Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 84 II 685



84 II 685

90. Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. November 1958 i.S. Guhl gegen
M. und E. Fahrner. Regeste

    1.  Rechtsnatur der Klage auf "Aufhebung" eines Vertrages,
ins. besondere Erbteilungsvertrages, wegen Willensmangels. Art. 31 OR,
638 ZGB. Zur Anwendung von Art. 64 OG (Erw. 1).

    2.  Wann ist eine Feststellungsklage von Bundesrechts wegen
zulässig? (Erw. 2 und 4).

    3.  Klage auf Ausgleichung von Vorempfängen, eventuell auf Herabsetzung
lebzeitiger Zuwendungen des Erblassers an Miterben des Klägers (Art. 626
ff., 522 ff. ZGB). Rechtsnatur dieser Klagen und des Anspruchs auf eine
entsprechende Änderung der bereits vollzogenen Erbteilung. Ist der klagende
Erbe in der Lage, diesen letztern Anspruch geltend zu machen, so steht es
ihm nicht von Bundesrechts wegen zu, vorerst nur Ausgleichung, eventuell
Herabsetzung zu verlangen und das Weitere einem spätern Rechtsstreite
vorzubehalten (Erw. 3 und 4).

Sachverhalt

    A.- Der am 1. Juli 1948 verstorbene Jakob Fahrner-Müller, geboren 1862,
hatte am 23. Dezember 1942 mit seinen drei Kindern Karl Fahrner, Fritz
Fahrner und Frau Ida Guhl-Fahrner einen öffentlich beurkundeten Vertrag mit
der Überschrift "Zuteilungen aus Erbanwartschaft" abgeschlossen. Danach
übertrug er den Kindern "a conto ihrer Erbansprüche an ihn" Grundstücke
und andere Vermögenswerte. Dem Sohn Karl übergab er eine Liegenschaft,
zwei Bauplätze und die zum Betrieb des Baugeschäftes des Erwerbers
dienenden Maschinen, Werkzeuge und Einrichtungen, soweit sie bisher dem
Erblasser gehört hatten. Der Sohn Fritz erhielt die Fensterfabrik in Uster,
einen Schopf mit einem Stück Land und alle Maschinen und Einrichtungen zum
Betrieb der Fabrik, Vorräte, Patentansprüche und geschäftliche Beteilungen,
soweit sie ihm nicht bereits gehörten. Der Tochter Ida wurde das Wohnhaus
in Uster nebst einem Inhaberschuldbrief zugeteilt. Die Kinder übernahmen
diese Vermögensstücke auf den 31. Dezember 1942 und verpflichteten sich
ihrerseits zu verschiedenen Leistungen an den Vater: Karl zur Zahlung
einer monatlichen Rente auf dessen Lebenszeit und Fritz (gemäss besonderem
Verpfründungsvertrag) zur Gewährung von Unterhalt und Pflege in gesunden
und kranken Tagen, während Ida dem Vater die ihr zugeteilte Liegenschaft
zu lebenslänglicher Nutzniessung und Verwaltung überliess. Der Vertrag
regelte die Übernahme der väterlichen Schulden durch die Kinder und
enthielt endlich folgende Bestimmung:

    "Mit der Erfüllung dieses Vertrages sind alle Ansprüche, welche
Vater Jakob Fahrner an seine Kinder besessen hat und welche die Kinder
an den Vater zu fordern hätten, ausgeglichen. Es bestehen also weder
Einwerfungspflichten, noch Ausgleichungsforderungen unter den späteren
Erben von Jakob Fahrner. Die restierende Erbschaft, welche hinterlassen
wird, geht zu gleichen Teilen an seine Kinder."

