Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 87 II 65



87 II 65

11. Urteil der II. Zivilabteilung vom 23. Februar 1961 i.S. A. gegen
M.-I. und I. Regeste

    Vaterschaftsklage (Art. 307 ff. ZGB). Beweis der Vaterschaft durch
anthropologisch-erbbiologische Expertise. Anforderungen an diesen
Beweis. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichtes.

Sachverhalt

    A.- D. I., die heute verheiratet ist, gebar am 27.  November 1954
ausserehelich das Mädchen M. I. Als Vater bezeichnete sie A., der ihr
in der Zeit vom 6. Januar bis Ende Juni 1954 18mal beigewohnt habe.
Von Mutter und Kind mit der Vaterschaftsklage auf Vermögensleistungen
belangt, gab A. u.a. zu, die Mutter im Frühjahr 1954 vom Restaurant,
wo sie servierte, nach Feierabend wiederholt mit seinem Auto an ihren
Wohnort geführt und sie auch einmal zusammen mit einem andern Fräulein
und einem seiner Freunde in Abwesenheit seiner Ehefrau in seine Wohnung
eingeladen zu haben. Er bestritt dagegen jeden Geschlechtsverkehr mit
ihr und machte im übrigen geltend, sie habe um die Zeit der Empfängnis
einen unzüchtigen Lebenswandel geführt.

    B.- Nach Vernehmung der Parteien und zahlreicher Zeugen und nach
Einholung einer Blutexpertise, die keinen die Vaterschaft des Beklagten
ausschliessenden Befund ergab, ordnete das Bezirksgericht St. Gallen mit
Beweisdekret vom 24. August 1956 eine anthropologisch-erbbiologische
Expertise an. Es liess sich dabei von der Erwägung leiten, der Beweis, dass
der Beklagte der Mutter während der kritischen Zeit (31. Januar bis 31. Mai
1954) beigewohnt habe, sei bis dahin nicht geleistet. Zum Vaterschaftseid
im Sinne von Art. 272 der st. gallischen ZPO sei die Mutter nicht
zuzulassen, weil sie bei ihren Einvernahmen wiederholt wissentlich unwahre
Angaben gemacht habe und keinen vollkommen guten Leumund besitze. Auch
die Ablegung des Ergänzungseides im Sinne von Art. 264 ZPO müsse ihr schon
deswegen verweigert werden, weil sie nicht vertrauenswürdig sei. Dagegen
sei ihr die Möglichkeit zu geben, die Vaterschaft des Beklagten durch die
von ihr beantragte anthropologisch-erbbiologische Expertise nachzuweisen.

    Die Expertin, Dr. Dora Pfannenstiel in Basel, prüfte bei Mutter und
Kind und beim Beklagten im Frühjahr 1958 die Hautfarbe, die Merkmale
des Kopfhaares und der Augenbrauen, Farbe und Struktur der Iris, die
Merkmale der Augengegend, der Nase, der Mund- und Kinngegend und des
Gesichtes, die Kopfform, den Bau der Ohren, Hände und Füsse sowie die
Papillarlinien der Hände und Füsse und kam in ihrem Gutachten vom 24. März
1958 zum Schluss, nach den Ergebnissen der anthropologisch-erbbiologischen
Untersuchung sei die Vaterschaft des Beklagten "mit dem höchsten Grade
der Wahrscheinlichkeit (praktischer Sicherheit) anzunehmen."

    Das Bezirksgericht St. Gallen führte in seinem Urteil vom 16. Mai 1958
aus, auf diese Schlussfolgerung sei abzustellen. Daher sei anzunehmen, dass
der Beklagte der Mutter in der kritischen Zeit beigewohnt habe, woraus
sich die Vaterschaftsvermutung gemäss Art. 314 Abs. 1 ZGB ergebe. Die
Einrede des unzüchtigen Lebenswandels im Sinne von Art. 315 ZGB sei
schon durch das Beweisdekret vom 24. August 1956 implicite verworfen
worden. Dass die Mutter in der kritischen Zeit mit einem andern Manne
geschlechtlich verkehrt habe, sei nicht nachgewiesen. Die Vermutung des
Art. 314 Abs. 1 ZGB sei somit nicht entkräftet. Aus diesen Gründen hiess
das Bezirksgericht die Klage gut. Die Unterhaltsbeiträge für das Kind
setzte es für die ersten 6 Lebensjahre auf Fr. 100.--, für die Folgezeit
bis zum zurückgelegten 18. Lebensjahre auf Fr. 120.-- pro Monat fest. Der
Mutter sprach es auf Grund von Art. 317 ZGB Fr. 300.-- zu.

