Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 84 II 65



84 II 65

10. Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. Februar 1958 i.S. M. gegen K.
Regeste

    Vaterschaftsklage auf Zusprechung des Kindes mit Standesfolge. Wann
liegt ein Eheversprechen im Sinne von Art. 323 ZGB vor und wie lange
bleibt ein solches wirksam? Festsetzung von Mindestbeiträgen an den
Unterhalt des Kindes.

Sachverhalt

    A.- Frl. M. gebar am 22. Juli 1955 ein Mädchen. Als Vater bezeichnete
sie K., der ihr vor der Schwängerung die Ehe versprochen habe. Gegen
diesen leitete der Beistand des Kindes am 7. Januar 1956 in dessen Namen
Vaterschaftsklage auf Zusprechung mit Standesfolge ein. Der Beklagte gab
zu, mit der Mutter vor und während der kritischen Zeit (25. September
1954 bis 23. Januar 1955) geschlechtliche Beziehungen unterhalten zu
haben, und erklärte nach Durchführung der Blutprobe im Anschluss an die
erstinstanzliche Beweisverhandlung, dass er die Vaterschaft als solche
anerkenne. Dagegen bestritt er das von der Mutter behauptete Eheversprechen
und widersetzte sich deshalb der Zusprechung des Kindes mit Standesfolge.

    Das Bezirksgericht betrachtete das Eheversprechen auf Grund der von ihm
als zuverlässig gewürdigten Zeugenaussagen der Mutter und der zwischen dem
Beklagten und der Mutter gewechselten Briefe als bewiesen und erkannte
am 7. September 1956, das Kind werde dem Beklagten mit Standesfolge
zugesprochen und dieser werde verpflichtet, für es zu sorgen wie für
ein eheliches, mindestens aber folgende Unterhaltsbeiträge zu leisten:
Fr. 100.-- monatlich vom 1. Februar bis 30. September 1956, Fr. 120.--
monatlich vom 1. Oktober 1956 bis 30. September 1959, Fr. 160.-- monatlich
vom 1. Oktober 1959 bis zum vollendeten 18. Altersjahr des Kindes. (Bis
Ende Januar 1956 ist der Beklagte laut Feststellung des Bezirksgerichts
seinen Unterhaltspflichten gegenüber dem Kinde nachgekommen).

    B.- Beide Parteien appellierten an das Obergericht, die Klägerin mit
dem Begehren, die monatlichen Mindestbeträge an ihren Unterhalt seien (wie
schon mit der Klage verlangt) auf Fr. 200.-- festzusetzen, der Beklagte mit
dem Antrag, das Begehren um Zusprechung mit Standesfolge sei abzuweisen
und die monatlichen Unterhaltsbeiträge seien auf Fr. 70.- für die Zeit
bis zum vollendeten 5. Altersjahr, Fr. 100.-- für die Folgezeit bis zum
vollendeten 10. Altersjahr und Fr. 150.-- für das 11. bis 18. Altersjahr
des Kindes festzusetzen.

