Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 85 II 572



85 II 572

79. Urteil der II. Zivilabteilung vom 22. Dezember 1959 i.S. Gori und
Jäger gegen Kuhn. Regeste

    Vorkaufsrecht (Art. 681 ZGB). Der Abschluss eines Kaufrechtsvertrags
ist kein Vorkaufsfall.

Sachverhalt

    A.- Im Zusammenhang mit einer Erbteilung räumte Max Spaltenstein seinen
Miterbinnen, zu denen Frau Gori-Spaltenstein und Frau Jäger-Spaltenstein
gehörten, ein Vorkaufsrecht am Bienenhaus Assekuranz-Nr. 383 mit
Umgelände "zu den gleichen Bedingungen wie mit einem Dritten" ein.
Dieses Vorkaufsrecht wurde am 16. Dezember 1949 für die Dauer von zehn
Jahren im Grundprotokoll Kloten vorgemerkt.

    B.- Am 15. Juni 1956 verpachtete Spaltenstein die erwähnte Liegenschaft
für zehn Jahre an Alfred Kuhn, und am 18. September 1956 räumte er diesem
ein Kaufsrecht daran ein, das wie das Vorkaufsrecht im Grundprotokoll
vorgemerkt wurde. Der öffentlich beurkundete Kaufrechtsvertrag setzte
den Kaufpreis auf Fr. 5000.-- fest und bestimmte u.a.:

    "Das Kaufsrecht besteht ab 1. Januar 1960 bis 1. Januar 1966 und kann
vom Kaufsberechtigten während dieser Zeit jederzeit ausgeübt werden."

    C.- Am 23. April 1957 ersuchte Spaltenstein die Vorkaufsberechtigten,
der Löschung des Vorkaufsrechts zuzustimmen, da er mit Kuhn vereinbart
habe, das Grundstück schon jetzt auf diesen zu übertragen. Dadurch
erhielten die Vorkaufsberechtigten vom Kaufrechtsvertrage Kenntnis.
Frau Gori und Frau Jäger betrachteten den Abschluss dieses Vertrags als
Vorkaufsfall und teilten Spaltenstein am 19. Mai 1957 brieflich mit, dass
sie gewillt seien, von ihrem Vorkaufsrechte Gebrauch zu machen. Hierauf
meldete Spaltenstein am 6. Juni 1957 die "Eigentumsübertragung zufolge
Ausübung des Vorkaufsrechtes" zur Eintragung ins Grundprotokoll an. Auf
Grund dieser Anmeldung wurden Frau Gori und Frau Jäger als Eigentümerinnen
der in Frage stehenden Liegenschaft eingetragen (Gesamteigentum zufolge
einfacher Gesellschaft).

    D.- Am 14. Juni 1957 ersuchten Frau Gori und Frau Jäger den
Kaufsberechtigten Alfred Kuhn, die Löschungsbewilligung "für das infolge
Ausübung des Vorkaufsrechts untergegangene Kaufsrecht" abzugeben. Da Kuhn
dieses Ansinnen ablehnte, leiteten Frau Gori und Frau Jäger am 12./30. Juli
1957 gegen ihn Klage ein mit dem Begehren, er sei zu verpflichten, sein
Kaufsrecht löschen zu lassen. Das Bezirksgericht Bülach hiess die Klage
mit Urteil vom 28. August 1958 gut. Das Obergericht des Kantons Zürich (I.
Zivilkammer) hat sie dagegen am 12. Juni 1959 abgewiesen.

    E.- Mit der vorliegenden Berufung an das Bundesgericht erneuern
die Klägerinnen ihr Klagebegehren. Der Beklagte schliesst auf Abweisung
der Berufung.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- (Streitwert).

