Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 85 IV 22



85 IV 22

7. Urteil des Kassationshofes vom 23. Januar 1959 i.S. Staatsanwaltschaft
des Kantons Zürich gegen Röthlisberger. Regeste

    Art. 154, 242 StGB. Wer nachgeahmte Waren oder falsches Geld als
Falsifikat einem anderen überlässt, der es vorsätzlich als echt weitergibt,
ist nur strafbar, wenn er sich als Mittäter, Anstifter oder Gehilfe an
der Tat des andern beteiligt hat.

Sachverhalt

    A.- Röthlisberger bot Ende Oktober 1957 Utzinger 1690 nachgeprägte
französische Zwanzigfranken-Goldmünzen, sog. Napoléons, die keinen
gesetzlichen Kurswert haben, zu Fr. 33.10 das Stück an. Er liess sie von
der Ersparniskasse des Amtsbezirks Wangen an die Firma MAT Transport AG
in Zürich übersenden, wo Utzinger am 8. November Hundert der nachgeahmten
Goldmünzen gegen Bezahlung von Fr. 3310.-- bezog. Am gleichen oder am
folgenden Tag verkaufte sie Utzinger als echt an drei Zürcher Banken,
die den Tageskurs von Fr. 35.- bezahlten.

    B.- Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte am 11. November
1958 Utzinger wegen Inverkehrbringens gefälschter Waren (Art. 154 Ziff. 1
Abs. 1 StGB) zu einer Busse von Fr. 500.--, sprach dagegen Röthlisberger
von der Anklage dieses Vergehens frei.

    C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich führt
Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei
hinsichtlich des Freispruches aufzuheben und die Sache zur Bestrafung
des Angeklagten Röthlisberger an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sie
macht geltend, Röthlisberger habe den Tatbestand des Art. 154 StGB
eventualvorsätzlich, zum mindesten fahrlässig erfüllt.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Röthlisberger hat Utzinger nachgemachte Goldmünzen (Napoléons)
angeboten und zur freien Verfügung übergeben. Damit beging er keine
nach Art. 154 StGB unerlaubte Handlung, denn nach der verbindlichen
Feststellung der Vorinstanz hat er die Münzen nicht als Originale, sondern
als Nachprägungen verkauft. Strafbar war erst das Inverkehrbringen
der Goldmünzen durch seinen Abnehmer, der sie vorsätzlich als echt
weitergab. Hat demnach Röthlisberger die nachgeahmte Ware weder allein
und unmittelbar als echt in den Verkehr gebracht, noch die Tat mittelbar
durch Utzinger als sein willenloses oder wenigstens nicht vorsätzlich
handelndes Werkzeug ausführen lassen, so ist er für den eingetretenen
strafbaren Erfolg nur verantwortlich, wenn er sich als Mittäter, als
Anstifter oder Gehilfe schuldig gemacht hat. Das gilt in gleicher Weise
für den Tatbestand des Art. 242 StGB, wenn jemand falsches Geld als
Falsifikat einem anderen überlässt, der es nachher als echt in Umlauf
setzt. Insoweit auf die Grenzen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit
des ersteren in BGE 76 IV 165, 80 IV 265 wie im Urteil i.S. Stampanoni
vom 31. Oktober 1957 nicht mit genügender Deutlichkeit hingewiesen wurde,
sind diese Entscheidungen im dargelegten Sinne zu ergänzen.

Erwägung 2

    2.- (Folgen Ausführungen darüber, dass hier nur Mittäterschaft
oder Gehilfenschaft in Frage kommt, dass erstere mangels Beteiligung
des Beschwerdegegners an der Ausführung, Entschliessung oder Planung
der Verkäufe nicht vorliegt und dass vorsätzliche oder wenigstens
eventualvorsätzliche Gehilfenschaft schon an der Feststellung der
Vorinstanz scheitert, wonach Röthlisberger mit der Möglichkeit des
eingetretenen Erfolges nicht gerechnet hat.)

Entscheid:

               Demnach erkennt der Kassationshof:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.