Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 86 II 108



86 II 108

19. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 17. Mai 1960
i. S. Verband Schweizerischer Radio- und Televisions-Fachgeschäfte und
Mitbeteiligte gegen Eschenmoser. Regeste

    Begeht ein Radiohändler unlauteren Wettbewerb durch den Vertrieb
von Apparaten, bei denen die Fabrikationsnummern entfernt worden
sind? (Erw. 2).

    Begriff der Wettbewerbshandlung (Erw. 2 a).

    Unlauterer Wettbewerb:

    -  durch Ausnützung fremden Vertragsbruches? (Erw. 2 b);

    - durch Steuerhinterziehung? (Erw. 3 a);

    - durch Missbrauch der Leistung von Mitbewerbern? (Erw. 3 b);

    - durch Verletzung beruflicher Arbeitsbedingungen? (Erw. 3 d);

    - durch Verstoss gegen gesetzliche Vorschriften? (Erw. 3 e);

    - durch Preisunterbietung? (Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- Der Kläger 1, der Verband schweizerischer Radiound
Televisions-Fachgeschäfte, ist ein im Handelsregister eingetragener
Verein mit dem Zwecke, die beruflichen und kaufmännischen Interessen
seiner Mitglieder zu wahren und zu fördern.

    Die Kläger 2-10 sind Inhaber von Radiofachgeschäften in Zürich,
die dem Kläger 1 als Mitglieder angehören. Die Kläger 11 und 12 sind
schweizerische Niederlassungen ausländischer Fabrikationsunternehmen von
Radio- und Fernsehapparaten.

    Der Beklagte Eschenmoser betreibt ein Handelsgeschäft für Radio- und
Fernsehapparate. Er ist nicht Mitglied des VSRT. Die von ihm vertriebenen
ausländischen Erzeugnisse bezieht er nicht von den schweizerischen
Generalvertretern der betreffenden Unternehmen, sondern vorwiegend
von Händlern im Ausland. Da er infolgedessen nicht an die von den
Generalvertretern aufgestellten Preisvorschriften gebunden ist, kann
er wesentlich billiger verkaufen als die Händler, welche ihre Ware von
den Generalvertretern beziehen. Darauf weist er in der Werbung hin. An
den von ihm verkauften Radio- und Fernsehgeräten sind in der Regel die
Fabrikationsnummern entfernt, damit seine Bezugsquellen nicht ausfindig
gemacht werden können.

    B.- Da die Kläger die Art, in der sich der Beklagte seine
Waren beschafft, seine Preisgestaltung, die Reklame und das sonstige
Geschäftsgebaren als unlauteren Wettbewerb erachteten, erhoben sie gegen
ihn Klage, mit der sie unter anderm beantragten, es sei festzustellen,
dass der Beklagte unlauteren Wettbewerb begehe, indem er

    a) an den von ihm vertriebenen Radio- und Fernsehapparaten die von
den Herstellern angebrachten Fabrikationsnummern entferne bzw. Apparate
mit entfernten Fabrikationsnummern verkaufe,

    b) eine Reihe von näher umschriebenen Handlungen begehe, die gegen
Treu und Glauben verstossende Mittel im Wettbewerb darstellen,

    c) Apparate zu Preisen verkaufe, die er nur dank den oben genannten
unlauteren Mitteln so niedrig ansetzen könne.

    B.- Das Handelsgericht Zürich stellte mit Urteil vom 20.  Oktober 1959
fest, der Beklagte habe durch Verletzung des Radioregals (Art. 42 lit. a
TVG) unlauteren Wettbewerb begangen, indem er konzessionspflichtige
Arbeiten ausgeführt habe, ohne im Besitz der dazu erforderlichen Konzession
zu sein. Im übrigen wies es die Klage ab.

    C.- Das Bundesgericht weist die Berufung der Kläger gegen dieses
Urteil ab.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Der Beklagte soll unlauteren Wettbewerb begangen haben, indem er
an den von ihm feilgebotenen bzw. verkauften Radio- und Fernsehgeräten
die von den Herstellern angebrachten Fabrikationsnummern entfernt,
bzw. Apparate mit entfernter Fabrikationsnummer vertrieben habe.

