Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 86 III 10



86 III 10

6. Auszug aus dem Entscheid vom 8. Januar 1960 i.S. Totag. Regeste

    Lohnpfändung (Art. 93 SchKG). Berechnung des Notbedarfs.  Bedeutung der
von einer kantonalen Behörde aufgestellten Richtlinien.

Auszug aus den Erwägungen:

    Mit dem Rekurs an das Bundesgericht kann nur geltend gemacht werden,
der angefochtene Entscheid beruhe auf einer Verletzung des Bundesrechts
(Art. 81 in Verbindung mit Art. 43 OG). Eine solche kann nicht darin
erblickt werden, dass die kantonalen Betreibungsbehörden bei der Berechnung
des Notbedarfs im Sinne von Art. 93 SchKG die Richtlinien, die in einem
formell noch gültigen Kreisschreiben einer kantonalen Behörde niedergelegt
sind, nicht mehr befolgen, sondern den Ansätzen des Entwurfs zu einem
neuen Kreisschreiben den Vorzug geben. Das Bundesrecht erklärt nicht
etwa, dass derartige Richtlinien für die Betreibungsbehörden verbindlich
seien. Vielmehr verweist Art. 93 SchKG den Betreibungsbeamten auf sein
Ermessen. Der Betreibungsbeamte und die kantonalen Aufsichtsbehörden,
welche die Verfügungen des Betreibungsamtes auf ihre Angemessenheit
prüfen können (Art. 17/18 SchKG), haben also den von einer kantonalen
Behörde aufgestellten Richtlinien für die Berechnung des Notbedarfs nicht
blindlings zu folgen, sondern gegenteils im einzelnen Fall zu prüfen,
ob ihre Anwendung zu einem den konkreten Umständen angemessenen Ergebnis
führe. Wenn die Vorinstanzen im vorliegenden Falle zum Schlusse kamen,
dass die Ansätze, die der Entwurf zu einem neuen Kreisschreiben für
die Lebenskosten eines Ehepaars und für die Kinderzulagen enthält, den
gegebenen Verhältnissen besser gerecht werden als die bisher geltenden
Ansätze, so hielten sie sich demnach im Rahmen des ihnen vom Bundesrecht
eingeräumten Ermessens. Eine Ermessensüberschreitung, gegen die das
Bundesgericht einschreiten könnte, kann ihnen keineswegs vorgeworfen
werden.