Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 86 III 134



86 III 134

32. Urteil der II. Zivilabteilung vom 30. September 1960 i.S. Frau
E. gegen D. Regeste

    Widerspruchsverfahren. Art. 106-109 SchKG.

    1.  Vom kantonalen Recht bestimmter Gerichtsstand. Beilegung
interkantonaler Gerichtsstandskonflikte durch das Bundesgericht (Art. 5 und
113 Abs. 1 Ziff. 2 BV). Mit welchem Rechtsmittel ist ein solcher Konflikt
in Zivilsachen vor das Bundesgericht zu bringen? Ist hiefür die Berufung
(nach Art. 48 und 49 OG) bzw. die Nichtigkeitsbeschwerde (nach Art. 68
Abs. 1 lit. b OG) oder aber die staatsrechtliche Klage (nach Art. 83 lit. b
OG) oder Beschwerde (nach Art. 84 Abs. 1 lit. d OG) gegeben? Frage offen
gelassen. Kein negativer Konflikt liegt vor, wenn das vom Kläger angerufene
Gericht die kantonale Norm, die seine Zuständigkeit an und für sich nur
für einen Teil der Streitsache begründen würde, mit Rücksicht auf den
Sachzusammenhang und zur Vermeidung eines solchen Konfliktes ausdehnend
auslegt und sich für die ganze Streitsache als zuständig erklärt. (Erw. 1.)

    2.  Hat der Gläubiger die Klage nach Art. 109 SchKG versäumt oder
nicht ordnungsgemäss angehoben, und ist es daher nicht zu einem Sachurteil
gekommen, so steht ihm zu, in einer neuen Betreibung eine übereinstimmende
Klage nunmehr ordnungsgemäss anzuheben. Abweisung der. Einrede der
abgeurteilten Sache. (Erw. 2.)

Sachverhalt

    A.- D. führt gegen E. für Fr. 10'000.-- eine ordentliche Betreibung
(Nr. 44'751) durch das Betreibungsamt Frauenfeld. Der Schuldner wohnt
im Bezirk dieses Amtes, nämlich im thurgauischen Kefikon an der Zürcher
Grenze. Jenseits dieser Grenze, im zürcherischen Kefikon, betreibt er
zusammen mit seiner güterrechtlich getrennten Ehefrau Landwirtschaft
auf Grundstücken, welche die Ehefrau gepachtet hat. Gepfändet wurden
durch das Betreibungsamt Frauenfeld im thurgauischen Dorfteil drei
Sachen im Schätzungswert von Fr. 410.-- und requisitionsweise durch
das Betreibungsamt Bertschikon im zürcherischen Dorfteil Vieh und
Gebrauchsgegenstände im Gesamtwert von rund Fr. 26'000.--. Des Schuldners
Ehefrau sprach sowohl die am Wohnort wie auch die auf dem Pachtgut
gepfändeten Gegenstände als ihr Eigentum an. Mit Rücksicht hierauf setzte
das Betreibungsamt Frauenfeld dem Gläubiger gemäss Art. 109 SchKG zehn
Tage Frist, "innert welcher er die Ansprüche durch Einleitung gerichtlicher
Klage anfechten kann".