Erwägung 2

    2.- Die Vorinstanz hat eingehend geprüft, ob die Klage auf Löschung des
nach dem Vorkaufsrecht vorgemerkten Kaufsrechtes "nicht schon gestützt auf
das vorgemerkte Vorkaufsrecht zu schützen sei, ohne dass die Klägerinnen
darüber hinaus den Eintritt des Vorkaufsfalles und den darauf gegründeten
Eigentumserwerb darzutun hätten". Es ist klar, dass diese Frage verneint
werden muss. Wenn Art. 959 Abs. 2 ZGB bestimmt, dass die im Grundbuch
vormerkbaren persönlichen Rechte durch die Vormerkung Wirkung gegenüber
jedem später erworbenen Recht erhalten, so kann dies selbstverständlich
nicht bedeuten, dass der Inhaber eines vorgemerkten Rechts ohne weiteres
die Löschung aller später erworbenen Rechte verlangen könne; dies schon
deswegen nicht, weil sonst die in Art. 959 Abs. 2 ZGB vorausgesetzte
Möglichkeit, mit Bezug auf ein Grundstück im Nachgang zu einem gemäss Art.
959 Abs. 1 ZGB vorgemerkten Rechte später noch andere Rechte zu begründen,
praktisch illusorisch wäre. Die Wirkung gegenüber jedem später erworbenen
Rechte, die Art. 959 Abs. 2 ZGB den vorgemerkten persönlichen Rechten
verleiht, besteht vielmehr nur darin, dass der Berechtigte ein solches
Recht auch gegenüber den Trägern später erworbener Rechte durchsetzen kann
(vgl. für das Vorkaufsrecht Art. 681 Abs. 1 ZGB) und dass diese Rechte
weichen müssen, soweit sie seine Rechtsstellung beeinträchtigen. Daraus
folgt, dass der Inhaber eines vorgemerkten Vorkaufsrechts die Löschung
eines später vorgemerkten Kaufsrechts nur dann verlangen kann, wenn ein
Vorkaufsfall eingetreten und im Anschluss daran das Vorkaufsrecht wirksam
ausgeübt und das Eigentum auf ihn (den Vorkaufsberechtigten) übertragen
worden ist. Nur unter dieser Voraussetzung wird seine Rechtsstellung
durch das Kaufsrecht beeinträchtigt.

Erwägung 3

    3.- Der Vertrag über die Errichtung des Vorkaufsrechts liegt nicht
bei den Akten. Es wird nicht behauptet, dass er Bestimmungen darüber
enthalte, unter welchen Voraussetzungen das Vorkaufsrecht ausgeübt werden
könne. Solche Bestimmungen sind auch im Grundprotokollauszug, der den Text
der Vormerkung wiedergibt, nicht zu finden. Bei dieser Sachlage ist nicht
zu prüfen, ob vom Normalen abweichende Vereinbarungen über den erwähnten
Punkt, wie sie nach BGE 78 II 357 zulässig sind, soweit sie sich mit der
Natur des Vorkaufsrechts vertragen, bei einem vorgemerkten Vorkaufsrechte
Dritten gegenüber Wirrkung haben können (vgl. hiezu HAAB N. 32 a.E. zu
Art. 681/82 ZGB; MEIER-HAYOZ in ZBJV 1956 S. 334 unter D). Vielmehr kann
für die Beurteilung des vorliegenden Streites von vornherein nur die nach
Gesetz und Praxis normalerweise geltende Umschreibung des Vorkaufsfalles
massgebend sein. Ist ein Vorkaufsfall in diesem Sinne nicht eingetreten,
so können die Klägerinnen gemäss Erw. 2 die Löschung des zugunsten des
Beklagten vorgemerkten Kaufsrechtes nicht verlangen, und zwar gilt dies
ungeachtet der Tatsache, dass Spaltenstein in der Meinung, er sei mit
Rücksicht auf das Vorkaufsrecht hiezu verpflichtet, am 6. Juni 1957 die
Eintragung des Eigentumsübergangs auf die Klägerinnen bewilligt hat;
denn Spaltenstein konnte die Rechtsstellung des Beklagten durch eine
nach der Vormerkung des Kaufsrechts vorgenommene Verfügung zugunsten der
Klägerinnen, auf welche das früher vorgemerkte Vorkaufsrecht diesen keinen
Anspruch gab, nicht verschlechtern.

