Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 86 II 355



86 II 355

55. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 29. November 1960
i.S. Müller gegen Knie. Regeste

    Retentionsrecht des Willensvollstreckers und Anwalts, Art. 895 ZGB.

    Anwendbarkeit von Art. 140 OR auf das Retentionsrecht (Erw. 2).

    Steht dem Anwalt, der im Anschluss an eine Testamentsvollstreckung
ein zum Nachlass gehörendes Wertschriftendepot für den Erben
weiterverwaltet und diesen auch sonst berät, für seine Honoraransprüche
aus Willensvollstreckung und Anwaltstätigkeit ein Retentionsrecht
zu? (Erw. 3, 4).

    Frage des Besitzes (Erw. 3).

    Frage des Zusammenhanges zwischen Forderung und Gegenstand der
Retention beim nicht kaufmännischen Retentionsrecht (Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- Der Beklagte, Rechtsanwalt W. Müller, war Willensvollstrecker des
im Jahre 1940 verstorbenen Karl Knie, Verwaltungsratspräsident und Direktor
der Zirkus Knie A.-G. Bei der im Jahre 1941 erfolgten Erbteilung wurde
ein zur Verlassenschaft gehörendes Wertschriftendepot bei der Zürcher
Kantonalbank, in dem sich Obligationen für Fr. 35'000.-- befanden,
der Ehefrau des Erblassers, der Klägerin Frau A. Knie, zugewiesen. Von
1940 bis 1953 war der Beklagte Rechtsberater der Klägerin; insbesondere
verwaltete er auch das Depot bei der Zürcher Kantonalbank, das heute noch
besteht. Eine Rechnung für seine Bemühungen als Willensvollstrecker und
als Anwalt stellte der Beklagte der Klägerin in dieser Zeit nie.

    B.- Im Jahre 1955 belangte die Klägerin den Beklagten auf Herausgabe
des Wertschriftendepots. Der Beklagte erhob Widerklage auf Verurteilung der
Klägerin zur Bezahlung von Fr. 17'421.25 als Honorar für seine Bemühungen
als Willensvollstrecker und Rechtsberater, sowie auf Feststellung, dass ihm
für diese Forderung ein Retentionsrecht am Wertschriftendepot zustehe. Die
Klägerin bestritt das Bestehen sowohl der Widerklageforderung als auch
eines Retentionsrechtes des Beklagten und erhob ferner die Einrede der
Verjährung.

    C.- Das Obergericht Zürich kam mit Urteil vom 13. Mai 1960
zum Schlusse, die Forderung des Beklagten auf eine Vergütung für die
Tätigkeit als Willensvollstrecker sei verjährt, da sein Mandat schon Ende
1941 erloschen sei; dagegen stehe ihm für einen Honoraranspruch von Fr.
5852.50 ein Retentionsrecht am Wertschriftendepot zu. Ebenso seien die
Honorarsprüche des Beklagten aus Anwaltstätigkeit für die Klägerin mit
Ausnahme einer Forderung von Fr. 340.-- verjährt; für sein Anwaltshonorar
könne der Beklagte kein Retentionsrecht beanspruchen, weil ihm als Anwalt
seitens der Klägerin kein Besitz an den streitigen Wertschriften eingeräumt
worden sei und zwischen seinem Besitz als Willensvollstrecker und seiner
Anwaltsforderung kein rechtlich bedeutsamer Zusammenhang bestehe.

    D.- Auf Berufung des Beklagten hin hebt das Bundesgericht das
angefochtene Urteil auf und weist die Sache an die Vorinstanz zurück auf
Grund der folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Der Beklagte macht mit der Berufung in erster Linie geltend, es
stehe ihm ein Retentionsrecht für seine volle, noch beanspruchte Forderung
von Fr. 17'421.25 nebst Zinsen und Kosten zu, nicht bloss für seine
Ansprüche aus der Tätigkeit als Willensvollstrecker; die gegenteilige
Entscheidung der Vorinstanz verletze Art. 895 ZGB und Art. 140 OR. Im
weitern nimmt er den Standpunkt ein, die Vorinstanz habe zu Unrecht
angenommen, seine Ansprüche seien zum grössten Teil verjährt.