    B.- D. erhob gegen die Ansprecherin beim Friedensrichteramt Frauenfeld
und dann beim dortigen Bezirksgericht Klage auf "Aberkennung" des von ihr
erhohenen Eigentumsanspruchs an den Pfändungsgegenständen Nr. 1 bis 3 (in
Kefikon TG) und Nr. 5 - 24 (in Kefikon ZH). Das Bezirksgericht Frauenfeld
hiess die Klage in bezug auf alle streitigen Gegenstände ausser den
Nummern 21 und 24 gut. Das Obergericht des Kantons Thurgau, an das die
Beklagte die Sache weiterzog, bestätigte dieses Urteil durch Entscheid
vom 12. Juli 1960. Es verwarf sowohl die Einrede der Unzuständigkeit
der thurgauischen Gerichte, die die Beklagte mit Hinweis auf den
zürcherischen Standort des überwiegenden Teils der Pfändungsgegenstände
erhoben hatte, wie auch die Einrede der abgeurteilten Sache, die sich
auf eine wenigstens teilweise dieselben Gegenstände betreffende frühere
Streitigkeit gleicher Art zwischen denselben Parteien bezog. D. hatte
nämlich die gleiche Forderung schon 1956/57 in Betreibung gesetzt,
als der Schuldner noch in Niederbüren, Bezirk Wil, Kanton St. Gallen,
wohnte. Nachdem ihm dort bereits die Pfändung angekündigt worden war,
verzog der Schuldner nach Diepoldsau im st. gallischen Rheintal, wo es
zur requisitionsweisen Pfändung kam. Gegenüber der Eigentumsansprache
der Ehefrau des Schuldners hatte der Gläubiger beim Bezirksgericht
Unterrheintal Klage nach Art. 109 SchKG erhoben. Indessen hatte das
Kantonsgericht St. Gallen am 29. Januar 1959 erkannt, auf die Klage
werde mangels örtlicher Zuständigkeit nicht eingetreten.

    C.- Mit vorliegender Berufung an das Bundesgericht stellt die Beklagte
die Anträge:

    "1.  Es sei die Klage abzuweisen, das Urteil der Vorinstanz
aufzuheben und die Einrede der Unzuständigkeit der thurgauischen Gerichte
gutzuheissen.

    2.  Eventuell habe durch die nicht rechtzeitige Einreichung
der Widerspruchsklage gemäss Pfändungsurkunde vom 20. Juli 1957 die
Eigentumsansprache der Beklagten und Berufungsklägerin Frau E. als
anerkannt zu gelten, und es sei die Einrede der abgeurteilten Sache
gutzuheissen."

    Zur Begründung des Hauptantrages wird einzig die Gerichtsstandseinrede
wieder aufgenommen. Dieser Antrag ist also bloss dahin zu verstehen,
auf die Klage sei wegen Unzuständigkeit der thurgauischen Gerichte nicht
einzutreten.

    Der Eventualantrag stützt sich auf den Ausgang des frühern, in der
Betreibung von Niederbüren eingeleiteten und vor den st. gallischen
Gerichten angehobenen Widerspruchsverfahrens.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Fragen der örtlichen (oder sachlichen) Zuständigkeit der Behörden
können dem Bundesgericht durch das Rechtsmittel der Berufung (oder der
Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 Abs. 1 lit. b OG) nur unterbreitet
werden, wenn eine Zivilrechtsstreitigkeit bzw. Zivilsache vorliegt und
eine Verletzung bundesrechtlicher Zuständigkeitsnormen gerügt wird. Mit
einer Zivilrechtsstreitigkeit hat man es beim Widerspruchsverfahren
nach Art. 106 bis 109 SchKG zweifellos zu tun, wenn, wie hier, ein
zivilrechtlicher Anspruch im Streit liegt und daher nicht etwa eine
Verwaltungs- oder Verwaltungsjustizbehörde ausschliesslich zuständig ist
(vgl. BGE 68 III 21). Die örtliche Zuständigkeit der zur Beurteilung
solcher zivilrechtlicher Klagen berufenen Gerichte ist aber vom SchKG
nicht geregelt worden. Als bundesrechtliche Gerichtsstandsnorm wäre
freilich auch eine nicht ausdrücklich im Gesetz enthaltene, aber doch aus
der Rechtsnatur der Klage abzuleitende und allenfalls durch Heranziehung
anderer Gerichtsstandsnormen auf dem Weg der Analogie näher zu bestimmende
Regel anzuerkennen. Das nehmen denn auch für die Klagen nach Art. 107 und
109 SchKG einige Autoren an (namentlich JAEGER, auch JAEGER/DAENIKER,
N. 5 E zu Art. 107 und N. 9 zu Art. 109 SchKG, und BLUMENSTEIN,
Handbuch, S. 393). Sie wollen wegen der betreibungsrechtlichen Wirkungen
dieser Klagen den Betreibungsort als bundesrechtlichen Gerichtsstand
anerkannt wissen (womit die Ablehnung der Gerichtsstandseinrede durch
die Vorinstanzen im vorliegenden Falle voll gerechtfertigt wäre), während
die Berufungsklägerin den nach Anzahl und Wert der streitigen Gegenstände
überwiegenden Sachort als massgebenden Gerichtsstand betrachtet. Allein
die ständige Rechtsprechung verneint das Bestehen eines bundesrechtlichen
Gerichtsstandes für solche Klagen. Sie zieht in Betracht, dass diese
Klagen neben betreibungsrechtlichen auch dingliche Elemente aufweisen,
beim Streit um Forderungen ausserdem obligatorische, weshalb es für den
Bundesgesetzgeber durchaus nicht ausgemacht war, dass als Gerichtsstand
nur der Betreibungsort und nicht der (mit dem Sachort zur betreffenden
Zeit zusammenfallende) Ort des Pfändungsvollzugs als solchen oder auch
der (damit nicht notwendig zusammenfallende) Sachort zur Zeit der Klage
oder endlich der Wohnort des Beklagten anzuerkennen sei. Wenn das SchKG
dennoch keine ausdrückliche Regelung getroffen hat, so ist anzunehmen, es
habe die Bestimmung des Gerichtsstandes für solche Klagen dem kantonalen
Prozessrecht anheim geben wollen (vgl. BGE 25 I 37, 51 I 197, 81 III 9/10).

