Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 85 I 17



85 I 17

4. Auszug aus dem Urteil vom 21. Januar 1959 i.S. Mobilia A.-G. und
Mitbeteiligte gegen Regierungsrat und Kantonsrat von Solothurn. Regeste

    Derogatorische Kraft des Bundesrechts. Eine kantonale Regelung
des Spar- oder Vorzahlungsvertrages, wonach der Vertragsschluss einer
behördlichen Bewilligung bedarf und diese nur erteilt wird, wenn der
Vertrag in schriftlicher Form abgeschlossen ist und inhaltlich einer
Reihe von die Vertragsfreiheit beschränkenden und in das Zivilrecht
eingreifenden Vorschriften entspricht, ist bundesrechtswidrig.

Sachverhalt

    A.- Das soloth. EG zum ZGB vom 4. April 1954 (im folgenden kurz EG
genannt) bestimmt in § 311:

    "Der Verkauf von Waren durch sogenannte Sparverträge irgendwelcher
Art ist bewilligungspflichtig. Die Bewilligung wird den Verkäuferfirmen
nach vorausgegangener Kontrolle der Preise und Verkaufsbedingungen
und bei Nachweis genügender Sicherstellung der vor der Warenlieferung
einzuzahlenden Beträge erteilt.

    Der Regierungsrat erlässt die erforderlichen Ausführungs- und
Strafbestimmungen."

    Gestützt auf diese Bestimmung und § 4 des EG zum StGB erliess der
Regierungsrat am 14. April 1958 eine "Verordnung über die Spar- und
Vorzahlungsverträge" (im folgenden mit VO bezeichnet).

    Als Spar- oder Vorzahlungsverträge (im folgenden kurz "Sparverträge"
genannt) gelten gemäss § 1 VO:

    "a)  Kaufverträge, mit welchen sich der Verkäufer verpflichtet, dem
Käufer eine bewegliche Sache nach Zahlung des Kaufpreises zu übergeben,
der Käufer aber sich verpflichtet, den Kaufpreis im voraus in Teilzahlungen
zu entrichten;

    b)  alle andern Verträge, bei denen die Parteien die gleichen
wirtschaftlichen Zwecke wie bei einem Kaufvertrag mit Vorauszahlung des
Kaufpreises in Teilzahlungen verfolgen, gleichgültig, in welcher Rechtsform
sie abgeschlossen werden;

    c)  Abzahlungsverträge, bei denen die vereinbarte Lieferfrist mehr
als ein Jahr beträgt oder von unbestimmter Dauer ist und der Käufer zur
Leistung von Teilzahlungen vor der Übergabe der Ware verpflichtet ist."

    Alle diese Verträge sind der VO unterstellt, wenn sie mit Käufern
abgeschlossen werden, die im Kanton Solothurn Wohnsitz haben (§
2). Der Abschluss des Vertrages sowie dessen Ergänzung und Abänderung,
ausgenommen die Herabsetzung des Kaufpreises, bedürfen einer staatlichen
Bewilligung (§ 3). Bewilligungsbehörde ist das Polizei-Departement (§
20). Das Bewilligungsverfahren ist in den §§ 21-24 geregelt, während §
26 den kantonalen Gebührentarif durch Einfügung eines § 52bis über die
Bewilligungsgebühren ergänzt. Nach § 3 Abs. 3 wird die Bewilligung nur
erteilt, wenn der Vertrag die in den §§ 4-19 genannten Voraussetzungen
erfüllt. § 4 schreibt die schriftliche Form vor und bestimmt, welche
Angaben der Vertrag enthalten muss. Im Anschluss daran stellt die VO
Vorschriften auf über die zulässigen Preise und ihre Kontrolle (§§ 5-7),
über die Vertragsdauer (§ 8), über das Verhältnis zwischen Höhe und
Anzahl der Teilzahlungen zum Kaufpreis (§ 9) sowie über die Sicherung
und Verzinsung der Zahlungen des Käufers (§ 10); sie räumt ferner dem
Käufer ein Rücktritts- und ein Kündigungsrecht ein (§§ 11/12), regelt die
finanzielle Auseinandersetzung im Falle der Vertragsauflösung (§§ 13/14),
gibt dem Käufer das Recht, jederzeit die Übergabe des Kaufgegenstandes
gegen Begleichung des Restkaufpreises zu verlangen (§ 15), schliesst die
Vereinbarung des Verfalls des ganzen Kaufpreises beim Verzug des Käufers
mit Teilzahlungen aus (§ 16) und beschränkt die Abtretung künftiger
Lohnforderungen des Käufers (§ 17); schliesslich wird die Wegbedingung
des verfassungsmässigen Gerichtsstandes und Richters verboten (§ 18)
und vorgeschrieben, der Vertrag müsse die Klausel enthalten, dass er nur
verbindlich ist, wenn er (behördlich) bewilligt ist (§ 19). Der Verkäufer,
der diese Bewilligung nicht einholt, wird mit Fr. 20.- bis 500.-- gebüsst
(§ 25).