Erwägung 4

    4.- Art. 681 ZGB zieht als Vorkaufsfall einzig den Verkauf des
Grundstücks in Betracht. Nach der Rechtsprechung, die den Vorkaufsfall für
das vorgemerkte und das nicht vorgemerkte Vorkaufsrecht gleich umschreibt
(vgl. BGE 44 II 370), ist darunter ein nicht nur der Form, sondern auch
der Sache nach einen Verkauf darstellendes Geschäft, ein "Verkauf im
eigentlichen Sinne" zu verstehen, d.h. ein vom Vorkaufsverpflichteten
mit einem Dritten abgeschlossenes, auf Veräusserung der Sache gegen Geld
gerichtetes Geschäft, bei dem für den Veräusserer nicht die Person des
Erwerbers, sondern der Empfang der Geldleistung wesentlich ist (BGE 44 II
369 f. und 387 Erw. 2; 70 II 151). In BGE 73 II 166 hat das Bundesgericht
ferner ausgeführt, die Bedingtheit eines Kaufvertrags hindere die Ausübung
des Vorkaufsrechts an sich nicht, sondern habe für den Berechtigten einfach
die Folge, dass er die mit dem Drittkäufer vereinbarte Bedingung gegen sich
gelten lassen müsse. Aus diesen Präjudizien glaubte der Appellationshof des
Kantons Bern in dem von den Klägerinnen angerufenen, von MEIER-HAYOZ (aaO)
kommentarlos zitierten Urteil vom 24. Juni 1952 i.S. I. gegen G. ableiten
zu können, entscheidend sei, ob der Veräusserer seinen (Verkaufs-)
Willen dem Dritten gegenüber in unwiderruflicher Weise geäussert habe,
sofern im übrigen ein Geschäft vorliege, das schliesslich dem erwähnten
Endzweck diene; hienach bilde der Abschluss eines Kaufrechtsvertrags
einen Vorkaufsfall (ZBJV 1954 S. 462 ff.). Diese Auffassung (die der
bernische Appellationshof seither in seinem Urteil vom 14. Januar
1959 i.S. Sch. gegen K. selber preisgegeben hat) findet jedoch in den
angeführten Präjudizien keine Stütze. Es kann keine Rede davon sein,
dass hier nicht bloss der Abschluss eines Kaufvertrags, sondern auch
der Abschluss anderer Geschäfte, die letztlich auf eine Versilberung
der Sache gerichtet sind, als Vorkaufsfall anerkannt worden sei. Die
Entscheidungen, in denen das Bundesgericht den Vorkaufsfall in der
angegebenen Weise umschrieben hat, verfolgen vielmehr eine einschränkende
Tendenz. In BGE 44 II 369 f. wurde gesagt, das Vorkaufsrecht könne im
Falle der Zwangsversteigerung nicht ausgeübt werden, weil es sich dabei
nicht um einen vom Vorkaufsverpflichteten selbst ausgehenden Verkauf,
ja überhaupt nicht um einen Verkauf im eigentlichen Sinne handle, und
in BGE 44 II 387 f. und 70 II 151 leitete das Bundesgericht aus der
wiedergegebenen Definition ab, dass ein mit einem gesetzlichen Erben im
Hinblick auf das künftige Erbrecht abgeschlossenes Veräusserungsgeschäft
trotz der Einkleidung in die Form eines Kaufvertrags keinen Vorkaufsfall
bilde. Wenn in BGE 73 II 166 angenommen wurde, dass die Eingehung eines
bedingten Kaufvertrags als Vorkaufsfall in Frage komme, so wurde dabei
nach dem Zusammenhang vorausgesetzt, dass es sich um eine Bedingung
handle, deren Eintritt nicht einfach vom Willen der Vertragsparteien
(oder einer von ihnen), sondern von objektiven Umständen abhängt;
zu entscheiden war damals nur, ob der Abschluss eines Kaufvertrags,
der zu seiner Verbindlichkeit der behördlichen Genehmigung im Sinne
des Bundesratsbeschlusses vom 19. Januar 1940 über Massnahmen gegen die
Bodenspekulation bedurfte, einen Vorkaufsfall darstelle oder nicht. Das
Urteil BGE 78 II 354 ff., wo im Abschluss einer gegen Zahlung eines
Reugelds widerruflichen "promesse de vente" ein Vorkaufsfall erblickt
wurde, hat an dieser Praxis nichts geändert; für die Beurteilung dieses
Falles war entscheidend, dass die damaligen Parteien in Abweichung von
der im vorliegenden Fall anwendbaren gesetzlichen Regelung vereinbart
hatten, das Vorkaufsrecht könne ausgeübt werden, wenn der Verpflichtete
einen Kaufliebhaber habe und im Begriffe stehe ("sur le point" sei)
zu verkaufen, und dass der Verpflichtete dem Berechtigten von der
Widerrufsklausel keine Kenntnis gegeben und damit ihm gegenüber auf deren
Geltendmachung verzichtet hatte. Auf Grund der bisherigen Rechtsprechung
lässt sich daher der Abschluss eines Kaufrechtsvertrags, der für den
Kaufsberechtigten einstweilen keinerlei Verpflichtung begründet, sondern
die Entstehung einer Kaufsobligation in dessen freies Belieben stellt,
nicht als Vorkaufsfall bezeichnen. Erst mit der Ausübung des Kaufsrechts
kommt ein Verkauf im Sinne dieser Rechtsprechung zustande.

