Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 85 IV 166



85 IV 166

44. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. September 1959
i.S. Suter gegen Statthalteramt Hinwil. Regeste

    Art. 5 Ziff. 7 FischG. Begriff des "Trockenlegens" von Wasserläufen.

Sachverhalt

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

    Art. 5 Ziff. 7 FischG verbietet das Trockenlegen von Wasserläufen zum
Zwecke des Fischfanges und bestimmt ferner: "Falls dasselbe zu andern
Zwecken notwendig wird, soll den betreffenden Lokalbehörden und den
allfälligen Fischereiberechtigten oder Fischpächtern hievon rechtzeitig
vorher Kenntnis gegeben werden."

    Diese Bestimmung ist zur Schonung des Fischbestandes erlassen worden
(Botschaft des Bundesrates zum FischG, BBl 1887 III S. 364 f.). Sie
verbietet das Trockenlegen von Wasserläufen zum Zwecke des Fischfanges
schlechthin, will aber auch, soweit es zu andern Zwecken vorgenommen wird,
verhindern, dass durch unzeitiges, ohne Verständigung der Fischereiaufsicht
und der Fischereiberechtigten in die Wege geleitetes Wasserablassen die
natürlichen Lebensbedingungen der Fische gestört oder aufgehoben werden und
dadurch die Fischerei beeinträchtigt werde. Die vorherige Benachrichtigung
der örtlichen Aufsichtsorgane (Lokalbehörden, Fischereiaufseher) und der
allfälligen Fischereiberechtigten oder Fischpächter soll diese in die
Lage versetzen, rechtzeitig die zum Schutze der Fische und der Fischbrut
erforderlichen Massnahmen zu treffen; sie soll ihnen ermöglichen, einer
Schädigung oder Gefährdung des Fischbestandes durch entsprechende Vorkehren
(Ausfischung usw.) zuvorzukommen (vgl. BUCHENBERGER, Fischereirecht,
S. 30/31, sowie S. 62 § 23). Unmittelbare Gefahr droht dem Fischbestand
nicht erst, wenn der Bach abgeschlagen, der Teich oder Weiher abgelassen
und sein Bett völlig trocken gelegt ist, sondern immer schon dann,
wenn das Wasser so weit abgesenkt wird, dass der verbleibende Teil den
Lebensbedingungen der Fische nicht mehr zu genügen vcrmag. Dementsprechend
ist auf den Schutz der Fische (und der Brut) auch bei nicht völliger
Entleerung des Fischgewässers Bedacht zu nehmen.

    Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass in Art. 5
Ziff. 7 FischG von Trockenlegen von Wasserläufen die Rede ist. Bei der
Auslegung dieses Begriffes ist vor allem auf den Zweck der Bestimmung
abzustellen. Darnach kann aber kein Zweifel bestehen, dass schon die
Entwässerung eines Teiles, der aber für die Erhaltung des Fischbestandes
von wesentlicher Bedeutung ist, ein Trockenlegen des Wasserlaufes im Sinne
des Gesetzes darstellt. Nur diese Auslegung trägt dem Umstande Rechnung,
dass der Fischbestand, dessen Erhaltung und Hebung durch das FischG
angestrebt wird, nicht nur bei völliger Austrocknung des Gewässers,
sondern auch dann unmittelbar gefährdet ist, wenn der nichtabgelassene
Teil des Gewässers die für die Fische unentbehrlichen Lebensbedingungen
nicht mehr zu bieten vermag.

    Dass Art. 5 Ziff. 7 FischG zum Schutze vor Gefährdung, nicht erst vor
einer (mit der völligen Austrocknung in der Regel bereits eingetretenen)
Schädigung des Fischbestandes erlassen worden ist, erhellt auch aus den
übrigen Bestimmungen des FischG, insbesondere aus der Verpflichtung von
Wasserwerkbesitzern zur Anbringung von Schutzvorrichtungen (Art. 6),
aus der Einführung von Schonzeiten und anderen Massnahmen zum Schutze
und zur Hebung des Fischbestandes (Art. 9 ff., 16, 17, 27/28 u.a.m.),
aus dem Verbot gewisser Fangarten, -Vorrichtungen, -Geräte usw. (Art. 2,
5), dem Verbot der Verunreinigung von Fischgewässern (Art. 21, nunmehr
ersetzt durch Art. 2 ff. GSchG) und nicht zuletzt aus Art. 18, der
vorschreibt, dass in Forellenbächen während der Schonzeit der Forelle und
den zwei folgenden Monaten eine Reinigung der Bachbette nicht vorgenommen
werden darf. Den Begriff des Trockenlegens enger zu fassen, nämlich auf
die vollständige Entleerung eines Fischereigewässers zu beschränken,
rechtfertigt sich umso weniger, als das Trockenlegen von Wasserläufen zu
den für die Fischerei gefährlichsten Unternehmungen zählt, da dem Fisch
dadurch die erste Bedingung des Daseins entzogen wird.