    C.- Das Kantonsgericht St. Gallen, an das der Beklagte appellierte,
fand wie das Bezirksgericht, durch die Zugeständnisse des Beklagten
bezüglich seiner Bekanntschaft mit der Mutter und durch die Zeugenaussagen
werde nicht bewiesen, dass der Beklagte der Mutter in der kritischen
Zeit beigewohnt habe. Zum Vaterschaftseid könne diese nicht zugelassen
werden. Anderseits seien aber auch keine Tatsachen erstellt, welche die
Vaterschaft des Beklagten von vornherein ausschlössen oder die Annahme
rechtfertigen könnten, dass die Mutter um die Zeit der Empfängnis einen
unzüchtigen Lebenswandel geführt habe. Das Kantonsgericht stimmte dem
Bezirksgericht auch darin bei, dass den Klägerinnen unter diesen Umständen
die Beweisführung durch eine anthropologischerbbiologische Expertise
zu gestatten sei, da sich dieses Beweismittel nicht von vornherein
als untauglich bezeichnen lasse. Dagegen liess es sich vom bereits
vorliegenden Gutachten nicht voll überzeugen, weil die Expertin über die
wissenschaftlichen Grundlagen der von ihr gezogenen Schlüsse keine nähere
Auskunft gegeben und sich mit den vom Bundesgericht in BGE 82 II 265 ff.
geäusserten Bedenken nicht auseinandergesetzt habe. Deshalb beschloss es
am 17. November 1958, ein Obergutachten einzuholen.

    Der Oberexperte, Dr. med. habil. Dr. phil. Dr. iur. Albert Harrasser in
Frankfurt a.M., äusserte sich im ersten Abschnitt seines Gutachtens vom 19.
März 1960 unter Angabe zahlreicher Belegstellen aus der Fachliteratur sehr
einlässlich über die Voraussetzungen der anthropologisch-erbbiologischen
Begutachtung von Abstammungsfragen und über die Erkenntnismöglichkeiten,
die dieses Verfahren heute bietet, und berichtete im zweiten Abschnitt
ebenso ausführlich über die von ihm am 2. Oktober 1960 bei den Parteien
erhobenen Befunde und deren erbbiologische Bedeutung. Neben den schon
von der Erstbegutachterin gewürdigten Körpermerkmalen, unter denen er
eine beim Kind und beim Beklagten, nicht aber bei der Mutter vorhandene,
dominant vererbliche Anomalie (medianes Oberkiefertrema = Lücke zwischen
den mittlern obern Schneidezähnen) besonders hervorhob, berücksichtigte
er auch die im Blutgutachten festgestellten Bluttypenmerkmale (Beklagter:
AB, MM, cc dd ee; Kind: AB, MM, Cc D- ee, Mutter: A, MM, CC D- ee). Seine
Schlussfolgerung lautet:

    "Nach dem Wissensstand und den Erfahrungstatsachen der Erbbiologie
des Menschen lässt sich auf Grund der Befunde der beiden Klägerinnen
und des Beklagten in Erbmerkmalen des Blutes, in einer auf Vererbung
beruhenden Anomalie des Kindes und in sonstigen bei den Beteiligten in
Erscheinung tretenden, einwandfrei auf Vererbung beruhenden Merkmalen
und Merkmalskomplexen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
schliessen, dass die Klägerin M. I. vom Beklagten A. erzeugt wurde."

    Am 24. Mai 1960 hat hierauf das Kantonsgericht das erstinstanzliche
Urteil bestätigt mit der Begründung, die Vaterschaft des Beklagten, die
nicht nur mit Hilfe der Vermutung des Art. 314 Abs. 1 ZGB dargetan werden
könne, sei durch das Obergutachten mit genügender Sicherheit nachgewiesen;
bei dieser Sachlage sei für die Einrede aus Art. 314 Abs. 2 ZGB kein Raum
mehr und werde die im Beweisdekret vom 17. November 1958 offen gelassene
Frage der Zulassung der Klägerin zum Ergänzungseid gegenstandslos.