    Auf Art. 59 BV könnte sich die Beklagte nur mit staatsrechtlicher
Beschwerde berufen (laut dem in Art. 49 und ebenso in Art. 68 Abs. 1
lit. b OG ausgesprochenen Vorbehalt). Sie hatte dazu natürlich keine
Veranlassung, da die thurgauischen Gerichte ja diejenigen ihres
Wohnsitzkantons sind und sie mit ihrer Einrede gerade einen von ihrem
Wohnsitz verschiedenen Gerichtsstand in Anspruch nehmen will. Übrigens
unterstehen Widerspruchsklagen nur dann dem Art. 59 BV, wenn, anders
als im vorliegenden Falle, Forderungen im Streit liegen (BGE 36 I 44,
51 I 198, 75 I 34 Erw. 1), und zwar nur Klagen nach Art. 109 gegen
den Drittansprecher, nicht auch solche nach Art. 107 SchKG, wobei der
Drittansprecher als Kläger auftritt (BGE 58 I 232).

    Beim Fehlen einer bundesrechtlichen Gerichtsstandsnorm im eigentlichen
Sinn (handle es sich um die Bestimmung des Gerichtsstandes überhaupt oder
doch des Kantons, dem die Gerichtsbarkeit für Klagen der vorliegenden
Art zukomme) kann aber das Bundesgericht nur zur Beilegung allfälliger
interkantonaler Gerichtsstandskonflikte angerufen werden (abgesehen
von der staatsrechtlichen Beschwerde wegen willkürlicher Anwendung
kantonaler Gerichtsstandsregeln). Die Berufungsklägerin behauptet denn
auch, es bestehe ein negativer Konflikt zwischen der thurgauischen
und der zürcherischen Gerichtsbarkeit. Sie weist darauf hin, dass
Klagen im Sinne der Art. 107 und 109 SchKG nach § 16 der thurgauischen
ZPO "beim Gerichte des die Pfändung oder den Arrest vollziehenden
Betreibungsamtes", dagegen nach § 7 Ziff. 2 und 3 der zürcherischen
ZPO "beim Gerichte des Ortes der Betreibung" anzubringen sind. Es ist
zuzugeben, dass sich unter Umständen aus solcher Verschiedenheit der
kantonalen Gerichtsstandsregeln ein interkantonaler Konflikt ergeben kann.
Indessen erhebt sich vorweg die Frage, ob solche Konflikte als Verletzung
eidgenössischer Zuständigkeitsnormen zu bezeichnen seien und daher mit
Berufung gemäss Art. 48/49 OG bzw. Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 68
OG dem Bundesgericht unterbreitet werden können, oder ob dafür nur die
staatsrechtliche Beschwerde nach der weiter gefassten Vorschrift des
Art. 84 Abs. 1 lit. d OG "wegen Verletzung bundesrechtlicher Vorschriften
über die Abgrenzung der sachlichen oder örtlichen Zuständigkeit der
Behörden" (neben staatsrechtlicher Klage von Behörden nach Art. 83
lit. b OG) zur Verfügung stehe. Der ersten Ansicht ist GULDENER (Das
internationale und interkantonale Zivilprozessrecht der Schweiz,
S. 79 N. 254), der davon ausgeht, dem Bundesgericht liege - was die
erwähnte Rechtsprechung nicht annimmt - beim Fehlen bundesgesetzlicher
Gerichtsstandsnormen wenigstens die Aufstellung bestimmter Regeln für
die Abgrenzung der kantonalen Gerichtsbarkeiten, nicht nur die Beilegung
interkantonaler Konflikte, ob (vgl. auch GULDENER, Schweizerisches
Zivilprozessrecht, 2. Auflage, S. 61 ff.). Andere Autoren zählen die in
Frage stehenden Konfliktsfälle zu den staatsrechtlichen Streitigkeiten,
zu deren Erledigung das Bundesgericht infolge der bundesstaatlichen
Gliederung der Schweiz nach Art. 5 und 113 Abs. 1 Ziff. 2 BV berufen ist
gemäss der Ausführungsnorm des Art. 83 lit. b OG (und den spezielleren
Vorschriften der lit. d und e, teilweise auch c daselbst) sowie der bereits
erwähnten, die Befugnis des betroffenen Bürgers zur staatsrechtlichen
Beschwerde festlegenden Vorschrift des Art. 84 Abs. 1 lit. d OG (so
FRITZSCHE, Schuldbetreibung, Konkurs und Sanierung I 201, mit Hinweis
auf die letztere Bestimmung, und die dort in N. 325 angeführten Autoren;
GIACOMETTI, Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 192 mit N. 24 und S. 245 mit
N. 43; vgl. auch die in erster Linie an Art. 5 BV anknüpfende Begründung
der bundesgerichtlichen Zuständigkeit zur Lösung interkantonaler
Gerichtsstandskonflikte in BGE 33 I 363 Erw. 6 = = Sep.-Ausg. 10 S. 170,
wobei ebenfalls eine Klage nach Art. 109 SchKG vorlag; vgl. ferner BGE
72 I 11). Die Frage nach dem zutreffenden Rechtsmittel mag indessen offen
bleiben, weil der angefochtene Entscheid des thurgauischen Obergerichts gar
keinen interkantonalen Konflikt schafft, sondern ihn gerade vermeidet. Das
angefochtene Urteil bejaht nämlich die Zuständigkeit der thurgauischen
Gerichte aus folgenden Gründen:

    "Nach § 16 der thurgauischen ZPO sind Widerspruchsklagen beim
Gericht des die Pfändung vollziehenden Betreibungsamtes anzubringen. Da
die Positionen 1-3 auf dem thurgauischen Gebiet der Gemeinde Kefikon
vom Betreibungsamt Frauenfeld gepfändet worden sind, ergibt sich für
diese Gegenstände auf jeden Fall die Zuständigkeit des angerufenen
Bezirksgerichts Frauenfeld. Für die übrigen auf Zürcher Boden gepfändeten
Gegenstände lässt sich aber nicht einfach der zürcherische Gerichtsstand
anrufen. Die Zivilprozessordnung des Kantons Zürich stellt nämlich
nicht auf den Ort des Pfändungsvollzuges ab, sondern auf den Ort der
Betreibung. Die Behörden des Kantons Zürich müssten deshalb gestützt auf
ihr kantonales Recht die Behandlung einer Widerspruchsklage ablehnen.

    Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 34 I 729, 58 I
233, 81 III 10) geht im Konfliktfall der kantonale Gerichtsstand des
sogenannten Sachortes demjenigen des Betreibungsortes vor. Die zitierten
Entscheide betreffen jedoch Tatbestände, wo Betreibungsort und Sachort
gänzlich auseinanderfallen. In der hier zu beurteilenden Streitsache ist
wenigstens für einen Teil der gepfändeten Gegenstände der Sachort mit dem
Betreibungsort identisch und der thurgauische Gerichtsstand gegeben. In
bezug auf die im thurgauischen Dorfteil von Kefikon gelegenen Gegenstände
sind die zürcherischen Gerichte von der Beurteilung ausgeschlossen. Den
Kläger aber zu zwingen, zwei Prozesse in verschiedenen Kantonen zu
führen, erscheint schlechterdings unzumutbar. Mit Recht hat die
Vorinstanz die Einheit der Widerspruchsklage dadurch betont, dass sie
das für einen Teil der Gegenstände unzweifelhaft feststehende Forum
Frauenfeld zur Behandlung der ganzen Streitsache auch in bezug auf die
im zürcherischen Kefikon gelegenen Sachen zuständig erklärt hat. Diese
Lösung ist im zürcherisch-thurgauischen Verhältnis umso angebrachter, als
das zürcherische Recht selbst den Betreibungsort als Klageort bezeichnet
und hier somit gleichfalls auf Kefikon TG als Gerichtsstand für die auf
Zürchergebiet gelegenen Sachen hinweisen würde."

    Vom Standpunkt des Bundesrechts aus ist dagegen nichts
einzuwenden. Gewiss gibt die Rechtsprechung bei interkantonalen Konflikten
betreffend den Gerichtsstand einer Klage nach Art. 107 und 109 SchKG
grundsätzlich (jedenfalls bei positivem Konflikt, wie er hier nicht in
Frage kommt) der Gerichtsbarkeit des Kantons des Sachortes den Vorrang
vor der Gerichtsbarkeit des Kantons des Betreibungsortes. Immerhin blieb
vorbehalten, "ob daneben nicht auch der Gerichtsstand des Wohnortes
des Beklagten anzuerkennen sei" (BGE 34 I 729 = Sep.-Ausg. 11 S. 260),
welcher Wohnort sich im vorliegenden Falle, vereint mit dem Betreibungsort
und dem Ort eines Teils, wenn auch des kleineren und weniger wertvollen,
der streitigen Sachen, im Kanton Thurgau befindet. Indessen ist hier
eben kein interkantonaler Gerichtsstandskonflikt entstanden, weil die
Vorinstanzen sich dazu bereit gefunden haben, den für einen Teil der
streitigen Gegenstände unzweifelhaft gegebenen thurgauischen Gerichtsstand
auch für die rechtshilfeweise auf Zürcher Boden gepfändeten Sachen
von höherem Gesamtwert anzuerkennen und damit dem auf eigenem Gebiet
liegenden Betreibungsort Rechnung zu tragen, an den die zürcherische
ZPO ihrerseits solche Klagen weist. Diese Entscheidung beruht auf der
Anwendung einer kantonalen Gerichtsstandsnorm, der auf dem Wege der
Auslegung und Lückenausfüllung eine über ihren Wortlaut hinausgehende
Tragweite gegeben wird. Das Obergericht berücksichtigt das Postulat eines
einheitlichen Gerichtsstandes des Sachzusammenhanges und glaubt hiebei
das Schwergewicht, das nach Zahl und Wert der streitigen Gegenstände im
Kanton Zürich läge, in entgegenkommender Berücksichtigung der zürcherischen
Gerichtsstandsordnung an den thurgauischen Betreibungsort - und zugleich
Wohnort der Beklagten - verlegen zu sollen. Diese auf kantonalem Recht
beruhende, zur Vermeidung eines negativen Gerichtsstandskonfliktes mit
dem Nachbarkanton führende Entscheidung gibt nach dem Gesagten keine
Veranlassung zur Anrufung des Bundesgerichts (abgesehen von der Möglichkeit
einer Rüge willkürlicher Ausdehnung eines kantonalen Gerichtsstandes durch
staatsrechtliche Beschwerde, die aber nicht erhoben worden ist und wozu
die als Einwohnerin des Kantons Thurgau in keinen ernstlichen Interessen
betroffene Beklagte auch wohl nicht befugt wäre).