    B.- Der Erblasser hinterliess ein steuerpflichtiges Vermögen von
Fr. 34'600.--. Darüber schlossen die drei Erben am 3. Februar 1949 einen
Teilungsvertrag, wonach Karl Fahrner einen Acker und Ida Guhl-Fahrner
ein Wohnhaus mit Umschwung erhielt. Im Anschluss an die Zuweisungen trägt
der Teilungsvertrag folgenden Vermerk:

    "Der Antritt der zugewiesenen Grundstücke erfolgt auf den 1. Februar
1949. Bis dahin ist unter den Erben heute alles abgerechnet und
ausgeglichen worden. Über frühere Vorempfänge ist eine Ausgleichung schon
früher erfolgt, sodass mit diesen Zuweisungen alle gegenseitigen Ansprüche
unter den drei Erben per Saldo getilgt sind. Die Erbengemeinschaft ist
erloschen."

    C.- Am 18. Januar 1950 liess Ida Guhl-Fahrner in die Steuerakten
des Steueramtes Zürich Einsicht nehmen. Auf Grund dieser Akteneinsicht
glaubte sie, bei der Teilung der väterlichen Erbschaft zu kurz gekommen zu
sein. Sie liess wenige Tage später, am 26. Januar 1950, den Bruder Fritz
und die Witwe und Alleinerbin des im Jahre 1949 verstorbenen Bruders Karl,
Frau Emilie Fahrner, für je Fr. 60'000.-- betreiben. Als Forderungsgrund
wurde dabei angegeben:

    "Forderungen aus Erbrecht in Sachen des am 1. Juli 1948 verstorbenen
Herrn Jakob Fahrner-Müller, wohnhaft gewesen ...".

    Da in beiden Betreibungen Recht vorgeschlagen wurde, liess Frau Ida
Guhl-Fahrner die Betriebenen zum Aussöhnungsversuch vorladen, der am 1.
Februar 1950 stattfand und folgende Rechtsbegehren betraf:

    "1. Es sei der Vertrag 'Zuteilungen aus Erbanwartschaft' vom
23. Dezember 1942 zwischen Vater Jakob Fahrner, gestorben am 1. Juli 1948,
und seinen Kindern: Karl Fahrner, Fritz Fahrner und Frau Ida Guhl-Fahrner;
sowie der Erbteilungsvertrag vom 3. Februar 1949 zwischen den drei Erben:
Karl Fahrner, Fritz Fahrner und Frau Ida Guhl-Fahrner wegen Irrtums und
Täuschung der Klägerin aufzuheben.

    2. Es seien die tatsächlichen Vermögensverhältnisse des verstorbenen
Jakob Fahrner-Müller beim Eintritt von Fritz Fahrner ins väterliche
Geschäft bis zum Ableben am 1. Juli 1948 gerichtlich, eventuell durch
einen zu bezeichnenden Treuhänder, unter Berücksichtigung der Vorempfänge
und Ausgleichspflichten der vorerwähnten Erben, festzustellen.

    3. Nach Feststellung des Vermögens sei der Klägerin vorbehalten,
weitere Ansprüche gegen die Beklagten geltend zu machen. 4. Alles unter
Kosten- und Entschädigungsfolge."

    Der Aussöhnungsversuch blieb erfolglos. Am 30. Januar 1951 folgten
zwei neue, der ersten entsprechende Betreibungen, und am 23. Januar 1952
reichte Frau Ida Guhl-Fahrner gegen Fritz Fahrner und Witwe Emilie Fahrner
Klage mit den erwähnten Rechtsbegehren ein. Fritz Fahrner starb im Jahre
1954 wie sein Bruder kinderlos, worauf seine Witwe, Frau Maria Fahrner, den
Rechtsstreit auf beklagter Seite neben Frau Emilie Fahrner weiterführte.