    Nachdem der Kantonsrat die in § 28 VO vorbehaltene Genehmigung der §§
20 und 26 mit Beschluss vom 2. Juli 1958 erteilt hatte, wurden die VO und
dieser Genehmigungsbeschluss am 18. Juli 1958 im Amtsblatt veröffentlicht.

    B.- Gegen diese kantonale Regelung sind von der Mobilia AG und 5
weiteren Firmen drei staatsrechtliche Beschwerden eingereicht worden. Als
Beschwerdegrund machen alle Beschwerden eine Verletzung der Handels- und
Gewerbefreiheit (Art. 31 BV) und des Grundsatzes der derogatorischen Kraft
des Bundesrechts (Art. 2 Üb.-Best. der BV) geltend; einzelne Beschwerden
rügen überdies eine Verletzung der Rechtsgleichheit (Art. 4 BV), der
Eigentumsgarantie (Art. 15 KV) sowie des Grundsatzes der Gewaltentrennung
(Art. 4, 12 Ziff. 2 und 38 Ziff. 1 KV).

    C.- Der Regierungsrat des Kantons Solothurn beantragt, auch namens
des Kantonsrates, die Abweisung der Beschwerden.

    Das Bundesgericht stellt fest, dass die VO über die gesetzliche
Grundlage nicht hinaus gehe und der Grundsatz der Gewaltentrennung
nicht verletzt sei, hebt aber die VO und den Genehmigungsbeschluss des
Kantonsrates wegen Verletzung des Grundsatzes der derogatorischen Kraft
des Bundesrechts auf im Sinne folgender

Auszug aus den Erwägungen:

                           Erwägungen:

Erwägung 9

    9.- Gemäss Art. 3 BV üben die Kantone alle Rechte aus, welche nicht
(durch die BV) der Bundesgewalt übertragen sind. Nach Art. 64 BV steht
dem Bund die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Zivilrechts zu. Es handelt
sich hiebei um eine ausschliessliche Zuständigkeit umfassender Art. Die
Kantone dürfen nur soweit zivilrechtliche Bestimmungen erlassen, als das
Bundesrecht ausdrücklich (BGE 63 I 173; 76 I 313, 325) oder dem Sinne
nach (EGGER N. 7 zu Art. 5 ZGB) die Geltung kantonalen Rechts vorbehält
(Art. 5 Abs. 1 ZGB). In ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen werden
die Kantone dagegen durch das Bundesrecht grundsätzlich nicht beschränkt
(Art. 6 Abs. 1 ZGB). Sie dürfen demgemäss an sich öffentlich-rechtlich
über die gleichen Verhältnisse wie der Bundesgesetzgeber legiferieren
und auf diese Weise das Anwendungsgebiet des Bundeszivilrechts zugunsten
des kantonalen öffentlichen Rechts einschränken. Diese Befugnis ist
aber nicht unbegrenzt. Die Kantone dürfen nur Vorschriften erlassen, die
ihrem Sinn und Zweck nach dem öffentlichen Recht angehören. Ferner dürfen
sie das Anwendungsgebiet des Bundeszivilrechts nur aus haltbaren Gründen
des öffentlichen Rechts beschränken und keine Vorschriften aufstellen,
die dem Sinn und Geist des Bundeszivilrechts widersprechen oder dieses
vereiteln (BGE 76 I 314, 325/6 und dort angeführte frühere Urteile;
nicht veröffentlichtes Urteil vom 1. Mai 1957 i.S. Krieger Erw. 4). Ob das
kantonale Recht gegen diese Grundsätze verstosse, prüft das Bundesgericht
frei (BGE 71 I 438 Erw. 3 und dort angeführte Urteile, 74 I 142 Erw. 2).