    In der Berufungsschrift gehen die Kläger im Gegensatz zu ihrer
Stellungnahme im kantonalen Verfahren nur noch davon aus, dass die Nummern
nicht durch den Beklagten, sondern durch dessen Lieferanten beseitigt
worden sind. Somit ist von den beiden oben genannten Varianten nur mehr
die zweite (Feilhalten bzw. Verkaufen nummernloser Apparate) in Betracht
zu ziehen.

    a) Unlauterer Wettbewerb ist nach der in Art. 1 Abs. 1 UWG getroffenen
Begriffsbestimmung "jeder Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbes
durch täuschende oder andere Mittel, die gegen die Grundsätze von Treu
und Glauben verstossen". Erste Voraussetzung für die Anwendbarkeit des
UWG ist danach das Vorliegen einer Wettbewerbshandlung. Als solche
ist nach allgemein anerkannter Auffassung ein Verhalten zu betrachten,
das im Rahmen einer wirtschaftlichen Betätigung vor sich geht und dem
Handelnden im Verhältnis zu den auf dem gleichen Wirtschaftsgebiet
tätigen Gewerbegenossen einen Vorteil verschaffen soll. Dabei kann
dieser Vorteil entweder in der Stärkung des eigenen Betriebes oder in
der Schwächung des Betriebes der Mitbewerber bestehen. Endziel jeder
Wettbewerbshandlung ist die Förderung des eigenen Absatzes durch
Vergrösserung des Kundenkreises unter möglichster Verdrängung der
Gewerbegenossen (vgl. VON BÜREN, Kommentar zum UWG, S. 21 N. 49; KUMMER,
Anwendungsbereich und Schutzgut der privatrechtlichen Rechtssätze gegen
unlauteren und gegen freiheitsbeschränkenden Wettbewerb, S. 13 f.; REIMER,
Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 3. Aufl., S. 759).

    Angesichts dieser Begriffsumschreibung könnte man sich fragen, ob
das Entfernen von Fabrikationsnummern und die hier allein zur Diskussion
stehende Inkaufnahme des Fehlens solcher Nummern beim Vertrieb von
Apparaten durch den Händler überhaupt Wettbewerbshandlungen im Sinne
des Gesetzes darstellen. Denn zweifellos wird niemand einen Radio-
oder Fernsehapparat deswegen kaufen oder eher kaufen, weil er keine
Fabrikationsnummer trägt; die Nummernlosigkeit des Apparates verschafft dem
Verkäufer bei den Abnehmerkreisen keinen Vorsprung gegenüber dem Angebot
von mit Nummern versehenen Apparaten anderer Händler und kann daher,
für sich allein betrachtet, keine Massnahme sein, die zur Förderung des
Absatzes auf Kosten der Gewerbegenossen geeignet ist.

    Anderseits ist zu bedenken, dass der Begriff der Wettbewerbshandlung
nicht eng gefasst werden darf, wenn der in der Unterbindung des
unlauteren Wettbewerbes bestehende Gesetzeszweck erreicht werden
soll. Fasst man im vorliegenden Fall den gesamten Zusammenhang ins Auge,
so ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Lieferanten des Beklagten an
den von ihnen gelieferten Apparaten die Fabrikationsnummern entfernten,
damit nicht festgestellt werden könne, von wem die betreffenden Apparate
stammten. Aus welchem Grunde die Beseitigung der Nummern erfolgte, ist hier
belanglos. Auf jeden Fall war der Beklagte mit dieser Tarnung des von der
Ware genommenen Weges einverstanden, weil er sonst hätte befürchten müssen,
dass die Hersteller der Apparate bei seinen an Hand der Kontrollnummern
ermittelten Lieferanten vorstellig werden und sie veranlassen oder
gar zwingen könnten, ihn nicht mehr zu beliefern. Mit einem solchen
Vorgehen der Fabrikanten wäre zweifellos schon mit Rücksicht auf die
den schweizerischen Generalvertretern zugesicherte Ausschliesslichkeit
der Belieferung zu rechnen gewesen. Damit wären die Bezugsquellen des
Beklagten versiegt und er wäre nicht mehr in der Lage gewesen, sich solche
Apparate unter den von den Generalvertretern vorgeschriebenen Preisen
zu beschaffen und sie dementsprechend billiger abzugeben als die andern
Radiohändler. Unter diesem Gesichtspunkt liesse sich die Beschaffung der
nummernlosen Apparate durch den Beklagten als Wettbewerbshandlung ansehen,
da sie unzweifelhaft dazu dient, dem Beklagten die weitere Tätigkeit im
Handel mit Radio- und Fernsehgeräten als Aussenseiter zu ermöglichen oder
doch zu erleichtern.

