat erteilt.

Erwägung 5

    5.- Art. 17 Abs. 2 VV I betrifft den Anspruch der sich selbst
versorgenden Produzenten auf die Mahlprämie. Der Entscheid, durch den die
Getreideverwaltung gestützt auf diese Vorschrift den Selbstversorgern
eines bestimmten Gebietes unter Androhung des Verlustes der Mahlprämie
untersagt, ihr Getreide in einer bestimmten Kundenmühle verarbeiten zu
lassen, greift daher nicht nur in die Interessen, sondern auch in die
Rechtsstellung dieser Produzenten ein. Sie sind durch den Entscheid -
vorausgesetzt, dass er objektiv rechtswidrig ist - in ihren Rechten
verletzt und deshalb gemäss Art. 4 VV IV vom 10. November 1959 zum GG
sachlich legitimiert, ihn durch Beschwerde bei der Getreidekommission
anzufechten. Die Getreidekommission ist nach Art. 59 Abs. 1 GG zur
Beurteilung einer solchen Beschwerde zuständig; denn diese Bestimmung zählt
unter den Materien, welche in den Geschäftsbereich der Kommission fallen,
auch die "Durchführung der Selbstversorgung" und die "Mahlprämien" auf. Die
Produzenten, die durch den Beschwerdeentscheid der Getreidekommission in
ihrer subjektiven Rechtssphäre berührt werden, sind auch - im Sinne des
Art. 103 Abs. 1 OG, der die Legitimation gleich wie Art. 5 VV IV ordnet -
sachlich legitimiert, gegen diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde
zu erheben (vgl. BGE 62 I 167; 75 I 382; 81 I 396; 83 I 50 Erw. 2; 85 I
124 Erw. 2, 291 Erw. 2).

    Der Entscheid, durch den die Getreideverwaltung in Anwendung des
Art. 17 Abs. 2 VV I Selbstversorgern verwehrt, ihr Getreide von einem
bestimmten Kundenmüller verarbeiten zu lassen, wirkt sich aber auch auf
die subjektive Rechtssphäre dieses Müllers aus. In der Tat gewährt jene
Verordnungsbestimmung, die eine angemessene Verteilung der Kundenmüllerei
auf das ganze Land sicherstellen soll, dem einzelnen Kundenmüller Schutz
gegen Beschränkungen des räumlichen Bereiches seiner Tätigkeit, die mit
diesem Zweck nicht vereinbar sind. Der Kundenmüller, dessen Kundenkreis
durch einen Entscheid der Getreideverwaltung geschmälert wird, ist daher
in seiner Rechtsstellung beeinträchtigt, wenn dieser Entscheid objektiv
rechtswidrig ist. Er ist somit ebenfalls sachlich legitimiert, gegen den
Entscheid Beschwerde einzulegen.

    Die Getreidekommission ist zur Beurteilung seiner Beschwerde auch
zuständig. Zwar ist fraglich, ob dieser Beschwerdefall in Art. 59 Abs. 1
GG, welcher die der Getreidekommission zugewiesenen Beschwerdematerien
aufzählt, ausdrücklich vorgesehen ist; insbesondere ist zweifelhaft,
ob angenommen werden kann, dass der von der Verwaltung gestützt auf
Art. 17 Abs. 2 VV I gefällte Entscheid auch insoweit, als er die
Kundenmühle angeht, die "Durchführung der Selbstversorgung" oder die
"Mahlprämien" betrifft. Indessen erwähnt Art. 59 Abs. 1 GG auch die
"Beschränkung der Lohnvermahlungen von Handelsmühlen". Gemeint ist die
Massnahme, zu der Art. 27 Satz 2 GG die Verwaltung ermächtigt. Sie dient
dem in Satz 1 dieses Artikels genannten Zwecke, d.h. der Erhaltung einer
genügenden Anzahl von Kundenmühlen und der Förderung ihrer angemessenen
Verteilung über das ganze Land. Den gleichen Zweck verfolgt aber der
Entscheid, durch den die Verwaltung auf Grund des Art. 17 Abs. 2 VV I den
Kundenkreis einer Kundenmühle zugunsten anderer Kundenmühlen beschränkt. Es
rechtfertigt sich daher, auf diesen Entscheid die Bestimmung in Art. 59
Abs. 1 GG, wonach der Entscheid über "Beschränkung der Lohnvermahlungen
von Handelsmühlen" der Beschwerde an die Getreidekommission unterliegt,
analog anzuwenden. Es besteht kein Grund, die analoge Anwendung von
Bestimmungen über die Zuständigkeit einer Beschwerdeinstanz auszuschliessen
(vgl. W. JELLINEK, Verwaltungsrecht, 3. Aufl., S. 151; FORSTHOFF, Lehrbuch
des Verwaltungsrechts, 8. Aufl., S. 153 f.).

    Es ist daher richtig, dass die Getreidekommission auf die Beschwerde
Otto Römers eingetreten ist. Sie war zur Beurteilung zuständig, und
Römer war sachlich legitimiert, bei ihr - wie auch anschliessend beim
Bundesgericht - Beschwerde zu führen.

