Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 84 II 493



84 II 493

68. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. Oktober 1958
i.S. Kofmel gegen Minder. Regeste

    Feststellungsklage, Zulässigkeit (Erw. 1)...

    Einfache Gesellschaft oder Dienstvertrag, Überprüfungsbefugnis des
Bundesgerichts (Erw. 2).

Auszug aus den Erwägungen:

    Der Maschineningenieur Kofmel führte nebenbei Exportgeschäfte
durch. Im Jahre 1954 trat er mit dem Kaufmann und Tennislehrer Minder in
der Weise in geschäftliche Beziehungen, dass Minder bei der Durchführung
von Exportgeschäften Kofmels mitwirrkte. Diese Zusammenarbeit dauerte
bis im August 1956. Anlässlich ihrer Beendigung ergaben sich zwischen
den Parteien Meinungsverschiedenheiten über die Rechtsnatur ihrer
Beziehungen. Kofmel nahm den Standpunkt ein, sie seien als Dienstvertrag
zu betrachten und kündigte diesen am 17. August 1956 aus wichtigen Gründen
im Sinne von Art. 352 OR. Minder behauptete das Bestehen einer einfachen
Gesellschaft im Sinne von Art. 530 ff. OR und erklärte, seinerseits
das Gesellschaftsverhältnis aus wichtigen Gründen (Art. 545 Ziff. 7 OR)
aufzulösen.

    Minder erhob Klage mit den Anträgen auf Feststellung des Bestehens
einer einfachen Gesellschaft, Auflösung derselben aus wichtigen Gründen
und Verpflichtung des Beklagten zur Rechnungsablegung.

    Das Handelsgericht des Kantons Zürich schützte diese Begehren.

    Das Bundesgericht führt über die Zulässigkeit der Feststellungsklage
und die Überprüfbarkeit der Natur des streitigen Rechtsverhältnisses aus:

Erwägung 1

    1.- Die Vorinstanz hat das Begehren des Klägers um Feststellung des
Bestehens einer einfachen Gesellschaft zwischen den Parteien geschützt. Der
Beklagte macht mit der Berufung geltend, die Vorinstanz habe damit
Bundesrecht verletzt, weil die von diesem für einen Feststellungsanspruch
aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt seien.

    a) In.BGE 77 II 344 ff., auf den sich der Beklagte beruft, hat das
Bundesgericht zwar in Abweichung von der früheren Rechtsprechung erklärt,
im Bereiche des Bundesprivatrechts sei die allgemeine Feststellungsklage
nicht kantonalen, sondern eidgenössischen Rechts. Demzufolge müssen selbst
die Gerichte der Kantone, deren Prozessrecht die Feststellungsklage
nicht kennt, eine solche zulassen, wo sie für die Durchsetzung des
Bundesprivatrechts erforderlich ist.

    Darin erschöpft sich aber die Bedeutung dieser Rechtsprechung.
Insbesondere sollten durch sie die Kantone nicht daran gehindert werden,
über die vom eidgenössischen Recht geforderten Feststellungsansprüche
hinaus noch weitere zuzulassen, sofern ein solcher Anspruch durch das
eidgenössische Recht nicht ausdrücklich oder sinngemäss ausgeschlossen
wird. Es ist einem Kanton daher auch unnbenommen, weniger strenge
Anforderungen an das Feststellungsinteresse zu stellen, als dies im
eidgenössischen Recht geschieht (so auch LEUCH in der SJZ 36 S. 297;
a.A. KUMMER, Das Klagerecht und die materielle Rechtskraft, S. 60 f.). Das
galt schon unter der Herrschaft der früheren Rechtsprechung (BGE 49 II 430)
und ist nach ihrer Änderung ausdrücklich bestätigt worden (BGE 80 II 122
oben; das wurde in BGE 83 II 197 f., wo diese Frage wiederum offen gelassen
wurde, offenbar übersehen). Diese Zurückhaltung ist geboten, weil Eingriffe
in das kantonale Zivilprozessrecht nur dort erfolgen dürfen, wo sie für
die Durchsetzung des eidgenössischen Privatrechts unerlässlich sind.

    b) Gegen die Zulassung der Feststellungsklage gemäss Rechtsbegehren 1
hätte das Bundesgericht somit nur einzuschreiten, wenn das eidgenössische
Recht sie ausschlösse. Das ist jedoch nicht der Fall. Denn aus dem Wesen
der einfachen Gesellschaft, wie sie im OR geordnet ist, folgt nicht,
dass nur auf Leistung der aus dem Gesellschaftsverhältnis entspringenden
Verpflichtungen, nicht dagegen auf Feststellung des Bestehens einer solchen
Gesellschaft und der mit ihrer Eingehung begründeten Verpflichtungen
geklagt werden könne (BGE 49 II 430 f.).

    Damit erweist sich die Berufung, soweit sie die Zulässigkeit einer
Feststellungsklage gemäss Rechtsbegehren 1 bestreitet, als unzulässig. Es
braucht daher nicht geprüft zu werden, ob die Anforderungen, die das
eidgenössische Recht an eine Feststellungsklage stellt, erfüllt seien.

Erwägung 2

    2.- Ob das Rechtsverhältnis der Parteien als einfache Gesellschaft oder
als Dienstvertrag anzusehen sei, ist als Rechtsfrage vom Bundesgericht
an Hand der von der Vorinstanz festgestellten Tatsachen frei zu
überprüfen. Eine unrichtige Unterstellung durch die Parteien oder
die Vorinstanz steht der Anwendung der zutreffenden Rechtssätze durch
das Bundesgericht nicht entgegen. Dieses hat vielmehr die rechtliche
Unterstellung des von den Parteien vorgetragenen und durch die Vorinstanz
ermittelten Sachverhaltes von Amtes wegen vorzunehmen (BGE 70 II 217 und
dort erwähnte Entscheide).. ..