Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 84 II 505



84 II 505

70. Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. November 1958 i.S. B. gegen E.
Regeste

    Berufung an das Bundesgericht. Streitwertangabe (Art. 55 lit. a
OG). Die Anschlussberufungsschrift (Art. 61 Abs. 3 OG) braucht keine
solche zu enthalten.

    Letztwillige Verfügung. Unter welchen Umständen kann ein Bruchstück
eines handgeschriebenen Textes, dessen übrige Teile nicht mehr vorhanden
sind, als letztwillige Verfügung anerkannt werden?

    Namensparhefte. Hat der Besitzer oder der Titular die Vermutung des
Eigentums und Gläubigerrechts für sich?

Sachverhalt

    A.- Die am 13. April 1955 in Zürich gestorbene Frau M., die von ihrem
ersten Ehemann geschieden worden war und ihren zweiten und dritten Ehemann
durch den Tod verloren hatte, hinterliess als gesetzliche Erben ihre beiden
Söhne aus erster Ehe: Walter E. in Zürich, geb. 1905, und Heinrich B.,
geb. 1906, der im Jahre 1916 von den Eheleuten B. adoptiert worden war
und seit 20-30 Jahren im Ausland lebt.

    Am 1. September 1955 reichte Walter E., der bei der amtlichen
Inventarisation das Vorhandensein eines Testaments verneint hatte, der
zuständigen Behörde zur Eröffnung als Testament ein angeblich erst jetzt
aufgefundenes Handschreiben der Erblasserin aus der Zeit ihrer ersten
Witwenschaft mit folgendem Wortlaut ein:

    "Gleichzeitig bestätige ich dass mein Sohn Walter E. mein alleiniger
Erbe ist.

    Mein Guthaben liegt im Tresor der Kreditanstalt Rathausplatz.

    (Unterschrift)

    Zürich 12. Febr. 42."

    Der obere Teil des Blattes, auf das dieser Text geschrieben
wurde, ist abgetrennt worden und liegt nicht vor, und zwar muss diese
Abtrennung nach der Niederschrift erfolgt sein, da bei den auf der
ersten Zeile stehenden Buchstaben die Oberlängen zum Teil abgeschnitten
sind. Unterhalb der Unterschrift der Erblasserin befand sich die (auf den
vorliegenden Photokopien nur schwach sichtbare) Unterschrift Walter E.s,
die ausradiert worden zu sein scheint. In dem durch eine Anzeige Heinrich
B.s veranlassten, durch Einstellung erledigten Strafverfahren wegen
Betrugs, Urkundenfälschung und Unterdrückung von Urkunden erklärte Walter
E., er habe dieses Schriftstück, von dem er zu Lebzeiten seiner Mutter
keine Kenntnis gehabt habe, kurz vor der Einsendung an die Behörde bei
andern Briefschaften der Mutter in einem Körbchen gefunden. In der Folge
gab er zu, dass ihm die Erblasserin gesagt habe, sie habe ein Testament
errichtet, und schliesslich gestand er sogar, die fragliche Urkunde sei
schon von Anfang an in seinem Besitz gewesen; er habe sie immer aufbewahrt;
sie sei nicht erst nach dem Tode der Mutter in seine Hände gekommen.

    In dem in dieser Urkunde erwähnten Tresorfach bei der Depositenkasse
Rathausplatz der Schweiz. Kreditanstalt, für dessen Öffnung Walter E. eine
über den Tod der Erblasserin hinaus gültige Vollmacht, aber bis dahin
keinen Schlüssel besass und dessen Vorhandensein er bei der Inventarisation
verheimlichte, lagen, wie sich im Strafverfahren ergab, zu Lebzeiten der
Erblasserin das auf deren Namen lautende Sparheft Nr. 25411 der Sparkasse
X. mit einem Guthaben von Fr. 5000.-- und fünf Sparhefte auf den Namen
Walter E.s mit Guthaben von zusammen Fr. 50'000.--.