    Das Obergericht ergänzte das Beweisverfahren. Es kam zum Schluss,
die Mutter habe, "was das Verhalten des Beklagten anbetrifft", trotz
der - durch mehrere Zusammenkünfte unterbrochenen - Trennung der
beiden während des ersten Halbjahres 1954 auch noch im Herbst 1954
(d.h. zur Zeit der Empfängnis) in guten Treuen annehmen dürfen, dass
er sie heiraten werde; sie habe sich im Jahre 1954 bis zur Empfängnis
"nicht so verhalten, dass gesagt werden müsste, sie sei selbst nicht
mehr von einem Eheversprechen des Beklagten im Sinne des Art. 323 ZGB
ausgegangen"; ein Eheversprechen des Beklagten und der Umstand, "dass
die Mutter von einem solchen ausging", seien jedoch für die Gutheissung
des Standesfolgebegehrens nicht hinreichend; erforderlich sei nach BGE
59 II 220 ausserdem, dass die Mutter "sich vor der Empfängnis nicht so
verhalten hat, dass sie sich sagen musste, der Beklagte werde, wenn er
davon erfahre, sein Eheversprechen mit Recht nicht mehr aufrechterhalten";
das Vertrauen der Mutter, das Art. 323 ZGB schützen wolle, verdiene nur
solange Schutz, als sie nach ihrem Verhalten nach Treu und Glauben noch
davon ausgehen dürfe, der Beklagte werde sein Eheversprechen, wenn er von
allem erfahre, noch aufrechterhalten; um das Bestehen dieser Voraussetzung
zu verneinen, brauchten nicht Tatsachen im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB
oder ein unzüchtiger Lebenswandel im Sinne von Art. 315 ZGB vorzuliegen,
wofür das Beweisverfahren übrigens nichts ergeben habe; das Verhalten der
Mutter brauche auch kein arglistiges zu sein; "es genügen Tatsachen oder
ein Lebenswandel, die wichtige Gründe zur Auflösung eines Verlöbnisses
im Sinne von Art. 92 ZGB darstellen"; auf Grund des 14seitigen Briefs
des Beklagten vom 4. Februar 1954 habe sich die Mutter sagen müssen,
dass sie nur dann mit einer Heirat rechnen könne, wenn sie "an sich und
dem Beklagten gegenüber vollständig ehrlich und offen sei"; hieran habe
sie es fehlen lassen; vor allem habe sie dem Beklagten ihre Geschäfte
mit dem Uhrenhändler S. (insbesondere den Kauf einer goldenen Uhr auf
Kredit und die Aufnahme eines Darlehens von Fr. 1000.-- im Mai 1954)
sowie ihren persönlichen Verkehr mit S. und ihrem Arbeitskollegen
B. (die sie gelegentlich aufsuchten, denen gegenüber sie sich aber
nach den tatsächlichen Feststellungen des Obergerichts zurückhaltend
verhielt) verheimlicht; ihr Verhalten hätte für den Beklagten noch vor
der Empfängnis einen wichtigen Grund zur Aufhebung des Verlöbnisses
gebildet und es sei anzunehmen, dass der Beklagte bei voller Kenntnis
des Sachverhalts dazu geschritten wäre. Aus diesen Gründen hat das
Obergericht mit Urteil vom 18. Juni 1957 das Begehren um Zusprechung
mit Standesfolge abgewiesen. Die Unterhaltsbeiträge für das Kind hat es
unter Bestätigung der vorinstanzlichen Feststellung, dass der Beklagte
seine Unterhaltspflicht bis und mit Januar 1956 erfüllt habe, wie folgt
festgesetzt: monatlich Fr. 80.- von der Geburt der Klägerin bis und
mit Juli 1959, Fr. 120.-- für die Monate August 1959 bis und mit Juli
1963, Fr. 180.-- für die Zeit vom August 1963 bis zum zurückgelegten
18. Altersjahr der Klägerin.