    D.- Das Bezirksgericht Uster wies die Klage am 12. Juni 1957 ab,
ebenso das Obergericht mit Urteil vom 18. April 1958. Die Erwägungen
knüpfen an BGE 67 II 207 ff. an, wonach die Ausgleichung nachträglich
entdeckten Teilungsvermögens unmittelbar mit einer Klage auf Zahlung
verlangt werden könne. Auch wegen Schmälerung des Pflichtteils durch eine
bereits vollzogene Verfügung brauche keine besondere Gestaltungsklage
erhoben zu werden. Es genüge eine Leistungsklage, wobei die Herabsetzung
nach Art. 522 ff. ZGB als Klagegrund anzuführen sei. Wäre im vorliegenden
Fall auf Leistung geklagt worden, so wäre allerdings vorerst auch zu
prüfen gewesen, "ob dem nicht die Verträge aus den Jahren 1942 und
1949 entgegenstünden, und ob nachträglich entdecktes Teilungsvermögen
bestehe". Die Prüfung dieser beiden Fragen könne aber nicht Selbstzweck,
sondern nur Mittel zu richtiger Erbteilung sein, wie die Klägerin sie denn
auch als Endziel mit der laut "Rechtsbegehren" 3 vorbehaltenen (künftigen),
aber eben vorderhand nicht angebrachten Klage erreichen wolle. Bei dieser
Prozesslage entbehrten die Begehren 1 und 2 des rechtlichen Interesses,
das als selbstverständliche Voraussetzung jeder Klage zu gelten habe. Zwar
könne auf Aufhebung von Verträgen wegen Willensmängeln geklagt werden. "Ist
dies aber nicht das Endziel, sondern nur die Grundlage zu weiterer Klage,
die davon abhängt und schon erhoben werden kann oder muss, so darf sich der
Kläger nicht auf diese sein Endziel nur vorbereitende und die Grundlage
dazu schaffende Klage beschränken, sondern hat, wenn er überhaupt klagen
will, diese Endklage zu erheben." Die Klägerin wäre in der Lage gewesen,
auf Leistung zu klagen. Aus den gründlich eingesehenen Steuerakten
habe sie eine zur ungefähren Bezifferung allfälliger erbrechtlicher
Ansprüche hinreichende Kenntnis der Tatsachen gewonnen. Sie berechne
denn auch ihren gesetzlichen Erbteil auf "mindestens Fr. 125'155.--"
und ihren Pflichtteil auf "mindestens Fr. 93'866.--", woran sie in
Liegenschaften Fr. 43'000.-- erhalten habe. Demgemäss habe sie jede
beklagte Partei auf Bezahlung von Fr. 60'000.-- betrieben. Übrigens
wäre die vorliegende auf die Begehren 1 und 2 beschränkte, unter Ziffer
3 nur einen Vorbehalt anbringende Klage selbst beim Fehlen genügender
Kenntnis der Tatsachen nicht zulässig. - Anhangsweise äussert sich das
Obergericht auch noch zur materiellen Klagebegründung, mit dem Ergebnis,
die Anfechtung der beiden Verträge wegen Willensmangels wäre nicht zu
schützen. Die Erhebung einer Herabsetzungsklage (worauf die Klägerin mit
der "Ausgleichungs-Saldoerklärung" auch nach Ansicht der Beklagten nicht
etwa verzichtet habe) bliebe freilich an und für sich vorbehalten. Sie
wäre aber versäumt, weil die Frist von Art. 533 ZGB (gemäss der in BlZR 56
Nr. 89 veröffentlichten Entscheidung des zürcherischen Obergerichts) als
Verwirkungs-, nicht als Verjährungsfrist zu betrachten sei. Zur Beurteilung
des Klagebegehrens 2 (auf Feststellung tatsächlicher Verhältnisse,
nicht des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses)
fehle es sowohl an einem bundesrechtlichen Anspruch wie auch an den
Voraussetzungen einer kantonalrechtlichen Feststellungsklage nach §
92 der zürcherischen ZPO.

    E.- Gegen dieses Urteil richtet sich die vorliegende
Berufung an das Bundesgericht. Die Klägerin erneuert damit die drei
Klagebegehren. Eventuell beantragt sie die Rückweisung der Sache an das
Obergericht zur Ergänzung des Tatbestandes und zur neuen (materiellen)
Entscheidung über die Klagebegehren 1 und 2 unter Vorbehalt weiterer Klage.

