Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 84 II 355



84 II 355

48. Urteil der II. Zivilabteilung vom 13. März 1958 i.S. Schmid-Gronau
gegen Schmid-Schmid und Konsorten. Regeste

    "Vergleich und Erbteilungsvertrag", von dem sich einer der Beteiligten
wegen Übervorteilung und Willensmängeln lossagt (Art. 21 und 23 ff. OR;
Art. 7 ZGB). Ist diese Erklärung wegen Zession seiner Rechte an einen
Dritten unwirksam?

    1.  Eine Zession kann später an eine aufschiebende Bedingung geknüpft
werden durch einen vom Zessionar mitunterzeichneten Nachtrag (Erw. 1).

    2.  Auslegung der auf die Zession hinweisenden Stelle eines Briefes des
Zessionars zur Entscheidung der Frage, ob er gemäss der ihm vom Zedenten
eingeräumten Befugnis die Zession "in Kraft gesetzt" und dadurch den
Rechtsübergang bewirkt habe (Erw. 2).

    3.  Schranken einer zulässigen Zession:

    a)  Umfasst sie alle dem Zedenten gegen irgendwelche Dritte
zustehenden, auch die künftigen Forderungen, so ist sie mit dem Recht
der Persönlichkeit nicht vereinbar (Art. 27 Abs. 2 ZGB) und verstösst
auch gegen die guten Sitten (Art. 20 OR).

    b)  Dem Zessionar darf nicht die erbrechtliche Stellung des Zedenten
eingeräumt werden (Art. 635 Abs. 2 ZGB).

    c)  Die mit dem Schuldverhältnis als solchem verbundenen
Gestaltungsrechte verbleiben dem Zedenten. Inwiefern bedarf es zu ihrer
Ausübung der Zustimmung des Zessionars? (Erw. 3).

Sachverhalt

    A.- Am 9. Juli 1945 starb der in Vevey wohnende deutsche
Staatsangehörige Kurt Schmid im Alter von 50 Jahren. Er hinterliess
als gesetzliche Erben seine Ehefrau Sonja Schmid-Gronau und seinen
1858 geborenen, in Berlin wohnenden Vater Dr. h.c. Ernst Schmid, seit
1907 Generaldirektor der deutschen Maggigesellschaft. Mit letztwilliger
Verfügung hatte Kurt Schmid seine Ehefrau als Alleinerbin eingesetzt. In
seinem Besitz hatte sich ein Vermögen von etwa Fr. 5'000.000.-- befunden,
das als deutsches Vermögen der Sperre gemäss dem Bundesratsbeschluss vom
16. Februar 1945 unterlag. Daran machte sein Vater zunächst, indessen ohne
das Testament des Sohnes anzufechten, erbrechtliche Ansprüche geltend. Die
Behörde des Ortes der Erbschaftseröffnung, Vevey, nahm ebenfalls das
Bestehen einer Erbengemeinschaft an und ernannte nacheinander zwei
"représentants de la communauté héréditaire"; der zweite wurde am
10. Februar 1950 seines Amtes enthoben.

    B.- Dr. h.c. Ernst Schmid ging im Jahre 1946 mit 88 Jahren eine zweite
Ehe mit semer damals 45-jährigen Nichte Bertha Schmid ein und bezeichnete
sie in einem Testament als Alleinerbin. Hinsichtlich des im Besitze des
Sohnes gewesenen Vermögens änderte er im Jahre 1948 seinen Standpunkt
und nahm es nun insgesamt als sein Eigentum in Anspruch, da der Sohn
es lediglich auf Grund einer Generalvollmacht verwaltet (und zum Teil
widerrechtlich verbraucht) habe. Dem stimmte auch die Schweizerische
Verrechnungsstelle zu; sie glaubte der Frau Sonja Schmid-Gronau den
Nachweis auferlegen zu sollen, dass das sog. Nachlassvermögen, das
im Besitz ihres Ehemannes gestanden, auch wirrklich ihm gehört hatte,
und übte gestützt auf Art. 9quater des Sperrebeschlusses (laut dessen
Ergänzung vom 29. April 1947) die gesetzliche Vertretung aus.