    C.- Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die Berufung an das
Bundesgericht erklärt mit den Anträgen, die Klage auf Zusprechung mit
Standesfolge sei gutzuheissen und der Beklagte sei zu verpflichten, für
sie zu sorgen wie für ein eheliches Kind, zum mindesten aber an die Kosten
ihres Unterhalts und ihrer Erziehung monatlich Fr. 200.--, eventuell einen
nach richterlichem Ermessen festzusetzenden Betrag, zu bezahlen, und zwar
vom 1. Februar 1956 an bis zu ihrem zurückgelegten 18. Altersjahr. Der
Beklagte beantragt die Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 323 ZGB wird auf Begehren der Kläger das Kind dem
Beklagten mit Standesfolge zugesprochen, wenn dieser der Mutter die Ehe
versprochen hat. Ein Verlöbnis im Sinne von Art. 90 ZGB ist hienach nicht
erforderlich (BGE 42 II 188, 44 II 210 Erw. 3, 48 II 189/190). Vielmehr
genügt ein einseitiges Eheversprechen (vgl. BGE 83 II 489). Der Beklagte
braucht der Mutter auch nicht ausdrücklich zugesichert zu haben, dass
er sie heiraten werde, sondern ein Eheversprechen im Sinne von Art. 323
ZGB liegt schon dann vor, wenn die Mutter aus den Äusserungen und dem
sonstigen Verhalten des Beklagten vernünftigerweise und in guten Treuen
schliessen durfte, dass er sie zu heiraten gedenke (BGE 53 II 276,
279/280). Das Eheversprechen muss jedoch vor der Schwängerung abgegeben
worden sein, weil es nur unter dieser Voraussetzung geeignet war, die
Mutter zur Hingabe, bei der es zur Empfängnis kam, zu bestimmen oder
wenigstens mitzubestimmen und damit die - vom Beklagten zu verantwortende
- Wirkung auszuüben, um derentwillen das Gesetz der Mutter und dem Kinde
beim Vorliegen eines Eheversprechens den erhöhten Schutz gewährt, der
in der Zusprechung mit Standesfolge liegt (BGE 73 II 141 und dortige
Hinweise). Aus dem gleichen Grunde darf es vor der Schwängerung
nicht widerrufen worden sein, was wie die Abgabe des Versprechens
ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten geschehen kann (BGE 51
II 485 f.). Ein einmal erteiltes Eheversprechen bleibt dagegen (sofern
es wenigstens von der Mutter ernst genommen und nicht abgelehnt wird)
wirksam, bis der Beklagte der Mutter zu erkennen gibt, dass er sich
nicht mehr daran gebunden erachte. Dass vor der Schwängerung Tatsachen
eintreten, die den Beklagten veranlassen können, sein Versprechen zu
widerrufen, sobald er davon erfährt, ist entgegen der Auffassung der
Vorinstanz kein zureichender Grund dafür, den Klägern den Schutz von
Art. 323 ZGB zu versagen, selbst wenn es sich um Tatsachen handelt, die
wichtige Gründe zur Auflösung eines Verlöbnisses im Sinne von Art. 92 ZGB
darstellen, und die Mutter sich davon Rechenschaft geben konnte, dass der
Beklagte bei Kenntnis dieser Tatsachen sein Versprechen vermutlich nicht
aufrechterhalten würde. Das Gesetz fordert lediglich ein Eheversprechen,
das für die zur Empfängnis führende Hingabe nach allgemeiner Erfahrung
kausal sein konnte. Diesem Erfordernis entspricht ein vor der Schwängerung
abgegebenes Eheversprechen auch noch dann, wenn sich der von der Vorinstanz
ins Auge gefasste Fall ereignet, solange der Beklagte aus den in Frage
stehenden Tatsachen nicht die Konsequenz gezogen hat, sein Versprechen
zu widerrufen. Indem die Vorinstanz die Anwendung von Art. 323 ZGB
davon abhängig macht, dass sich der erwähnte Fall nicht verwirklicht,
stellt sie also für die Zusprechung mit Standesfolge ein Erfordernis
auf, das dem Gesetze fremd ist, wie dieses auch nicht zulässt, dass
geprüft wird, ob das der Schwängerung vorausgegangene Eheversprechen im
einzelnen Falle den Entschluss der Mutter, sich dem Beklagten hinzugeben,
wirklich beeinflusst habe (BGE 73 II 141). Darüber, ob der Beklagte das
Eheversprechen noch vor der Schwängerung zurückgezogen hätte, wenn er
von den einen wichtigen Grund zur Auflösung eines Verlöbnisses bildenden
Tatsachen schon damals Kenntnis gehabt hätte, könnten wie darüber, ob die
Mutter auch ohne das Eheversprechen zur Hingabe bereit gewesen wäre, immer
nur mehr oder weniger willkürliche Mutmassungen angestellt werden. Auf
eine so unsichere Grundlage soll sich der Entscheid über die Zusprechung
mit Standesfolge nach dem Willen des Gesetzes nicht stützen. Im übrigen
hätte die Auffassung der Vorinstanz auch die unerwünschte Folge, dass
der Streit über die Standesfolge regelmässig in einen Streit über das
Vorhandensein von Gründen für den Widerruf des Eheversprechens ausarten
würde, während es richtigerweise nicht darauf ankommt, weshalb der Beklagte
die Mutter trotz dem Eheversprechen nicht geheiratet hat (vgl. BGE 58
II 402 oben). Ein vor der Schwängerung abgegebenes und als ernst gemeint
entgegengenommenes und bis dahin nicht widerrufenes Eheversprechen muss
also für die Anwendung von Art. 323 ZGB grundsätzlich ausreichen.

