Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 86 II 365



86 II 365

56. Urteil der I. Zivilabteilung vom 20. Dezember 1960 i.S. Wwe. Alfred
Giesbrecht Söhne gegen Vertglas, Genossenschaft der Schweizerischen
Glasgrosshändler. Regeste

    1.  Art. 839 OR. Jedenfalls wer Ziele verfolgt, die den von der
Genossenschaft geförderten oder gesicherten Interessen ganz oder teilweise
widersprechen, hat nicht Anspruch, als Genossenschafter aufgenommen zu
werden (Erw. 1).

    2.  Art. 28 ZGB, Boykott.

    a)  Auch wer sich dem Willen des Boykottierenden bis zum Entscheid
des Richters beugt, kann Ansprüche aus Boykott erheben (Erw. 2).

    b)  Der Unterlassungsanspruch aus unmittelbarem Boykott hat zur Folge,
dass der Richter den Boykottierenden verpflichten muss, Verträge bestimmten
Inhalts auch mit dem Boykottierten abzuschliessen (Erw. 3).

    c)  Der Boykott verletzt das Persönlichkeitsrecht auf freie
wirtschaftliche Betätigung und ist daher grundsätzlich widerrechtlich. Nur
wer mit dem Boykott offfensichtlich überwiegende berechtigte Interessen
verfolgt, die er auf keine andere Weise wahren kann, verstösst nicht
gegen das Recht (Erw. 4).

    d)  Den Beweis solcher Rechtfertigungsgründe hat der Boykottierende
zu leisten (Art. 8 ZGB) (Erw. 4 lit. e).

Sachverhalt

    A.- Die "Vertglas, Genossenschaft der Schweizerischen
Glasgrosshändler", die den "gemeinsamen Einkauf von Fensterglas aller
Dicken" und die "Regelung des Verkaufes" bezweckt (Art. 1 der Statuten),
schliesst mit den in- und ausländischen Herstellern Kaufverträge ab, "um
den gesamten inländischen Bedarf an Fensterglas aller Stärken zu decken"
(Art. 2 Abs. 1 der Statuten). Die beiden schweizerischen Glashütten
Moutier und Romont und die ausländischen Hüttenorganisationen haben sich
ihr gegenüber verpflichtet, Fensterglas für den schweizerischen Bedarf nur
an die ihr angehörenden Firmen zu liefern. Die Mitglieder der Vertglas
dürfen Fensterglas für diesen Bedarf ausschliesslich bei der Vertglas
beziehen (Art. 2 Abs. 1 der Statuten). Diese "regelt die Bezugsberechtigung
für Fensterglas aller Stärken, Dimensionen und Qualitäten vermittelst
Kontingentierung und stellt die Verkaufsbedingungen auf" (Art. 2 Abs. 2
der Statuten).

    "Als Mitglied der Vertglas kann jede im schweizerischen Handelsregister
eingetragene Glashandelsfirma aufgenommen werden, die in den der Aufnahme
vorausgegangenen, aufeinanderfolgenden fünf Jahren ausschliesslich durch
die Vertglas-Organisation gekauft, den Händlervertrag unterschrieben und je
Kalenderjahr im Durchschnitt 1 1/2% des Schweizerbedarfs, aber mindestens
jährlich 200 Tonnen Fensterglas aller Stärken zu Vertglas-Preisen
abgesetzt hat" (Art. 3 Abs. 1 der Statuten). Die Genossenschafter
dürfen kein Fensterglas einsetzen (Art. 11 Abs. 1 der Statuten, Art. 1
des Händlervertrages). "Die direkte oder indirekte Übernahme sowie die
Ausführung von Fensterglas-Verglasungen auf Holz" ist ihnen verboten. Sie
dürfen aber Kristallglas in Schaufenster-Anlagen einsetzen, ferner die
Verglasung auf Eisen- oder Betonrahmen übernehmen, wenn sie den Einsatz
durch selbständige Glaser ausführen lassen (Art. 11 Abs. 1 der Statuten).

    Die Kollektivgesellschaft Wwe. Alfred Giesbrecht Söhne in Bern,
die sowohl Glashandel betreibt als auch das Verglasen, namentlich auf
Holz, besorgt, wurde von der Vertglas am 1. Juni 1949 vertraglich als
Grosskonsument anerkannt und verpflichtete sich, während der Dauer des
Vertrages alles benötigte Fensterglas bei den Mitgliedern der Vertglas
oder bei den dieser Genossenschaft vertraglich angeschlossenen Händlern
oder Grosskonsumenten zu kaufen. Sie bezog von 1954-1958 jährlich 356-522
Tonnen Fensterglas. Auf den Preisen werden ihr 8% Mengenrabatt gewährt.

    Am 24. Juli 1958 ersuchte die Firma Wwe. Alfred Giesbrecht Söhne die
Vertglas, sie als Genossenschafterin aufzunehmen. Die Vertglas antwortete
am 29. August 1958, der Vorstand habe das Gesuch abgelehnt, da sie den
Händlervertrag nicht unterschrieben habe und folglich die Voraussetzungen
der Mitgliedschaft nicht erfülle.

