Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 85 III 193



85 III 193

40. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 26. November 1959
i. S. Konkursmasse Schilliger gegen Scheuch & Adler A. G. Regeste

    Anfechtungsklage nach Art. 287 SchKG.

    Bei einer Abtretung zahlungshalber (Art. 172 OR) überwiegt
unter Umständen der Zweck der Sicherstellung gegenüber dem Zweck der
Tilgung. Alsdann ist in erster Linie Abs. 1 Ziff. 1 des Art. 287 SchKG
anwendbar, daneben allenfalls auch Ziff. 2 daselbst (Erw.3).

    Was ist unter einem üblichen Zahlungsmittel im Sinne der soeben
erwähnten Ziff. 2 zu verstehen? (Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- In dem am 14. Juni 1956 über den Möbelhändler Alois Schilliger in
Zürich eröffneten Konkurs meldete seine Hauptlieferantin, die Firma Scheuch
& Adler AG in Sirnach, einen Forderungssaldo von Fr. 9733.70 an. Sie
legte einen Auszug über die "offenen Fakturen" an den Schuldner aus der
Zeit vom 8. November 1955 bis zum 3. April 1956 im Gesamtbetrage von Fr.
45'835.50 bei, woran von dritter Seite Fr. 970.-- bezahlt worden waren,
so dass die Forderung noch Fr. 44'865.50 betrug. Darauf rechnete sie den
Betrag folgender ihr vom Schuldner abgetretenen Guthaben an:

    a) das allfällig frei werdende Guthaben aus dem

    Depotkonto des Schuldners bei der Finanz AG,

    bis zum Betrage von   Fr. 30 000.--

    b) eine Forderung gegen Frau Margrit Brüderlin

    im Betrage von        Fr. 1 000.--

    c) eine Forderung gegen Franz Niederdorfer im

    Betrage von   Fr. 2 091.--

    Für den Fall der (nach dem Verlauf der ersten Gläubigerversammlung
vorauszusehenden) Anfechtung dieser Abtretungen oder eines Teils
derselben sollte der ganze betreffende Forderungsausstand als mitangemeldet
gelten. Die Abtretungen a) und b) waren am 11. April 1956, die Abtretung c)
am 14. desselben Monats erfolgt.

    B. - Die Geschäftsverbindung des Schuldners mit der Firma Scheuch
& Adler AG bestand seit dem Sommer 1953. Er bezog von ihr vom 3. Juli
1953 bis Mitte Dezember 1955 Waren für etwa Fr. 220'000.--. Gewöhnlich
leistete er jeden Monat Zahlungen, so dass die Rechnungen in der Regel
binnen 60 Tagen beglichen waren, sei es durch Barzahlung oder Check,
gelegentlich durch Wechselakzept oder (in der erwähnten Zeitspanne etwa
für insgesamt Fr. 20'000.--) durch Abtretung von Kundenguthaben. Kredit
beschaffte sich der Schuldner namentlich bei der Finanz AG, Zürich,
durch Abtretung seiner Rechte aus den mit seinen Kunden abgeschlossenen
Teilzahlungs-Kaufverträgen. Laut dem sog. Rahmenvertrag diskontierte
ihm die Finanz AG in der Regel etwa 90% der ihr abgetretenen restlichen
Kaufpreisforderungen, während die übrigen 10% zurückbehalten und ihm auf
dem sog. Depotkonto gutgeschrieben wurden. Sie waren ihm auszuzahlen,
"wenn die volle zedierte Restkaufpreisforderung inkl. aller Nebenkosten
bei der AG eingegangen sind." Angesichts des angewachsenen Schuldkontos
bei der Firma Scheuch & Adler AG trat ihr Schilliger am 23. Februar 1954
"als Sicherstellung" seine Ansprüche aus dem damals Fr. 6464.-- betragenden
Depotkonto bei der Finanz AG ab. Diese Firma wies die Zessionarin darauf
hin, dass jener Betrag zunächst ihr selbst hafte, und umschrieb die
Wirkungen der Zession wie folgt:

    "Allfällig in Zukunft frei werdende Beträge werden wir somit nicht
ausbezahlen, sofern wir nicht im Besitz Ihrer Zustimmung hierfür sind."