    Der Antrag der Beklagten geht auf Abweisung der Berufung und
Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Das vorinstanzliche Urteil weist die Klage ab ohne Prüfung
der Verbindlichkeit der beiden von der Klägerin mit ihrem ersten
Begehren angefochtenen Verträge und ohne Feststellung der tatsächlichen
Verhältnisse, wie sie das zweite Klagebegehren verlangte. Die Begründung
dieser Entscheidung geht im wesentlichen dahin, die Feststellungsbegehren
der Klage seien teilweise überhaupt und teilweise unter den gegebenen
Umständen deshalb unzulässig, weil die Klägerin in der Lage gewesen
wäre, die letzten Endes von ihr erstrebte Zuweisung weiterer Werte des
väterlichen Vermögens an sie mit einer Leistungsklage zu verlangen,
statt sich diese mit dem dritten Begehren für die Zukunft vorzubehalten.

    In der Tat ist nicht nur das zweite, ausdrücklich auf Feststellung
lautende, sondern auch das erste Klagebegehren als Feststellungsklage
zu betrachten. Es handelt sich dabei um die Anfechtung des von Vater
Fahrner mit den drei Kindern abgeschlossenen Zuweisungsvertrages vom
23. Dezember 1942 und des nach seinem Tode von den drei Kindern miteinander
abgeschlossenen Erbteilungsvertrages vom 3. Februar 1949. Das Begehren
lautet auf "Aufhebung" der beiden Verträge wegen Willensmangels. Nach
dem wahren Sinn des Begehrens wird damit die Feststellung der
Unverbindlichkeit dieser Verträge verlangt. Denn nach schweizerischem
Recht macht ein wesentlicher Willensmangel den Vertrag unverbindlich,
und es liegt dem durch den Willensmangel beeinflussten Teil nur ob,
die Unverbindlichkeit binnen gesetzlicher Frist durch Erklärung geltend
zu machen (Art. 31 OR). Es bedarf also keines gerichtlichen Urteils in
rechtsgestaltendem (rechtsaufhebendem) Sinne (vgl. VON TUHR- SIEGWART,
§ 39; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 3 ff. zu Art. 31 OR). Das gilt auch für die
Anfechtung eines Erbteilungsvertrages (Art. 638 ZGB).

    Das dritte Begehren, mit dem die Klägerin kein Sachurteil verlangt,
sondern bloss eine zukünftige weitere Klage vorbehalten will, hat keine
selbständige Bedeutung. Es fällt nur in Betracht, wenn die in erster
Linie gestellten Feststellungsbegehren, die den eigentlichen Gegenstand
des vorliegenden Rechtsstreites bilden, sich entgegen der vorinstanzlichen
Entscheidung als gültig erweisen sollten.

    Das erst vor Bundesgericht gestellte eventuelle Rückweisungsbegehren
ist nicht etwa, weil neu, nach Art. 55 Abs. 1 lit. b OG unzulässig. Es
stützt sich auf Art. 64 OG und trägt in zutreffender Weise dem Umstande
Rechnung, dass das Bundesgericht Veranlassung finden kann, die Sache
zur Ergänzung der tatsächlichen Feststellungen an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Eine Entscheidung in diesem Sinne kommt jedoch nur in
Frage, wenn die in kantonaler Instanz gestellten und vor Bundesgericht
aufrecht erhaltenen Sachbegehren 1 und 2 nicht aus einem bereits nach Lage
der Akten gegebenen Grunde als unzulässig oder unbegründet befunden werden.