    B.- Am 29. Juni 1959 klagte die Firma Wwe. Alfred Giesbrecht Söhne
beim Handelsgericht des Kantons Zürich mit den Begehren: 1. die Vertglas
zu verpflichten, sie als Mitglied aufzunehmen, eventuell sie zu den für
die Mitglieder geltenden Bedingungen zu beliefern; 2. die Vertglas zu
verpflichten, ihr Fr. 13'690.-- nebst 5% Zins seit 14. April 1959 sowie von
der Klageeinleitung an bis zur Aufnahme als Mitglied monatlich Fr. 3900.--
nebst 5% Zins zu bezahlen.

    Das Handelsgericht wies am 10. Juni 1960 die Klage entsprechend dem
Antrage der Beklagten ab.

    C.- Die Klägerin hat die Berufung erklärt. Sie beantragt dem
Bundesgericht, das Urteil aufzuheben und die Klage gutzuheissen.

    Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene
Urteil zu bestätigen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Gemäss Art. 839 OR, auf den die Klägerin das Begehren um Verleihung
der Mitgliedschaft stützt, können in eine Genossenschaft jederzeit
neue Mitglieder aufgenommen werden (Abs. 1). Die Statuten können unter
Wahrung des Grundsatzes der nicht geschlossenen Mitgliederzahl die
näheren Bestimmungen über den Eintritt treffen, dürfen diesen jedoch
nicht übermässig erschweren (Abs. 2).

    In BGE 69 II 45 wurde ausgeführt, die Genossenschaft könne die
Mitgliedschaft von der Ausübung eines bestimmten Berufes und anderen
tatsächlichen und rechtlichen Eigenschaften abhängig machen und den
Eintritt selbst solchen Personen verweigern, die diese Voraussetzungen
erfüllten, es sei denn, die Weigerung verstosse gegen allgemeine
Rechtsgrundsätze (Art. 2, 27 ZGB). Neuere Urteile gehen davon aus, wer
die statutarischen Voraussetzungen erfülle, habe Anspruch, aufgenommen zu
werden (BGE 76 II 294, 82 II 306 Erw. 8). Das Schrifttum deckt sich mit
dieser Rechtsprechung nur zum Teil (HUBER, ZSchwR nF 59 392; MERZ, Über
die Schranken der Kartellbindung, Bern 1953 59; VODOZ, Le droit d'entrer
dans une société coopérative appliqué aux organisations professionnelles,
Diss. Lausanne 1954 63 ff.; SECRÉTAN, JdT 105 I 200; a.M. DESCHENAUX,
ZSchwR nF 70 169 f. Anm. 116; HEFTI, Der Anspruch des Aussenseiters
auf Kartellmitgliedschaft, Diss. Bern 1956 44; GERWIG, Schweizerisches
Genossenschaftsrecht, Bern 1957 231 ff.; MONNIER, De l'entrée dans une
société coopérative, Diss. Neuchâtel 1957 128 f.).

    Mag sie standhalten oder nicht, so lässt sich aus Art. 839 OR
jedenfalls nicht ableiten, dass Anspruch auf die Mitgliedschaft auch
habe, wer Ziele verfolgt, die den von der Genossenschaft geförderten
oder gesicherten wirtschaftlichen Interessen ganz oder teilweise
widersprechen. Anders entscheiden, hiesse die Genossenschaft verpflichten,
ihren Zweck den Wünschen des Bewerbers anzupassen. Das ist nicht der Sinn
des Art. 839 OR. Gemäss Art. 828 Abs. 1 OR ist jeder Genossenschaft die
"Förderung oder Sicherung bestimmter wirtschaftlicher Interessen ihrer
Mitglieder in gemeinsamer Selbsthilfe" eigen. Die Genossenschaft kann und
muss somit - im Rahmen des Rechts und der Sittlichkeit (Art. 52 Abs. 3 ZGB)
- bestimmen, welchen wirtschaftlichen Interessen sie dienen will. Dem
Bewerber obliegt, sich den von der Genossenschaft geförderten oder
gesicherten Interessen unterzuordnen, wenn er Mitglied werden will. Daher
hat die Klägerin jedenfalls solange nicht Anspruch, von der Beklagten
als Genossenschafterin aufgenommen zu werden, als sie das Einsetzen von
Fensterglas auf Holz besorgt, das den Mitgliedern der Beklagten durch
Art. 11 der Statuten und Art. 1 des Händlervertrages untersagt ist.