    B.- Am 12. April 1956 leitete Heinrich B. gegen Walter E. beim
Bezirksgericht Zürich Klage ein mit Begehren, die (zusammengefasst) lauten:

    1. die vom Beklagten vorgelegte Verfügung sei als nichtig zu erklären,
eventuell so weit herabzusetzen, dass dem Kläger die gesetzliche
Pflichtteilsquote von 3/8 des gesamten Nachlasses ausgerichtet werden
könne,

    2. die fünf auf den Namen des Beklagten lautenden Sparhefte seien
als Gegenstand "unerlaubter Zuwendungen im Sinne von Art. 527 ZGB"
zu betrachten; diese Zuwendungen seien so weit herabzusetzen, dass dem
Kläger "die gesetzliche, eventuell die Pflichtteilsquote" ausgerichtet
werden könne,

    3. das Sparheft Nr. 25411 der Sparkasse X. sei als Bestandteil
des Nachlasses zu erklären, eventuell wie die fünf auf den Namen des
Beklagten lautenden Sparhefte als Gegenstand einer herabzusetzenden
Zuwendung zu betrachten.

    Der Beklagte anerkannte, dass der Kläger auf den Pflichtteil Anspruch
habe und dass das Sparheft Nr. 25411 zum Nachlass gehöre. Im übrigen
bestritt er die Klage.

    Während des Bezirksgericht Zürich die Klage guthiess, hat das
Obergericht des Kantons Zürich (II. Zivilkammer), an das der Beklagte
appellierte, am 20. Dezember 1957 erkannt:

    "1. Das ... von der Erblasserin ... verfasste, vom 12. Februar 1942
datierte ... Schriftstück ist keine letztwillige Verfügung.

    2. Die ... fünf auf den Beklagten lautenden Sparhefte im Kapitalbetrag
von zusammen Fr. 50'000.--, Wert 17. Dezember 1955, sind nicht
Nachlassvermögen, sondern Eigentum des Beklagten.

    3. Das auf die Erblasserin lautende ... Sparheft Nr. 25411 der
Sparkasse X. ist Nachlassvermögen, woran die Parteien gleichberechtigt
sind."

    C.- Gegen dieses Urteil hat der Kläger die Berufung an das
Bundesgericht erklärt mit dem Antrag:

    "Es sei Ziff. 2 des Dispositivs des obergerichtlichen Urteils vom 20.
Dezember 1957 aufzuheben und zu erkennen, dass die gemäss Rechtsbegehren
2 streitigen fünf auf Walter E. lautenden Sparhefte im Kapitalbetrage
von insgesamt Fr. 50'000.--, Wert 17.12.1955, zum Nachlassvermögen
gehören, demgemäss als unerlaubte Zuwendungen im Sinne von Art. 527 ZGB
zu betrachten und herabzusetzen sind, damit dem heutigen Appellanten die
ihn treffende Pflichtteilsquote ausgerichtet werden kann."

    Der Beklagte hat sich der Berufung angeschlossen mit den Anträgen:

    "1. Dispositiv 1 des vorinstanzlichen Urteils sei aufzuheben und
das Rechtsbegehren 1 des Berufungsklägers im Hauptanspruch abzuweisen,
im Eventualanspruch zu schützen.

    2. Dispositiv 3 des vorinstanzlichen Urteils sei aufzuheben und
das Rechtsbegehren 3 des Berufungsklägers nur insoweit gutzuheissen,
als der Berufungskläger am Sparheft Nr. 25411 der Sparkasse X. die
Pflichtteilquote beansprucht."

    Die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde des Klägers gegen das
obergerichtliche Urteil ist vom Kassationsgericht des Kantons Zürich am 30.
Mai 1958 abgewiesen worden.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Auf die Hauptberufung ist einzutreten, obwohl die in der
Hauptberufungsschrift enthaltene Streitwertangabe sich nicht auf den
Streitwert nach Massgabe der vor der letzten kantonalen Instanz noch
streitig gewesenen Rechtsbegehren bezieht, auf den es nach Art. 46 und
62 OG ankommt, sondern nur sagt, auf welchen Betrag sich das Interesse
des Hauptberufungsklägers an der Gutheissung seines Berufungsantrags
belaufe. Die Vorinstanz hat zutreffend angenommen, der Streitwert nach
Massgabe der vor ihr noch streitigen Begehren entspreche der Differenz
zwischen dem vom Kläger beanspruchten gesetzlichen Erbteil von 1/2
und dem ihm vom Beklagten zugestandenen Pflichtteil von 3/8 an dem
unstreitig zum Nachlass gehörenden Vermögen, also einem Achtel dieses
(u.a. eine Liegenschaft umfassenden) Vermögens, vermehrt um die Hälfte
der auf den Namen des Beklagten lautenden, nach dem Hauptstandpunkt des
Klägers zwischen den Parteien hälftig zu teilenden Sparguthaben von Fr.
50'000.--. Auf Grund dieser.Annahme hat die Vorinstanz den Streitwert auf
etwas mehr als Fr. 30'000.-- geschätzt. Angesichts dieser im angefochtenen
Urteil enthaltenen Streitwertschätzung kann nach der neuern Rechtsprechung
über die Mangelhaftigkeit der Streitwertangabe in der Hauptberufungsschrift
hinweggesehen werden (BGE 82 II 593, 83 II 247).