    Die Umschreibung des Vorkaufsfalles, die beim Fehlen besonderer
Abmachungen über diesen Punkt bisher als massgebend galt, in dem von den
Klägerinnen gewünschten Sinne zu erweitern, rechtfertigt sich nicht. Damit
würde nicht nur dem in Art. 681 ZGB verwendeten Ausdruck "Verkauf" eine
Bedeutung beigemessen, die ihm nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht
zukommt, sondern eine derartige Auslegung hätte auch sachlich durchaus
unerwünschte Folgen. Läge im Abschluss eines blossen Kaufrechtsvertrags ein
Vorkaufsfall, so hätte der Vorkaufsberechtigte nicht nur die Befugnis, sein
Recht auszuüben, sobald ein solcher Vertrag zustande gekommen ist, sondern
wäre er auch gezwungen, binnen eines Monats, nachdem er vom Abschluss des
Kaufrechtsvertrags Kenntnis erhalten hat, von dieser Befugnis Gebrauch zu
machen, um den Verlust seines Rechts zu vermeiden. (Ihm freizustellen, das
Vorkaufsrecht entweder innert dieser Frist oder erst im Anschluss an die
Ausübung des Kaufsrechts geltend zu machen, wäre mit dem Sinn und Zweck
des Art. 681 Abs. 3 ZGB, der den durch den Eintritt des Vorkaufsfalls
ausgelösten Schwebezustand im Interesse des Vorkaufsverpflichteten
und des Dritten auf eine verhältnismässig kurze Dauer beschränken will,
nicht verträglich.) Sich über die Ausübung des Vorkaufsrechts entscheiden
zu müssen, bevor feststeht, dass ein Dritter die Liegenschaft wirklich
kaufen will, läge aber vor allem beim nicht limitierten Vorkaufsrecht
meist nicht im Interesse des Vorkaufsberechtigten. Zudem würde eine
solche Regelung schwer durchschaubaren Machenschaften zur Ausschaltung
des Vorkaufsrechts Tür und Tor öffnen. Aus diesen Gründen wird allgemein
angenommen, der Abschluss eines Vorvertrags zu einem Kaufvertrage sei
kein Vorkaufsfall (ALLGÄUER, Vorkaufs-, Rückkaufs- und Kaufsrecht, 1918,
S. 115; Urteil des aarg. Obergerichts vom 29. September 1919 in ZBGR
1920 S. 157; LEEMANN, 2. Aufl., N. 39 zu Art. 681 ZGB; H. P. SCHMID, Das
Vorkaufsrecht, 1934, S. 79; HAAB N. 33 zu Art. 681/82 ZGB; MEIER-HAYOZ
aaO S. 334 unten; vgl. BGE 80 II 371). Was für den Kaufsvorvertrag gilt,
durch den sich immerhin beide künftigen Kaufparteien endgültig binden,
muss erst recht für den Kaufrechtsvertrag gelten, bei dem eine der
Parteien sich überhaupt nicht bindet. Daher ist grundsätzlich an der
bisherigen Umschreibung des Vorkaufsfalles festzuhalten, wonach das
Vorkaufsrecht im Falle der Einräumung eines Kaufrechts nicht schon beim
Abschluss des betreffenden Vertrags, sondern erst bei der Ausübung dieses
Rechts ausgeübt werden kann. Die Klägerinnen waren also nicht berechtigt,
die streitige Liegenschaft an sich zu ziehen, weil der Beklagte das ihm
eingeräumte Kaufsrecht noch nicht ausgeübt hat, ja angesichts der im
Vertrag vorgesehenen Befristung noch gar nicht ausüben konnte, und weil
auch nicht etwa unabhängig von diesem Kaufsrecht ein Kaufvertrag über
jene Liegenschaft zustande gekommen ist. (Die im April 1957 getroffene
Vereinbarung, die Liegenschaft schon jetzt auf den Beklagten zu übertragen,
wurde nicht öffentlich beurkundet und war daher unverbindlich.)

