Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 84 I 71



84 I 71

11. Urteil vom 28. März 1958 i.S. X. AG gegen Rekurskommission des
Kantons Bern. Regeste

    Wehrsteuer:

    1.  Abschreibungen, die nicht dem Ausgleich in der Berechnungsperiode
eingetretener Wertverminderungen dienen, können bei der Berechnung des
steuerbaren Reingewinns nicht abgezogen werden. Massgebend ist der Wert,
den der Abschreibungsgegenstand für das Unternehmen, nach dessen besonderen
Verhältnissen, im Zeitpunkte des Rechnungsabschlusses hat.

    2.  Abschreibung auf Aktien der Schweizerischen Käseunion AG

Sachverhalt

    A.- Die Schweizerische Käseunion AG, deren voll einbezahltes
Grundkapital in Aktien zu Fr. 500.-- zerlegt ist, bezweckt nach
Art. 2 ihrer Statuten die Ordnung des Absatzes von Schweizerkäse im
In- und Ausland sowie die Förderung der Käsequalität im Interesse
der schweizerischen Milchwirtschaft. Aktionäre sind der Zentralverband
schweizerischer Milchproduzenten, der Schweizerische Milchkäuferverband und
Firmen des Käsegrosshandels. Die Aktiengesellschaft ist zusammen mit einer
als "Schweizerische Käsekonvention" bezeichneten einfachen Gesellschaft,
in welcher sie und ihre Aktionäre verbunden sind, Träger der in der
Landwirtschaftsgesetzgebung des Bundes vorgesehenen Käsemarktordnung,
die u.a. Gewähr dafür bieten soll, dass der Käser dem Milchproduzenten
den vom Bundesrat festgesetzten Grundpreis für die Milch bezahlen kann
(Art. 12 des Milchstatuts). Die Organe der Käseunion AG sind zugleich
Organe der einfachen Gesellschaft.

    Nach der Käsekonvention haben die Käsereien bestimmte Käsesorten,
von gewissen Quantitäten abgesehen, zur Verfügung des Zentralverbandes
schweizerischer Milchproduzenten zu halten und zu den von ihm
garantierten Preisen an die Käseunion abzuliefern. Die auf Rechnung der
Käseunion eingekaufte Produktion wird dann auf Grund einer festgelegten
Kontingentsordnung verteilt, wonach jede der angeschlossenen Handelsfirmen
berechtigt und verpflichtet ist, eine bestimmte Warenmenge zu übernehmen
(Art. 8, 9, 30 ff. der Konvention). Der Anteil der einzelnen Firma am
Gesamtkontingent entspricht im grossen und ganzen ihrer Beteiligung am
Aktienkapital der Käseunion.

    Handelsfirmen, die aus der Organisation ausscheiden, sind
verpflichtet, ihre Käseunion-Aktien zum inneren Werte auf Grund der
nächsten Jahresbilanz an die "Treuhandstelle" abzutreten. Mit dem Erlöschen
der Mitgliedschaftsrechte fällt auch die damit verbundene Beteiligungsquote
(Kontingent) ohne weiteres endgültig dahin (Art. 10 lit. b der Konvention).

    Ergibt sich im Betriebe der Käseunion ein Gewinn, so fliessen vorweg
5% in den gesetzlichen Reservefonds, bis dieser 1/5 des einbezahlten
Grundkapitals erreicht hat. "Anschliessend haben die Aktionäre Anspruch auf
eine Dividende bis maximal 5% brutto. Ein verbleibender Überschuss wird zur
Schaffung einer besondern Verlustreserve der Käseunion verwendet. Letztere
fällt im Falle der Liquidation, soweit nicht beansprucht, an den
Preisstützungsfonds des Zentralverbandes schweizerischer Milchproduzenten"
(Art. 26 der Statuten).

    Die Käseunion wird aufgelöst, wenn die Käsekonvention gekündigt und
nicht ersetzt wird (Art. 27 Ziff. 2 der Statuten).

    B.- Die X. AG, welche Schweizerkäse exportiert, besitzt Aktien der
Käseunion. Die Titel standen bei ihr am Anfang des Geschäftsjahres 1952/53
(des ersten Berechnungsjahres für die Wehrsteuer 8. Periode) mit 81,6%
des Nennwertes zu Buch. In diesem Geschäftsjahre schrieb sie die Aktien
auf 75% des Nennwertes ab.

    Bei der Einschätzung der X. AG für die 8. Wehrsteuerperiode anerkannte
die Veranlagungsbehörde diese Abschreibung nicht. Die Veranlagung wurde
von der kantonalen Rekurskommission bestätigt.