    Wie der Beklagte zutreffend bemerkt, kann die Frage der Verjährung
dahingestellt bleiben, wenn man die Anwendbarkeit des Art. 140 OR auf
das Retentionsrecht mit der Vorinstanz bejaht, im Gegensatz zu ihr
aber annimmt, dass dem Beklagten ein Retentionsrecht für seine ganze
Forderung, also auch für seine Ansprüche aus seiner Tätigkeit als Anwalt,
zustehe. In der Tat hat der Beklagte in diesem Falle kein Interesse an der
Feststellung, dass die Verjährungseinrede der Klägerin unbegründet sei,
weil er durch retinierbare Werttitel ohnehin gedeckt ist. Es ist daher
geboten, die Frage des Retentionsrechts vorweg zu prüfen.

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 140 OR wird die Verjährung einer Forderung durch
das Bestehen eines Pfandrechts an Fahrnis zwar nicht ausgeschlossen;
dagegen hindert der Eintritt der Verjährung den Gläubiger nicht an
der Geltendmachung des Pfandrechts. Das gilt, wie die Vorinstanz mit
zutreffender Begründung ausführt, auch für das Retentionsrecht gemäss
Art. 895 ff. ZGB. Hiefür spricht schon die Systematik des Gesetzes,
das im I. Abschnitt des 23. Titels das Retentionsrecht zusammen mit
dem Faustpfand dem Begriff des Fahrnispfandes unterstellt und es in
Art. 895 ff. als dingliches Recht in einer Weise ausgestaltet, die
es dem Fahrnispfand gleichstellt; insbesondere gilt das laut Art. 898
Abs. 1 ZGB hinsichtlich der Verwertung. Damit steht schliesslich auch der
beschlagsrechtliche Grundsatz von Art. 37 Abs. 2 SchKG in Einklang, wonach
der Ausdruck "Faustpfand" auch das Retentionsrecht in sich schliesst. Auch
wirtschaftlich rechtfertigt sich die Gleichstellung der beiden
Institute. Zudem muss, nachdem im geltenden OR die früher in Art. 146
Abs. 2 aoR vorgesehene Unverjährbarkeit der Faustpfandforderung beseitigt
wurde, der sachenrechtliche Gesichtspunkt vermehrt ins Gewicht fallen. Dem
allen gegenüber erscheint es von untergeordneter Bedeutung, dass das
Faustpfand durch Vertrag, also mit dem Willen des Schuldners, begründet
wird, während das Retentionsrecht auf einseitigem Willensentschluss des
Gläubigers beruht und der Schuldner sich daher über das Schicksal der
in seinem Eigentum stehenden Sache im Ungewissen befindet, solange der
Gläubiger sich nicht darüber ausgesprochen hat, ob er das Retentionsrecht
beanspruchen wolle. Der Schuldner hat es ja in der Hand, nach eingetretener
Verjährung der Forderung, den für ihn nachteiligen Schwebezustand dadurch
zu beendigen, dass er die Herausgabe des Retentionsgegenstandes verlangt,
wie es im vorliegenden Fall geschehen ist, und damit den Gegner zwingt,
sich darüber zu äussern, ob er ein Retentionsrecht in Anspruch nehme.

    Die hier vertretene Auffassung, dass Art. 140 OR auch auf das
Retentionsrecht anwendbar sei, wird denn auch von der weit überwiegenden
Mehrheit des Schrifttums geteilt (So BECKER, OR Art. 140 N. 3; VON
TUHR/SIEGWART, OR II S. 675; LEEMANN, ZGB Art. 895 N. 29; OFTINGER,
ZGB Art. 895 N. 75; a.M. OSER/SCHÖNENBERGER, OR Art. 140 N. 3).