    C.- Nach dem am 11. Juni 1949 eingetretenen Tode des Dr.  h.c. Schmid
setzten seine Erben (die als Alleinerbin eingesetzte zweite Ehefrau Berta
Schmid-Schmid sowie eine Schwester und die Kinder eines vorverstorbenen
Bruders) die Auseinandersetzung mit Frau Sonja Schmid-Gronau fort. Am
9. Dezember 1949 wurde ein von der Schweizerischen Verrechnungsstelle
genehmigter "Vergleich und Erbteilungsvertrag betr. die Hinterlassenschaft
des ... Kurt Schmid" abgeschlossen. Danach wurde "die Erbengemeinschaft
aufgehoben"; Frau Sonja Schmid-Gronau erhielt etwa Fr. 1'000,000.--,
nämlich Fr. 700'000.-- in Raten und die Hälfte des Nettoergebnisses der
bestrittenen Ansprüche der Erbengemeinschaft gegen den Zürcher Bankier
Eduard von Orelli, Fräulein Lia Schürmann, Werner Scherrer und Frau Bea
Kasser, jedoch nur bis zum Maximalbetrag von Fr. 400'000.--. Diese Personen
hatten sich mit der Verwaltung des streitigen Vermögens befasst; die Erben
Schmid warfen ihnen eine unrichtige Ausführung der ihnen aufgegebenen
Verrichtungen vor. Nach Abschluss des erwähnten Vertrages vom 9. Dezember
1949 leitete gegen sie die "Erbengemeinschaft des Kurt Schmid, z.Zt. noch
bestehend aus den Erben des Dr. Ernst Schmid" Prozesse ein.

    D.- Indessen liess Frau Sonja Schmid-Gronau am 21.  November 1950
die Erklärung abgeben, sie betrachte den Vertrag vom 9. Dezember 1949
als nicht verbindlich. Man habe sie absichtlich getäuscht, sodann liege
Furchterregung, Grundlagenirrtum und Übervorteilung vor. Das ganze im
Besitz ihres Mannes gewesene Vermögen von rund Fr. 5'000,000.-- sei seine
Erbschaft und komme ihr als Alleinerbin zu.

    Demgemäss versuchte sie auch, sich in die Prozesse gegen v.
Orelli/Schürmann/Scherrer/Kasser einzuschalten und erhob im Dezember
1951 und Januar 1952 Hauptinterventionsklagen je gegen beide an jenen
Verfahren beteiligten Parteien. Die Erstprozesse wurden dann zwar infolge
aussergerichtlicher Vergleiche als erledigt abgeschrieben, die von Frau
Sonja Schmid-Gronau angehobenen Interventionsprozesse dagegen selbständig
weitergeführt und miteinander vereinigt. Die Klägerschaft der Erstprozesse
erscheint hier als Beklagte Nr. 1, und die damaligen Beklagten sind die
Beklagten Nr. 2-5.

    E.- Die Beklagten glaubten den Prozessakten entnehmen zu können,
dass die Klägerin ihre Ansprüche bereits im Frühjahr 1950 an ihren Freund
und Berater, den Griechen Demetrius Papavramidès, abgetreten habe. Sie
erhoben daher vorweg die Einrede, die Klägerin sei im November 1950 gar
nicht mehr berechtigt gewesen, sich vom Vertrag vom 9. Dezember 1949
loszusagen, und es fehle ihr die Klagelegitimation. Es liegt folgende
von der Klägerin unterzeichnete Abtretungsurkunde vor:

    "Abtretung.

    "Frau Wwe. Sonja Schmid-Gronau, mit Rechtsdomizil zur Zeit in
Vevey, gegenwärtig sich in Bern aufhaltend, tritt hiermit Herrn
Démètre A. Papavramidès, mit Rechtsdomizil in Vevey, alle Ansprüche
die ihr Drittpersonen gegenüber zustehen oder zustehen können ohne jeden
Vorbehalt rechtsverbindlich ab. Es betrifft dies insbesondere alle Rechte
und Ansprüche gegen: Bankier von Orelli-von Reding, Frau Bea Kasser,
Herrn Scherrer und Fräulein Schürmann, alle in Zürich, ferner gegen
die Schweiz. Verrechnungsstelle in Zürich, sowie Eduard Wallach und
Frau Bertha Schmid-Schmid, gleichgültig aus welchen Rechtsgründen diese
Ansprüche entstanden sein mögen oder entstehen könnten.