Erwägung 6

    6.- Art. 17 Abs. 2 VV I bezweckt nicht, den freien Wettbewerb zwischen
den Kundenmühlen einer Gegend auszuschliessen, und daher auch nicht,
die Existenz jeder Kundenmühle zu sichern, sondern nur, eine angemessene
Verteilung der Kundenmüllerei über das ganze Land zu gewährleisten. Zu
diesem Zwecke beschränkt die Vorschrift grundsätzlich (Satz 1) die für
einen Kundenmüller bestehende Möglichkeit, Produzenten ausserhalb eines
Gebietes, das mit dem Ausdruck "benachbart" bezeichnet wird, zu bedienen,
unter dem Vorbehalt, dass die Verwaltung Ausnahmen gestatten "kann" (Satz
2). Art. 17 Abs. 2 VV I ist im Sinne seiner Zweckbestimmung auszulegen.

    Indessen ist "benachbart" ein unbestimmter Rechtsbegriff, und die
Verordnung bestimmt auch nicht näher, unter welchen Voraussetzungen
Ausnahmen gestattet werden können. Die Anwendung dieser Ordnung
hängt von der Würdigung der tatsächlichen Umstände ab, die von Fall
zu Fall wesentlich verschieden sein können. In dieser Beziehung haben
die Getreideverwaltung und auf Beschwerde hin die Getreidekommission
einen gewissen Spielraum. Sie kennen die tatsächlichen Verhältnisse
des einzelnen Falles in der Regel besser als das Bundesgericht. Daher
ist bei der Überprüfung der von der Getreidekommission vorgenommenen
Würdigung des Sachverhaltes eine gewisse Zurückhaltung geboten. Sie ist
umsomehr angezeigt, als es sich jedenfalls zum Teil um Ermessensfragen
handelt. Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen Entscheid der
Getreidekommission kann nur Verletzung von Bundesrecht geltend gemacht
werden (Art. 104 OG). Das Gericht hat daher nicht frei zu prüfen, ob
die Getreidekommission von dem ihr zustehenden Ermessen einen richtigen
Gebrauch gemacht habe. Es kann nur bei Überschreitung oder Missbrauch
des Ermessens eingreifen, da sie als Rechtsverletzung gelten.

Erwägung 7

    7.- Der Beschwerdeführer macht geltend, es gehe nicht an,
dass die Verwaltung in seinem Fall den Kundenkreis begrenze, in
anderen Fällen dagegen nicht; sie müsse jeder Kundenmühle, und zwar in
einheitlicher Weise, eine Grenze vorschreiben. Diese Auffassung ist jedoch
unbegründet. Mit Recht nehmen die Verwaltung und die Vorinstanz an, dass
der Bereich der "Nachbarschaft" nicht für alle Landesgegenden einheitlich
festgelegt werden kann, weil die Verhältnisse verschieden sind. Zuzustimmen
ist auch ihrer Erwägung, dass es nicht notwendig ist, diesen Bereich für
jede Kundenmühle durch einen Entscheid abzugrenzen. In der Tat stellt
sich in den meisten Fällen eine den Entfernungen entsprechende Aufteilung
der Kundschaft von selbst ein. Wenn eine Kundenmühle auch etwa einen oder
einige wenige Produzenten ausserhalb des ihr nach dem ordentlichen Lauf
der Dinge zukommenden Kreises bedient, so hat dies keinen Einfluss auf die
Verteilung der Kundenmüllerei über das ganze Land. Es ist daher richtig,
dass die Verwaltung nur einschreitet, wenn eine Kundenmühle in einem
aussergewöhnlichen Ausmass in eine Zone hinübergreift, die normalerweise
nicht die ihrige ist. Indessen hat die Behörde den Entscheid, den sie
in einem solchen Falle trifft, nur solange aufrechtzuerhalten, als die
besonderen Voraussetzungen, welche ihn rechtfertigen, weiterbestehen.

Erwägung 8

    8.- Der Beschwerdeführer hat sich bemüht, die Bauern von Gossliwil
und Umgebung, deren Getreide er früher in der von ihm gepachteten Mühle
in Gossliwil verarbeitet hatte, als Kunden der von ihm gekauften Mühle
in Rüdtligen, die von jenem Betrieb in der Luftlinie rund 12 km entfernt
ist, zu behalten. Tatsächlich ist ihm dies in einem sehr grossen Umfange
gelungen. Unter den Produzenten, die er in Rüdtligen bedient hat, befinden
sich sehr viele ihm treu gebliebene alte Kunden. Dieser besondere Zustand
ist mit Art. 17 Abs. 2 VV I nicht vereinbar. Die Getreideverwaltung ist
mit Recht dagegen eingeschritten.

    Daher hatten die Getreideverwaltung in erster und die
Getreidekommission in zweiter Instanz in dem zwischen Gossliwil und
Rüdtligen liegenden Gebiete, in welchem der Beschwerdeführer weiterhin
alte Kunden bedient hat, im Sinne des Art. 17 Abs. 2 VV I die Nachbarschaft
der Mühle Rüdtligen abzugrenzen. Nur in diesem Gebiete war die Abgrenzung
vorzunehmen und ist sie auch vorgenommen worden. In den anderen Richtungen
ist die Tätigkeit des Beschwerdeführers - mit Recht - nicht beschränkt
worden.

    Der vorgenommenen Abgrenzung liegt die Annahme zugrunde, dass die vom
Beschwerdeführer in Rüdtligen betriebene Mühle für die Kunden, die weiter
als 10 km in der Luftlinie von ihr entfernt wohnen, unter den gegebenen
Umständen nicht mehr als "benachbart" gelten kann. Es besteht kein Grund,
diese Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse zu beanstanden. Sie
verstösst nicht gegen das Bundesrecht.