    Der im angefochtenen Urteil angerufene Entscheid BGE 59 II
220 hat nicht die Bedeutung, welche die Vorinstanz ihm beilegt. In
jenem Falle hatte sich die Mutter mit schwindelhaften Angaben in die
Familie des Beklagten eingeführt und diesem ihre Vorstrafen sowie die
Tatsache verheimlicht, dass sie bereits wieder neue Vermögensdelikte
begangen hatte. Wegen dieser Delikte wurde sie 18 Tage, nachdem sie den
Beklagten kennen gelernt hatte, und 11 Tage nach der Verlobung, welcher
der Geschlechtsverkehr mit dem Beklagten folgte, verhaftet. Anderthalb
Monat später wurde sie zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Bei dieser
Gelegenheit fand auch die Entlobung statt. Unter diesen Umständen war
das Eheversprechen des Beklagten in entsprechender Anwendung von Art. 23
ff. OR (insbesondere Art. 24 Ziff. 4: Grundlagenirrtum, und Art. 28:
absichtliche Täuschung) als von Anfang an unverbindlich zu betrachten und
musste sich die Mutter von vorneherein davon Rechenschaft geben, dass kein
gültiges Eheversprechen vorliege. Dass ein Eheversprechen in einem solchen
Falle keine Rechtswirkung haben kann, ist klar. Daraus ergibt sich aber
nichts zugunsten der Auffassung der Vorinstanz, die darauf hinausläuft,
ein unbeeinflusst von Willensmängeln abgegebenes Eheversprechen auf Grund
der hypothetischen Annahme, dass der Beklagte es bei Kenntnis gewisser
nachträglich eingetretener Tatsachen noch vor der Schwängerung widerrufen
hätte, als unwirksam zu erklären.

Erwägung 2

    2.- Im vorliegenden Falle hat die Vorinstanz (zum Teil durch Verweisung
auf die Erwägungen des Bezirksgerichtes) im wesentlichen festgestellt, der
Beklagte habe der Mutter, die er im Januar 1953 kennen lernte, gleich nach
Beginn der Bekanntschaft die Heirat versprochen. Erst daraufhin habe sie
sich ihm hingegeben. Im weitern Verlauf der Bekanntschaft habe er ihr die
Heirat immer wieder versprochen, insbesondere auch, bevor sie zum zweiten
Mal in die Hoffnung gekommen sei. (Eine erste Schwangerschaft war im Juli
1953 unterbrochen worden.) Es sei nicht richtig, dass die Mutter, wie vom
Beklagten behauptet, höchstens im Jahre 1953 eine gewisse Hoffnung auf
eine Heirat habe schöpfen können, dass dieser Gedanke jedoch in der ersten
Hälfte des Jahres 1954, als die Mutter für einige Zeit nach B. zog, fallen
gelassen worden sei und dass in einer zweiten Phase des Verhältnisses,
die nach einem ungefähr halbjährigen Unterbruch der Beziehungen mit der
Rückkehr der Mutter an den Wohnort des Beklagten im Juli 1954 begonnen
habe, nicht mehr eine tiefere seelische Bindung, sondern nur noch eine
geschlechtliche Hörigkeit des Beklagten vorhanden gewesen sei; an Ostern
1954 sei der Beklagte mit der Mutter nach Paris gereist und habe dort mit
ihr das Zimmer geteilt und geschlechtlich verkehrt; nach der Rückkehr
habe er in B. bei ihr übernachtet; während des Aufenthalts der Mutter
in B. hätten sich die beiden ausserdem geschrieben und telephoniert
und habe die Mutter den Beklagten zwei- bis dreimal an seinem Wohnort
besucht, wobei sie im Hotel übernachtet hätten; die "Zweiphasentheorie"
des Beklagten lasse sich also nicht aufrechterhalten. Im 14seitigen Brief
vom 4. Februar 1954 übe der Beklagte zwar Kritik am Verhalten der Mutter,
doch komme darin, gesamthaft betrachtet, die Bereitschaft und der Wille
des Beklagten zur Hilfe und zum Wiederzusammenkommen zum Ausdruck. In
entsprechendem Sinne habe die Mutter ihm geschrieben. Dritten gegenüber
hätten sich der Beklagte und die Mutter wie ein Brautpaar verhalten, so
bei der Miete eines Zimmers für die Mutter im Juli 1954. Der Beklagte habe
damals auch für die Mutter Arbeit gesucht und sie begleitet, als sie vor
der Niederkunft einen Ring kaufte, um nicht als ledig zu erscheinen. Ihrem
Kollegen B. gegenüber habe die Mutter den Beklagten als ihren Bräutigam
bezeichnet, zu S. habe sie von ihrer ernsthaften Bekanntschaft gesprochen
und ihrer Mutter gegenüber habe nicht nur sie erklärt, dass der Beklagte
sie heiraten wolle, sondern auch dieser selber bei einem Besuche anfangs
1954 ernsthafte Absichten geäussert.