    Die Abtretung umfasst auch alle Rechte, die. Frau Sonja Schmid-Gronau
aus dem Testament ihres verstorbenen Ehemannes Kurt Schmid zustehen.

    Herr D. A. Papavramidès ist zufolge dieser Abtretung ermächtigt,
alle Rechte, Ansprüche und Forderungen in eigenem Namen rechtlich oder
ausserrechtlich geltend zu machen, Vergleiche darüber abzuschliessen und
rechtsverbindlich dafür zu quittieren.

    Doppelt ausgefertigt in Bern, den 13. Februar 1950.

    (sig.) Sonja Schmid-Gronau."

    Anschliessend findet sich folgender Nachtrag:

    "Nachtrag.

    "In Ergänzung und Erläuterung der Abtretung vom 13. Februar 1950
wird zwischen Frau Sonja Schmid und Herrn D. A. Papavramidès folgendes
vereinbart:

    Die Zessionsrechte können nach dem Ermessen des Zessionars, Herrn
D. A. Papavramidès, ganz oder teilweise in Kraft gesetzt werden. Hiebei
wird festgelegt, dass eine rein einseitige Erklärung des Zessionars
dazu genügt. Die Zedentin ist zum vornherein auch damit einverstanden,
dass der Zessionar die Zession jederzeit, sei es als Ganzes, sei es nur
auf bestimmte Teile des Zessionsgutes, verwendet.

    Der Zessionar ist ebenfalls berechtigt, die Rechte und Ansprüche,
wie z.B. Verjährungsunterbrechungen, im Namen der Zedentin, Frau Sonja
Schmid, geltend zu machen. In diesem Sinne erteilt die Zedentin dazu
ausdrücklich ihre Zustimmung.

    Bern, den 17. April 1950.

    (sig.) Sonja Schmid-Gronau

    (sig.) D. A. Papavramidès."

    Die Abtretungsurkunde wie auch der Nachtrag wurden auf dem Bureau
des Fürsprechers Dr. W. Zumstein in Bern angefertigt und unterzeichnet.

    F.- Das Bezirksgericht Zürich hat trotz der Bestreitung der Klägerin
die Abtretung als rechtswirksam erachtet und daher deren Aktivlegitimation
verneint. Ausserdem lehnt das Urteil vom 6. Juli 1956 die Einrede der
Übervorteilung als verspätet ab; denn über den Inhalt des am 9. Dezember
1949 unterzeichneten Vertrages seien die Beteiligten schon am 11. September
1949 mündlich einig geworden, und da sich der Vertrag nur zum kleinern Teil
als Erbteilungsvertrag kennzeichne, im übrigen aber dem Obligationenrecht
angehöre und insofern nicht der Schriftform bedurft hätte, sei die
Jahrefrist des Art. 21 OR von diesem frühern Tag an zu berechnen. Die
Anfechtung wegen Täuschung, Bedrohung und Grundlagenirrtums scheitere
daran, dass die Klägerin in einem Zeitpunkt, da ihr die dann später als
genügend betrachteten Anfechtungsgründe bereits bekannt gewesen, Leistungen
aus dem Vertrag angenommen und diesen damit stillschweigend genehmigt habe.

    G.- Vor dem Obergericht des Kantons Zürich, an das sie die Sache
weiterzog, berief sich die Klägerin auf folgende neue, von Papavramidès
ausgestellte (ebenfalls im Bureau des Fürsprechers Dr. Zumstein in Bern
angefertigte und unterzeichnete)

    "Erklärung.

    "Der Unterzeichnete erklärt hiermit, dass die ihm am 13. Februar
1950 von Frau Sonja Schmid im Hinblick auf besondere Umstände, mit
denen damals gerechnet werden musste, vorsorglicherweise ausgestellte
Abtretungs-Erklärung, welche, wie dies im Nachtrag zur vorgenannten
Abtretungs-Erklärung ausdrücklich festgestellt ist, durch besondere
Erklärung seinerseits erst noch in Kraft gesetzt werden musste, in der
Folge nie wirksam wurde, da er keine entsprechende Erklärung abgab. Frau
Sonja Schmid sowie der Unterzeichnete betrachteten seit einem Zeitpunkt,
der vor der Hauptintervention in den Prozessen der Erbengemeinschaft
des Kurt Ernst Schmid sel. gegen Eduard von Orelli, Lia Schürmann, Bea
Kasser und Werner Scherrer liegt, die vorgenannte Abtretungserklärung
vorbehaltlos als dahingefallen, weshalb denn auch Frau Sonja Schmid im
hängigen Prozess mit Wissen und vollem Einverständnis des Unterzeichneten
als Klägerin auftrat und in der Folge alle Handlungen, die einer Partei
zukommen, vornahm.