Erwägung 2

    2.- Das angefochtene Urteil verneint die Voraussetzungen eines
bundesrechtlichen Anspruchs auf Feststellung, wie sie die Klägerin
verlangt, und erklärt, deren Begehren liessen sich auch nicht auf
kantonales Recht stützen (was an sich durch das Bundesrecht nicht
ausgeschlossen wäre; BGE 84 II 495). In der zweiten Hinsicht unterliegt
die kantonale Entscheidung nicht der Nachprüfung im Berufungsverfahren
(Art. 43 OG). Was aber den bundesrechtlichen Feststellungsanspruch, wie
ihn die Klägerin verficht, belangt, geht die Vorinstanz zutreffend davon
aus, dass ein solcher Anspruch ein erhebliches Interesse an sofortiger
Feststellung voraussetzt (BGE 77 II 344 ff., insbesondere 351 oben). An
dieser Voraussetzung fehlt es in der Regel, wenn der Ansprecher in
der Lage ist, über die blosse Feststellung hinaus eine vollstreckbare
Leistung zu verlangen (BGE 80 II 366 Erw. 4, 81 II 466, zweitunterster
Absatz). Zwar ist die Feststellungsklage nicht schlechthin als der
Leistungsklage nachgehend zu betrachten, so dass sie immer, wenn auf
Leistung geklagt werden kann, ausgeschlossen wäre. Vielmehr kann sich
auch bei Möglichkeit der Leistungsklage ein selbständiges Interesse an
gerichtlicher Feststellung ergeben. Dies namentlich, wenn es darum geht,
nicht nur die fällige Leistung zu erhalten, sondern die Gültigkeit des ihr
zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses auch für dessen künftige Abwicklung
feststellen zu lassen (vgl. LEUCH, N. 3 zu Art. 174 der bernischen ZPO,
3. Aufl. S. 196 Mitte; GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht,
2. Aufl. S. 256, § 30 B III 2; STEIN, Grundriss § 7 S. 22; POHLE, Zur Lehre
vom Rechtsschutzbedürfnis, Festschrift für Lent S. 222 mit Fussnote 92). Im
vorliegenden Falle stehen jedoch keine künftigen Ansprüche der Klägerin in
Frage. Es geht um die längst fällige Bereinigung der väterlichen Erbschaft,
worüber sich die Erben denn auch mit dem Erbteilungsvertrag vom 3. Februar
1949 in abschliessendem Sinn auseinandergesetzt haben. Und wie die
Vorinstanz feststellt, war die Klägerin durch die Steuerakten genügend
über den Sachverhalt unterrichtet, um die ihr angeblich zustehenden
erbrechtlichen Ansprüche zahlenmässig berechnen und in Form einer Klage
auf Ausrichtung des ihr nach ihrer Ansicht zustehenden zusätzlichen
Erbbetreffnisses (im Sinne der Ausgleichung nach Art. 626 ff. ZGB),
eventuell auf Auszahlung der ihr zukommenden Ergänzung ihres Pflichtteils
(also im Sinn einer Herabsetzungsklage nach Art. 522 ff. ZGB), geltend
machen zu können.