    Nach der Rechtsprechung gehört eine Vorschrift dem öffentlichen
Recht an, wenn sie wesentlich und in erster Linie im öffentlichen
Interesse erlassen ist, die Förderung der Interessen der Gesamtheit
bezweckt. Die Erfüllung der durch eine solche Vorschrift begründeten
Pflicht des Einzelnen gegenüber dem Staate wird in der Regel durch
Verwaltungszwang und Strafe durchgesetzt. Die Verwendung dieser Mittel
genügt indessen nicht, um einer ausschliesslich oder vorwiegend dem
Schutze von Privatinteressen dienenden Vorschrift öffentlich-rechtlichen
Charakter zu verleihen. Anderseits ist es dem kantonalen Gesetzgeber
nicht verwehrt, im Rahmen einer aus haltbaren Gründen des öffentlichen
Rechts in das Bundeszivilrecht eingreifenden öffentlichrechtlichen
Ordnung zivilrechtliche Mittel zu verwenden, wenn dies zur Erreichung des
öffentlich-rechtlichen Zwecks unerlässlich ist (BGE 73 I 229, 76 I 326).

Erwägung 10

    10.- § 311 EG und die darauf beruhende VO sind, wie der Regierungsrat
in seiner Vernehmlassung betont, öffentlich-rechtliche Erlasse. Sie
haben aber den Spar- und Vorzahlungsvertrag zum Gegenstand, also ein
Rechtsverhältnis, das dem Bundeszivilrecht angehört und, wie in BGE 84
II 272 Erw. 2 angenommen worden ist und von den Parteien nicht bestritten
wird, als Kaufvertrag zu betrachten ist.

    Weder § 311 EG noch die VO beschränken oder untersagen den Verkehr
mit gewissen Arten von Sachen, weshalb sich diese Erlasse nicht auf Art. 6
Abs. 2 ZGB stützen können. Sie führen lediglich eine Bewilligungspflicht
für eine besondere Vertragsart ein, wobei sie die Erteilung der Bewilligung
von der Beobachtung der Schriftform und zahlreicher Vorschriften über
den Inhalt des Vertrages abhängig machen und ausserdem den Verkäufer,
der keine Bewilligung einholt, mit Strafe bedrohen. Damit wird praktisch
das gleiche Ergebnis erzielt, wie wenn die Beobachtung der Schriftform und
der Vorschriften über den Vertragsinhalt oder, wie es ein im Kantonsrat
vorgeschlagener Zusatz zu § 311 EG vorsah (Verhandlungen 1953 S. 83 und
481), die Einholung der Bewilligung geradezu als Gültigkeitserfordernis
aufgestellt worden wäre. Eine solche Ordnung, die mit zivilrechtlichen
Mitteln in das Anwendungsgebiet des Bundeszivilrechts eingreift, ist
nur statthaft, wenn sie auf haltbaren Gründen des öffentlichen Rechts
beruht und dem Sinn und Geist des Bundeszivilrechts nicht widerspricht
(vgl. BGE 65 I 80).

    a) Die Spar- und Vorzahlungsverträge bergen für den Käufer besondere
Gefahren in sich, die dieser im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nur schwer
zu überblicken vermag. Er geht eine langfristige Bindung mit einem grossen
Risiko ein. So muss er seine Vorzahlungen auch leisten, wenn er dadurch in
Schwierigkeiten gerät, und er erleidet einen Verlust, wenn er sie nicht
mehr aufbringen kann. Ferner läuft er Gefahr, im Konkurs des Verkäufers
das vorausbezahlte Geld zu verlieren. Sodann sind die namentlich von
Reisenden angewandten Werbemethoden häufig derart, dass die Käufer sich
den Vertragsschluss und seine Folgen nicht ruhig überlegen können und zur
voreiligen Eingehung des Vertrages verleitet werden, was umso schwerer
wiegt, als die Käufer meistens junge, geschäftsunerfahrene und finanziell
schwache Leute sind (vgl. hiezu STOFER, Der Vorauszahlungsvertrag de
lege ferenda S. 6/7, JEANPRETRE, La vente à tempérament et la vente
épargne de lege ferenda, ZSR 1958 S. 422a/423a sowie die Voten der
Diskussionsredner am Schweiz. Juristentag vom 6. Oktober 1958, ferner
KROPFLI, Abzahlungskäufe, Vorsparverträge und ihre Auswirkungen, in
"Der Armenpfleger" 1956 S. 4/5 und 7). Es lässt sich daher, entgegen der
in einer Beschwerde vertretenen Auffassung, nicht bestreiten, dass ein
öffentliches Interesse an der Bekämpfung dieser Gefahren durch geeignete
Massnahmen zum Schutz des Käufers besteht.