    Diese Zession blieb bestehen, bis sie am 11. April 1956 durch
die oben erwähnte Abtretung a) ersetzt wurde, als deren Gegenstand man
"Fr. 30 000.-- aus dem ... Depotkonto" bezeichnete. Die Finanz AG wies in
einem Brief an die Zessionarin darauf hin, dass das Depot-Konto dieses
Kreditnehmers bis zum Betrage von Fr. 30'000.-- als Sicherheit für den
richtigen Eingang der Zahlungen aus den ihr selbst zedierten Kaufverträgen
bestehen bleibe. "Allfällig, unter Vorbehalt des Rahmenvertrages, in
Zukunft frei werdende Beträge werden somit direkt an Sie ausbezahlt."

    Sowohl diese Abtretung wie auch die Abtretungen b) und c)
waren dadurch veranlasst, dass die Firma Scheuch & Adler wegen des
hohen Schuldsaldos Schilligers auf Zahlung gedrängt hatte. Der von
Schilliger am 25. Januar 1956 auf den 1. März 1956 ausgestellte Check
von Fr. 14'290.--, den die Firma Scheuch & Adler AG ein paar Tage
nach Verfall einlösen konnte, saldierte die Rechnungen aus der Zeit
vor dem 8. November 1955; die Begleichung der neueren Rechnungen stand
aus. Nach Einlösung des Checks lieferte die Firma Scheuch & Adler AG dem
Schuldner noch Waren für etwa Fr. 8000.-- auf Kredit, so gegen Ende März
1956 durch Vermittlung der UTO-Möbel G.m.b.H. einen Geschirrschrank,
den sie dieser Zwischenlieferantin mit Fr. 863.90 gutschrieb. Nach
dem 3. April 1956 lieferte sie dem Schuldner dagegen nur mehr gegen
Bar- oder Vorauszahlung. Er erklärte, die für die beträchtliche
Schuldsumme verlangte Zahlung zur Zeit nicht leisten zu können, da in
seinen Lieferungen an die Kundschaft Verschiebungen und Verzögerungen
eingetreten seien. Dafür bot er die Zessionen an. Als der Prokurist der
Firma Scheuch & Adler AG, David Salis, in der zweiten Hälfte April bei ihm
vorsprach und neuerdings Zahlungen für die ausstehenden Verbindlichkeiten
verlangte, gab ihm Schilliger Einblick in Aufstellungen, die er als
Unterlagen für ein Gesuch um Nachlassstundung zu verwenden gedachte:
Wareninventare, Inventar des Betriebsmobiliars, Liste der "pendenten"
Kaufverträge. Die Nachlassstundung wurde ihm verweigert, und es kam zur
Konkurseröffnung. Nach den Feststellungen des Konkursamtes standen den
Aktiven von Fr. 56'100.-- Passiven von Fr. 402'149.40 gegenüber.

    C.- Mit Vorstandsbegehren vom 22. November 1956 focht die Konkursmasse
des Alois Schilliger die drei Abtretungen an und zwar die Abtretung a)
gemäss Art. 287 Abs. 1 Ziff. 1, eventuell Ziff. 2, subventuell gemäss
Art. 288 SchKG, die Abtretungen b) und c) gemäss Art. 287 Abs. 1 Ziff.
2, eventuell gemäss Art. 288 SchKG.