    D.- Mit der vorliegenden Berufung an das Bundesgericht beantragt der
Beklagte Abweisung der Klage.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Eine Vaterschaftsklage kann, wie aus ihrem Namen sowie aus Art. 307
ff. ZGB hervorgeht, nur auf Grund der Annahme gutgeheissen werden, dass
der Beklagte der Vater des in Frage stehenden ausserehelichen Kindes sei
(vgl. BGE 75 II 334 mit Zitaten und 79 II 258, wo in anderm Zusammenhang
darauf hingewiesen wurde, dass die Feststellung der Vaterschaft, von
der Art. 307 ZGB spricht, Rechtsgrund der in Art. 309 ZGB genannten
Ansprüche ist). Nach Art. 8 ZGB hat die klagende Partei die Tatsache der
Vaterschaft, auf die sie ihre Begehren stützt, im Falle der Bestreitung
grundsätzlich nachzuweisen. Art. 314 Abs. 1 ZGB bestimmt jedoch,
die Vaterschaft des Beklagten werde vermutet, wenn dieser nachweisbar
in der Zeit vom 300. bis zum 180. Tage vor der Geburt des Kindes (der
sog. kritischen Zeit) der Mutter beigewohnt hat. Diese Vorschrift verfolgt
unzweifelhaft den Zweck, der klagenden Partei den ihr obliegenden, in der
Regel schwierig zu führenden Beweis der Vaterschaft zu erleichtern, indem
sie ihr erlaubt, sich zunächst auf den Nachweis einer Beiwohnung in der
kritischen Zeit zu beschränken. Art. 314 Abs. 1 ZGB hat also entgegen der
Ansicht des Berufungsklägers keineswegs den Sinn, dass die Vaterschaft
des Beklagten von Bundesrechts wegen nur durch den mit den üblichen
Beweismitteln geleisteten Nachweis einer solchen Beiwohnung dargetan
werden könne. Misslingt der klagenden Partei dieser Nachweis, so bleibt
ihr vielmehr unbenommen, den Versuch zu unternehmen, die Vaterschaft des
Beklagten ohne die Hilfe der Vermutung von Art. 314 Abs. 1 ZGB zu beweisen.
Dieser Möglichkeit kam freilich bis anhin praktisch keine wesentliche
Bedeutung zu. Dass der Nachweis einer Beiwohnung in der kritischen
Zeit für die Gutheissung einer Vaterschaftsklage nicht unerlässlich
ist, sondern dass die Vaterschaft des Beklagten grundsätzlich auch auf
anderm Wege dargetan werden kann, hat das Bundesgericht aber immerhin
schon in BGE 70 II 70 ff. festgestellt, wo es (S. 73/74) ausführte, die
Vermutung des Art. 314 Abs. 1 ZGB lasse sich nur an eine Beiwohnung in der
kritischen Zeit knüpfen; bei Spätgeburten, die auf eine mehr als 300 Tage
zurückliegende Beiwohnung zurückgeführt werden, habe somit die klagende
Partei nach der allgemeinen Regel des Art. 8 ZGB, soweit dies nach der
Natur der Sache überhaupt möglich sei, den Beweis für die Vaterschaft des
Beklagten zu erbringen. Es bedeutet demnach keine Verletzung von Art. 314
Abs. 1 ZGB, dass die Vorinstanzen den Berufungsbeklagten gestatteten,
durch eine anthropologisch-erbbiologische Expertise unmittelbar die
Abstammung des Kindes vom Berufungskläger zu beweisen.

Erwägung 2

    2.- Das Obergutachten, auf das die Vorinstanz abstellt, erklärt
nicht, es sei absolut sicher, dass der Berufungskläger der Vater des
Kindes M. sei, sondern sagt nur, aus dem Untersuchungsbefund lasse sich
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schliessen, dass er es
erzeugt habe. Ob dieser Grad der Wahrscheinlichkeit genüge, um den nach
dem Gesetz erforderlichen Beweis der Vaterschaft als geleistet anzusehen,
ist eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht prüfen kann (vgl. BGE 82
II 262/263). Sie ist zu bejahen. An den Nachweis, dass der Beklagte
der Vater sei, dürfen wie an den Nachweis, dass die Vaterschaft eines
bestimmten Mannes (des Beklagten oder eines Dritten) ausgeschlossen
sei, nicht so strenge Anforderungen gestellt werden, dass er praktisch
überhaupt nie geleistet werden kann. Dies wäre aber der Fall, wenn ein
absolut sicherer Beweis gefordert würde, da ein solcher auf diesem Gebiete
der Natur der Sache nach nicht möglich ist. Es muss daher ausreichen,
wenn die Vaterschaft bezw. ihr Ausschluss mit praktischer Sicherheit,
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dargetan ist (vgl. BGE
77 II 31, 82 II 266). Mit einer derartigen Wahrscheinlichkeit muss sich
der Richter auch in zahlreichen andern Fällen begnügen (vgl. z.B. BGE 74
II 205 mit Hinweisen).