    Die Frage nach dem Vorliegen einer Wettbewerbshandlung braucht
indessen nicht entschieden zu werden. Denn selbst wenn sie zu bejahen
wäre, so könnte auf jeden Fall der Vertrieb der nummernlosen Apparate
durch den Beklagten nicht als unlauterer Wettbewerb bezeichnet werden.

    b) Nach der Ansicht der Kläger soll der Vertrieb der nummernlosen
Apparate eine unlautere Wettbewerbshandlung sein, weil der Beklagte
sich diese Apparate nur dadurch habe verschaffen können, dass er seine
ausländischen Lieferanten zum Bruche einer den Fabrikanten gegenüber
eingegangenen Verpflichtung, die Apparate nicht nach der Schweiz
auszuführen, veranlasst habe. Um diesen Vertragsbruch zu verheimlichen und
seine Feststellung zu verunmöglichen, hätten die Lieferanten des Beklagten
die Fabrikationsnummern entfernt. Zum mindesten aber nütze der Beklagte
bewusst den von seinen Lieferanten begangenen Vertragsbruch aus. Die
Verleitung zum Vertragsbruch wie auch dessen Ausnützung verstosse gegen
die Grundsätze des lauteren Wettbewerbs.

    Dass der Beklagte seine ausländischen Lieferanten zum Vertragsbruch
veranlasst habe, ist nicht erwiesen. Es kann daher höchstens davon
ausgegangen werden, dass der Beklagte bewusst Apparate gekauft habe,
bei denen die Fabrikationsnummer beseitigt worden war. Selbst wenn
er damit gemäss der Behauptung der Kläger einen Vertragsbruch seiner
Lieferanten gegenüber den Fabrikanten der Apparate ausgenützt haben
sollte, so könnte darin noch nicht ohne weiteres ein Verstoss gegen Treu
und Glauben im Wettbewerb erblickt werden, wie die Kläger meinen. Nach
der Rechtsprechung (BGE 52 II 376 f.) wie auch nach dem Schrifttum
(VON BÜREN, Kommentar zum UWG, S. 10 N. 19) ist die Ausnützung fremden
Vertragsbruches nicht notwendigerweise unlauter. Von dieser Auffassung
abzugehen, besteht kein Anlass. Der Handel mit Radio- und Fernsehgeräten
ist in der Schweiz frei. Der einzelne Händler ist in seinem Recht
auf freie Berufsausübung zu schützen, und es ist darauf zu achten,
dass nicht etwa auf dem Umweg über einen Verbandszwang diese Freiheit
in unzulässiger Weise eingeschränkt wird. Es muss dem einzelnen Händler
grundsätzlich freigestellt bleiben, ob er sich einem Verband anschliessen
und sich an Preisabreden beteiligen will oder nicht. Abmachungen dieser
Art, die zwischen Fabrikanten und Händlern oder zwischen Händlern unter
sich ohne seine Teilnahme getroffen werden, binden ihn nicht (BGE 52 II
381, 57 II 346, 71 II 234). Dieses Recht auf freie Berufsausübung ginge
aber seines Gehaltes weitgehend verlustig, wenn die Ausnützung fremden
Vertragsbruches schlechthin als unlauteres Mittel im Wettbewerb angesehen
würde, das gerichtlich geahndet und untersagt werden könnte. Damit
würde die Tätigkeit von Aussenseitern selbst dort ausgeschaltet, wo sie
zur Bekämpfung von künstlich hochgehaltenen Preisen im Interesse des
freien Wettbewerbes wie auch der Verbraucher gerechtfertigt wäre. Als
unlauteres Mittel zur Unterbietung der durch Verbandsabrede festgesetzten
Preise wäre die Ausnützung fremden Vertragsbruches allenfalls anzusehen,
wenn die vorgeschriebenen Preise zur Erhaltung gesunder Verhältnisse
im betreffenden Gewerbezweig und zur Sicherung der Existenz zahlreicher
Detailgeschäfte unumgänglich nötig wären. Dass dies hier der Fall sei,
wird aber von den Klägern selbst nicht behauptet und ist auf jeden Fall
durch die Akten nicht belegt.