Erwägung 3

    3.- Wenn die Vorinstanz, an BGE 67 II 207 ff. anknüpfend, dafür hält,
sowohl die Ausgleichungs- wie auch die eventuelle Herabsetzungsklage sollte
angesichts der bereits vollzogenen Erbteilung richtigerweise auf Leistung
an die sich mit dem ihr Zugewiesenen nicht begnügende Erbin lauten, ist
ihr allerdings nicht vorbehaltlos beizustimmen. Das erwähnte Urteil sagt
nicht, diese Klagen seien notwendigerweise als Leistungsklagen anzubringen,
wenn ein Erbe nach durchgeführter Erbteilung eine sog. Nachteilung oder
die Ergänzung seines Pflichtteils verlangen will. Es bezeichnet diese Art
des Vorgehens, wie sie die Klägerschaft in jenem Fall befolgte, bloss als
zulässig und erklärt, es brauche nicht unbedingt vorweg auf Ausgleichung
(d.h. auf Feststellung, dass bestimmte Vorempfänge auszugleichen seien)
oder Herabsetzung bestimmter Verfügungen unter Lebenden oder von Todes
wegen und erst in zweiter Linie auf entsprechende Berichtigung oder
Ergänzung der Erbteilung geklagt zu werden. Anders ausgedrückt: Das
Bundesgericht hat i.S. Rieser-Honauer und Kinder gegen Honauer die
unmittelbar erhobene Leistungsklage gelten lassen, ohne eine in erster
Linie auf Feststellung (Ausgleichung) oder Rechtsgestaltung (Herabsetzung)
gehende Klage im mindesten zu verpönen. Im übrigen hat jenes Urteil eine
kritische Würdigung gefunden, welche es vollends rechtfertigt, ihm nicht
die ihm von der Vorinstanz beigelegte weitergehende Tragweite zu geben
(vgl. die Darlegungen von F. GUISAN, Journal des Tribunaux 1942 S. 136
ff.; ihm zustimmend GUHL, Zeitschrift des bern. Juristenvereins 78
S. 502). In der Tat geht ein Erbe, der nach durchgeführter Erbteilung
zusätzliche Ansprüche auf Grund der Art. 626 ff. ZGB oder der Art. 522
ff. ZGB geltend machen will, jedenfalls nicht unrichtig vor, wenn er
zunächst auf Feststellung der bisher nicht berücksichtigten, nach seiner
Ansicht der Ausgleichung unterliegenden lebzeitigen Zuwendungen des
Erblassers an andere Erben bzw. auf Herabsetzung der, wie er annimmt,
in seine Pflichtteilsrechte eingreifenden Verfügungen klagt und erst
in zweiter Linie, als Folge jener Feststellung oder Rechtsgestaltung,
einen seinen Ansprüchen gerecht werdenden Vollzug, insbesondere eine
"Nachteilung", verlangt.

    Das bedeutet jedoch nicht, es stehe von Bundesrechts wegen im
Belieben des klagenden Erben, die derart - an sich korrekterweise -
gegliederten Rechtsbegehren auf mehrere aufeinanderfolgende Prozesse
zu verteilen. Vielmehr darf, ohne dass darin irgendwelche Verletzung
des eidgenössischen Erbrechts läge, füglich verlangt werden, dass der
klagende Erbe, sofern er dazu in der Lage ist, mit dem Ausgleichungs-
oder Herabsetzungsanspruch auch gleich in emer und derselben Klage die
Vollzugsrechte geltend mache, die ihm erst zu dem letzten Endes erstrebten
zusätzlichen Vermögenserwerb nach abgeschlossener Erbteilung verhelfen
können. Daraus, dass ein Erbe (unter den gesetzlichen Voraussetzungen
und Vorbehalten) die Ausgleichung von Vorempfängen verlangen kann,
folgt nicht, es müsse ihm gestattet werden, einen solchen Anspruch
in jedem Falle zum alleinigen Gegenstand eines Prozesses zu machen.
Entsprechendes gilt auch für den Herabsetzungsanspruch. Dem materiellen
Bundesrecht wird durchaus genügt, wenn der Ansprecher Gelegenheit
erhält, seine Rechte im Rahmen eines umfassenderen Erbschaftsprozesses,
in Verbindung mit andern Rechtsbegehren, geltend zu machen, sofern es
deren eben bedarf, um ihm den mit der Ausgleichung oder Herabsetzung
erstrebten Vorteil zu verschaffen. Weder der Ausgleichungs- noch der
Herabsetzungsanspruch ist so selbständiger Natur, dass ein nur darauf
gerichtetes Rechtsbegehren unter allen Umständen kraft des materiellen
Rechtes an Hand genommen werden müsste. Zu diesen Ansprüchen, die
als Feststellungs- bzw. Gestaltungsansprüche zu umschreiben sind,
tritt der Anspruch auf Vollzug, der bei der Ausgleichung als Ausfluss
der Teilungsklage erscheint (vgl. F. GUISAN, aaO S. 147 unter Ziff. 2,
b; zum Herausgabeanspruch als Folge einer Herabsetzung vgl. TUOR, 2.
Aufl., N. 13 der Vorbemerkungen zu den Art. 522-533 ZGB). Was die Fassung
der Vollzugsbegehren betrifft, ist in der Regel dem sich aus Art. 628
ZGB ergebenden Wahlrecht des Ausgleichspflichtigen durch ein alternativ
lautendes Begehren Rechnung zu tragen, es wäre denn, der Erblasser habe
eine nach Abs. 2 daselbst massgebende Anordnung getroffen, oder es komme
nach den gegebenen Umständen von vornherein nur eine bestimmte Art der
Ausgleichung in Betracht.