Erwägung 5

    5.- Die Klägerinnen machen freilich noch geltend, Spaltenstein
und der Beklagte seien bei Abschluss des Kaufrechtsvertrags darauf
ausgegangen, ihr Vorkaufsrecht in einer gegen Treu und Glauben
verstossenden Weise zu umgehen. Hätte man es wirklich mit einem
derartigen Umgehungsgeschäft zu tun, so wäre den Klägerinnen nach den
Grundsätzen, die das Bundesgericht in BGE 85 II 474 ff. angewendet hat,
die Ausübung des Vorkaufsrechts zu gestatten, obwohl ein Vorkaufsfall im
Sinne des Gesetzes nicht vorliegt. Anders als im Falle des eben erwähnten
Präjudizes (vgl. aaO S. 484/85) kann jedoch im vorliegenden Falle keine
Rede davon sein, dass die Vertragsparteien einzig zum Zweck, die Ausübung
des Vorkaufsrechts zu verhindern, anstelle des ihrem wirtschaftlichen
Ziel am besten entsprechenden Kaufvertrags einen andern, praktisch zum
gleichen Ergebnis führenden Vertrag abgeschlossen hätten. Wohl hat
Spaltenstein mit dem Abschluss des Kaufvertrags eine ebenso starke
Bindung auf sich genommen, wie er es durch einen Kaufvertrag getan
hätte. Im Gegensatz zu einem Verkäufer hat er dagegen keinen Anspruch
auf eine Gegenleistung erhalten, und es stand überhaupt gänzlich dahin,
ob er jemals einen solchen Anspruch erhalten würde. Es verhält sich auch
nicht etwa so, dass der Beklagte den im Kaufrechtsvertrag festgesetzten
Kaufpreis tatsächlich bereits bezahlt hätte, obwohl er nach diesem
Vertrage hiezu nicht verpflichtet war. Mit dem Kaufrechtsvertrag haben
also Spaltenstein und der Beklagte keineswegs einen Erfolg herbeigeführt,
welcher der durch einen Kaufvertrag geschaffenen Sachlage nahekäme. Diese
Feststellung gälte auch dann, wenn der Kaufrechtsvertrag nicht vorsähe,
dass das Kaufsrecht erst vom 1. Januar 1960 an ausgeübt werden könne,
sodass es gleichgültig wäre, wenn diese Befristung nicht dem wirklichen
Willen der Beteiligten entsprochen hätte (was sich im übrigen entgegen
der Ansicht der Klägerinnen aus der im April 1957 getroffenen Abmachung,
die Liegenschaft "heute schon", d.h. im Frühjahr 1957, zu übertragen,
nicht ableiten lässt). Den Parteien des Kaufrechtsvertrags kann daher
nicht vorgeworfen werden, den Eintritt des Vorkaufsfalles gegen Treu und
Glauben verhindert zu haben, so dass Art. 156 OR, auf den das Urteil BGE
85 II 474 ff. sich stützt, hier keine Anwendung finden kann. Den Eintritt
des Vorkaufsfalles während der in der Vormerkung angegebenen Zeit einfach
dadurch zu vermeiden, dass während dieser Zeit kein Kaufvertrag und auch
kein praktisch wie ein solcher wirkender anderer Vertrag eingegangen und
die Ausübung eines während dieser Zeit bestellten Kaufsrechts bis zum
Ablauf dieser Zeit ausgeschlossen wird, ist durchaus zulässig, da der
Vorkaufsverpflichtete nicht gehalten ist, den Vorkaufsfall herbeizuführen.

    Es bleibt somit dabei, dass die Klägerinnen nicht berechtigt waren,
ihr Vorkaufsrecht auszuüben. Sie können folglich nicht verlangen, dass
das Kaufsrecht des Beklagten gelöscht werde, sondern müssen dieses gegen
sich gelten lassen. Ob das Vorkaufsrecht nach Ablauf der in der Vormerkung
angegebenen Zeit als obligatorischer Anspruch fortbestehe und Spaltenstein
den Klägerinnen Schadenersatz zu leisten habe, wenn der Beklagte in der
Zeit vom 1. Januar 1960 bis zum 1. Januar 1966 von seinem Kaufsrecht
Gebrauch macht, ist im vorliegenden Prozesse nicht zu entscheiden.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil der I. Zivilkammer des
Obergerichtes des Kantons Zürich vom 12. Juni 1959 bestätigt.