Erwägung 2

    2.- Auch die Einrede der abgeurteilten Sache lässt sich nicht
halten. Sie fällt von vornherein nur in Betracht, soweit die in der jetzt
hängigen Betreibung Nr. 44'751 von Frauenfeld gepfändeten Gegenstände
mit den seinerzeit in der Betreibung Nr. 1034 von Niederbüren gepfändeten
übereinstimmen. Aber auch soweit dies zutrifft, ist die Einrede gänzlich
unbegründet. Im Einklang mit der herrschenden Lehre schreibt die ständige
Rechtsprechung dem Urteil im Widerspruchsprozess Rechtskraftwirkung
(materielle Rechtskraft) nur für die Betreibung zu, in deren Verlauf es
ergangen ist (BGE 44 III 209: "feststehender Grundsatz"; so auch neulich
BGE 85 III 62 Mitte). Vorbehalten blieb der (hier nicht gegebene) Fall des
Urteils über die Klage eines Drittansprechers nach Art. 107 SchKG gegen
den Schuldner selbst, dem nach einer Lehrmeinung "objektive" Rechtskraft
über die konkrete Betreibung hinaus zukommen soll (vgl. JAEGER/DAENIKER,
N. 5 C zu Art. 107 SchKG). Ferner ist die Reflexwirkung des Urteils auf
materiellrechtliche Verhältnisse zu beachten, die sich bei Ablehnung des
Dritteigentums darin äussert, dass der streitig gewesene Gegenstand nun als
Vermögensstück des Schuldners verwertet, also gültig auf einen Ersteigerer
oder Freihandkäufer übertragen werden kann, und bei Ablehnung eines
beschränkten dinglichen Rechtes darin, dass Verwertung und Verteilung
ohne Berücksichtigung eines solchen Vorzugsrechts erfolgen können
(vgl. BLUMENSTEIN, Handbuch, S. 391). Konnte aber der Drittanspruch mit
Erfolg geltend gemacht werden, so kommt es, wenn es um das Alleineigentum
ging, gar nicht zur Verwertung der betreffenden Sache. Daher steht, wenn
rechtskräftige Erledigung der Ansprache nur für die Betreibung, in der
das Verfahren nach Art. 106 bis 109 SchKG stattfand, angenommen wird,
nichts entgegen, die nämliche Sache in einer gegen denselben Schuldner
gerichteten neuen Betreibung wiederum zu pfänden und über den Drittanspruch
nochmals ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Das ist allerdings nicht
unbestritten. Im Gegensatz zur erwähnten Rechtsprechung tritt GULDENER
(ZSR NF 74 I 43 ff. und Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. Auflage,
S. 303 N. 19 b) dafür ein, dass dem Urteil im Widerspruchsprozess eine
weitergehende Rechtskraft zuerkannt werde. Nach seiner Ansicht ist Ziel
der Klage (um das Eigentum) "die richterliche Zulässigerklärung bzw.
Unzulässigerklärung einer Pfändung des streitigen Objektes zum Zwecke
der Durchsetzung der in Betreibung stehenden Forderung schlechthin",
nicht nur in der konkreten Betreibung, die zum Widerspruchsverfahren
führte. Dem Urteil komme daher materielle Rechtskraft auch in spätern
Betreibungen zu, "sofern sich in der spätern Betreibung die gleichen
Parteien oder ihre Rechtsnachfolger gegenüberstehen und keine Änderung der
Rechtslage behauptet wird" (S. 48 - 50 der ersterwähnten Abhandlung). Es