Erwägung 3

    3.- Damit der Beklagte ein Retentionsrecht in Anspruch nehmen kann,
muss ihm an den streitigen Wertpapieren gemäss Art. 895 Abs. 1 ZGB der
rechtlich geschützte Besitz zustehen. Soweit die Willensvollstreckung in
Frage steht, hat die Vorinstanz zutreffend unselbständigen Besitz gemäss
Art. 920 Abs. 2 ZGB am Depot Nr. 34034 angenommen. Der Willensvollstrecker
gilt von Gesetzes wegen (Art. 518 Abs. 2 ZGB) als befugt, die Erbschaft zu
verwalten, was in der Regel auch Besitz bedingt. Zur Erlangung und Wahrung
des Besitzes steht ihm nötigenfalls der Besitzesschutz zur Verfügung
(BGE 77 II 126). Den Besitz übte der Beklagte tatsächlich aus, wie sich
eindeutig aus seiner Vormerkung als Willensvollstrecker bei der Zürcher
Kantonalbank, aus der von ihm besorgten Verwaltung des Depots und aus der
Weigerung der Bank zur Herausgabe desselben ohne seine Zustimmung ergibt.

    Die Vorinstanz schränkt jedoch die Wirkungen dieser Sach-
und Rechtslage und darauf beruhender Retentionsrechte auf die
Willensvollstreckung ein. Dem kann vorerst einmal hinsichtlich der Frage
des Besitzes nicht beigepflichtet werden. Die Auffassung der Vorinstanz
träfe wohl zu, wenn mit der Beendigung der Willensvollstreckung der Besitz
des Beklagten dahingefallen wäre. Das war aber nicht der Fall. Wie die
Akten zeigen, beliess vielmehr die Klägerin auch nach der Erbteilung und
der Beendigung der Willensvollstreckung, d.h. nach 1941, dem Beklagten
weiterhin den unselbständigen Besitz am Depot; sie hat, obwohl sie auf
Grund des Erbteilungsvertrages vom 26. August 1941 das Eigentum an
den bei der Zürcher Kantonalbank deponierten Wertpapieren erlangte,
dem Beklagten durch schlüssiges Verhalten die Verwaltung - und damit
willentlich auch den Besitz - weiter überlassen. Dabei war sie sich über
die Zusammensetzung ihres Vermögens im klaren. Der von ihr persönlich
unterzeichnete Erbteilungsvertrag enthält eine Vermögensaufstellung mit
genauer Bezeichnung sämtlicher Wertschriften; darin sind insbesondere
auch die heute im Depot bei der Zürcher Kantonalbank liegenden
Werte mitenthalten; ebenso sind sie in den gleichfalls von der
Klägerin persönlich unterzeichneten Wertschriftenverzeichnissen zu den
Steuererklärungen 1942/43 aufgeführt. Die Klägerin wusste auch, dass die
streitigen Wertschriften vom Beklagten verwaltet wurden; denn sie liess
im Jahre 1953 die Werte des Zürcher Depots beim Beklagten und bei niemand
anderem herausverlangen.

    Angesichts dieser Umstände ist es belanglos, wenn die Vorinstanz das
Fehlen eines "Fürsorgeauftrags" des Erblassers oder der Klägerin selber an
den Beklagten feststellt, eine Urkunde über einen Auftrag der Klägerin an
den Beklagten zur Vermögensverwaltung vermisst usw. All dessen bedurfte es
nicht. Der Beklagte hatte die streitigen Vermögenswerte bereits in Besitz
und Verwaltung, und beides überliess ihm die Klägerin nach durchgeführter
Erbteilung über 12 Jahre hin weiter. Auf diese Zeitdauer darf sie sich
nicht nur berufen, wo sich diese (wie z.B. in der Frage der Verjährung) zu
ihren Gunsten auswirkt, sondern sie muss sie auch gegen sich gelten lassen.

    Das Erfordernis des Besitzes des Beklagten ist daher als erfüllt
anzusehen, auch soweit seine Tätigkeit als Anwalt in Frage steht.