    Angesichts dieser tatsächlichen Feststellungen, die gemäss Art. 63
Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich sind, lässt sich nicht
bestreiten, dass der Beklagte der Mutter vor der Schwängerung die Heirat
versprochen hat. Aus den erwähnten Feststellungen und der weitern
tatsächlichen Annahme der Vorinstanz, die Mutter habe sich vor der
Empfängnis nicht so verhalten, dass daraus der psychologische Schluss
zu ziehen wäre, sie sei "selbst nicht mehr von einem Eheversprechen
des Beklagten ausgegangen", ergibt sich ferner, dass die Mutter das
Eheversprechen des Beklagten als ernst gemeint entgegengenommen und
sich bis zur Schwängerung darauf verlassen hat. Dass der Beklagte sein
Versprechen vor diesem Zeitpunkt widerrufen habe, kann auf Grund des
festgestellten Sachverhalts nicht angenommen werden. Insbesondere hat der
Beklagte, selbst wenn er während und nach der Krise vom ersten Halbjahr
1954 der Meinung gewesen sein sollte, dass an eine Heirat nicht mehr zu
denken sei und das Verhältnis nur noch als rein geschlechtliche Beziehung
fortbestehen könne, dieser Meinung nicht oder jedenfalls nicht mit der nach
den Umständen gebotenen Klarheit Ausdruck gegeben. Im Gegenteil hat er
die Mutter durch sein Verhalten in der Auffassung bestärkt, dass es doch
noch zur Heirat kommen werde. Dafür, dass er sein Eheversprechen wie der
Beklagte im Falle BGE 59 II 220 unter dem Einfluss eines Willensmangels
abgegeben hätte, den die Mutter gekannt hätte oder (da von ihr veranlasst)
hätte kennen müssen, liegen keine Anhaltspunkte vor. Daher ist das
Kìnd dem Beklagten gemäss den in Erwägung 1 dargelegten Grundsätzen mit
Standesfolge zuzusprechen, ohne dass zu prüfen wäre, ob der Beklagte das
Eheversprechen vor der Schwängerung mit Grund hätte widerrufen können, wenn
ihm das damalige Verhalten der Mutter rechtzeitig bekannt geworden wäre.

    Da bei der Anwendung von Art. 323 ZGB nichts darauf ankommt, ob die
Aufführung der Mutter vor und nach der Empfängnis dem Beklagten einen
zureichenden Grund zur Auflösung des Verlöbnisses geboten habe oder nicht,
liegt in der Zusprechung mit Standesfolge entgegen der Befürchtung des
Beklagten auch nicht die nach seinem Empfinden seiner Ehre abträgliche
Feststellung, er habe sein Eheversprechen ohne Grund gebrochen.

Erwägung 3

    3.- Der Umstand, dass der Beklagte für das ihm mit Standesfolge
zugesprochene Kind gemäss Art. 325 Abs. 2 ZGB wie für ein eheliches zu
sorgen hat, steht der Festsetzung von Unterhaltsbeiträgen in dem Sinne,
dass diese das Minimum der von ihm zu erbringenden Leistungen darstellen,
nicht im Wege (BGE 46 II 5 ff.).

    Auf Grund der Feststellungen der.Vorinstanz über die wirtschaftlichen
Verhältnisse des Beklagten und deren voraussichtliche Entwicklung in
der Zukunft sind die Mindestbeiträge des Beklagten im wesentlichen so
festzulegen, wie die Vorinstanz die Unterhaltsbeiträge im Sinne von
Art. 319 ZGB festgesetzt hat. Eine Abänderung ist nur hinsichtlich des
Beitrags für die erste Altersstufe des Kindes am Platze. Dieser ist (zumal
auch mit Rücksicht darauf, dass das Kind dem Beklagten mit Standesfolge
zugesprochen wird) auf Fr. 100.-- pro Monat zu erhöhen. Dass der Beklagte
seine Unterhaltspflicht bis Ende Januar 1956 erfüllt hat, anerkennt die
Klägerin, indem sie Leistungen des Beklagten erst vom 1. Februar 1956
an verlangt.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    In Gutheissung der Berufung wird das angefochtene Urteil aufgehoben,
die Klägerin dem Beklagten mit Standesfolge zugesprochen und der Beklagte
verpflichtet, für sie zu sorgen wie für ein eheliches Kind, mindestens
aber an ihren Unterhalt monatlich folgende Beiträge zu leisten:

    a)  Fr. 100.-- vom 1. Februar 1956 bis und mit Juli 1959,

    b)  Fr. 120.-- vom 1. August 1959 bis und mit Juli 1963,

    c)  Fr. 180.-- vom 1. August 1963 bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr
der Klägerin,

    zahlbar monatlich zum voraus an ihren jeweiligen gesetzlichen
Vertreter.