Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 85 IV 187



85 IV 187

48. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 16. Oktober 1959
i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern. Regeste

    Art. 201 Abs. 1 StGB ist auch anwendbar, wenn sich der Ehemann aus dem
unsittlichen Erwerb seiner Ehefrau eine höhere Lebenshaltung leistet, als
ihm sein Einkommen erlauben würde, und die Ehefrau zufolge Gütertrennung
über die Verwendung ihrer Einkünfte selbständig verfügt.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Behauptung des Beschwerdeführers, dass er seinen eigenen
Unterhalt nie, auch nicht teilweise, aus dem unsittlichen Erwerb seiner
Ehefrau gedeckt habe, trifft nicht zu. Zum Unterhalt gehören nicht nur
Nahrung und Kleidung, sondern alles, was jemand zum Leben benötigt,
also auch Wohnung, Gesundheitspflege, Erholung und die Befriedigung
anderer Bedürfnisse. Die Ausstattung der ehelichen Wohnung mit Möbeln,
Radio, Teppichen usw. und die Anschaffung eines Autos, das wie die
Wohnungseinrichtung auch vom Beschwerdeführer benützt wurde, finanzierte
ausschliesslich dessen Ehefrau aus den Einkünften ihres unsittlichen
Gewerbes, aus denen sie ausserdem den grössten Teil des Unterhalts des
Kindes und der Kosten des gemeinsamen Haushaltes bestritt (namentlich
Miete, Telephon, Gas, Elektrisch, usw.). Der Beschwerdeführer hat sich
somit zu einem erheblichen Teil im Sinne von Art. 201 Abs. 1 StGB aus dem
unsittlichen Erwerb seiner Ehefrau unterhalten lassen. Daran ändert nichts,
dass zwischen den Ehegatten auf Grund eines Ehevertrages Gütertrennung
besteht, die Ehefrau demzufolge güterrechtlich über ihr Vermögen und ihren
Arbeitserwerb selbständig verfügen kann und an die ehelichen Lasten einen
angemessenen Beitrag zu leisten hat (Art. 242, 246 ZGB). Die allgemeinen
Wirrkungen der Ehe, insbesondere die in Art. 160 ZGB dem arbeitsfähigen
Ehemann auferlegte Pflicht, für den eigenen Unterhalt und denjenigen von
Frau und Kind in erster Linie selber aufzukommen, werden durch die Art
des ehelichen Güterstandes nicht berührt.

    Statt pflichtgemäss den lebensnotwendigen Bedarf der Familie durch
ehrlichen Arbeitserwerb sicherzustellen, zog es der Beschwerdeführer
vor, zweifelhaften Geschäften mit unsicherem Einkommen nachzugehen, wohl
wissend, dass seine Ehefrau für den Unterhalt seiner Familie sorge. Sein
Einwand, dass es nur deshalb dazu gekommen sei, weil seine Ehefrau sich
mit einer seinem Einkommen entsprechenden einfachen Lebensführung nicht
begnügt und gleichsam gegen seinen Willen eine höhere Lebenshaltung
durchgesetzt habe, hilft nicht. Der Beschwerdeführer wusste, dass seine
Ehefrau die hohen Beiträge nur auf dem Wege der gewerbsmässigen Unzucht
zu leisten imstande war, und gegen diese verwerfliche Art des Gelderwerbes
hätte er einschreiten können und müssen. Dass er das deswegen nicht tat,
weil er nicht wollte, ergibt sich daraus, dass er das luxuriöse Leben
seiner Ehefrau teilte, diese bei der Ausübung ihres Gewerbes gewähren
liess, ja sogar, wie die Vorinstanz feststellt, zur Unzucht anhielt. Das
Merkmal der Ausbeutung nach Art. 201 Abs. 1 StGB ist damit in ausgeprägter
Form erfüllt.