    Sollte das Gericht wider Erwarten und aus bis jetzt nicht ersichtlichen
Gründen, entgegen dem Willen von Zedentin und Zessionar der Abtretung
vom 13. Februar 1950 annehmen, die Zession sei wirksam geworden und
noch heute wirksam, so retrozediert der Unterzeichnete alle ihm mit der
vorgenannten Abtretung übertragenen Rechte an die Zedentin, Frau Sonja
Schmid, und zwar rückwirkend auf das Datum der Hauptintervention.

    Bern, den 22. November 1956.

    (sig.) D. A. Papavramidès."

    Das Obergericht entschied am 27. August 1957, kraft dieser (nach
Prozessrecht noch zu berücksichtigenden) Rückzession komme der Klägerin
nunmehr die Aktivlegitimation zu. Jedoch sei sie am 21. November 1950
infolge der zuvor erfolgten Zession ihrer Ansprüche an Papavramidès nicht
zur Anfechtung des Vertrages vom 9. Dezember 1949 befugt gewesen. Die
Abtretungsurkunde vom 13. Februar 1950 sei als echt und als am angegebenen
Datum ausgestellt zu erachten. Entgegen der Behauptung der Klägerin, man
habe damals noch nicht gewusst, ob man eine Zession wirklich brauche,
und daher sei die Urkunde bloss auf Vorrat ausgestellt worden, um erst
später allenfalls in Kraft gesetzt zu werden, schliesst das Obergericht
aus dem Text und dem Zusammenhang von Abtretungsurkunde und Nachtrag, es
sei am 13. Februar 1950 eine perfekte Abtretung zustande gekommen. Bei
dieser Sachlage sei der Nachtrag, wonach die Rechte der Klägerin nun
doch bis auf weiteres bei ihr verbleiben sollten und die Abtretung statt
vorbehaltlos nun aufschiebend bedingt sein sollte, ungültig; denn zur
Rückübertragung der bereits auf Papavramidès übergegangenen Rechte auf
die Klägerin hätte es einer Rückzession bedurft, wie sie dann erst im
November 1956 erfolgt sei. Selbst von der im Nachtrag aufgestellten
aufschiebenden Bedingung ausgehend, wäre übrigens deren Eintritt nach
Ansicht des Obergerichts zu bejahen; denn in einem Briefe vom 10. Juli 1950
an den damaligen Anwalt der Klägerin, Dr. Guldimann, habe Papavramidès
geschrieben: "Wie Sie wissen, hat Frau Schmid seit längerer Zeit alle
ihre Rechte an mich abgetreten", und damit eindeutig die Inkraftsetzung
der Zession bezeugt. Somit wäre am 21. November 1950 nur Papavramidès zur
Anfechtung des Vertrages vom 9. Dezember 1949 befugt gewesen. Er habe aber
keine dahingehende Erklärung abgegeben noch während der ganzen Dauer der
Anfechtungsfristen die Erklärung der Klägerin genehmigt. Die Rückzession
vom 22. November 1956 habe nicht mit rückwirkender Kraft erfolgen können.
Übrigens würde die in der betreffenden Erklärung ausgesprochene Rückwirkung
"auf das Datum der Hauptintervention" der Klägerin nicht helfen. Denn
aus der Vertragsanfechtung vom 21. November 1950 ergebe sich, dass der
Klägerin jedenfalls an diesem Tage die wesentlichen Anfechtungsgründe
bekannt waren. Somit sei die Frist zur Geltendmachung von Willensmängeln
spätestens am 21. November 1951 abgelaufen, also vor der am 6. Dezember
1951 eingeleiteten Hauptintervention. Nach alldem sei die Klage
abzuweisen, "weil der Vergleich nicht rechtzeitig von der dazu befugten
Person angefochten worden ist".