Erwägung 2

    2.- Im Hinblick auf diese Schätzung wäre auch belanglos,
wenn es, wie der Hauptberufungskläger behauptet, einen Mangel der
Anschlussberufungsschrift bedeuten würde, dass diese keine Angabe über
den Streitwert enthält. Im übrigen lässt sich die Anschlussberufung
wegen des Fehlens einer solchen Angabe nicht als mangelhaft bezeichnen,
obwohl die Anschlussberufungsschrift gemäss Art. 61 Abs. 3 OG dem
Art. 55 OG entsprechen muss. Wenn Art. 55 lit. a OG vorschreibt, dass bei
Streitigkeiten vermögensrechtlicher Natur, deren Streitgegenstand nicht
in einer bestimmt bezifferten Geldsumme besteht, in der Berufungsschrift
angegeben werden müsse, ob der Streitwert Fr. 8000.-- oder wenigstens
Fr. 4000.-- erreiche, so hängt dies, wie schon angedeutet, damit zusammen,
dass es bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten für die Zulässigkeit
der Berufung und die Gestaltung des Berufungsverfahrens gemäss Art. 46
bzw. 62 Abs. 1 OG darauf ankommt, ob der Streitwert vor der letzten
kantonalen Instanz noch Fr. 4000.-- bzw. Fr. 8000.-- erreicht habe. Die
Streitwertangabe in der Berufungsschrift soll die Prüfung dieser Frage
erleichtern. Dieser Zweck ist erreicht, wenn die Partei, die selbständig
die Berufung erklärt, in ihrer Berufungsschrift den massgebenden
Streitwert angibt. Dass sich die Anschlussberufungsschrift ebenfalls
über den Streitwert äussere, ist nicht erforderlich, da die Zulässigkeit
der Anschlussberufung gemäss Art. 59 OG nicht etwa von der finanziellen
Tragweite der damit gestellten Abänderungsanträge, sondern nur vom Bestehen
einer Hauptberufung (und einer Beschwerung des Anschlussberufungsklägers
durch das angefochtene Urteil) abhängt und die Anschlussberufung ohne
weiteres dahinfällt, wenn die Hauptberufung zurückgezogen oder wenn auf sie
nicht eingetreten wird (Art. 59 Abs. 4 OG). Trotz dem allgemein gefassten
Hinweis auf Art. 55 OG, den Art. 61 Abs. 3 OG enthält, ist demnach Art. 55
lit. a OG auf die Anschlussberufungsschrift nicht anwendbar.

Erwägung 3

    3.- Die vom Anschlussberufungskläger innert der Frist von Art. 59 OG
eingereichten Abänderungsanträge, die in der mit der Berufungsantwort
eingereichten Anschlussberufungsschrift nicht wiederholt zu werden
brauchten, genügen nach der neuern Rechtsprechung (BGE 78 II 448, 81
II 251) der Vorschrift von Art. 55 lit. b OG, obschon mindestens der
Antrag 1 nicht unmittelbar erkennen lässt, in welchem Sinne das damit
angefochtene Dispositiv 1 des vorinstanzlichen Urteils nach der Meinung
des Anschlussberufungsklägers materiell abgeändert werden sollte. Anhand
der Begründung der Anschlussberufung und des angefochtenen Urteils, das
die in den Anschlussberufungsanträgen erwähnten Klagebegehren wiedergibt,
lässt sich nämlich ohne weiteres feststellen, was mit diesen Anträgen
der Sache nach gemeint ist.

Erwägung 4

    4.- Schliesslich kann dem Hauptberufungskläger auch nicht zugegeben
werden, dass die Anschlussberufungsschrift keine dem Art. 55 lit. c OG
entsprechende Begründung enthalte. In dieser Rechtsschrift wird nicht,
wie der Hauptberufungskläger behauptet, in unzulässiger Weise an den
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz Kritik geübt, sondern die
vom Bundesrecht beherrschte Rechtsfrage erörtert, ob die Urkunde vom
12. Februar 1942 angesichts der festgestellten Tatsachen als letztwillige
Verfügung angesehen werden könne und in welchem Verhältnis die Parteien
bei Bejahung dieser Frage am Sparheft Nr. 25411 beteiligt seien.