    Hiegegen lässt sich nicht einwenden, dieses Verbot widerspreche dem
Recht und den guten Sitten, weil kein sachlicher Grund es rechtfertige
und es nur dazu diene, unerwünschte Mitbewerber von der Genossenschaft
fernzuhalten und den gegenwärtigen Mitgliedern ein Monopol zu sichern. Ob
die statutarische Beschränkung der Mitgliedschaft auf ausschliessliche
Glasgrosshändler nur der Klägerin oder, wie diese behauptet, zahlreichen
Firmen der Zentralschweiz den Eintritt verunmöglicht, ist unerheblich. Die
Beklagte verstösst weder gegen das Recht noch gegen die guten Sitten,
wenn sie nur die Belange der ausschliesslich Grossglashandel treibenden
Personen und Handelsgesellschaften fördern will, nicht auch jene von
Firmen, die ausserdem die Verglasung auf Holz besorgen und die daher nicht
notwendigerweise die gleichen Interessen haben wie die gegenwärtigen
Genossenschafter. Ob die Beschränkung, die sie sich auferlegt, wegen
unnützen Zwischenhandels oder übersetzter Zwischengewinne die Ware auf dem
Wege vom Hersteller zum Verbraucher verteuert und daher diesem schadet, ist
unerheblich. Jedermann ist im Rahmen des Gesetzes frei, sich wirtschaftlich
so zu betätigen, wie ihm beliebt, mag das auch den Interessen anderer,
ja selbst denen der Allgemeinheit, widersprechen. Da das schweizerische
Recht auf dem Boden der Privatwirtschaft und der Verbandsfreiheit steht,
darf der Richter nicht eingreifen. Das wäre nicht Rechtsprechung, sondern
staatliche Lenkung der Wirtschaft.

    Auch Art. 2 ZGB, auf den die Klägerin sich beruft, berechtigt den
Richter nicht dazu. Die Beklagte handelt nicht gegen Treu und Glauben
dadurch, dass sie den Kreis der Genossenschafter nicht statutarisch
so erweitert, wie die Klägerin es wünscht. Dass sie den Glashandel
durch ein tatsächliches Monopol beherrscht, ändert nichts. Wenn eine
Genossenschaft ihre Monopolstellung missbraucht, um Dritte als Mitbewerber
der Genossenschafter auszuschalten oder ihnen die geschäftliche Tätigkeit
zu erschweren, z.B. durch Lieferungsverbote oder Sonderpreise, können
die Verletzten wegen Eingriffs in ihre persönlichen Verhältnisse auf
Unterlassung und Schadenersatz klagen. Wer die statutarischen und
dem Gesetz nicht widersprechenden Voraussetzungen nicht erfüllt, hat
dagegen auch in einem solchen Falle nicht Anspruch auf Aufnahme in die
Genossenschaft.

    Das Aufnahmebegehren der Klägerin lässt sich auch nicht damit
begründen, das Verglasungsverbot werde von den Mitgliedern der
Beklagten systematisch umgangen und sei nur vorgeschoben, um unerwünschte
Mitbewerber fernzuhalten. Die Klägerin hat den Beweis, dass das zutreffe,
nicht erbracht. Abgesehen davon, dass sie nur wenige Firmen zu nennen
vermag, die das Verbot übertreten haben sollen, stellt das Handelsgericht
verbindlich fest, dass die Beklagte gegen die Verletzungen eingeschritten
ist. Nach den ersten Massnahmen von 1957, die nicht sehr wirksam gewesen
sein mögen, änderte die Beklagte am 30. Juni 1959 die Statuten dahin ab,
dass den Genossenschaftern auch irgendwelche Beteiligung an einer Firma
verboten sei, die sich mit Verglasungen befasst, deren Ausführung den
Genossenschaftern selber untersagt ist, und dass die Zuwiderhandlung
nach fruchtloser Mahnung zum Verlust der Mitgliedschaft führe. Die
Beklagte hat diese Bestimmung tatsächlich angewendet, und es ist ihr
nach der Feststellung des Handelsgerichts nicht gleichgültig, ob die
Genossenschafter sie befolgen oder nicht. Unter diesen Umständen ist
die Beklagte nicht verpflichtet, die Klägerin, welche die Statuten zum
vornherein nicht einhalten will, als Mitglied aufzunehmen.

Erwägung 2

    2.- Die Klägerin leitet den Anspruch, von der Beklagten zu den für
die Genossenschafter geltenden Bedingungen beliefert zu werden, sowie die
Schadenersatzforderung daraus ab, dass die Beklagte sie boykottiere. Das
Handelsgericht ist dagegen der Meinung, solange die Klägerin den Vertrag
von 1949 mit der Beklagten aufrecht halte und folglich auf unmittelbare
Belieferung durch in- und ausländische Hersteller von Glas verzichte,
könne von einem Boykott nicht die Rede sein.