    H.- Mit rechtzeitig eingelegter Berufung an das Bundesgericht
beantragt die Klägerin, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben und die
Vereinbarung zwischen ihr und der Erbengemeinschaft ihres verstorbenen
Schwiegervaters vom 9. Dezember 1949 wegen Willensmängeln als nichtig
und für sie, die Klägerin, unverbindlich zu erklären. Der Prozess sei zur
Behandlung der übrigen, bisher unbeurteilt gebliebenen Rechtsbegehren an
die Vorinstanz zurückweisen.

    Eventuell wird beantragt, es sei festzustellen,

    a)  dass die Klägerin zu der vorliegenden Klage die Aktivlegitimation
besitze;

    b)  dass die Anfechtung des Vergleiches vom 9. Dezember wegen
Übervorteilung seitens der Klägerin rechtzeitig erfolgt sei;

    c)  dass die Anfechtung des Vergleiches wegen Irrtums, Täuschung und
Furchterregung nicht durch Genehmigung verwirkt wurde;

    d)  dass die Klägerin legitimiert war, den Vergleich vom 9. Dezember
1949 am 21. November 1950 rechtzeitig anzufechten.

    Anschliessend verlangt die Klägerin, es sei bei Gutheissung der
vorstehenden Eventualanträge der Prozess an die Vorinstanz zurückzuweisen,
damit sie durch ein Beweisverfahren materiell abkläre, ob der Vergleich
vom 9. Dezember 1949 für die Klägerin verbindlich sei oder nicht.

    I.- Die Beklagten beantragen die Abweisung der Berufung und die
Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Im Unterschied zu grundbuchlichen Verfügungen, die der
Verfügungsberechtigte gestützt auf den Rechtsgrund durch einseitige
Anmeldung vornimmt (Art. 963 ff. ZGB; GUHL, Persönliche Rechte mit
verstärkter Wirkung, in der Festgabe für das Bundesgericht, 106 mit
Fussnote), ist die Forderungsabtretung ein zweiseitiges, zwischen Zedent
und Zessionar abzuschliessendes Rechtsgeschäft, wie denn Art. 165 Abs. 2
OR vom Abtretungsvertrage spricht. Daher kommt die Abtretung nicht schon
mit der Ausstellung der Abtretungsurkunde, auch nicht ohne weiteres mit
deren Übergabe an den vorgesehenen Zessionar, sondern erst mit der Annahme
durch diesen zustande, die freilich in manchen Fällen stillschweigend
erfolgt. Es ist anerkannt, dass die Abtretung wie jeder Vertrag an
Bedingungen (aufschiebende und auflösende) geknüpft und befristet werden
kann (VON TUHR/SIEGWART OR 777/8). Nun hat die Klägerin behauptet und
dafür Beweis angeboten, die Abtretungsurkunde vom 13. Februar 1950 sei nur
"auf Vorrat" ausgestellt und es sei dabei von Anfang eine aufschiebende
Bedingung vereinbart worden, wie sie der Nachtrag vom 17. April 1950
enthält. Wenn das Obergericht über diese Vorbringen hinweggehen und
einfach den Wortlaut der Abtretungsurkunde berücksichtigen zu sollen
glaubt, so wohl im Hinblick auf den von der bisherigen Rechtsprechung
anerkannten abstrakten Charakter der Abtretung (BGE 67 II 127, wonach diese
Beschaffenheit der Zession immerhin durch Vereinbarung beseitigt werden
kann; im übrigen dürfte sich angesichts der Wendung der Rechtsprechung im
Gebiete des Mobiliarsachenrechts, BGE 55 II 302 ff., eine erneute Prüfung
dieser grundsätzlichen Frage des Zessionsrechtes genügend rechtfertigen,
wenn auch gewiss die Verschiedenheit des Gegenstandes der Übertragung nach
wie vor die Möglichkeit voneinander abweichender Lösungen offen lässt;
zurückhaltend denn auch M. R. KUMMER, Beiträge zur Lehre von der causa
..., 105 ff., während JÄGGI, N. 162 zu Art. 967 OR, die Gültigkeit des
Rechtsgrundes auch bei der Abtretung von Forderungen als Voraussetzung
des wirksamen Überganges betrachtet). Wie dem auch sein möge, ist die
von der Klägerin behauptete aufschiebende Bedingung beachtlich, weil sie
sich gar nicht auf den Rechtsgrund der Zession, sondern auf diese selbst
bezieht. Indessen bedarf es keiner Rückweisung an das Obergericht zur
Abklärung der am 13. Februar 1950 mündlich getroffenen Vereinbarungen
über die Bedingungen der Zession. Denn auch wenn diese damals gemäss dem
Wortlaut der Abtretungsurkunde vorbehaltlos mit unmittelbarer Wirkung
erfolgt sein sollte, wäre sie im Nachtrag vom 17. April 1950 an die
behauptete aufschiebende Wirkung geknüpft worden. Zu Unrecht hält das
Obergericht diesen Nachtrag - mangels der für nötig erachteten Rückzession,
wie sie erst mehrere Jahre später in gültiger Form stattgefunden habe
- nicht für geeignet, die (wie angenommen) bereits auf Papavramidès
übergangenen Rechte in das Vermögen der Klägerin zurückzuführen,
um sie bloss einer bedingten zukünftigen Übertragung zugänglich zu
machen. Nach Ansicht des Obergerichts hätte es dafür zweier getrennter
Rechtsakte bedurft: einer Rückzession auf die Klägerin und einer von
dieser ausgehenden neuen, diesmal aufschiebend bedingten Zession. Es wäre
jedoch übertriebener Formalismus, die Zusammenfassung dieser Akte gemäss
dem Nachtrag vom 17. April 1950 nicht gelten zu lassen. Enthält doch der
auch von Papavramidès unterzeichnete Nachtrag die vom Obergericht vermisste
Rückübertragung, wenn auch nicht ausdrücklich, so doch eindeutig dem Sinne
nach in sich. Denn nur so lässt sich (für den Fall, dass ein Rechtsübergang
auf Papavramidès am 13. Februar 1950 wirklich schon erfolgt sein sollte)
die Erklärung verstehen, die als Gegenstand der Abtretung betrachteten
Rechte sollen vorderhand (nun wiederum) bei der Klägerin verbleiben.