    C.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die X. AG, den
Entscheid der Rekurskommission aufzuheben und die Abschreibung auf den
Aktien der Käseunion bei der Veranlagung zu berücksichtigen.

    Zur Begründung wird geltend gemacht, die kantonale
Wertschriftenbewertungsstelle habe gestützt auf die Wegleitung der eidg.
Steuerverwaltung für die Bewertung nicht kotierter Wertpapiere den
Steuerwert (Verkehrswert) der Käseunion-Aktie für den 1. Januar 1953
von 90 auf 75% des Nominalwertes herabgesetzt. Die Beschwerdeführerin
sei nach Art. 667 und 960 OR verpflichtet gewesen, dementsprechend
Fr. ... abzuschreiben; denn der wirkliche Wert ihrer Käseunion-Aktien am
Ende des Geschäftsjahres 1952/53 sei um diesen Betrag geringer gewesen
als der gegenüber dem Kostenpreis bereits herabgesetzte bisherige
Bilanzwert. Jene Abschreibung müsse als im Sinne des Steuerrechtes
geschäftsmässig begründet anerkannt werden.

    Die Einwendungen der Rekurskommission gegen den Standpunkt der
Wertschriftenbewertungsstelle seien unbegründet. Es treffe nicht zu, dass
die Käseunion-Aktie wegen ihrer Bedeutung für den Erwerb der Kontingente
mindestens einen Verkehrswert in der Höhe von 81,6% des Nominalwertes
behalten habe. Mit Recht habe die Wertschriftenbewertungsstelle den
Ertragswert des Titels, der keine Dividende abgeworfen habe, mit Null
eingesetzt. Die Überlegung der Rekurskommission, der Nutzen aus der
Beteiligung an der Käseunion bestehe darin, dass der Aktionär den
gewinnbringenden Käsehandel betreiben könne, schlage nicht durch. Die
Beschwerdeführerin habe in den letzten Jahren nicht aus dem Käsehandel,
sondern nur aus dem Finanzgeschäft Gewinn gezogen, und bei den anderen
an der Käseunion beteiligten Handelsfirmen verhalte es sich ähnlich.

    D.- Die kantonale Rekurskommission und die eidg.  Steuerverwaltung
beantragen Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 49 Abs. 1 lit. c WStB sind Abschreibungen, die nicht
geschäftsmässig begründet sind, in die Berechnung des steuerbaren Gewinnes
einzubeziehen. Geschäftsmässig begründet ist die Abschreibung, die zum
Ausgleich einer während der Berechnungsperiode eingetretenen Verminderung
des Wertes eines Bilanzobjektes vorgenommen wird (BGE 70 I 329, 74 I
199). In Betracht kommt der Wert, welchen der Abschreibungsgegenstand
für das Unternehmen, nach dessen besonderen Verhältnissen, im Zeitpunkte
des Rechnungsabschlusses hat. Eine Abschreibung ist in dem Betrage zu
berücksichtigen, um den der Gegenstand für das Geschäft im Verlaufe der
Berechnungsperiode weniger wert geworden ist (BGE 62 I 149 f.; Urteil
Maeder vom 21. Oktober 1949, nicht publiziert; BOSSHARDT, Das Problem
der Abschreibung bei der zürcherischen Einkommenssteuer, ASA 12, 102).

Erwägung 2

    2.- Nach der bestehenden Käsemarktordnung können den Grosshandel
mit Käsesorten, welche die Produzenten an die Schweizerische Käseunion
AG abzuliefern haben, nur Aktionäre dieser Gesellschaft treiben. Der
Besitz eines Kontingentes, welches zur Teilnahme an diesem Handel
berechtigt, ist untrennbar mit der Mitgliedschaft bei der Käseunion
verbunden. Darüber hinaus ist das Kontingent einer Handelsfirma um
so grösser, je höher die Aktienbeteiligung ist. Diese stellt für
die berechtigte Firma nicht bloss eine Kapitalanlage, sondern eine
Existenzgrundlage dar. Ob die Titel eine Dividende abwerfen, ist für
die Unionsfirmen von untergeordneter Bedeutung. Die Käseunion bezweckt
in erster Linie die Ordnung des Käsemarktes; gewiss sucht sie dabei auch
einen Gewinn, der an die Aktionäre ausgeschüttet werden kann, zu erzielen,
doch tritt dieses Streben hinter jenem Zweck zurück, wie sich insbesondere
aus Art. 2, 26 und 27 Ziff. 2 der Statuten ergibt. Dementsprechend steht
für die beteiligte Handelsfirma der Wert im Vordergrund, den die mit dem
Aktienbesitz verknüpfte Kontingentsberechtigung als ständige Grundlage
ihres Betriebes hat. Dieser Wert wird sich nicht oder jedenfalls nicht
wesentlich verändern, solange die Monopolordnung auf dem Käsemarkt
bestehen bleibt.