    E.- Die kantonalen Gerichte haben die Klage abgewiesen.
Mit vorliegender Berufung hält die Konkursmasse an ihren Begehren fest.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

    . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Erwägung 3

    3.- Gegenüber allen drei Zessionen beruft sich die Klägerin in
erster Linie auf Art. 287 SchKG. Die Zession a) fällt nach ihrer Ansicht
unter Abs. 1 Ziff. 1 dieser Norm ("Begründung eines Pfandrechtes zur
Sicherung bereits bestehender Verbindlichkeiten..."), eventuell unter
die - gegenüber den Zessionen b) und c) einzig angerufene - Ziff. 2
daselbst ("Tilgung einer Geldschuld auf andere Weise als durch Barschaft
oder durch anderweitige übliche Zahlungsmittel"). Es ist festgestellt,
dass Schilliger, als er die angefochtenen Zessionen vornahm, bereits
überschuldet war. Über den Anfechtungsgrund der soeben angeführten
Ziff. 1 geht das Obergericht hinweg. Es beurteilt die Anfechtung aller
drei Zessionen, soweit Art. 287 in Frage steht, nur nach der erwähnten
Ziff. 2, also unter dem Gesichtspunkt von Tilgungsgeschäften. Diese
Betrachtungsweise erweckt Bedenken. Von (erfolgter) Tilgung spricht man
in der Regel nur bei Rechtshandlungen, die (sei es auch unter gewissen
Vorbehalten) als Erfüllung oder vollwertiger Erfüllungsersatz gelten,
so dass es (normalerweise) keiner weitern Leistung bedarf. Unter die
erwähnte Ziff. 2 fallen daher Sachleistungen (Eigentumsübertragungen)
wie auch Forderungszessionen "an Zahlungsstatt", dagegen nicht ohne
weiteres auch Zessionen "zahlungshalber", die zwar einen zur Zahlung
führenden Weg darstellen (vgl. Art. 172 OR), aber einstweilen nur als
Tilgungsversuch gelten und daher dem Schuldner nicht sogleich, sondern nach
Massgabe ihres künftigen Ertrages als Erfüllung gutgeschrieben zu werden
pflegen. So ist denn auch die Beklagte vorgegangen. In der Literatur
wird freilich, in Anlehnung an BGE 38 II 724 = Sep.-Ausg. 15 S. 471, auch
die Abtretung zahlungshalber der in Frage stehenden Ziff. 2 unterstellt
(vgl. JAEGER/DAENIKER, N. 9 A zu Art. 287; BRAND, Anfechtungsklage,
in der Schweizerischen juristischen Kartothek Nr. 742, III, B, 2,
b). Das erwähnte Präjudiz will aber keinen allgemeinen dahingehenden
Grundsatz aufstellen. Es hat nur die Übergabe von Wechseln im Auge,
indem es (auf S. 727 der Amtlichen Sammlung = S. 474 der Separatausgabe)
ausführt, bei der Annahme von Wechseln und wechselähnlichen Papieren
pflege man im Geschäftsverkehr dem Unterschied zwischen einer Übergabe an
Zahlungsstatt und einer Übergabe zahlungshalber entweder überhaupt keine
Beachtung zu schenken oder doch keine wesentliche Bedeutung beizumessen,
weil dem Nehmer eines solchen Papiers in beiden Fällen bei Nichtzahlung
der Rückgriff auf den Aussteller oder den Remittenten zustehe. Diese
Erwägungen lassen sich nicht auf die Abtretung irgendwelcher Forderungen
zahlungshalber übertragen. Bei den vorliegenden Abtretungen an die Beklagte
sollte übrigens wohl nicht einmal die mit einer Abtretung zahlungshalber