    b) Zweifelhafter und im einzelnen eingehend zu prüfen ist dagegen, ob
die durch § 311 EG und die VO getroffene Ordnung mit dem Sinn und Geist
des Bundeszivilrechts vereinbar ist. Dabei kommt es auf das geltende
Bundeszivilrecht an; der Vorentwurf für eine gesetzliche Regelung des
Vorauszahlungsvertrages im OR, der von Zivilgerichtspräsident STOFER im
Auftrag des eidg. Justiz- und Polizeidepartements ausgearbeitet worden
ist (ZSR 1958 S. 354 a ff.), der VO weitgehend als Vorbild diente und in
der Vernehmlassung des Regierungsrates wiederholt angerufen wird, fällt
ausser Betracht. Dass eine in das Bundeszivilrecht eingreifende kantonale
Ordnung mit diesem vereinbar sei, darf sodann nicht leichthin angenommen
werden. Die vom Regierungsrat unter Berufung auf BGE 37 I 50 vertretene
These, dass der Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesgerichts
immer dann nicht verletzt sei, wenn das kantonale öffentliche Recht einen
Fortschritt gegenüber dem Bundeszivilrecht bedeute, ist jedenfalls in
dieser allgemeinen Formulierung unhaltbar. Dürften die Kantone eine vom
Bundeszivilgesetzgeber getroffene Ordnung wie das OR, die als (relativ)
vollständig zu gelten hat (IMBODEN, Bundesrecht bricht kantonales Recht
S. 95), durch öffentlich-rechtliche Erlasse "verbessern" und ergänzen,
so würde die Grenze der Gesetzgebungskompetenz zwischen Bund und Kantonen
in unerträglicher Weise verwischt und die auf dem Gebiete des Zivilrechts
geschaffene Rechtseinheit gefährdet.

Erwägung 11

    11.- Nach § 3 Abs. 1 VO bedürfen der Abschluss des Sparvertrages
sowie die Ergänzung oder Abänderung eines solchen, ausgenommen die
Herabsetzung des Kaufpreises, einer staatlichen Bewilligung, die
vom Polizeidepartement erteilt wird (§ 20) und vom Verkäufer entweder
generell für das von ihm verwendete Vertragsformular oder im Einzelfall
spätestens innert 10 Tagen nach der Unterzeichnung, Ergänzung oder
Abänderung des Vertrags einzuholen ist (§§ 22 und 23). Ob es mit Sinn
und Geist des Bundeszivilrechts vereinbar ist, den Abschluss eines
Kaufvertrages zwischen handlungsfähigen Personen von einer behördlichen
Bewilligung abhängig zu machen, erscheint als fraglich, da dies auf eine
Beschränkung der nach Art. 13 ZGB jeder mündigen und urteilsfähigen Person
zukommenden Handlungsfähigkeit hinausläuft. Die Frage kann offen bleiben,
da das Bewilligungsverfahren, wie es in den §§ 21-23 VO geordnet ist,
die Schriftlichkeit des Vertragsschlusses voraussetzt, diese Form aber,
wie im folgenden auszuführen sein wird, vom kantonalen Recht für den
Sparvertrag nicht vorgeschrieben werden darf.

Erwägung 12

    12.- Nach Art. 11 OR bedürfen Verträge zu ihrer Gültigkeit nur dann
einer besonderen Form, wenn das Gesetz eine solche vorschreibt. Für den in
Art. 187 ff. OR geregelten Fahrniskauf trifft dies nicht zu, was bedeutet,
dass der Bundeszivilgesetzgeber annahm, für diese Vertragsart bestehe kein
schützenswertes Interesse an einem Formerfordernis. Die Kantone können
nicht ihre Beurteilung der Interessenlage an die Stelle derjenigen des
Bundesgesetzgebers setzen und durch öffentlich-rechtliche Vorschrift
ein Formerfordernis für den nach Bundesrecht formlos gültigen Vertrag
einführen, und zwar auch nicht mit der Begründung, dass die Schriftform
unerlässlich sei für die verwaltungsrechtliche Vertragsüberprüfung und
die Verwirklichung der Bewilligungspflicht (BGE 65 I 81 a). Das ist ein
Einbruch in die grundsätzliche Formfreiheit des Vertragsschlusses im
allgemeinen und in die Formlosigkeit des Fahrniskaufes im besondern und
verträgt sich nicht mit dem Sinn und Geist des Bundeszivilrechts (BGE 65
I 82). Daran ändert nichts, dass Sparverträge in der Praxis regelmässig
schrìftlich abgeschlossen verden. § 4 VO ist daher wegen Verletzung der
derogatorischen Kraft des Bundesrechts aufzuheben.