    Die Beschwerdeführerin beruft sich zur Begründung der
Abschreibung, um die es geht, vor allem darauf, dass die kantonale
Wertschriftenbewertungsstelle den Steuerwert der Käseunion-Aktie für den
1. Januar 1953 von 90 auf 75% des Nominalwertes herabgesetzt habe. Dieses
Amt hat gestützt auf die Wegleitung der eidg. Steuerverwaltung für die
Bewertung nicht kotierter Wertpapiere das Mittel aus dem der Bilanz der
Käseunion vom 31. Juli 1952 entnommenen Vermögenswert von Fr. 622.--
(Aktienkapital + Reserven, geteilt durch die Zahl der Aktien) und
dem Ertragswert errechnet. Weil die Aktie im Geschäftsjahre 1951/52
keine Dividende abgeworfen hatte, wurde der Ertragswert mit Null
eingesetzt. Der ermittelte Durchschnittsbetrag von Fr. 311.-- wurde
auf Vorschlag der Vertreter der Käseunion auf Fr. 375.-- (75% des
Nominalwertes) erhöht. Indessen kann diese für die Vermögensbesteuerung
vorgenommene Bewertung für die Beurteilung der geschäftsmässigen
Begründetheit der streitigen Abschreibung schon deshalb nicht
massgebend sein, weil die zeitweilige Dividendenlosigkeit des Titels
für den Betrieb der Beschwerdeführerin von sekundärer Bedeutung ist.
Für das Geschäftsjahr 1952/53 hat die Käseunion wieder eine Dividende
(3%) ausgerichtet. Demgemäss hat die Wertschriftenbewertungsstelle
den Steuerwert der Aktie für den 1. Januar 1954 auf rund Fr. 450.--
festgesetzt (Vermögenswert Fr. 612.-- + Ertragswert Fr. 250.--: 2). Die
von ihr ermittelten Vermögenswerte stehen wesentlich über dem Betrage
von Fr. 408.-- (81,6% des Nennwertes), zu dem die Beschwerdeführerin die
Aktie am Ende des Geschäftsjahres 1951/52 bilanziert hat. Unter diesen
Umständen liegt die Annahme nahe, dass eine Wertverminderung, welche
eine Abschreibung unter den Buchwert von Fr. 408.-- als geschäftsmässig
begründet erscheinen liesse, in der Berechnungsperiode (1. Juli 1952
-30. Juni 1954) nicht eingetreten ist.

    Die Beschwerdeführerin wendet vergeblich ein, sie selber habe "seit
einer Reihe von Jahren" keinen Gewinn aus dem Käsehandel erzielt. Der
mit der Käseunion-Aktie verbundene Monopolanteil hat seiner Natur nach
für die berechtigte Firma einen konstanten, von den Schwankungen ihres
Handelsgewinnes grundsätzlich unabhängigen Wert. Übrigens präzisiert die
Beschwerdeführerin nicht, seit wann sie mit dem Käsehandel nichts mehr
verdient habe.

    Auch der Hinweis auf die zivilrechtlichen Bilanzvorschriften hilft der
Beschwerdeführerin nicht. Namentlich kann sìe für ihren Standpunkt nichts
aus Art. 667 Abs. 2 OR ableiten, wonach die Aktiengesellschaft Wertpapiere
ohne Kurswert höchstens zum Kostenpreis, unter Berücksichtigung laufender
Erträge sowie einer allfälligen Wertverminderung, einzusetzen hat; denn
es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Käseunion-Aktien für das
Geschäft der Beschwerdeführerin während der Berechnungsperiode an Wert
eingebüsst haben, und das ist entscheidend.

    Dass die Vorinstanz die Steuerleistung offensichtlich unrichtig
berechnet habe (Art. 104 Abs. 2 OG), ist umsoweniger anzunehmen, als
die Beschwerdeführerin im Falle des Austritts aus der Organisation des
Käsegrosshandels auf Ende der Berechnungsperiode berechtigt gewesen wäre,
die Aktien zum inneren Werte abzugeben (Art. 10 lit. b der Käsekonvention),
so dass sie offenbar sogar bei Aufgabe der Geschäftstätigkeit bilanzmässig
keinen Verlust auf diesem Aktivum erlitten hätte.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.