gewöhnlich verbundene aufschiebende Einrede gegenüber persönlicher
Belangung des Schuldners (vgl. VON TUHR, OR § 56, II) gelten. Es wurden
eben erst in Zukunft fällige, ratenweise über einen längern Zeitraum hin
zu tilgende Forderungen (so bei den Zessionen b) und c)) abgetreten, bzw.
Gegenstand der Abtretung waren aufschiebend bedingte, ungewiss ob und
wann frei werdende Guthaben (so bei der Zession a) aus dem vorerwähnten
Depotkonto). Wie der Geschäftsführer der Finanz AG bezeugt hat, waren
Auszahlungen aus diesem Konto weder am 11. April 1956 fällig noch auch nur
in absehbarer Zeit zu erwarten. Dem entspricht es, dass die Beklagte sich
durch die Zessionen vom 11. und 14. April 1956 nicht davon abhalten liess,
gleich in der zweiten Hälfte des nämlichen Monats neuerdings auf Zahlung
der Rückstände zu drängen. Derartige Zessionen unsicherer zukünftiger
Guthaben als Tilgungen im Sinne von Art. 287 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG zu
betrachten, geht nicht wohl an. In erster Linie kam ihnen jedenfalls
die Bedeutung einer Sicherstellung zu. Daher ist vorweg Ziff. 1 der in
Frage stehenden Anfechtungsnorm anzuwenden, die, wie die Rechtsprechung
längst anerkennt, nicht nur Pfandbestellungen, sondern auch andere
auf dingliche Sicherstellung gerichtete Rechtshandlungen treffen will
(vgl. BGE 38 II 728 = Sep. Ausg. 15 S. 475, BGE 57 III 142). Da diese
Zessionen neben der sofort zu bietenden Sicherheit allenfalls in Zukunft
auch Tilgung verschaffen sollten, kann man sich allerdings fragen, ob von
den Anfechtungsgründen des Art. 287 auch Ziff. 2 zutreffe. Es mag offen
bleiben, ob dieser Anfechtungsgrund auch Rechtshandlungen erfasse, die in
so unsicherer Weise wie die vorliegenden auf zukünftige Tilgung abzielen.
Wird dies bejaht, so sind einfach die beiden Anfechtungsgründe zugleich
(mit den für jeden von ihnen geltenden Vorbehalten) zu bejahen. Keineswegs
liesse es sich rechtfertigen, deshalb, weil sich die angefochtenen
Rechtshandlungen nicht eindeutig nur der einen der angerufenen Ziffern
unterstellen lassen, Art. 287 nun überhaupt nicht anzuwenden. Diese Norm
will (gegenüber der auf Rechtshandlungen jeder Art anwendbaren Vorschrift
des Art. 288) die Anfechtung bestimmter Rechtshandlungen erleichtern:
derjenigen Rechtshandlungen nämlich, die der Schuldner im Zustande der
Überschuldung in den letzten sechs Monaten vor der Konkurseröffnung
vorgenommen hat und die auf eine von der ihm obliegenden Verbindlichkeit
abweichende ("inkongruente") Deckung abzielen, sei es im Sinne der
Sicherstellung (Ziff. 1) oder des Erfüllungsersatzes (Ziff. 2) oder
der vorzeitigen Leistung (Ziff. 3). Liegt, wie hier, eine in doppelter
Hinsicht, sowohl gemäss Ziff. 1 wie auch gemäss Ziff. 2, inkongruente
Deckung vor, so muss die "Überschuldungspauliana" des Art. 287 SchKG (die
sich nach der Eigenart der von ihr betroffenen Rechtshandlungen auch als
"Deckungspauliana" benennen liesse) um so mehr Platz greifen.