Erwägung 4

    4.- Nach Art. 895 Abs. 1 ZGB ist für das Bestehen eines
Retentionsrechts sodann notwendig, dass die Forderung, für welche es
beansprucht wird, ihrer Natur nach mit dem Gegenstand der Retention in
Zusammenhang steht. Ob ein solcher Zusammenhang gegeben sei, ist eine vom
Bundesgericht überprüfbare Rechtsfrage, soweit es sich darum handelt,
welche begrifflichen Anforderungen das Gesetz in Art. 895 Abs. 1 ZGB
stellt. Tatfrage ist dagegen, wie die Verhältnisse im konkreten Falle
beschaffen waren; in dieser Beziehung hat daher das Bundesgericht seinem
Entscheid die Feststellungen des kantonalen Richters zu Grunde zu legen.

    a) Die Vorinstanz hat einen solchen Zusammenhang für die Ansprüche des
Beklagten aus Willensvollstreckung mit Recht anerkannt. Für seine sonstige
Anwaltstätigkeit dagegen hat sie ihn verneint. Es erscheint jedoch von
vorneherein als fraglich, ob es angeht, einen Tatbestand ohne Rücksicht auf
die organische Entwicklung der Lebensvorgänge in dieser Weise aufzuspalten.

    Die Vorinstanz geht davon aus, der Zusammenhang der Forderung müsse
nicht nur mit dem Gegenstand der Retention bestehen, sondern überdies
mit dem Grunde des Besitzes des Gläubigers daran; sie verlangt also, dass
Forderung und Besitz auf demselben Rechtsverhältnis beruhen müssen. Dem
kann nicht beigepflichtet werden. Die Vorinstanz glaubt zu Unrecht,
ihre Schlussfolgerung darauf stützen zu können, dass Art. 895 Abs. 2 ZGB
für das kaufmännische Retentionsrecht jeden gegenseitigen geschäftlichen
Verkehr, welcher Art er auch sei, für die Begründung des erforderlichen
Zusammenhangs genügen lässt, während beim bürgerlichen Retentionsrecht
Art. 895 Abs. 1 ZGB verlangt, dass die Forderung ihrer Natur nach mit
dem Gegenstand der Retention in Zusammenhang stehe. Das bedingt aber
noch nicht den gleichen Rechtsgrund. Besitzerwerb und Forderung brauchen
vielmehr nicht auf Grund ein und desselben Rechtsverhältnisses entstanden
zu sein, sondern es genügt, dass beide Verhältnisse durch denselben
Zweck verbunden sind oder sonst in einem natürlichen Zusammenhang stehen
(WIELAND, Sachenrecht S. 462). Der Begriff der Konnexität ist somit in
einem weiter gefassten rechtlichen und tatsächlichen Zusammenhang zu
verstehen, als ihn die Vorinstanz auffasst. Auf diesem Boden steht auch
die bundesgerichtliche Rechtsprechung (BGE 71 II 88).

    b) Ob dem Beklagten mit Bezug auf seine gesamte Tätigkeit für die
Klägerin Retentionsrechte zuerkannt werden können, hängt von der Art
seines geschäftlichen Verhältnisses zur Klägerin ab. In dieser Beziehung
ist den Feststellungen der Vorinstanz und den Akten folgendes zu entnehmen:

    Der Beklagte, der schon seit Jahren der juristische Berater des
Ehemannes der Klägerin gewesen war, erhielt von diesem am 28. April 1938
eine Generalvollmacht zur Vertretung des Vollmachtgebers in sämtlichen
geschäftlichen und persönlichen Angelegenheiten, mit Wirkung der Vollmacht
über den Tod hinaus. Als der Beklagte dann, wie erwähnt, von Karl Knie
testamentarisch zum Willensvollstrecker ernannt wurde und diesen Auftrag
annahm, erteilte ihm die Klägerin selber am 1. Juli 1941, ein Jahr nach
dem Tod ihres Ehemannes, auch noch eine Spezialvollmacht "betreffend
Erbschaft und Testament". Demgemäss wurde der Beklagte um die Zeit des
Abschlusses der Erbteilung (Sommer 1941) als persönlicher Vertreter der
Klägerin aufgeführt, und zwar auf einer an sie (als Beklagte) ergangenen
gerichtlichen Vorladung betr. Erbschaft und Anfechtung des Testaments.