ist fraglich, ob sich eine solche Lösung mit der gesetzlichen Ordnung
vereinen lässt, wonach das Widerspruchsverfahren als Zwischenverfahren
einer bestimmten Betreibung erscheint und nur im Hinblick auf deren
weitern Verlauf eingeleitet wird (vgl. FRITZSCHE I S. 202/3). Die
betreibungsamtlichen Fristansetzungen erfolgen zu keinem andern Zweck,
und das Interesse des betreibenden Gläubigers an der mehr oder weniger
hartnäckigen Abwehr eines Drittanspruchs wird jeweilen dadurch mitbestimmt,
welchen Erfolg die Pfändung im übrigen hat und was für andere Gläubiger
noch daran teilnehmen - Umstände, die sich bei einer spätern Betreibung
inzwischen stark verändert haben können, auch wenn in bezug auf den
Drittanspruch als solchen keine Änderung der Rechtslage eingetreten ist.
Ob gleichwohl aus den vom genannten Autor dargelegten Gründen dann,
wenn im Widerspruchsverfahren ein rechtskräftiges Gerichtsurteil zu
Gunsten des dritten Eigentumsansprechers ergeht, dieser sich in einer
neuen Betreibung desselben Gläubigers gegen denselben Schuldner für
dieselbe Forderung eine neue Klagefristansetzung gemäss Art. 107 SchKG
zur Wahrung seines Eigentums nicht gefallen zu lassen brauche und ihm
demgemäss gegenüber einer neuen Klage des Gläubigers nach Art. 109 SchKG
die Einrede der abgeurteilten Sache zustehe, mag indessen hier auf sich
beruhen bleiben. Auf keinen Fall darf der Begriff der abgeurteilten Sache
auf die bloss betreibungsverfahrensrechtliche Verwirkung (Präklusion)
ausgedehnt werden, wie sie den Gläubiger trifft, der die ihm nach
Art. 109 SchKG eingeräumte Klagefrist versäumt oder doch davon keinen
ordungsmässigen, zur Herbeiführung einer Sachentscheidung geeigneten
Gebrauch macht. Wenn Art. 109 SchKG bestimmt: "Wird diese Frist nicht
benützt, so gilt der Anspruch des Dritten als anerkannt", so ist damit
eine für die laufende Betreibung geltende Fiktion ohne materiellrechtliche
Bedeutung aufgestellt. Die Fristansetzung durch das Betreibungsamt soll
nur dazu beitragen, das Widerspruchsverfahren als Teil der laufenden
Betreibung rasch abzuwickeln. Es liegt dem SchKG fern, eine über die
laufende Betreibung hinaus wirkende materiellrechtliche Verwirrkung an
die Versäumung oder an die nicht ordnungsmässige Benützung der Frist des
Art. 109 SchKG zu knüpfen, und es wäre denn auch für eine derartige selbst
für künftige Betreibungen geltende Abstandswirkung kein zureichender
Grund ersichtlich. Das Betreibungsamt ist vielmehr verpflichtet, in
einer spätern Betreibung unter denselben Voraussetzungen nochmals ein
Widerspruchsverfahren einzuleiten, auch wenn bereits in der früheren
Betreibung eine Klagefrist nach Art. 109 SchKG angesetzt, jedoch nicht oder
nicht in gehöriger Weise benützt worden war. Und der diesmal ordnungsmäss
belangte Beklagte kann aus der untauglichen Art der frühern Klageführung
keine materiellrechtlichen Wirkung ableiten.