Erwägung 13

    13.- Nach Art. 19 Abs. 1 OR können die Parteien den Vertragsinhalt
innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festsetzen. Die §§ 5 ff. VO
schränken diese Befugnis für den Sparvertrag zum Schutze des Käufers in
mehrfacher Beziehung ein.

    a) Die §§ 5-7 und 9 VO beschränken die freie Vereinbarung der
Preise und Teilzahlungen, indem sie die handelsüblichen Barkaufpreise
als zulässige Höchstpreise bezeichnen (§§ 5/6), den totalen Kaufpreis
(unter Vorbehalt besonderer Bewilligung) auf Fr. 7000.-- begrenzen (§ 7),
wodurch mittelbar auch die Menge der Kaufgegenstände beschränkt wird,
und ein bestimmtes Verhältnis der Höhe und Anzahl der Teilzahlungen
zum Kaufpreis vorschreiben (§ 9). Diese Ordnung ist unvereinbar mit der
durch Art. 19 OR anerkannten Vertragsfreiheit, aber auch mit Art. 211 OR,
wonach sich der vom Käufer zu bezahlende Preis "nach den Bestimmungen
des Vertrages", also nach der freien Vereinbarung der Parteien richtet.
Bestimmungen zum Schutze der Parteien vor sittenwidriger Bindung,
Übervorteilung oder Willensmängeln sind in den Art. 27 ZGB und 20,
21 und 23 OR enthalten. Sollten diese zivilrechtlichen Behelfe beim
Sparvertrag wegen der mit dieser Vertragsart verbundenen besonderen
Gefahren den Käufer nicht genügend schützen, so ist ihre Ergänzung Sache
des Bundesgesetzgebers, der denn auch zu diesem Zweck bereits eine Revision
des OR eingeleitet hat.

    Kantonale öffentlich-rechtliche Vorschriften, die in die freie
Preis- und Lohngestaltung eingreifen, wurden bis jetzt nur beim
Vorliegen besonderer Verhältnisse gestattet. So wurde die Festsetzung
der Honoraransätze für die zur Rechtspflege gehörenden Verrichtungen der
Anwälte zugelassen, weil diese Tätigkeit der Anwälte gewissermassen eine
öffentliche Aufgabe darstellt und die Erschwinglichkeit der Rechtspflege
in Frage steht (BGE 66 I 57), während die Aufstellung von Tarifen für
Taxichauffeure im Hinblick auf die Anonymität der Beziehungen zwischen
Chauffeur und Fahrgast und auf die Abwicklung des Zahlungsverkehrs auf der
öffentlichen Strasse als begründet erschien (BGE 79 I 340). Wo aber solche
besonderen Verhältnisse nicht vorliegen, wie beim Mäklervertrag oder beim
Kommissionsvertrag, ist die Tarifierung von Preisen oder Dienstleistungen
durch das kantonale öffentliche Recht unzulässig, selbst wenn sie an
sich wünschbar wäre (BGE 65 I 83/84, 70 I 235/37). Das gilt auch für den
Fahrniskauf in der hier in Frage stehenden Form des Sparvertrages. Die VO
stellt zwar keinen Tarif auf, setzt aber die handelsüblichen Barkaufspreise
als Höchstpreise fest (§ 5) und ermächtigt die Bewilligungsbehörde, also
das Polizei-Departement (§ 20), auf Verlangen des Käufers im Zeitpunkt
des Auswahl oder Lieferung durch Sachverständige prüfen zu lassen, ob
die vereinbarten Preise die handelsüblichen Barkaufspreise übersteigen,
und je nach dem Ergebnis der Prüfung die Bewilligung des Vertrages
zu verweigern bzw. zu widerrufen (§ 6). Dass derartige Bestimmungen
schlechthin unvereinbar sind mit der Vertragsfreiheit und der Regelung
des Kaufvertrages im OR, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Die §§
5-7 VO sind daher als bundesrechtswidrig aufzuheben, ebenso § 9, da das
Verhältnis der Höhe und Anzahl der Teilzahlungen zum Kaufpreis in der
freien Dispositionsbefugnis der Vertragsparteien steht.

    b) Indem § 10 VO vorschreibt, dass die Zahlungen des Käufers auf
ein auf seinen Namen lautendes und ihm auszuhändigendes Sparheft bei
einer Bank oder Sparkasse zu leisten seien, und Auszahlungen aus diesem
Sparheft nur unter gewissen Voraussetzungen zulässt, führt er eine
Sicherstellungspflicht zugunsten des Käufers ein. Auch dies ist mit dem
Bundeszivilrecht unvereinbar. Nach Art. 211 OR ist der Kaufpreis, wie
bereits erwähnt, "nach den Bestimmungen des Vertrags" zu leisten. Ist der
Käufer nach dem Vertrag vorleistungspflichtig, so hat er also zum voraus
zu bezahlen und kann eine Sicherstellung nur verlangen, wenn eine solche
vereinbart ist. Ferner kann er nach Art. 83 OR bei Zahlungsunfähigkeit
des Verkäufers seine Leistungen solange zurückbehalten, bis ihm die
Gegenleistung sichergestellt ist. Die Einführung einer weitergehenden
Sicherstellungspflicht des Verkäufers in § 10 VO ist bundesrechtswidrig
(vgl. BGE 75 I 271, wo eine kantonale Vorschrift zur Sicherung des
Vermögens von Personalfürsorgestiftungen als unzulässige Beschränkung
der Stiftungsfreiheit und damit als bundesrechtswidrig erklärt wurde).