    Ein Boykott, der, wenn er widerrechtlich ist, Anspruch auf
Unterlassung und Schadenersatz gibt, liegt in der organisierten Meidung
eines Gewerbetreibenden oder Arbeitnehmers zu dem Zwecke, ihn zu einem
bestimmten Tun oder Unterlassen zu zwingen oder ihn für ein solches zu
massregeln (BGE 76 II 285, 81 II 122, 82 II 297). Organisiertem Zwange
im Sinne dieser Rechtsprechung setzt die Beklagte die Klägerin aus,
denn nach den Feststellungen des Handelsgerichts kann diese sich das für
ihren Betrieb benötigte Fensterglas nicht zu konkurrenzfähigen Preisen
verschaffen, wenn sie sich der den Markt beherrschenden Beklagten nicht
fügt. Unter dem Zwange der von der Beklagten durchgesetzten Marktregelung
schloss die Klägerin mit ihr den Vertrag vom 1. Juni 1949. Damit hörte
der Zwang aber nicht auf. Er dauert solange an, als die Beklagte mit
Hilfe der Ausschliesslichkeitsverträge, die sie mit den Herstellern von
Fensterglas verbinden, unter Festsetzung der Preise und Kontingente den
Markt beherrscht und sich weigert, die Klägerin zu den gleichen Bedingungen
zu beliefern wie die Genossenschafter. Solange der Zwang nicht aufhört,
sind die Voraussetzungen des Art. 29 OR erfüllt und kann der Klägerin nicht
entgegengehalten werden, sie habe den Vertrag dadurch genehmigt, dass sie
ihn seit 1949 erfüllte (vgl. BGE 84 II 625). Sie befindet sich nicht in
der gleichen Lage wie eine Person, deren Willensmangel nach dem Abschluss
des Vertrages aufhört und zur Zeit des Urteils nicht mehr besteht.

    Allerdings beantragt die Klägerin nicht ausdrücklich, den Vertrag
unverbindlich zu erklären, noch führt sie sonstwie ausdrücklich aus,
sie wolle ihn nicht mehr halten. Indem sie verlangt, dass die Beklagte
verpflichtet werde, sie zu den für die Genossenschafter geltenden
Bedingungen zu beliefern, zielt sie jedoch auf die Ersetzung des alten
Vertrages durch einen neuen ab. Sie will, dass der Druck, unter dem
das bisherige Verhältnis zustande kam und abgewickelt wird, aufhöre und
die Beklagte zu einem Vertrag Hand biete, dem die Klägerin ungezwungen
zustimme. Ihr Eventualbegehren schliesst in sich, dass der Richter die
Unverbindlichkeit des Vertrages feststelle. Die Beklagte kann daher aus
diesem nichts ableiten. Da er der Klägerin bis zur Beendigung des Zwanges
die einzige Möglichkeit bietet, das für ihren Betrieb benötigte Fensterglas
zu den vereinbarten Preisen zu erhalten, konnte ihr nicht zugemutet werden,
ihn zu künden und erst nachher zu klagen. Damit hätte sie sich der Gefahr
ausgesetzt, dass ihr Geschäft zugrunde gerichtet und sie dafür nicht sicher
und voll entschädigt werde. Das Privatrecht muss nicht nur dem helfen,
der dem organisierten Zwange Widerstand leistet und dadurch geschädigt
wird, sondern auch dem, der sich bis zum Entscheid des Richters beugt,
damit der Schaden möglichst klein bleibe. Durch dieses Vorgehen verletzt
der Betroffene keine Interessen des Boykottierenden. Dieser erreicht
vorläufig was er will, wenn der Boykottierte sich bis zum Entscheid des
Richters fügt.

Erwägung 3

    3.- Das Begehren der Klägerin, der Richter habe die Beklagte zu
verpflichten, sie zu den gleichen Bedingungen zu beliefern wie die
Genossenschafter, ist nicht schon deshalb abzuweisen, weil es auf einen
Zwang zum Abschluss von Verträgen abzielt, also in die Vertragsfreiheit
eingreift. Da dem Boykott die organisierte Unterbindung oder Erschwerung
wirtschaftlicher Beziehungen mit dem Boykottierten eigen ist, schränkt der
Unterlassungsanspruch, den die Rechtsprechung des Bundesgerichts im Falle
unerlaubten Boykottes anerkennt, diese Freiheit stets ein. Jeder unerlaubte
Boykott, gehe er dahin, dass ein Verband seinen Mitgliedern oder Dritten
Vertragsabschlüsse mit einer bestimmten Person verbietet (mittelbarer
Boykott), oder bestehe er darin, dass ein über ein tatsächliches Monopol
verfügender Verband die Abschlüsse unterlässt oder nur zu erschwerten
Bedingungen vornimmt (unmittelbarer Boykott), beruht auf einem Missbrauch
der Vertragsfreiheit. Es liegt kein grundsätzlicher Unterschied darin,
dass in jenem Falle die richterliche Aufhebung des vom Verbande erlassenen
Verbotes genügt, um dem Boykottierten zu seinem Recht zu verhelfen,
während in diesem Falle die Untersagung des Boykottes durch den Richter
das Gebot an den Boykottierenden in sich schliesst, Verträge zu bestimmten
Bedingungen auch mit dem Boykottierten abzuschliessen. Die Zulässigkeit
dieses Gebotes verneinen, hiesse den Unterlassungsanspruch davon abhängig
machen, wie der Verband die Verfolgung seiner Ziele organisiert. Ein
wirksames Einschreiten gegen den unmittelbaren Boykott wäre nicht
möglich. Das kann das Gesetz nicht wollen. Der Vertragsfreiheit sind
durch das Recht des Boykottierten auf Teilnahme am freien Wettbewerb im
Falle des unmittelbaren Boykottes die gleichen Grenzen gezogen wie beim
mittelbaren Boykott.