    Die von der Berufungsklägerin angerufenen Entscheidungen enthalten
nichts, was diesen Ausführungen entgegenstünde, zumal nicht BGE 37 I
466 (= Sep.-Ausg. 14 S. 245, je Beginn des zweiten Absatzes), wo die
Berufungsbegründung gerade den die Verwirkung einschränkenden Passus
"dans la poursuite en cours" weglässt; aber auch nicht BGE 27 I 390 (=
Sep.-Ausg. 4 S. 150, je Erw. 2), wo ausgesprochen wurde, der in einem
Widerspruchsverfahren erzielte Prozessgewinn dürfe einem Drittansprecher in
einer nachfolgenden Pfändungsgruppe ebenso wenig streitig gemacht werden
wie bei umgekehrtem Ergebnis dem an der vorgehenden Gruppe beteiligten
Gläubiger. Die andern Hinweise betreffen entweder die Befugnis des
Betreibungsamtes zur Ansetzung von Klagefristen mit Androhung von
Rechtsverlusten im allgemeinen (woraus sich für die Frist des Art. 109
SchKG kein weitergehender Rechtsverlust als wie oben dargelegt herleiten
lässt) oder andere Verwirkungsfristen des SchKG als die hier in Frage
stehende, woraus vollends nichts für die von der Berufungsklägerin
postulierte materielle Rechtskraftwirkung des Unterbleibens einer gehörigen
Widerspruchsbeseitigungsklage in der frühern Betreibung folgt.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des
Kantons Thurgau vom 12. Juli 1960, soweit es angefochten worden ist,
bestätigt.