    Art. 15 des Bankengesetzes umschreibt sodann abschliessend, welche
Banken und Sparkassen Spargelder entgegennehmen dürfen. Da neben dem
Bankengesetz kantonale Vorschriften über Banken keinen Bestand haben
(Art. 53), können die Kantone für Geschäfte, die in den Geschäftskreis der
Banken fallen, keine weitergehenden Erfordernisse aufstellen (BGE 70 I 230
Erw. 4). Soweit daher § 10 VO für die Vorauszahlungen des Käufers auf ein
Sparheft noch vorschreibt, dass die Bank oder Sparkasse zur Entgegennahme
von Mündelvermögen im Sinne von § 4 der soloth. VO über das Mündelvermögen
berechtigt sei, verletzt er ebenfalls Bundesrecht und ist daher aufzuheben.

    c) Mit § 8 VO, wonach die Vertragsdauer höchstens 7 Jahre
betragen darf, wird der Schutz des Käufers vor einer zu langfristigen
Bindung bezweckt. Damit greift die VO wieder in unzulässiger Weise
in das Bundeszivilrecht ein. Da dieses für den Kaufvertrag und das
Abzahlungsgeschäft (Art. 226 ff. OR) keine Vorschriften über die
Vertragsdauer aufstellt, gilt dafür als einzige Schranke Art. 27 Abs. 2
ZGB, wonach sich niemand seiner Freiheit entäussern oder sich in ihrem
Gebrauch in einem das Recht oder die Sittlichkeit verletzenden Grade
beschränken kann. Ob ein Sparvertrag gegen diese Bestimmung verstosse und
daher nach Art. 20 OR nichtig sei, ist anhand seines konkreten Inhaltes
zu entscheiden (BGE 84 II 22 Erw. 4, 277). Ist danach ein Sparvertrag,
der für die Aufbringung des Kaufpreises mehr als 7 Jahre vorsieht,
nicht sittenwidrig und daher gültig (wie das Bundesgericht z.B. in BGE
84 II 24 d angenommen hat), so steht es dem kantonalen Recht nicht zu,
einen solchen Vertrag zu verbieten.

    d) Die §§ 11, 12 und 14 VO regeln die Auflösung des Sparvertrages.

    § 11 gibt dem Käufer das Recht, innert einer Bedenkfrist von drei Tagen
seit Erhalt des schriftlichen Vertrags ohne jede Entschädigung vom Vertrag
zurückzutreten. Das Rücktrittsrecht ist ein Institut des Zivilrechts und
besteht grundsätzlich nur, wenn es sich auf Parteivereinbarung oder auf
das Gesetz stützen kann (VON TUHR/SIEGWART, OR S. 611 ff.). Das OR kennt
Rücktrittsrechte bei Verzug (oder Zahlungsunfähigkeit) der Gegenpartei
(Art. 83, 95, 107, 226 OR). Eine jederzeitige Widerrufsmöglichkeit, wie
sie ausnahmsweise beim Auftrag besteht, wobei aber der zurücktretende Teil,
wenn der Widerruf zur Unzeit erfolgt, immerhin schadenersatzpflichtig
ist (Art. 404), gibt es beim Kaufvertrag nicht. Indem die VO in § 11
dem Käufer ein freies, zu keiner Entschädigung verpflichtendes und an
keine weitere Voraussetzung als die Einhaltung einer Frist geknüpftes
Rücktrittsrecht einräumt, ergänzt sie das Bundeszivilrecht in unzulässiger
Weise. § 11 ist daher ebenfalls aufzuheben.