Erwägung 4

    4.- Angesichts des überwiegenden Sicherungscharakters der vorliegenden
Zessionen kann der im Sinne von Art. 287 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG erhobene
Einwand, es habe sich um "übliche Zahlungsmittel" gehandelt, von
vornherein nicht durchdringen. Er erweist sich im übrigen, auch wenn
man diese Ziff. 2 allein ins Auge fasst, entgegen der vorinstanzlichen
Entscheidung als unzutreffend. Auch wenn man nämlich einerseits dem
Begriff der "Tilgung einer Geldschuld" blosse Tilgungsversuche, welche
die Schuld nicht sogleich zum Erlöschen bringen, wie namentlich die
Abtretung von Forderungen zahlungshalber, mitunterstellt, lässt sich
anderseits grundsätzlich der Begriff des "üblichen Zahlungsmittels" nicht
auf derartige nur auf mittelbare Tilgung angelegte Ersatzübertragungen
ausdehnen. Vielmehr ist eine Abtretung zahlungshalber, sofern überhaupt
"Tilgung", in aller Regel eben als Tilgung "auf andere Weise als durch
Barschaft oder durch anderweitige übliche Zahlungsmittel" zu betrachten,
also gemäss dieser Norm anfechtbar. Als "übliche Zahlungsmittel" ("valeurs
usuelles", "mezzi usuali di pagamento") können nur Leistungen gelten, die
üblicherweise barem Gelde gleichgeachtet werden. Freilich fällt nicht nur
in Betracht, was jedermann wie bare Münze anzunehmen pflegt (namentlich
Banknoten). Es genügt eine am betreffenden Ort oder in den Gewerbekreisen,
denen die Beteiligten angehören, übliche Zahlungsweise, sofern nicht etwa
in ihren persönlichen Geschäftsbeziehungen abweichende Gepflogenheiten
bestehen ("Orts- und Brancheüblichkeit"; vgl. BLUMENSTEIN, Handbuch
S. 882/3; JAEGER, N. 9 B zu Art. 287). Diese Auslegung nimmt Rücksicht
auf den weit verbreiteten bargeldlosen Zahlungsverkehr (durch Postcheck-
und Bankgiro) wie auch auf die besondern Gebräuche bestimmter Gewerbe,
in denen üblicherweise gewisse Arten von Kundenguthaben an Zahlungsstatt
angenommen werden. So pflegt manchenorts im Baugewerbe der Unternehmer
seine Forderung an den Bauherrn den Handwerkern als "Zahlung" abzutreten
(vgl. BRAND, SJK Nr. 742 S. 6: III B b; BlZR 33 Nr. 127; auch Übertragung
leicht verkäuflicher Wertpapiere, allenfalls eines Schuldbriefs, kann als
übliche "Zahlungsweise" in Betracht kommen; vgl. BGE 74 III 58/59). Einer
blossen Abtretung oder Anweisung zahlungshalber ist dagegen der Charakter
eines "üblichen Zahlungsmittels" in aller Regel nicht zuzuschreiben. Es
handelt sich jedenfalls bei den vorliegenden Abtretungen - abgesehen vom
Sicherungszweck, der die Beklagte nicht hinderte, weiterhin jederzeit
eigentliche Zahlung zu verlangen, sobald der Schuldner dazu in der Lage
wäre - um ein blosses Surrogat, dem nicht die Bedeutung einer präsenten
Zahlung zukommen sollte. Dieser mit Rücksicht auf das Ausstehen eines
beträchtlichen Schuldbetrages gewählte Notbehelf war keine ordentliche,
gewöhnliche, im Möbelgrosshandel allgemein übliche oder unter den
beteiligten Kaufleuten, also zwischen der Beklagten und Schilliger, in
Brauch gekommene Zahlungsweise. Schon die frühere Abtretung eines Guthabens
aus dem Depotkonto bei der Finanz AG hatte zur Sicherstellung einer stark
angewachsenen Schuldsumme gedient, und nur ein geringer Bruchteil der
Verbindlichkeiten war aus abgetretenen Kundenguthaben gedeckt worden.