    Der Beklagte stand der Klägerin nicht nur in Bezug auf die Regelung der
Erbschaftsangelegenheit zur Seite, sondern er beriet und vertrat sie seit
dem Tod ihres Gatten fortdauernd in einer Anzahl sonstiger Geschäfte. So
besorgte er vor allem ihre persönlichen Steuerangelegenheiten... Die
Besorgung der persönlichen Steuerangelegenheiten der Klägerin steht aber
mit dem Gegenstand der Retention, d.h. mit den Werttiteln des Depots
Nr. 34034, in direktem Zusammenhang, zumal das Vermögen der Klägerin zur
Hauptsache aus Wertpapieren bestand; für solche zählt die Erledigung der
Steuerfragen zweifellos zu den wichtigsten Verwaltungshandlungen.

    Der Beklagte befasste sich sodann auch noch mit zahlreichen anderen,
die Klägerin persönlich betreffenden Angelegenheiten. In dieser Hinsicht
sind insbesondere zu erwähnen...

    Aus alledem erhellt, dass der Beklagte jedenfalls von der Erbteilung
im Jahre 1941 an bis Ende 1950, zum Teil aber auch noch 1952/53, der
Vertrauensanwalt der Klägerin gewesen ist. Das wird auch durch verschiedene
persönliche Schreiben der Klägerin an den Beklagten aus den Jahren
1941-1952 bestätigt. Lag aber ein ausgesprochenes Vertrauensverhältnis
zwischen Klientin und Anwalt vor, wobei jene diesem die Verfügung über
ein Bankdepot überliess, so darf die Konnexität im oben dargelegten
weiteren Sinne angenommen werden. Angesichts der gegebenen Umstände
rechtfertigt es sich nicht, ein Retentionsrecht des in persönlichen und
vermögensrechtlichen Angelegenheiten dauernd und jahrelang beanspruchten
Anwalts zu verneinen. Es lag zwischen den Parteien eine auf die Dauer
berechnete Geschäftsverbindung mit einem Komplex von Rechtsgeschäften vor,
welche die persönliche und vermögensrechtliche Stellung der Klägerin
betrafen und darum unter sich zusammenhängen (vgl. hiezu: OFTINGER,
ZGB Art. 895 N. 103/4). Insbesondere durfte der Beklagte nach den
das Institut des Retentionsrechts beherrschenden Grundsätzen von Treu
und Glauben erwarten, dass die Klägerin die ausschliessliche Verfügung
über ihre bislang seiner Verwaltung überlassenen Vermögenswerte nicht
ohne Begleichung der Anwaltsrechnung an sich ziehe. Das erscheint um so
eher gerechtfertigt, als diese Ordnung der Auffassung des zürcherischen
Anwaltsgesetzes entspricht. Im Verhältnis zwischen der Klägerin als
Verwaltungsratsmitglied des grössten schweizerischen Unternehmens des
Zirkusgewerbes und dem Beklagten als Geschäftsanwalt ist dieses Ergebnis
nicht unbillig.

    Diese weite Auffassung vom Begriff der Konnexität birgt allerdings
eine gewisse Gefahr der Verwischung des Unterschiedes zwischen dem
kaufmännischen und dem bürgerlichen Retentionsrecht in sich. Aber das ist
einerseits der fortschreitenden Kommerzialisierung des Wirtschaftlebens
zuzuschreiben und anderseits die Folge davon, dass das schweizerische
Recht an sich schon die Grundtendenz aufweist, das bürgerliche Recht
und das Handelsrecht einander anzugleichen. Dem ist Rechnung zu tragen,
wo dies gerechtfertigt erscheint.

    c) Da demnach dem Beklagten ein Retentionsrecht sowohl für
seine Ansprüche aus Willensvollstreckung, als auch für diejenigen aus
Anwaltstätigkeit zusteht, erübrigt sich eine Prüfung der Verjährungsfrage.
Dagegen muss die Sache im Sinne des Eventualantrags der Berufung an die
Vorinstanz zurückgewiesen werden zur Feststellung der Vergütung, die dem
Beklagten über die von der Vorinstanz zugesprochenen Beträge hinaus noch
zusteht; denn die Vorinstanz hat sich hiezu nicht ausgesprochen und die
Höhe dieser Ansprüche ist umstritten.