    Auf die Anschlussberufung ist daher wie auf die Hauptberufung
einzutreten, was zur Folge hat, dass alle Rechtsbegehren, die vor der
Vorinstanz noch streitig waren, der Beurteilung durch das Bundesgericht
unterliegen.

Erwägung 5

    5.- Wie im tatsächlichen Teil (unter A) dargelegt, stand der Text,
den der Beklagte als Erbeinsetzung zu seinen Gunsten auffasst, ursprünglich
auf einem grössern Blatt, dessen oberer Teil nach der Niederschrift dieses
Textes abgetrennt wurde und nicht mehr vorliegt. Aus der einleitenden
Wendung "Gleichzeitig bestätige ich ..." ergibt sich zudem, dass dieser
Text nicht für sich allein auf dem in Frage stehenden Blatte stand,
sondern nur einen Teil (den Schluss) eines umfassenderen Textes bildete,
von dessen sonstigem Inhalt man nichts weiss.

    Ein solches Textbruchstück kann, selbst wenn es noch alle für die
formelle Gültigkeit eines Testamentes erforderlichen Elemente (hier:
Handschriftlichkeit, Angabe von Ort und Zeit der Errichtung, Unterschrift)
enthält und eine testamentarische Anordnung zum Ausdruck bringt, die für
sich allein bestehen kann, höchstens dann als gültiges Testament anerkannt
werden, wenn feststeht, dass der Erblasser den dieses Bruchstück tragenden
Teil der Urkunde vom andern, nicht mehr vorliegenden und auch nicht mehr
rekonstruierbaren Teil selbst abgetrennt hat (oder allenfalls durch eine
Hilfsperson hat abtrennen lassen) in der Absicht, das noch vorhandene
Bruchstück und nur dieses als Testament weiterbestehen zu lassen, den
übrigen Inhalt der Verfügung dagegen durch Vernichtung des betreffenden
Teils der Urkunde aufzuheben. Würde ein Bruchstück des ursprünglichen
Textes, das nach Form und Inhalt noch als Testament gelten könnte, auch
dann als solches betrachtet, wenn damit gerechnet werden müsste, dass der
übrige Teil des Textes ohne den Willen des Erblassers verschwunden sei, so
bestünde nicht die geringste Gewähr dafür, dass damit den wahren Absichten
des Erblassers zum Durchbruch verholfen würde, da die verschiedenen
Bestimmungen eines Testamentes in der Regel miteinander zusammenhängen
und die praktische Tragweite gewisser Anordnungen (z.B. gerade einer
Erbeinsetzung) durch andere Anordnungen (z.B. Vermächtnisse) in sehr
erheblichem Umfang beeinflusst sein kann. Der Gedanke, dass der letzte
Wille, um Anerkennung zu finden, vollständig bekannt sein muss, liegt
auch der Vorschrift von Art. 510 Abs. 2 ZGB zugrunde, wonach im Falle,
dass die Testamentsurkunde durch Zufall oder aus Verschulden anderer
vernichtet wird, die Verfügung nur dann gültig bleibt, wenn ihr Inhalt
genau und vollständig festgestellt werden kann.

    Dass der Erblasser selber das noch vorhandene Bruchstück vom übrigen
Teil der Verfügung abgetrennt und die Absicht gehabt hat, es allein als
Testament weiterbestehen zu lassen, kann sich z.B. daraus ergeben, dass
er die Resturkunde als sein Testament in einem versiegelten Umschlag
versorgte oder jemandem zur Aufbewahrung übergab.

    Im vorliegenden Fall ist nichts Derartiges festgestellt. Der Umstand,
dass der Beklagte über die Aufbewahrung und Auffindung des streitigen
Schriftstücks widersprechende Angaben gemacht und sich der nähern
Befragung über diesen Punkt vor erster und zweiter Instanz durch Flucht
aus dem Gerichtslokal entzogen hat, und sein übriges Verhalten in dieser
Erbschaftsangelegenheit sind im Gegenteil so verdächtig, dass ernstlich
mit der Möglichkeit eines Eingriffs des Beklagten zur Beseitigung ihm
missliebiger Stellen des ursprünglichen Textes zu rechnen -ist. Es ist
mithin keineswegs sicher, dass die Gestalt, in welcher das Handschreiben
der Erblasserin vom 12. Februar 1942 heute vorliegt, ihrem letzten Willen
entspricht. Schon deshalb kann dieses Schriftstück nicht als letztwillige
Verfügung anerkannt werden.