    § 12 gibt dem Käufer bei Verträgen, deren Dauer ein Jahr
übersteigt oder unbestimmt ist, das Recht, den Vertrag bis zum Abruf
der Ware jederzeit zu "kündigen". Eine Kündigung kennt das OR bei
Dauerschuldverhältnissen wie Miete, Pacht, Darlehen oder Dienstvertrag
(Art. 267, 290, 318, 347-351). Der Kauf auf Vorauszahlung ist kein
Dauerschuldverhältnis in dem Sinne, dass der Zeitablauf stets neue
Verpflichtungen der Parteien entstehen liesse; er ist vielmehr auf
einmaligen Austausch zweier von vornherein begrenzter Leistungen (Lieferung
der Kaufsache und Zahlung des vereinbarten Preises) gerichtet, wobei
allerdings der Käufer seine Leistung nicht auf einmal, sondern während
einer gewissen Zeit in Raten erbringen muss. In dieser Beziehung steht
er dem Kauf auf Abzahlung (Art. 226 OR) nahe, für den das OR auch kein
Kündigungsrecht kennt. Für ein solches ist daher auch beim Sparvertrag kein
Raum (BGE 84 II 279). § 12 VO, der dem Käufer trotzdem ein Kündigungsrecht
einräumt, verletzt daher das Bundeszivilrecht und ist aufzuheben.

    § 14 VO sieht die Auflösung des Vertrages bei Tod oder wesentlicher
Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit infolge unheilbarer Krankheit oder
dauernder Invalidität des Käufers vor und regelt die Folgen. Das OR lässt
die Beendigung eines Schuldverhältnisses durch den Tod einer Partei nicht
generell eintreten, sondern nur bei gewissen Vertragsarten, namentlich
dort, wo es auf die persönlichen Eigenschaften eines Kontrahenten ankommt
(vgl. die Zusammenstellung bei VON TUHR/SIEGWART S. 608 f.). Beim
Kaufvertrag kennt es diesen Auflösungsgrund nicht und erst recht nicht
denjenigen der unheilbaren Krankheit oder dauernden Invalidität des
Käufers. Auch hier greift die VO in das Bundeszivilrecht ein und sucht
es in unzulässiger Weise abzuändern bzw. zu ergänzen, sodass auch §
14 VO aufzuheben ist.

    e) § 13 VO regelt die gegenseitigen Leistungen der Kontrahenten im
Falle der Vertragsauflösung und beschränkt ein allfälliges Reugeld des
Käufers auf 10% des Kaufpreises, höchstens aber Fr. 500.--. Damit greift
die VO wiederum in die Vertragsfreiheit ein, die inbezug auf die in Frage
stehenden Leistungen nach Bundeszivilrecht nur begrenzt wird durch Art. 27
Abs. 2 ZGB und Art. 20 OR sowie Art. 227 Abs. 2 und 3 OR. Ob die für
den Fall der Vertragsauflösung vereinbarten Leistungen des Käufers vor
diesen Bestimmungen Bestand haben, ist im Streitfall vom Richter unter
Würdigung der konkreten Verhältnisse zu entscheiden. Für die Festsetzung
von Höchstsätzen durch das kantonale öffentliche Recht bleibt daneben
kein Raum. Auch § 13 VO ist daher als bundesrechtswidrig aufzuheben.

    f) Das gleiche gilt für § 15 VO, wonach der Käufer befugt sein
muss, jederzeit die Übergabe des Kaufgegenstandes gegen Begleichung des
Restkaufpreises zu fordern. Nach dem OR kann zwar der Schuldner unter
Umständen vor dem Verfalltag erfüllen (Art. 81), der Gläubiger aber
keinesfalls vorzeitige Erfüllung verlangen. Der Käufer kann daher die
Lieferung der Kaufsache auch dann nicht einseitig vor dem vereinbarten
Zeitpunkt verlangen, wenn er die Leistung des ganzen Kaufpreises
anbietet. § 15 VO verletzt diese Ordnung und ist daher ebenfalls als
bundesrechtswidrig aufzuheben.

    g) § 16 VO verbietet die Vereinbarung des Verfalls des ganzen
Kaufpreises beim Verzug des Käufers mit der Leistung einer oder
mehrerer Teilzahlungen. Das widerspricht der Regelung in Art. 228 OR,
der das Abzahlungsgeschäft betrifft, sinngemäss aber auch auf den
Sparvertrag Anwendung finden muss. Danach ist die Verfallklausel nicht
schlechthin ausgeschlossen, wie § 16 VO bestimmt, doch kann sich der
Verkäufer erst dann darauf berufen, wenn der Käufer mit wenigstens zwei
aufeinanderfolgenden, zusammen mindestens einen Zehntel des Kaufpreises
ausmachenden Teilzahlungen im Rückstand ist. Auch § 16 VO ist daher als
bundesrechtswidrig aufzuheben.

    h) § 17 VO lässt die Vereinbarung der Abtretung künftiger Forderungen
des Käufers aus Arbeitsleistung nicht für länger als zwei Jahre und
nur insoweit zu, als dem Käufer und seiner Familie das unentbehrliche
Mindesteinkommen nach SchKG gewahrt ist.