Erwägung 4

    4.- a) Das Bundesgericht vertrat ursprünglich die Auffassung,
wenn ein Verband von Gewerbetreibenden durch Drohung oder Zwang Kunden
oder Lieferanten vom Verkehr mit einem Aussenseiter abhalte, begehe er
eine unerlaubte Handlung (BGE 22 184 f.). Bald darauf erklärte es den
von Arbeitnehmerverbänden ausgeübten Zwang für zulässig, wenn er einem
erlaubten Zwecke diene und mit rechtmässigen Mitteln erfolge (BGE 25 II
801 f., 30 II 282 ff.). Die Rechtsprechung entwickelte sich dann dahin
weiter, dass der organisierte Zwang zur Wahrung wirtschaftlicher Interessen
als in der Regel zulässig erklärt wurde. Als unerlaubt bezeichnete das
Bundesgericht ihn nur, wenn er sich zur Vernichtung des wirtschaftlichen
Auskommens des Betroffenen eigne oder wenn der mit ihm verfolgte Zweck
oder die angewendeten Mittel rechtswidrig seien oder den guten Sitten
widersprächen (BGE 32 II 366 ff., 33 II 116 ff., 34 II 252 ff., 36 II
562, 37 II 383 ff., 423, 40 II 619 ff., 41 II 443 f., 511, 44 II 479 ff.,
48 II 327). Später entschied es, dass eine nach Zweck und Mitteln nicht
zu beanstandende kollektive Zwangsmassnahme dann unerlaubt sei, wenn der
erstrebte Vorteil zum zugefügten Schaden in einem offenbaren Missverhältnis
stehe, dass also sogar die Vernichtung des wirtschaftlichen Auskommens des
Betroffenen sie nicht notwendigerweise rechtswidrig mache, aber anderseits
die Widerrechtlichkeit unter Umständen auch schon bejaht werden müsse,
wenn dieses Auskommen nicht gefährdet sei (BGE 51 II 529 ff., 52 II 383,
54 II 175, 56 II 435 f., 58 II 226, 61 II 252 f., 62 II 105, 280, 69 II
82, 73 II 76, 75 II 313, 76 II 287, 81 II 125, 82 II 299, 315, 85 II 496,
552; vgl. BGE 57 II 341, 491).

    Im neueren Schrifttum (s. namentlich F. GUISAN, La protection de la
personnalité et le boycott commercial, Festgabe für Carl Wieland, Basel
1934 174; O. A. GERMANN, Unlauterer Wettbewerb, Zürich 1945 302 ff.; A.
SIMONIUS, Ein verkanntes Freiheitsrecht, Festgabe für Erwin Ruck, Basel
1952 261 ff.; H. MERZ, Über die Schranken der Kartellbindung, Bern 1953
29 ff.; M. KUMMER, Anwendungsbereich und Schutzgut der privatrechtlichen
Rechtssätze gegen unlauteren und gegen freiheitsbeschränkenden Wettbewerb,
Bern 1960 129 ff.; JÄGGI, ZBJV 96 389; H. MERZ, ZBJV 96 460 ff.) wird teils
gelehrt, der Boykott sei immer widerrechtlich und auf eine Abwägung der
Interessen des Boykottierenden gegenüber denen des Boykottierten komme
nichts an, teils wird der Rechtsprechung zum mindesten vorgehalten,
sie verkenne die grundsätzliche Unerlaubtheit des Boykottes und trage
dem Interesse des Boykottierten an freier wirtschaftlicher Betätigung zu
wenig Rechnung.

    b) Die Auffassung, der Boykott sei grundsätzlich erlaubt, lässt
sich nicht damit begründen, es stehe jedem frei, sich des Abschlusses
von Rechtsgeschäften zu enthalten, und jeder dürfe sich zur Verfolgung
seiner Interessen mit anderen zusammenschliessen. Gewiss begeht an sich
nichts Unerlaubtes, wer es ablehnt, mit jemandem ein Rechtsverhältnis
einzugehen, mag seine Haltung auch verabredet sein. Im Boykott liegt aber
mehr als ein verabredetes Nichtabschliessen von Verträgen. Er besteht in
der organisierten Meidung eines Gewerbetreibenden oder Arbeitnehmers mit
dem Zwecke, ihn zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen zu nötigen, sei es
zur Aufgabe oder Nichtaufnahme einer bestimmten wirtschaftlichen Tätigkeit
(Vernichtungsboykott, Verdrängungsboykott), sei es zur Ausrichtung
derselben auf die ihm auferlegten Bedingungen (Unterwerfungsboykott). Die
verabredete Unterlassung bestimmten rechtsgeschäftlichen Verkehrs ist
nur das Mittel zur Erreichung dieses Zieles. Die Erlaubtheit des Mittels
macht das auf einen Erfolg gerichtete oder ihn bewirkende Verhalten nicht
rechtmässig. Massgebend ist, ob dieser vom Rechte nicht missbilligt
ist. Verletzt die Handlung oder Unterlassung ein fremdes Rechtsgut
oder trachtet der Täter mit ihr auf eine solche Verletzung, so ist sie
widerrechtlich, wenn nicht besondere Gründe, z.B. berechtigte Notwehr
oder erlaubte Selbsthilfe (Art. 52 OR), sie rechtfertigen.