Erwägung 3

    3.- Welchen Grad der Zuverlässigkeit die Ergebnisse einer
naturwissenschaftlichen Untersuchungsmethode bieten können und
welcher Sicherheitsgrad im konkreten Fall erreicht sei, ist eine
naturwissenschaftliche Frage, die der Sachverständige zu beantworten
hat. Der Tatsachenrichter hat die Expertise freilich auf ihre
Schlüssigkeit zu prüfen, soweit er dazu in der Lage ist. Dem
Bundesgericht als Berufungsinstanz kommt diese Befugnis dagegen
grundsätzlich nicht zu, weil es sich hier eben nicht um eine Rechts-,
sondern um eine Tatfrage handelt. Übernimmt das kantonale Gericht die
Schlussfolgerung des Gutachtens, dass der zu beweisende Sachverhalt
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gegeben sei, so kann
das Bundesgericht nur nachprüfen, ob es angesichts der Grundlagen, auf
welche der Schluss sich stützt, vertretbar sei, von einer derartigen
Wahrscheinlichkeit zu sprechen, oder ob sich diese Beurteilung des Grades
der Zuverlässigkeit der Untersuchungsergebnisse nur damit erklären lasse,
dass der Sachverständige und die Vorinstanz den Begriff der an Sicherheit
grenzenden Wahrscheinlichkeit und damit die gesetzlichen Anforderungen
an den zu leistenden Beweis verkannten (vgl. zu diesen Fragen BGE 86 II
133 und 320 mit Hinweisen).

    Im vorliegenden Falle kann keine Rede davon sein, dass dem
Obergutachten und dem ihm folgenden Urteil der Vorinstanz ein solcher
Mangel anhafte. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Oberexperte
angenommen hat, eine Tatsache sei dann mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit als gegeben zu betrachten, wenn das Zutreffen des
Gegenteils "nur so extrem selten erwartet werden könnte, dass sich in
vernünftigem Denken allgemein vertreten lässt, letztere Eventualität
praktisch auszuschliessen, auch wenn sie als Möglichkeit theoretisch offen
bliebe". Seine Ausführungen enthalten nichts, woraus geschlossen werden
könnte, er habe sich nicht an diese Umschreibung gehalten, sondern sich
in Wirklichkeit mit einem geringern Grade von Wahrscheinlichkeit begnügt,
als er feststellte, die anthropologisch-erbbiologische Begutachtung könne
unter Umständen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ergeben,
dass ein bestimmter Mann der Vater des in Frage stehenden Kindes sei;
mit einem solchen Falle habe man es hier zu tun. Dem Obergutachten lässt
sich, wie die darin enthaltenen Literaturangaben zeigen, auch nicht etwa
entgegenhalten, die Auffassung, dass eine solche Expertise praktisch
sichere Ergebnisse liefern könne, werde nur vereinzelt vertreten,
was allenfalls ein Grund dafür sein könnte, der Methode die nach dem
Gesetz erforderliche Zuverlässigkeit abzusprechen. Der Oberexperte weist
darauf hin, dass die Fachwissenschaft seit den Arbeiten, auf welche
die in BGE 82 II 266 angeführte Abhandlung von SCHWEIZER über "Die
Leistung des Beweises im Vaterschaftsprozess..." (1936) sich stützt,
wesentliche Fortschritte erzielt hat (vgl. hiezu auch die Angaben von
H. SCHADE in BEITZKE, HOSEMANN, DAHR und SCHADE, Vaterschaftsgutachten
für die gerichtliche Praxis, 1956, S. 103 ff., und von K. GERHARDT in SJZ
1959 S. 249 ff.). Um den nach dem Untersuchungsergebnis anzunehmenden
Grad der Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft des Berufungsklägers zu
veranschaulichen, nennt der Oberexperte Zahlen, die zwar, von der Angabe
über die allein schon durch den Blutbefund geschaffene Wahrscheinlichkeit
abgesehen, nach seinen Ausführungen nicht auf mathematische Genauigkeit
Anspruch erheben, aber doch ein Bild von der Grössenordnung des
Wahrscheinlichkeitsgrades geben können (Wahrscheinlichkeit allein auf
Grund des Blutbefundes mindestens 96,2%, auf Grund des Blutbefundes und
der festgestellten dominant vererblichen Anomalie 99,68%, auf Grund des
Blutbefundes, der eben genannten Anomalie und der Annahme, dass das Kind
ausserdem noch wenigstens ein dominant vererbliches monogenes Merkmal von
30% Häufigkeit mit dem Beklagten, nicht aber mit der Mutter gemeinsam habe:
99,89%; Wahrscheinlichkeit auf Grund der Übereinstimmung des Kindes mit dem
Beklagten, nicht aber mit der Mutter in 8 dominanten, im einzelnen weit
unterdurchschnittlich häufigen, aber nicht seltenen Merkmalen: 99'993%).
Unter diesen Umständen lässt sich nichts dagegen einwenden, dass die
Vorinstanz auf die Schlussfolgerung des Obergutachtens abgestellt hat.