    Die Kläger wenden ein, die in BGE 52 II 376 als zulässig erklärte
Ausnützung fremden Vertragsbruches lasse sich auf den vorliegenden
Sachverhalt nicht übertragen; dort habe es sich um Händler gehandelt,
die ihre Existenz verloren hätten, wenn sie nicht von vertragsbrüchigen
Kartellmitgliedern beliefert worden wären; der Beklagte dagegen verteidige
nicht seine Existenz, weil er von einem Kartell ausgeschlossen worden
sei, sondern er habe seine Existenz erst dadurch aufgebaut, dass er
Vertragsbrüche ausnütze.

    Dieser Einwand ist unbegründet. Massgebend ist, dass hier wie dort
der des unlauteren Wettbewerbs Bezichtigte zur Ausnützung fremden
Vertragsbruches Zuflucht nehmen musste, weil er es ablehnte, einer
Zwangsorganisation beizutreten und sich den von dieser aufgestellten
Preisvorschriften zu unterziehen. Dass es sich im früheren Fall um bereits
bestehende Geschäfte handelte, während heute ein neu eröffnetes Unternehmen
in Frage steht, macht keinen Unterschied aus.

    c) Die Kläger berufen sich darauf, dass das Bundesgericht mit
Urteil vom 17. November 1953 i.S. Oméga, Louis Brandt & Frère SA und
Kons. c. Rüttimann (auszugsweise veröffentlicht in SJZ 53 S. 367 f.) das
Ausfräsen von Zahlen aus Fabriknummern von Omega-Uhren als unlautere
Wettbewerbshandlung bezeichnet hat. Allein wie die Vorinstanz mit Recht
ausführt, unterscheidet sich der heute zu beurteilende Sachverhalt in
massgebenden Punkten von dem des erwähnten Urteils.

    Auch an den Omega-Uhren wurde zwar die Nummer ausgefräst, um die
Bezugsquelle zu verheimlichen. Als unlauter wurde diese Massnahme aber
nicht deswegen angesehen, sondern weil der Beklagte die Uhren zum üblichen
Ladenpreis verkaufte, obwohl mit dem Ausfräsen der Nummern die Gefahr
der Beschädigung des Uhrwerkes verbunden war, das Fehlen der Nummern
die Beschaffung von Ersatzteilen erschwerte und der Käufer an Stelle der
Fabrikgarantie nur eine persönliche Garantie des Beklagten erhielt, die
namentlich wegen des Wegfalls des Omega-Weltdienstes der Fabrikgarantie
nicht ebenbürtig war.

    Bei den heute in Frage stehenden Radio- und Fernsehapparaten verhält
es sich dagegen wesentlich anders. In erster Linie ist darauf hinzuweisen,
dass der Beklagte die nummernlosen Apparate nicht zum üblichen Ladenpreis,
sondern erheblich billiger abgibt. Sodann bedeutet nach den Feststellungen
der Vorinstanz die Entfernung der Kontrollnummern bei Radio- und
Fernsehapparaten keinen schädigenden Eingriff und beeinträchtigt die
Güte der Geräte daher nicht. Das Fehlen von Fabrikationsnummern steht
der Behebung von Schäden nicht im Wege, da sie für die Beschaffung von
Ersatzteilen von untergeordneter Bedeutung ist; ein Garantieversprechen
kann daher auch ohne Kenntnis der Fabriknummer erfüllt werden.