    c) Das Bundesgericht hat von jeher ein Recht des Boykottierten
auf Achtung und Geltung seiner Persönlichkeit im Geschäftsverkehr
anerkannt (BGE 22 184 f., 32 II 367) und darunter "Freiheit und Recht
auf Betätigung der Persönlichkeit" (BGE 33 II 118), das Recht jeder
Person auf "Entfaltung ihrer Kräfte im Wirtschaftsleben" (BGE 52 II
383), auf "Betätigung der Persönlichkeit in wirtschaftlicher Beziehung"
(BGE 73 II 78), auf "Entfaltung der wirtschaftlichen Persönlichkeit"
(BGE 82 II 299) verstanden.

    Ein solches Recht besteht in der Tat. Die Bundesverfassung
gewährleistet in den von ihr selbst und der Gesetzgebung gezogenen
Schranken die Freiheit des Handels und der Gewerbe (Art. 31 BV). Diese
Bestimmung bietet unmittelbar nur Schutz gegen Eingriffe des Staates
(BGE 32 II 368, 52 II 384, 62 II 100). Sie verrät aber dennoch, dass
die schweizerische Wirtschaft auf freiem Wettbewerb beruhen soll (BGE
82 II 302). Dieser darf nicht durch private Abmachungen ausgeschaltet
werden. Jeder hat nicht nur das Recht, an ihm teilzunehmen, sondern soll
sich dabei auch nach den Grundsätzen des freien Wettbewerbes benehmen
können, d.h. in der Lage sein, seine wirtschaftliche Tätigkeit so zu
organisieren, wie ihm beliebt. Das sind Auswirkungen seiner Persönlichkeit
(Art. 28 ZGB). Wer durch kollektive Massnahmen darauf ausgeht, die
Teilnahme eines andern am Wettbewerbe dauernd oder vorübergehend zu
verunmöglichen oder zu erschweren oder dem andern die Bedingungen
aufzuzwingen, unter denen er soll teilnehmen können, greift in seine
persönlichen Verhältnisse ein, verletzt sein privates Recht auf Handels-
und Gewerbefreiheit. Dieses gibt keinen Anspruch auf ein gesichertes
wirtschaftliches Auskommen (BGE 52 II 383) und schützt niemanden vor
den Ausflüssen eines sich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben
abwickelnden Wettbewerbes, mögen die Mitbewerber dem andern einzeln
oder geschlossen in die Quere kommen. Boykott aber geht über das hinaus,
was jeder als Folge eines normalen freien Wettbewerbes dulden muss. Wer
jemanden boykottiert, trachtet darnach, ihn auf dem Wege organisierten
Zwanges als Mitbewerber zu vernichten, zu verdrängen oder zu unterwerfen
oder ihn zu massregeln. Das darf er nicht tun.

    Gewiss treten die Grenzen zwischen solchem Vorgehen und erlaubtem
Wettbewerbe nicht immer klar zutage. Die gegenseitige Macht der
Wettbewerber, die um Bezugsquellen oder Absatzmöglichkeiten ringen, ist
oft im Wirtschaftskampf entscheidend. Wird ein Mitbewerber durch die Macht
anderer ausgeschaltet oder behindert, so ist er nicht notwendigerweise in
seiner Persönlichkeit verletzt. Wann das zutreffe, ist aber eine Frage der
Umschreibung des Boykottes, nicht seiner Widerrechtlichkeit. Liegt ein
Boykott vor, so verletzt er notwendigerweise das Persönlichkeitsrecht
auf freie wirtschaftliche Betätigung und ist er daher grundsätzlich
widerrechtlich.

    d) Freilich haben auch die Boykottierenden Persönlichkeitsrechte:
die Vertragsfreiheit und die Freiheit des Zusammenschlusses. Diese
erlauben ihnen aber nicht, absichtlich auf Eingriffe in fremde Rechte
hinzuarbeiten. Sie finden eine Grenze im erwähnten Persönlichkeitsrecht
des Boykottierten.