    Die von der Vorinstanz eingeholten Gutachten rechtfertigen keine
abweichende Beurteilung. Was für Bräuche im Möbelhandel bestehen, ist
zwar Tatfrage. Ob jedoch die Abtretung von Forderungen, wie sie nach
Veranlassung und Häufigkeit in diesem Gewerbekreise vorkommt, als "übliches
Zahlungsmittel" im Sinne von Art. 287 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG zu gelten habe,
ist eine vom Bundesgericht frei zu überprüfende Rechtsfrage, nämlich
Frage der Auslegung der erwähnten gesetzlichen Norm und der Beurteilung
tatsächlicher Vorgänge unter dem Gesichtspunkt dieser Rechtsnorm, also
"rechtliche Beurteilung einer Tatsache" im Sinne von Art. 43 Abs. 4 OG
(vgl. im übrigen zur Abgrenzung von Tat- und Rechtsfragen bei Anwendung
von Art. 287 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG: BRAND, SJK Nr. 743 S. 7: IV, 2 c,
cc). Nun führt der Gutachter F. Moser aus, es seien weniger als 20
Prozent der Möbeldetaillisten, die ihre Teilzahlungs-Kaufverträge ganz
oder teilweise als Zahlungsmittel an die Möbelfabrikanten zedieren. Ein
Zürcher Grossunternehmen des Möbelhandels habe erklärt, es nehme solche
Zessionen als Zahlungsmittel nur in Ausnahmefällen an, "wenn es absolut
nicht anders gehe". Bisweilen verlange der Grosshändler oder Fabrikant die
Abtretung von Teilzahlungs-Kaufverträgen, wenn ihm "die Zahlungsfähigkeit
des Verkäufers nicht genügt bzw. keine Sicherheit vorhanden ist", somit
als Notbehelf. Die Möbelfabrikanten und die Grossisten des Möbelhandels
seien für die Übernahme von Abzahlungskaufverträgen "an Stelle von
Bargeld" nicht vorbereitet. Auch im Betrieb der beklagten Firma dürfte
es sich nach Ansicht des Experten "um Ausnahmen und Einzelfälle handelt",
ansonst sie gezwungen wäre, sich bessere Deckungen und Sicherheiten geben
zu lassen. Nach alldem können Abtretungen von Kundenguthaben keineswegs
als "übliches Zahlungsmittel" zur Begleichung von Lieferantenschulden
des Kleinhändlers gelten. Ohne sich auf andere tatsächliche Unterlagen
zu stützen, hält freilich der andere Gutachter, J. Ströbel, dafür,
"dass diese Zahlungsart ohne weiteres heute schon als üblich betrachtet
werden darf". Seine Ausführungen - sein Hinweis auf die schwierige Lage der
mittleren Möbelhändler, die danach trachten, die immer häufiger werdenden
Abzahlungsverträge mit ihren Kunden "in flüssige Mittel umzuwandeln"
- beruhen jedoch auf einer Verkennung des Begriffs des (der Barzahlung
gleichzuachtenden) "üblichen Zahlungsmittels". Daraus, dass sich "schon
heute verschiedene Möbelhändler vorstellen", der Fabrikant müsse (statt
mit Hilfe einer Bank oder eines andern Finanzierungsinstitutes bar bezahlt
zu werden) zu solcher Abwicklung der Verbindlichkeiten Hand bieten, und es
seien "die Anfänge bereits in einem beachtlichen Umfange gemacht worden",
folgt nichts, was es rechtfertigen würde, die Abtretung von Guthaben
aus Abzahlungsverträgen des Charakters der "Tilgung einer Geldschuld auf
andere Weise als durch Barschaft oder anderweitige übliche Zahlungsmittel"
zu entkleiden und diese Rechtshandlung speziell im Verhältnis zwischen
dem Fabrikanten oder Grosshändler und dem Kleinhändler des Möbelgewerbes
als Zahlungsmittel, das üblicherweise wie Barschaft angenommen würde, zu
betrachten. Vollends stellte die Abtretung des Guthabens aus dem Depotkonto
bei der Finanz AG, woraus nur allenfalls in Zukunft irgendwelche nicht zum
voraus bestimmbare Beträge frei werden konnten, keine präsente Zahlung dar.

Erwägung 5

    5.- Der Entlastungbeweis nach Art. 287 Abs. 2 SchKG ist nicht
erbracht....

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird gutgeheissen, die Ziffern 1, 3 und 4 des
Rechtsspruchs des Urteils des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 7. April
1959 werden aufgehoben, und folgende Rechtshandlungen des Gemeinschuldners
Alois Schilliger werden gemäss Art. 285 ff. SchKG anfechtbar erklärt:

    . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

    Die Beklagte wird verpflichtet, die ihr abgetretenen Rechte auf
die Klägerin zu übertragen, dieser die darauf bezüglichen Urkunden,
namentlich die Originalkaufverträge zwischen Alois Schilliger und den
Drittschuldnern laut lit. b) und c) hievor, auszuhändigen und ihr die
von den Drittschuldnern geleisteten Zahlungen zu erstatten.