    Nach dem Gesagten verstösst das angefochtene Urteil nicht gegen
Bundesrecht, wenn es die Beurteilung der bloss zur Vorbereitung eines
mit dem dritten Klagebegehren ausdrücklich vorbehaltenen Nachprozesses
dienenden Klagebegehren 1 und 2 ablehnt. Einmal ist offenkundig, dass
die Klägerin bei Gutheissung dieser Begehren noch keinen vollstreckbaren
Rechtstitel zu dem letzten Endes erstrebten zusätzlichen Erwerb väterlichen
Vermögens in Händen hätte, und sodann hat ihr die Einsichtnahme in die
Steuerakten eine zur Stellung zahlenmässig bestimmter Vollzugsbegehren
hinreichende Kenntnis derjenigen Tatsachen verschafft, aus denen sie
einen Anspruch auf Ausgleichung oder Herabsetzung herleiten zu können
glaubt. Die im einzelnen noch bestehende Unsicherheit ist nicht grösser,
als wenn es etwa um die Geltendmachung von Schadenersatz ginge, wobei die
Leistungsklage auch einem nur ungefähr über die tatsächlichen Grundlagen
seiner Ansprüche Unterrichteten zugemutet wird.

    Nichts Abweichendes folgt daraus, dass nach verbreitetem kantonalen
Gerichtsgebrauch Erbteilungsklagen auch bei wenig bestimmter Fassung
der Begehren an Hand genommen werden. Das Bundesrecht gebietet dies
nicht, und es ist auch nicht in allen Kantonen üblich. Vollends darf
an Klagen auf Vornahme einer Nachteilung nach formellem Abschluss der
Erbteilung in dieser Hinsicht ein strenger Massstab angelegt werden. Das
widerspricht keineswegs dem Bundesrecht, zumal selbst in gewöhnlichen
Erbteilungsprozessen bei der Berufung an das Bundesgericht im einzelnen
erklärt werden muss, welche Feststellung über den Umfang des Nachlasses
getroffen und wie die Teilung geregelt werden soll (BGE 75 II 256).

Erwägung 4

    4.- Die vorliegende Klage dringt übrigens nicht einmal zu eigentlichen
Ausgleichungs- und Herabsetzungsbegehren vor. Eine Herabsetzungsklage
ist darin nicht enthalten, und auf Ausgleichungsansprüche wird im zweiten
Begehren, ohne dass sie dessen Gegenstand bilden würden, nur ganz allgemein
angespielt. Es wird nicht die Ausgleichung bestimmter Vorempfänge, die
genau zu bezeichnen wären, verlangt. Das Begehren geht auf Feststellungen
tatsächlicher Art, ist also gar keine Feststellungsklage im Sinne des
Bundesrechts. Im übrigen ist anerkannt, dass Feststellungsklagen zur
Sicherung des Beweises für emen spätern Prozess nicht zulässig sind (BGE
81 II 466). Vollends hat das erste Begehren nur vorbereitenden Charakter,
indem es den Weg zur nachträglichen Erhebung erbrechtlicher Ansprüche
freimachen will. Auch wenn man Begehren um Aufhebung von Verträgen bzw. um
Feststellung ihrer Unverbindlichkeit an und für sich als zulässig erachtet,
dürfen die Gerichte, ohne damit Bundesrecht zu verletzen, es ablehnen,
eine Klage zu beurteilen, die sich auf ein solches als Grundlage zur
Geltendmachung fälliger Forderungen oder anderer Ansprüche gestelltes
Feststellungsbegehren beschränkt, statt diese Ansprüche in den Prozess
einzubeziehen.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des
Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 18. April 1958 bestätigt.