    Alle diese Feststellungen, welche die Vorinstanz auf Grund des von
ihr eingeholten Gutachtens eines Sachverständigen getroffen hat, betreffen
tatsächliche Verhältnisse und sind daher gemäss Art. 63 Abs. 2 OG für das
Bundesgericht verbindlich. Dass sie zum Teil auf offensichtlichen Versehen
der Vorinstanz beruhen, wie in der Berufungsschrift verschiedentlich
behauptet wird, trifft nicht zu. Was zur Begründung dieses Einwandes
vorgebracht wird, ist in Wirklichkeit unzulässige Kritik an den von der
Vorinstanz aus den Darlegungen des Sachverständigen gezogenen tatsächlichen
Schlussfolgerungen, welche die Berufung durch ihre eigenen, von denjenigen
der Vorinstanz abweichenden ersetzen will. Ebenso ist nicht ersichtlich,
inwiefern die genannten Feststellungen der Vorinstanz unter Verletzung
eidgenössischer Beweisregeln zustande gekommen sein sollen, wie die
Berufung weiter behauptet. Die gegenüber einzelnen Feststellungen erhobenen
Rügen der Willkür und der Verletzung kantonaler Prozessvorschriften
schliesslich sind im Berufungsverfahren nicht zu hören. Im einzelnen auf
die von der Berufungsschrift in diesem Zusammenhang gemachten Ausführungen
einzugehen, erübrigt sich daher.

    Unbegründet ist sodann auch die Behauptung der Kläger, das Fehlen der
Kontrollnummern sei für den Käufer von Nachteil, weil er der Fabrikgarantie
verlustig gehe und die vom Beklagten gewährte Garantie weniger wert sei als
jene. Denn nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ist nicht
behauptet, dass die vom Beklagten gewährte Garantie inhaltlich weniger
weit gehe als die Fabrikgarantie, und dass jene nur auf dem Papier stehe
oder der Fabrikgarantie gegenüber zwangsläufig minderwertig sein müsse,
ist nicht dargetan.

    Die Kläger machen schliesslich noch geltend, die Käufer des
Beklagten seien insofern benachteiligt, als sie in den Glauben versetzt
würden, fabrikneue Apparate zu erhalten, was wegen des Fehlens der
Fabrikationsnummern nicht der Fall sei. Dieser Standpunkt kann nicht
geteilt werden. Im Omega-Urteil wurde zwar ausgeführt, der Fabrikant,
der hochqualifizierte Leistung anbiete und garantiere, dürfe verlangen,
dass seine Erzeugnisse unversehrt an den Käufer gelangen, solange sie
als fabrikneu zum vollen Preis abgegeben werden. Von Überlegungen dieser
Art hat sich offenbar auch die Justizkommission Luzern leiten lassen,
als sie in einem in ZbJV 94 S. 361 veröffentlichten Entscheid erklärte:
"Als fabrikneu kann ein (Radio)-Apparat nur angesprochen werden, wenn er
alle Eigenschaften aufweist und Vorteile besitzt, die ihm beim Verlassen
der Fabrik anhaften. Dazu gehören auch die Vorteile, die der Erwerber
eines solchen Apparates gestützt auf die Fabriknummer geniesst". Mit
Recht hat jedoch die Redaktion der Zeitschrift dazu bemerkt, dass dem
Entscheid kaum zugestimmt werden könnte, wenn damit gesagt sein sollte,
die Fabrikneuheit hänge vom Vorhandensein der Fabrikationsnummer
ab. In der Tat bedeutet Fabrikneuheit lediglich, dass ein Gegenstand
den Weg vom Fabrikanten über den Handel zum Kunden nicht bereits einmal
verlassen hatte, nicht schon durch privaten Besitz gegangen und gebraucht
worden ist. Einen Gebrauch in diesem Sinne bedeutet die Beseitigung der
Fabrikationsnummer eines Radio- oder Fernsehapparates nicht, da sie keine
Abnützung der innern oder äussern Bestandteile des Apparates bewirkt,
wie sie für den Gebrauch begriffswesentlich ist.

    d) Als Endergebnis ist somit festzuhalten, dass die Beseitigung
der Fabrikationsnummern an den vom Beklagten feilgehaltenen Radio-
und Fernsehapparaten keine nachteiligen Folgen für den Käufer hat.
Damit ist auch eine Schädigung des guten Rufes der fraglichen Apparate
im allgemeinen, die sich für den Absatz der Kläger nachteilig
auswirken könnte, nicht zu befürchten. DieVorinstanz hat es daher
mit Recht abgelehnt, im Vertrieb nummernloser Apparate eine unlautere
Wettbewerbshandlung des Beklagten zu erblicken.

