Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 86 II 125



86 II 125

21. Urteil der I. Zivilabteilung vom 31. März 1960 i.S. Glatt und
Konsorten gegen Blanc und Basel-Landschaft, Regierungsrat. Regeste

    Nichtigkeitsbeschwerde, Art. 68 OG, Zulässigkeit.

    Keine Zivilsache ist das Jagdpachtverhältnis gemäss kantonalem Recht.

    Die Anwendung als subsidiäres kantonales Recht geltender Bestimmungen
des OR ist vom Bundesgericht nicht überprüfbar. Art. 68 Abs. 1 lit. a OG.

    Voraussetzung für die Anrufung der Vorschrift von Art. 68 Abs. 1 lit. b
OG ist das Bestehen einer Zuständigkeitsvorschrift des Bundesprivatrechts.

Sachverhalt

    A.- Nach § 34 der Verfassung des Kantons BaselLandschaft ist die
Jagd eine Gerechtsame der Gemeinden. Das kantonale Einführungsgesetz
vom 26. Februar 1959 zum Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz (EG/JVG)
erklärt in § 1 ausschliesslich das System der Revierjagd zulässig. § 3
EG/JVG verpflichtet die Gemeinden, die Jagdreviere periodisch öffentlich
zu versteigern.

    Die Gemeinde Diegten führte am 6. Februar 1960 die öffentliche
Versteigerung ihres Jagdreviers durch. Dabei kam es zu einem Wettlauf
zwischen der bisherigen Pächterin, der Jagdgesellschaft Blanc und
Mitbeteiligte, und den Brüdern Glatt als neuen Bewerbern. Die Jagdpacht
wurde zum Preis von Fr. 9100.-- den Brüdern Glatt zugeschlagen.

    B.- Gegen diesen Zuschlag erhoben die früheren Pächter Blanc und
Mitbeteiligte beim Regierungsrat Basel-Landschaft Beschwerde mit dem
Begehren, die Versteigerung sei ungültig zu erklären. Zur Begründung
machten sie geltend, die Steigerungsvorschriften seien dadurch verletzt
worden, dass der Gantleiter ein Höhergebot der bisherigen Pächter nicht
beachtet habe.

    C.- Mit Entscheid vom 23. Februar 1960 erklärte der Regierungsrat
die Jagdpachtversteigerung vom 6. Februar 1960 als ungültig und wies den
Gemeinderat Diegten an, eine neue Versteigerung durchzuführen.

    D.- Diesen Regierungsratsentscheid fechten die Brüder Glatt und
die Gemeinde Diegten mit der vorliegenden Nichtigkeitsbeschwerde beim
Bundesgericht an. Sie machen geltend, der Entscheid sei wegen Anwendung
kantonalen öffentlichen Rechts anstelle von Bundeszivilrecht (Art. 68
Abs. 1 lit. a OG), sowie wegen Verletzung der durch das Bundeszivilrecht
vorgeschriebenen sachlichen Zuständigkeit der Behörden (Art. 68 Abs. 1
lit. b OG) aufzuheben.

    Die Beschwerdeführer beantragen sodann, es sei ihrer Beschwerde
aufschiebende Wirkung gemäss Art. 70 Abs. 2 OG zu gewähren.

    Neben der Nichtigkeitsbeschwerde haben die Beschwerdeführer vorsorglich
auch noch eine staatsrechtliche Beschwerde gemäss Art. 84 OG eingereicht
und auch mit dieser ein Sistierungsgesuch gestellt.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

    In BGE 41 II 405 ff. wurde entschieden, dass das Jagdpachtverhältnis,
insbesondere auch die Gültigkeit einer Jagdpachtsteigerung, dem kantonalen
Recht unterstehe, weshalb eine Berufung an das Bundesgericht wegen Fehlens
einer Verletzung von Bundesprivatrecht ausgeschlossen sei.

    Gleich wie die Berufung ist auch die Nichtigkeitsbeschwerde
nach Art. 68 OG nur in Zivilsachen zulässig. An dieser Voraussetzung
gebricht es im vorliegenden Fall. Denn die Jagdpacht ist im Kanton
Basel-Landschaft wie andernorts ein öffentlichrechtliches Verhältnis,
das dem kantonalen Recht untersteht. Die Einräumung der Jagdberechtigung
ist öffentlichrechtliche Verleihung des Jagdrechtes für ein bestimmtes
Revier. Das durch diese Verleihung begründete Rechtsverhältnis wird durch
das kantonale Recht geregelt, und zwar sowohl inhaltlich wie mit Bezug
auf das Verleihungsverfahren.

    Für das Pachtverhältnis werden zwar im vorliegenden Pachtvertrag
(Ziff. 9) "die Bestimmungen des Schweizerischen Obligationenrechts,
insbesondere die Art. 275-298" als anwendbar erklärt. Dadurch wird
jedoch der sogenannte Jagdpachtvertrag nicht zu einem Pachtvertrag
im Sinne des Bundesprivatrechts. Desgleichen macht die gesetzliche
Anordnung einer öffentlichen Versteigerung der Jagdpacht (womit auf die
Bestimmungen der Art. 229 ff. OR über die Versteigerungen hingewiesen
wird) das Verfahren nicht zu einer dem Bundesprivatrecht unterstehenden
Versteigerung. In beiden Fällen gelten die anwendbar erklärten Bestimmungen
des OR nicht als Bundesrecht, sondern als subsidiäres kantonales
Recht. Verletzung kantonalen Rechts kann aber weder mit Berufung, noch
mit Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 68 Abs. 1 lit. a OG gerügt werden.

    Auch der Beschwerdegrund von Art. 68 Abs. 1 lit. b OG ist nicht
gegeben. Die Beschwerdeführer behaupten, für die Beurteilung der Frage der
Gültigkeit der Jagdpachtversteigerung sei nicht der Regierungsrat, sondern
der Richter zuständig. Gemäss Art. 230 Abs. 1 OR und § 5 Abs. 3 EG/JVG
hätte die Klage auf Ungültigerklärung der Versteigerung beim ordentlichen
Richter angebracht werden müssen. Die Beschwerdeführer übersehen jedoch,
dass Art. 230 Abs. 1 OR nur dann als Bundesrecht gilt, wenn es sich um
eine Versteigerung nach Privatrecht handelt. Steht dagegen, wie hier,
eine vom kantonalen öffentlichen Recht beherrschte Versteigerung in Frage,
so greift das kantonale Recht auch durch mit Bezug auf die Regelung der
Zuständigkeit zur Entscheidung von Streitigkeiten über die Gültigkeit einer
Versteigerung. Das Bundesrecht schreibt für diesen Fall nichts vor über die
Ordnung der örtlichen oder sachlichen Zuständigkeit. Eine solche Vorschrift
wäre aber Voraussetzung für eine Anrufung von Art. 68 Abs. 1 lit. b OG.

    Auf die Nichtigkeitsbeschwerde kann daher nicht eingetreten
werden. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf das von den Beschwerdeführern
gestellte Sistierungsgesuch.

    Die vorsorglich eingereichte staatsrechtliche Beschwerde, über die mit
Rücksicht auf die Unzulässigkeit der Nichtigkeitsbeschwerde entschieden
werden muss, ist samt dem ebenfalls gestellten Sistierungsbegehren der
zuständigen staatsrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts zur Behandlung
zu überweisen.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Auf die Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht eingetreten.