Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 86 IV 27



86 IV 27

9. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 16. Februar 1960
i.S. Schmidlin gegen Staatsanwaltsehaft des Kantons Luzern. Regeste

    Art. 292 StGB; Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen.

    Enthält die Verfügung keine Belehrung darüber, welche Strafen Art. 292
StGB vorsieht, so steht dies einer Bestrafung wegen Ungehorsams nicht
entgegen, wenn der Adressat der Verfügung die Strafandrohung ohnehin kennt.

Sachverhalt

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

    Gemäss Art. 292 StGB setzt die Verurteilung wegen Ungehorsams
gegen eine amtliche Verfügung u.a. voraus, dass die Verfügung unter
Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels erlassen worden ist. Nach
der Rechtsprechung muss die Verfügung dem Adressaten für den Fall des
Ungehorsams die in dieser Bestimmung vorgesehenen Strafen androhen;
ein blosser Hinweis auf die Bestimmung oder auf die Strafbarkeit
des Ungehorsams oder auch auf beides zusammen genügt nicht (BGE 68
IV 46 f.). Der Betroffene soll wissen, welche Strafe er im Falle des
Ungehorsams zu gewärtigen hat. Dieser Zweck erfordert aber die Angabe
der in Art. 292 StGB angedrohten Strafen nur dann, wenn der Adressat
der Verfügung sie nicht ohnehin kennt. Wer darüber z.B. durch eine nicht
lange vorher ergangene Verfügung bereits unterrichtet ist, bedarf keiner
besonderen Belehrung mehr, welche Strafen Art. 292 StGB vorsieht. Der
Betroffene ist in diesem Falle zufolge seiner Kenntnis der Strafandrohung
ohnehin vor unerwarteter Strafe geschützt, weshalb es auf einen nicht zu
rechtfertigenden Formalismus hinausliefe, wenn man die Bestrafung dennoch
davon abhängig machen wollte, dass ihm die Strafandrohung auch noch in
der Verfügung ausdrücklich vorgehalten worden sei.