Erwägung 3

    3.- Die Kläger legen dem Beklagten eine Reihe von Handlungen zur Last,
die nach ihrer Auffassung gegen Treu und Glauben verstossende Mittel im
Wettbewerb darstellen.

    a) So behaupten die Kläger, der Beklagte haben sein Erwerbseinkommen
nicht oder nicht genügend versteuert. Ob dieser Vorwurf begründet sei,
ist jedoch unerheblich. Denn auf jeden Fall wäre Steuerhinterziehung
keine Wettbewerbshandlung, da sie nicht geeignet ist, dem Täter im Kampf
um Kundschaft und Absatz gegenüber den Gewerbegenossen einen Vorsprung
zu verschaffen. Der Umstand allein, dass der Steuerhinterzieher einen
ungerechtfertigten finanziellen Vorteil erlangt, bedeutet entgegen der
Meinung der Kläger nicht einen Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbs
im Sinne von Art. 1 Abs. 1 UWG.

    b) Die Kläger werfen dem Beklagten sodann vor, er nütze den
Vertragsbruch seiner Lieferanten aus. Wie jedoch bereits ausgeführt wurde,
sind im vorliegenden Fall keine Umstände dargetan, die eine allfällige
Ausnützung fremden Vertragsbruches als unlauteres Wettbewerbsmittel
erscheinen liessen.

    c) Der Beklagte soll die. Leistungen seiner Mitbewerber dadurch
missbraucht haben, dass er Käufer zur Auswahl der Apparate in die Läden
von Mitbewerbern schickte und so auf deren für den Verkauf solcher
Apparate notwendigen Kenntnisse abgestellt habe, ohne einen Beitrag
daran zu leisten. Die Vorinstanz hat hiezu festgestellt, es könnte sich
nach den Vorbringen der Klage nur darum handeln, dass der Beklagte mit
Interessenten das Warenhaus Jelmoli aufgesucht habe; damit hätte er jedoch
nicht Leistungen der Kläger ausgenützt, da auch Jelmoli Aussenseiter
sei. Das stellt die Berufung nicht in Abrede. Dagegen hält sie an der
Behauptung fest, der Beklagte habe seine Kunden in andere Fachgeschäfte
geschickt, um sich dort Apparate vorführen zu lassen. Das lasse sich
allerdings im Einzelfall praktisch nicht feststellen; der Beweis für
die Richtigkeit dieser Behauptung liege aber darin, dass der Beklagte
mangels einer Konzession keine Apparate habe vorführen können und daher
auf die Besichtigung derselben bei Mitbewerbern angewiesen gewesen sei.
Die Schlussfolgerung ist jedoch keineswegs überzeugend, wenn man in
Betracht zieht, dass der Beklagte ja gerade verurteilt worden ist, weil
er in seinem Geschäft Apparate vorführte, ohne eine Konzession dafür
zu besitzen.

    d) Die Kläger machen weiter geltend, der Beklagte habe berufliche
Arbeitsbedingungen dadurch verletzt, dass er keine Konzession erworben,
nur ungelernte Arbeitskräfte verwendet und diese nicht oder ungenügend
entlöhnt habe.

    Da es zur Führung eines Verkaufsgeschäfts von Radio- und
Fernsehapparaten keiner Konzession bedarf, hat jedoch die Vorinstanz
mit Recht entschieden, in der Unterlassung des Konzessionserwerbs für
Vorführungen könne kein unlauterer Wettbewerb erblickt werden.

    Ebenso kann kein unlauteres Verhalten im Wettbewerb darin gesehen
werden, dass der Beklagte keine gelernten Arbeitskräfte verwendet. Eine
Vorschrift, die dies verbieten würde, besteht nicht, und wenn der Beklagte
glaubt, dass die Kundschaft sich damit zufrieden gebe, bei der Auswahl
nicht von fachkundigen Verkäufern beraten zu werden, ist das seine Sache.