    Gemäss Art. 164 OR sind alle Forderungen, auch künftige (BGE 84 II
366 Erw. 3), abtretbar, soweit nicht Gesetz, Vereinbarung oder Natur des
Rechtsverhältnisses entgegenstehen. Die Abtretung von (verfallenen oder
künftigen) Forderungen aus Arbeitsleistung, also auch von Lohnforderungen
(Art. 330 OR), ist nach dem Bundeszivilrecht nicht verboten und auch durch
die Natur des Rechtsverhältnisses nicht ausgeschlossen. Das kantonale
öffentliche Recht aber kann die Abtretbarkeit solcher Forderungen, soweit
sie nicht das öffentlich-rechtliche Beamtenverhältnis betreffen (BGE 56
III 194), nicht verbieten oder beschränken. Eine zeitliche Schranke für
die Abtretung künftiger Lohnforderungen ergibt sich einzig aus Art. 27
Abs. 2 ZGB und Art. 20 OR. Soweit § 17 VO diese Abtretung nur für zwei
Jahre zulässt, ist er daher bundesrechtswidrig. Dagegen trifft dies
nicht zu für das in § 17 weiter enthaltene Verbot der Abtretung solcher
Forderungen, soweit sie nach Art. 93 SchKG unpfändbar sind. Dieses
Verbot verträgt sich mit Sinn und Geist des Bundeszivilrechts, da
die Abtretung künftiger Lohnforderungen insoweit, als der Lohn für den
Unterhalt des Dienstpflichtigen und seiner Familie unumgänglich notwendig
ist, gegen Art. 27 ZGB und Art. 20 OR verstösst (OSER/SCHÖNENBERGER
N. 5 zu Art. 164 OR, VON TUHR/SIEGWART S. 798 Anm. 86; Urteil des
neuenburg. Zivilkassationsgerichts in SJZ 40 S. 58).

    i) § 18 VO schliesst die vertragliche Wegbedingung des
verfassungsmässigen Gerichtsstands und Richters aus, verbietet also
Gerichtsstandsklauseln in Sparverträgen. Die Gerichtsstandsklausel ist,
auch wenn sie mit einem zivilrechtlichen Vertrag verbunden ist, eine
selbständige prozessrechtliche Abrede (BGE 62 I 234). Ihre Zulässigkeit
folgt nicht aus der in Art. 19 OR anerkannten Vertragsfreiheit, sondern
kann sich nur aus dem kantonalen Prozessrecht ergeben (vgl. BGE 76 II
249). § 18 VO, der Gerichtsstandsklauseln in Sparverträgen verbietet,
stellt somit eine dem kantonalen Prozessrecht angehörende Bestimmung dar
und ist als solche keinesfalls bundesrechtswidrig.

Erwägung 14

    14.- Greifen demnach die §§ 3-17 VO in unzulässiger Weise in das
Bundeszivilrecht ein, so trifft dies auch für die §§ 4 und 19 zu,
denn sie schreiben vor, dass der Sparvertrag jene bundesrechtswidrigen
Bestimmungen sowie die Klausel, dass er nur verbindlich sei, wenn er
bewilligt ist, enthalten müsse. Ferner können die Bestimmungen über
das Bewilligungsverfahren, die Strafandrohung und die Gebühren (§§
20-26) keinen Bestand haben, da sie sich auf jene bundesrechtswidrigen
Bestimmungen beziehen und das mit dem Bundesrecht unvereinbare Erfordernis
der Schriftform des Sparvertrages (§ 4) voraussetzen. Vor dem Bundesrecht
haltbar sind nur die §§ 1, 2 und 18, ferner § 17 insoweit, als er die
Abtretbarkeit von künftigen unpfändbaren Lohnforderungen verbietet. Dass
der Regierungsrat die VO nur wegen dieser Bestimmungen erlassen hätte
oder aufrecht erhalten will, ist nicht anzunehmen. Die VO ist daher
als Ganzes aufzuheben und damit auch, wie in einer Beschwerde verlangt
wird, der Beschluss des Kantonsrates vom 2. Juli 1958, mit dem die §§
20 und 26 VO genehmigt worden sind. § 311 EG ist insoweit, als er die
gesetzliche Grundlage für die bundesrechtswidrigen Bestimmungen der VO
bildet, ebenfalls bundesrechtswidrig, kann aber selber nicht mehr mit
staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden.

Erwägung 15

    15.- Da die VO wegen Verletzung von Art. 2 Üb.-Best. der BV aufzuheben
ist, braucht nicht geprüft zu werden, ob sie auch gegen die in den
Beschwerden weiter angerufenen Art. 4 und 31 BV und 15 KV verstosse.