Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 86 III 84



86 III 84

22. Entscheid vom 7. November 1960 i.S. Rickenbach. Regeste

    Rechtsvorschlag. Art. 74 und 75 SchKG.

    Ein unbegrenzt lautender Rechtsvorschlag ist auf die ganze
Betreibungssumme zu beziehen, auch wenn ihm eine Begründung beigefügt ist,
die nur einen unbestimmten Teil der Forderung betrifft.

Sachverhalt

    A.- Der Rekurrent erhob in der gegen ihn von der Cellere &
Co. A.-G. angehobenen Betreibung Nr. 160 des Betreibungsamtes Neuheim
Rechtsvorschlag, "weil ein Teil der Arbeiten die Fa. Mito betrifft
It. Schreiben". Das Betreibungsamt nahm diesen Rechtsvorschlag entgegen
und teilte ihn der Gläubigerin auf ihrem Zahlungsbefehlsdoppel mit.

    B.- Auf Beschwerde der Gläubigerin befand die kantonale
Aufsichtsbehörde mit Entscheid vom 17. Oktober 1960 den Rechtsvorschlag
wegen nicht ziffermässig genauer Teilbestreitung der Forderung als ungültig
und wies das Betreibungsamt an, der Gläubigerin ein Zahlungsbefehlsdoppel
mit dem Vermerk zuzustellen, es sei kein Rechtsvorschlag erhoben worden.

    C.- Mit vorliegendem Rekurs beantragt der Schuldner, der von ihm
erhobene Rechtsvorschlag sei als erfolgt zu betrachten.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

    Durch Rechtsvorschlag kann die ganze Forderung oder auch nur ein
Teilbetrag bestritten werden. "Bestreitet der Betriebene die Forderung
nur teilweise, so hat er den bestrittenen Betrag genau anzugeben,
widrigenfalls der Rechtsvorschlag als nicht erfolgt betrachtet wird"
(Art. 74 Abs. 2 SchKG). Auf Grund dieser Vorschrift sieht die Vorinstanz
den vom Rekurrenten erhobenen Rechtsvorschlag als ungültig an. Indessen ist
der Rechtsvorschlag, wenn man zunächst von der ihm beigegebenen Begründung
absieht, ohne Einschränkung, somit für den ganzen Forderungsbetrag, erhoben
worden ("Schuldner erhebt Rechtsvorschlag"). Eines Zusatzes zur Begründung
hätte es gar nicht bedurft, und es ist eine solche Begründung nicht als
abschliessend zu betrachten; sie schliesst die Erhebung weiterer Einreden
bei der gerichtlichen Auseinandersetzung nicht aus (Art. 75 SchKG). Das
gilt insbesondere auch dann, wenn sich die Begründung nur mit einem
Teil der in Betreibung stehenden Forderung befasst. Aus diesem Umstande
darfnicht leichthin gefolgert werden, der Schuldner wolle den an und für
sich ohne Begrenzung auf einen Teilbetrag erhobenen Rechtsvorschlag nur
eben für den Teil der Forderung verstanden wissen, zu dem er in einem
begründenden Zusatze Stellung nimmt. Der Schuldner kann sehr wohl auch
gegenüber dem übrigen Teil der Forderungen Einreden erheben wollen, ohne
sich schon jetzt darüber auszusprechen. Übrigens steht ihm frei, vorerst
einmal, auch wenn er über den einzunehmenden Rechtsstandpunkt noch nicht
im klaren ist, gegen das Ganze Recht vorzuschlagen, sei es ohne jegliche
Begründung beizufügen, sei es mit einer bloss einen Teil der Forderung
betreffenden Begründung und mit Vorbehalt der spätern Stellungnahme
in jeder andern Beziehung. Dieser Vorbehalt braucht nicht ausdrücklich
formuliert zu werden. Er versteht sich nach Art. 75 SchKG von selbst,
sofern die Art der Begründung ihn nicht einwandfrei ausschliesst. Wie in
dem in BGE 63 III 67 ff. beurteilten Falle, worauf sich der Rekurrent mit
Recht beruft, zerfällt die vorliegende Rechtsvorschlagserklärung deutlich
in zwei Teile: den eigentlichen, vorbehaltlos auf das Ganze gerichteten
Rechtsvorschlag und den zur Begründung angebrachten Zusatz. Der Umstand,
dass dieser nur auf einen Teil der Arbeiten Bezug nimmt, rechtfertigt
es nach dem Gesagten nicht, nun auch den Rechtsvorschlag als solchen,
entgegen seinem Wortlaut, bloss auf einen nicht ziffermässig umgrenzten
Teil der Arbeiten zu beziehen und wegen dieser Unbestimmtheit der
Begründung dann überhaupt als ungültig zu betrachten. Dies um so weniger,
als der Hinweis auf einen Teil der "Arbeiten" nicht eindeutig nur einen
Teil der Betreibungssumme betrifft.

Entscheid:

Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:

    Der Rekurs wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben
und die von der Gläubigerin wegen der Entgegennahme des Rechtsvorschlages
durch das Betreibungsamt geführte Beschwerde abgewiesen.