    Auch der Vorwurf ungenügender Entlöhnung der Personals kann nicht
als Grundlage für die Annahme unlauteren Wettbewerbs dienen. Gesetzliche
Vorschriften nach dieser Richtung bestehen nicht, und gemäss verbindlicher
Feststellung der Vorinstanz haben die Kläger das Bestehen berufs- oder
ortsüblicher Lohnansätze, deren Nichteinhaltung nach Art. 1 Abs. 2 lit. h
UWG unlauteren Wettbewerb darstellen würde, nicht behauptet. Alsdann ist
aber die Lohnfestsetzung Gegenstand freier vertraglicher Vereinbarung
zwischen den Parteien des Dienstverhältnisses, in die sich die Kläger
als Dritte nicht einzumischen haben.

    Wenn der Beklagte durch ungelerntes und darum billiges Personal
Arbeiten ausführen liess, die nur durch ausgebildete, im Besitz einer
Konzession befindliche Facharbeiter vorgenommen werden durften, so lag
darin allenfalls ein unlauterer Wettbewerb wegen Verstosses gegen die
Konzessionsvorschriften; aber das machte die an sich zulässige Verwendung
ungelernten Verkaufspersonals und die dadurch ermöglichte Tiefhaltung der
Lohnauslagen entgegen der Ansicht der Kläger nicht zu einem unlauteren
Verhalten.

    e) Die Kläger beschuldigen den Beklagten, unlauteren Wettbewerb durch
Verstoss gegen verschiedene gesetzliche Vorschriften begangen zu haben. So
habe er die Vorschriften über den Telegraphen- und Telephonverkehr
dadurch verletzt, dass er, ohne Inhaber einer Konzession zu sein,
konzessionspflichtige Arbeiten ausgeführt habe. Ferner habe er durch
Auskratzen der Fabrikationsnummern an den von ihm verkauften Apparaten,
bZw. durch den Verkauf von Apparaten mit ausgekratzter Nummer sich
der Unterdrückung einer Urkunde gemäss Art. 254 StGB schuldig gemacht,
allenfalls an einer solchen strafbaren Handlung teilgenommen oder sie
begünstigt.

    Die Vorinstanz hat das Vorliegen unlauteren Wettbewerbs durch
Verletzung des Radioregals bejaht, einen Verstoss gegen Art. 254 StGB
dagegen verneint.

    Die Kläger halten daran fest, dass auch der letztere Sachverhalt
gegeben sei.

    Da indessen davon auszugehen ist, dass der Beklagte die Nummern
an den Apparaten nicht selber entfernt hat, fällt eine durch ihn
begangene Urkundenunterdrückung von vorneherein ausser Betracht. Eine
Teilnahme an einer solchen kann im blossen Verkauf nummernloser Apparate
selbstverständlich nicht liegen, und auch eine Begünstigung scheidet aus,
weil der Beklagte die Apparate auf eigene Rechnung verkaufte. Unter
diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob das Auskratzen der
Fabrikationsnummern überhaupt eine Unterdrückung einer Urkunde im Sinne
von Art. 254 StGB darstellen würde.

Erwägung 4

    4.- Soweit das Vorliegen unlauterer Wettbewerbshandlungen in den oben
genannten Punkten verneint wird, ist auch dem weiter erhobenen Vorwurf
unlauteren Wettbewerbs durch Preisunterbietung der Boden entzogen, wie
die Vorinstanz zutreffend entschieden hat.

    Der in der Verletzung der Vorschriften über das Radioregal liegende
unlautere Wettbewerb aber ist nach den Ausführungen der Vorinstanz für
die Preisbildung im Geschäft des Beklagten nicht von entscheidender
Bedeutung gewesen. Sie folgert das daraus, dass der Beklagte, der
inzwischen eine Konzession erworben habe, sein Geschäft im früheren Rahmen
weiterführe. Diese Feststellung über das Fehlen eines Kausalzusammenhanges
ist tatsächlicher Natur und daher für das Bundesgericht verbindlich.