Erwägung 4

    4.- Da hienach die Vaterschaft des Berufungsklägers nicht bloss zu
vermuten, sondern als nachgewiesen zu betrachten ist, hat die Vorinstanz
mit Recht angenommen, für die Einrede aus Art. 314 Abs. 2 ZGB bleibe
im vorliegenden Falle kein Raum. Diese Einrede ist nur ein Mittel zur
Entkräftung der Vermutung des Art. 314 Abs. 1 ZGB, die im Falle des
positiven Nachweises der Vaterschaft des Beklagten keine Rolle spielt. Der
Nachweis von Tatsachen, die erhebliche Zweifel über die Vaterschaft des
Beklagten rechtfertigen, ist zudem von vornherein zum Scheitern verurteilt,
wenn diese Vaterschaft nach dem Beweisergebnis mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit feststeht; denn in diesem Fall ist die Vaterschaft eines
andern Mannes mit gleich hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. Die
Klage könnte daher selbst dann nicht auf Grund von Art. 314 Abs. 2 ZGB
abgewiesen werden, wenn Mehrverkehr der Mutter in der kritischen Zeit
dargetan wäre, was im übrigen nach dem erstinstanzlichen Urteil und den
tatsächlichen Feststellungen, welche die Vorinstanz im Zusammenhang mit
der Frage des unzüchtigen Lebenswandels getroffen hat, nicht zutrifft.

Erwägung 5

    5.- Auf Grund der eben genannten Feststellungen hat die Vorinstanz
mit Recht verneint, dass die Mutter um die Zeit der Empfängnis einen
unzüchtigen Lebenswandel im Sinne von Art. 315 ZGB geführt habe. Deshalb
kann dahingestellt bleiben, ob es im gegenteiligen Falle unzulässig
gewesen wäre, der klagenden Partei den Nachweis der Vaterschaft des
Berufungsklägers durch anthropologisch-erbbiologische Expertise zu
gestatten.

Erwägung 6

    6.- Die Feststellung, dass die Vorinstanz zulässigerweise ein solches
Gutachten angeordnet und als schlüssigen Beweis für die Vaterschaft des
Berufungsklägers gewürdigt hat, genügt zur Bestätigung des angefochtenen
Urteils (das mit Bezug auf die Höhe der dem Berufungskläger auferlegten
Vermögensleistungen nicht beanstandet worden ist). Ob und allenfalls
unter welchen Voraussetzungen die Weigerung eines kantonalen Gerichts,
ein solches Gutachten einzuholen, mit der Berufung als bundesrechtswidrig
gerügt werden könnte, braucht heute nicht entschieden zu werden. Der
vorliegende Fall bietet insbesondere auch nicht Anlass, zu den Problemen
Stellung zu nehmen, die sich unter Umständen daraus ergeben können,
dass eine anthropologisch-erbbiologische Begutachtung in der Regel erst
durchgeführt werden kann, nachdem das Kind drei Jahre alt geworden ist.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichtes St.
Gallen, I. Zivilkammer, vom 24. Mai 1960 bestätigt.