    Das ist keine absolute Grenze. Die verabredete Unterlassung
wirtschaftlicher Beziehungen zum Boykottierten ist, entgegen Simonius
aaO 276, nicht immer unerlaubt. Das Recht, keine solchen Beziehungen zu
unterhalten, ergibt sich aus der Autonomie der Person im Privatrecht. Im
Falle des Boykottes entfällt es wegen des Zieles, das mit ihm verfolgt
wird. Nun lässt sich aber nicht sagen, dieses Ziel, bestehend in
der Vernichtung, Verdrängung, Unterwerfung oder Massregelung des
Boykottierten, sei notwendigerweise unerlaubt. Es gibt Fälle, in denen
es den Boykott rechtfertigt (vgl. Urteil der I. Zivilabteilung des
Bundesgerichts vom 25. Juni 1955 i.S. Film-Verleih-Verband in der
Schweiz gegen Reinegger). Der Konflikt zwischen den beiden qualitativ
gleichwertigen Rechten kann nicht ein für allemal entschieden werden,
in dem Sinne, dass das eine dem andern als überlegen erklärt würde. Es
verhält sich gleich wie in anderen Fällen, in denen Persönlichkeitsrechte
aufeinanderstossen, z.B. das Recht auf Kritik und Aufklärung einerseits und
das Persönlichkeitsrecht des durch sie Betroffenen anderseits. Der Richter
hat im einzelnen Falle das von der Rechtsordnung höher eingeschätzte Recht
zu bestimmen. Dabei wird er den sich gegenüberstehenden Interessen Rechnung
tragen, die durch die in Frage stehenden Rechte geschützt sind. Jene des
Boykottierenden sind gleich wie die des Boykottierten privater Natur und
gehen diesen nicht grundsätzlich vor. Auch geben nicht die wirtschaftlich
wichtigeren Interessen notwendigerweise den Ausschlag. Der Boykottierende
handelt nicht schon dann rechtmässig, wenn die von ihm erstrebten Vorteile
den dem Boykottierten zugefügten Schaden übertreffen. Nur wer mit dem
Boykott offensichtlich überwiegende berechtigte Interessen verfolgt, die
er auf keine andere Weise wahren kann, verstösst nicht gegen das Recht
(vgl. OSER/SCHÖNENBERGER Art. 41 N. 25/7).

    e) Der Boykottierende hat solche Interessen zu beweisen (Art. 8
ZGB). Der Boykottierte genügt seiner Pflicht durch den Nachweis des
Boykottes. Das ergibt sich daraus, dass dieser grundsätzlich widerrechtlich
ist und nur ausnahmsweise, wenn besondere Rechtfertigungsgründe vorliegen,
trotz Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Boykottierten von der
Rechtsordnung geduldet wird. Diese Verteilung der Beweislast entspricht
auch der bisherigen Rechtsprechung zum Vernichtungsboykott (BGE 76 II
290, 81 II 125) und wurde im Ergebnis auch beim Verdrängungsboykott
anerkannt (BGE 82 II 302 Erw. 6), der sich übrigens von jenem nicht
scharf abgrenzen lässt. Für den Unterwerfungsboykott kann nichts anderes
gelten. Er bedient sich der Drohung mit Vernichtung oder Verdrängung
als Mittel zur Unterwerfung. Sind Vernichtung und Verdrängung durch
kollektiven Zwang grundsätzlich widerrechtlich, so kann auch die Bedrohung
mit solchen Folgen in der Regel nicht zulässig sein. Der Boykottierte
braucht daher nur darzutun, dass der Boykottierende auf Unterwerfung
ausging. Dieser seinerseits hat zu beweisen, dass er offensichtlich
überwiegende berechtigte Interessen hatte, die er nicht auf andere Weise
wahrnehmen konnte.

    f) Die II. Zivilabteilung, die wiederholt wie die I.  Zivilabteilung
den Boykott als grundsätzlich erlaubt bezeichnete (BGE 51 II 525, 85 II
552), hat im Verfahren gemäss Art. 16 OG der Änderung der Rechtsprechung
zugestimmt.

Erwägung 5

    5.- a) Da die Klägerin von der Beklagten boykottiert wird und Boykotte
grundsätzlich widerrechtlich sind, muss die Sache zur Neubeurteilung an
das Handelsgericht zurückgewiesen werden. Wenn und soweit die Beklagte
dem kantonalen Prozessrecht gemäss die nötigen Behauptungen aufgestellt
und taugliche Beweise dafür angeboten hat, wird zu prüfen sein, ob sie mit
dem Boykott offensichtlich überwiegende berechtigte Interessen verfolgt,
die sie auf andere Weise nicht wahrnehmen kann.

    Was die Beklagte in der Berufungsantwort vorbringt, genügt nicht zur
Rechtfertigung ihres Boykottes.

    Das gilt vorab für den Einwand, die Klägerin könnte durch tief
angesetzte Verglasungspreise den Handel mit Fensterglas weitgehend
an sich reissen, wodurch die reinen Glashändler ausgeschaltet und die
Schreiner und Glaser gefährlich konkurrenziert würden. Die Tatsache,
dass ein Unternehmer durch angemessene Organisation seines Betriebes
in der Lage ist, die Gestehungskosten und damit die von seinen Kunden
zu zahlenden Preise herabzusetzen, ist kein vom Recht anerkannter Grund,
ihn zu boykottieren, mag auch sein Vorgehen den hergebrachten Aufbau eines
Wirtschaftszweiges erschüttern. Wenn der Glasgrosshändler ein nützliches
Zwischenglied ist, dessen Verdienst tatsächlichen Leistungen entspricht,
dann entstehen der Klägerin sowohl die Kosten des Grosshändlers als auch
jene des Verglasers, weil sie beide Tätigkeiten ausübt. Dann ist sie nicht
in der Lage, zu wesentlich tieferen Preisen zu verglasen als andere. Sollte
dagegen richtig sein, dass sie das tun kann, weil sie sowohl Grosshändler
als Verglaser ist, dann stände fest, dass der Boykott einer unzweckmässig
aufgezogenen Wirtschaft zu Hilfe kommen soll. Das wäre kein berechtigter
Grund, durch Kollektivzwang in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin auf
Teilnahme an einem freien Wettbewerb einzugreifen.

