Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 86 III 17



86 III 17

9. Entscheid vom 1. Februar 1960 i.S. Wilhelm. Regeste

    Der Vermerk einer Drittansprache, die in Wahrheit nicht erhoben wurde,
in der Pfändungsurkunde hat keine Rechtswirkung. Er ist zu streichen, auch
wenn sich niemand binnen der Frist des Art. 17 SchKG darüber beschwert hat,
und wenn der Gläubiger die ihm nach Art. 109 SchKG angesetzte Klagefrist
nicht benützt hat.

Sachverhalt

    A.- In der Pfändungsurkunde über die am 5. Juni 1959 in der Betreibung
Nr. 33608 gegen F. Wilhelm vollzogene Pfändung wie auch in der erweiterten
Pfändungsurkunde betreffend die durch jene Pfändung eingeleitete Gruppe
Nr. 416 vermerkte das Betreibungsamt St. Gallen, die Gegenstände Nr.
1-24 seien von der Ehefrau des Schuldners zu Eigentum angesprochen
worden, und leitete darüber das Widerspruchsverfahren nach Art. 109
SchKG ein. Erst anfangs November 1959 wurde das Betreibungsamt gewahr,
dass sich die Eigentumsansprache nicht auf Nr. 24 ("1 Camping-Tischli mit
Metallfüssen und Holzplatte, zusammenlegbar", geschätzt auf Fr. 10.-)
bezog, sondern nur die Gegenstände Nr. 1-23 betraf. Der Irrtum wird
vom Betreibungsamte damit erklärt, dass von den bereits vorgepfändeten
Gegenständen ein seinerzeit als Nr. 14 aufgeführtes Kanapee inzwischen
weggefallen war, so dass die früher unter Nr. 1-24 verzeichneten, von der
Ehefrau des Schuldners zu Eigentum angesprochenen Gegenstände nunmehr die
Nummern 1-23 tragen, während die neue Nr. 24, der erwähnte Camping-Tisch,
hiebei ausser Betracht fiel. Nach Entdeckung seines Irrtums berichtigte das
Betreibungsamt den Vermerk über die Drittansprachen, indem es ihn auf die
Gegenstände Nr. 1-23 beschränkte, und verlangte den Camping-Tisch heraus,
um ihn zu verwerten.

    B.- Darüber beschwerte sich der Schuldner mit Berufung auf den
ursprünglichen Drittansprachevermerk, wie er den Beteiligten durch
Zustellung der Pfändungsurkunde eröffnet worden und infolge Ablaufs der
Beschwerdefrist rechtskräftig geworden sei.

    C.- In beiden kantonalen Instanzen abgewiesen, hält der Schuldner
mit vorliegendem Rekurs an der Beschwerde fest.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

    Eine Drittansprache an gepfändeten Sachen fällt nur in Betracht, wenn
sie erhoben wird, sei es, dass ein Dritter bestimmte gepfändete Sachen
zu Eigentum anspricht (oder ein beschränktes dingliches Recht daran in
Anspruch nimmt), sei es, dass der Schuldner das Bestehen eines solchen
Drittmannsrechtes behauptet. Vermerkt das Betreibungsamt infolge irgend
eines Irrtums eine Drittansprache, die in Wirklichkeit gar nicht erhoben
worden ist, so kommt dem unrichtigen Vermerk keine Rechtswirkung zu. Es
lässt sich daraus auch nach Ablauf längerer Zeit keine Drittansprache
herleiten, die tatsächlich nicht vorliegt. Insbesondere muss die auf einen
solch unrichtigen Vermerk gestützte Fristansetzung an den betreibenden
Gläubiger zur Klage gegen den vermeintlichen Drittansprecher nach Art. 109
SchKG als nichtig betrachtet werden.

    Jedenfalls hat die Nichtbenützung einer solchen Klagefrist nicht zur
Folge, dass nun die bloss vermeintliche Drittansprache, weil vom Gläubiger
nicht bestritten, als wirklich erfolgt zu gelten hätte und die betreffende
Sache, sofern es sich um vermeintliches Eigentum des Dritten handelt, aus
der Pfändung fiele. Vielmehr vermag der unrichtige Drittansprachevermerk
und die darauf gestützte, vom Gläubiger nicht befolgte Fristansetzung nach
Art. 109 SchKG der in Wahrheit unbestritten gebliebenen Pfändung nichts
anzuhaben. Somit war das Betreibungsamt, wie die Vorinstanzen zutreffend
entschieden haben, nach Entdeckung seines Irrtums in der Lage, den von
keinem Dritten angesprochenen Camping-Tisch als unbestrittenes (und mit
keinen beschränkten dinglichen Rechten Dritter belastetes) Vermögensstück
des Schuldners der Verwertung zuzuführen. Das Betreibungsamt hatte auch
nicht etwa, bevor es der wahren Sachlage bewusst wurde, den erwähnten
Gegenstand aus der Pfändung entlassen, so dass er, um verwertet werden
zu können, neu gepfändet werden müsste.

    Es steht fest und ist im übrigen unbestritten, dass der Camping-Tisch
weder in der Betreibung Nr. 33608 und den ihr gemäss Art. 110/111 SchKG
angeschlossenen Betreibungen noch bei der Vorpfändung der nämlichen Sachen,
wobei die Ehefrau des Schuldners (z.B. in der Betreibung Nr. 55992)
anwesend war, von ihr zu Eigentum angesprochen oder vom Schuldner als
ihr Eigentum bezeichnet wurde. Heute behauptet der Rekurrent freilich,
dieser Tisch gehöre zum Frauengut. Es steht seiner Ehefrau frei, ihr
allfälliges Eigentum jetzt noch beim Betreibungsamt anzumelden. Wie die
Vorinstanz zutreffend bemerkt, könnte unter den gegebenen Umständen nicht
von einer arglistig verzögerten und daher nicht mehr zu berücksichtigenden
Anmeldung gesprochen werden.

Entscheid:

Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:

    Der Rekurs wird abgewiesen.