Erwägung 6

    6.- Liegt kein Testament vor, so steht dem Kläger am unstreitig zum
Nachlass gehörenden Sparheft Nr. 25411 der Sparkasse X. (wie überhaupt
an dem von der Erblasserin hinterlassenen Vermögen) nicht nur die
Pflichtteilsquote von 3/8, sondern die gesetzliche Erbquote von 1/2
zu. Wie der erste, ist also auch der zweite Antrag der Anschlussberufung
unbegründet.

Erwägung 7

    7.- Die fünf Sparhefte im Gesamtbetrag von Fr. 50'000.--, die den
Gegenstand der Hauptberufung bilden, sind Namensparhefte, die auf den
Beklagten lauten. Dies lässt vermuten, dass sie dem Beklagten gehören. Der
Umstand, dass sie im Tresorfach der Erblasserin lagen, vermag diese
Vermutung nicht zu entkräften. Bei Namensparheften liegt (auch wenn
sie die übliche Klausel enthalten, dass der Schuldner den Inhaber als
verfügungsberechtigt ansehen dürfe) in der Namensangabe ein deutlicherer
Hinweis auf die Person des Berechtigten als im Besitz der Urkunde. Dies
muss auf jeden Fall bei Verhältnissen gelten, wie sie hier vorliegen. Es
lag nahe, dass der Beklagte (der ledig war und die Erblasserin häufig
besuchte) zur Aufbewahrung seiner Wertsachen das Tresorfach seiner Mutter
benützte. Zu diesem Fach besass er zwar keinen Schlüssel, doch hatte
ihn die Erblasserin im Jahre 1952 zur Öffnung bevollmächtigt. Einlagen
und Rückzüge wurden teils von der Erblasserin, teils von ihm gemacht
(wobei es die Arbeitsverhältnisse des Beklagten nach den Feststellungen
der Vorinstanz mit sich bringen konnten, dass die Erblasserin solche
Geschäfte für den Beklagten besorgte). Bei vier Heften hob der Beklagte
jeweilen die Zinsen ab, was doch offenbar nur unter Vorweisung der Hefte
geschehen konnte. Der Besitz der Erblasserin an den Sparheften war also
kein ausschliesslicher und nicht dazu angetan, vorläufig darauf schliessen
zu lassen, dass entgegen dem Namensvermerk die Erblasserin die Berechtigte
sei. Die Vorinstanz hat also auf Grund der von ihr festgestellten Tatsachen
mit Recht angenommen, dass der Beklagte die Vermutung für sich habe,
Eigentümer der Sparhefte (und Gläubiger der darin verurkundeten Guthaben)
zu sein, so dass dem Kläger der Beweis des Gegenteils obliege (vgl. zu
diesen Fragen auch JÄGGI, N. 315 zu Art. 965 OR).

    Diesen Beweis vermochte der Kläger nach den für das Bundesgericht
massgebenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die er mit der
kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde vergeblich als willkürlich anzufechten
suchte, nicht zu leisten. Hinsichtlich des Sparhefts Nr. 25457 im Betrage
von Fr. 5000.--, von welchem die Erblasserin jeweilen die Zinsen bezog, hat
die Vorinstanz angenommen, die Erblasserin habe dem Beklagten das Kapital
geschenkt; dass der Beklagte für diesen Betrag ausgleichungspflichtig sei,
werde mit Recht nicht geltend gemacht; eine Herabsetzung dieser Zuwendung
gemäss Art. 527 ZGB komme auf jeden Fall deswegen nicht in Frage,
weil der Pflichtteil des Klägers dadurch nicht verletzt werde. Diese
Ausführungen verstossen nicht gegen Bundesrecht. Ebensowenig liegt eine
solche Rechtsverletzung der Annahme zugrunde, es sei nicht dargetan,
dass der Beklagte ausserstande gewesen sei, die auf die vier übrigen
Sparhefte einbezahlten Beträge aufzubringen, sondern dass dieses Geld
aus dem Vermögen der Erblasserin stammen müsse.

    Auch hinsichtlich der fünf auf den Namen des Beklagten lautenden
Sparhefte im Gesamtbetrag von Fr. 50'000.-- ist also das angefochtene
Urteil zu bestätigen.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Haupt- und Anschlussberufung werden abgewiesen und das Urteil der II.
Zivilkammer des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 20. Dezember 1957
wird bestätigt.