    Unerheblich ist auch der Einwand, die der Klägerin auferlegten
Preise unterschieden sich von denen der Genossenschafter so wenig,
dass das Geschäft der Klägerin nicht nur zugrunde gerichtet worden sei,
sondern sich günstig entwickelt habe. Die Widerrechtlichkeit des Boykottes
hängt nicht von den auferlegten Bedingungen ab, sondern ist gegeben,
weil dem Boykottierten durch die Drohung mit Unterbindung der Lieferungen
die Freiheit genommen wird, seine Tätigkeit so zu organisieren, wie ihm
beliebt, d.h. weil er durch kollektive Massnahmen gezwungen wird, einer
Organisation beizutreten oder einen Vertrag zu unterzeichnen. Es ist nicht
nötig, dass ausserdem die auferlegten Bedingungen seine geschäftliche
Entwicklung verhindern, d.h. der Unterwerfungsboykott sich in einen
Verdrängungs- oder Vernichtungsboykott verwandle.

    Wenn die Behauptung der Beklagten, der Einstandspreis für Fensterglas
sei im Verhältnis zu den Bearbeitungskosten von völlig untergeordneter
Bedeutung, richtig sein sollte, wäre übrigens nicht zu verstehen, dass
die Aufhebung des von der Klägerin zu zahlenden Mehrpreises, der nach
der Darstellung der Beklagten nur etwa 4% erreichen soll, sich eigne, den
ganzen Wirtschaftszweig zugrunde zu richten, wie die Beklagte angeblich
befürchtet.

    b) Falls das Handelsgericht zum Schlusse kommt, der vorliegende
Boykott lasse sich nicht rechtfertigen, ist das Begehren der Klägerin, die
Beklagte habe sie zu den für die Genossenschafter geltenden Bedingungen
zu beliefern, grundsätzlich begründet. Immerhin ist denkbar, dass die
Verpflichtungen der Beklagten gegenüber ihren Lieferanten, namentlich
gegenüber den schweizerischen Glashütten, oder andere Umstände, wie die
von den Genossenschaftern im Interesse der schweizerischen Glaserzeugung
gebrachten Opfer, einen Preisunterschied rechtfertigen, und zwar unter dem
gleichen Gesichtspunkt, unter dem die Beklagte von der Klägerin im Falle
der Aufnahme in die Genossenschaft ein Eintrittsgeld hätte erheben können
(vgl. BGE 82 II 303 Erw. 6 lit. b). Wenn die Kosten der von der Beklagten
besorgten Organisation des Glasmarktes nicht nur aus den Erträgen der
Verkäufe, sondern auch aus Leistungen der Genossenschafter (besonders
in Form von Beiträgen, abzüglich Rückvergütungen) gedeckt werden, ist
es billig, dass die Klägerin, die aus dieser Tätigkeit Nutzen zieht,
ihren Teil daran beitrage. Das Handelsgericht wird diesen Punkt immerhin
nur zu prüfen haben, wenn die Beklagte für die massgebenden Behauptungen
entsprechend dem kantonalen Prozessrecht geeignete Beweise angeboten hat.

    Sollte sich eine Erhöhung der Preise gegenüber denen, die den
Genossenschaftern bewilligt werden, rechtfertigen, so darf sie nur unter
dem erwähnten Gesichtspunkt stattfinden. Ausgeschlossen ist es, von der
Klägerin höhere Preise zu verlangen, weil sie nicht nur Glashandel treibt,
sondern auch Verglasungen ausführt. Der Gebrauch, den der Käufer von der
gekauften Ware macht, berührt den Verkäufer nicht; dieser hat ihm in der
Bestimmung der Preise nicht Rechnung zu tragen. Nur die den Grosshändlern
eingeräumten Preise und Lieferbedingungen dürfen entscheidend sein. Da
die Klägerin im grossen einkauft, hat sie Anspruch auf die gleichen
Mengenrabatte wie die andern Grosshändler. Die Zuschläge, welche die
Beklagte der Klägerin einzig zum Zwecke auferlegt, gewisse Mindestpreise
beim Verbraucher zu gewährrleisten und so die Konkurrenzierung der
Schreiner und Glaser zu verhindern, sind nicht zulässig.

    c) Wenn die Beklagte keinen vom Recht anerkannten Grund hat,
die Klägerin zu boykottieren, wird das Handelsgericht zu den weiteren
Voraussetzungen der Schadenersatzansprüche und zu deren Höhe Stellung
nehmen müssen.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Handelsgerichts
des Kantons Zürich vom 10. Juni 1960 aufgehoben und die Sache zur
Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.