Erwägung 2

    2.- Die Eventualerwägung des angefochtenen Urteils, die von der
Klägerin geltend gemachte aufschiebende Bedingung müsste angesichts des
Briefes des Papavramidès vom 10. Juli 1950 an den damals seit längerer
Zeit als Anwalt der Klägerin tätig gewesenen Dr. W. Guldimann als erfüllt
betrachtet werden, hält einer nähern Prüfung ebenfalls nicht stand. Der
Brief lautet:

    "Herr Dr. Zumstein hat mir von dem mit Ihnen heute Morgen geführten
Telephongespräch Kenntnis gegeben. Sowohl in meinem eigenen, wie im
Namen von Frau Sonja Schmid-Gronau erkläre ich hiermit nun in aller
Form, dass wir die Ihnen seinerzeit erteilte Vollmacht widerrufen. Ich
ersuche Sie deshalb, alle bei Ihnen befindlichen, uns gehörenden Akten
mir zurückzusenden und zwar an die Adresse von Herrn Dr. Zumstein. Wie
Sie wissen, hat Frau Schmid seit längerer Zeit alle ihre Rechte an mich
abgetreten; Sie selbst haben die Abtretungen redigiert.

    Im übrigen muss ich für mich und Frau Sonja Schmid alle Rechte nach
jeder Richtung ausdrücklich vorbehalten. Insbesondere können wir keine
Zugeständnisse anerkennen, die Sie gegen unseren ausdrücklichen Willen
abgegeben haben."

    Keinesfalls ist dieser Brief selbst als Akt der "Inkraftsetzung" der
Zession zu betrachten; denn er richtet sich weder an Drittschuldner der
als Gegenstand der Zession bezeichneten Forderungen noch an die Klägerin,
also an die Zedentin. Vielmehr schreibt Papavramidès in deren Namen
(und in seinem eigenen) an den Anwalt, um die diesem erteilte Vollmacht
zu widerrufen. Davon geht wohl auch das Obergericht aus, indem es die
im Urteil hervorgehobene Briefstelle als "eindeutig genug" bezeichnet,
somit als schlüssiges Indiz für eine bereits in anderer Weise erfolgte
"Inkraftsetzung" der Zession. Indessen enthält dieser Schlusspassus
des ersten Briefabsatzes nur einen Hinweis auf die Ausstellung von
Abtretungsurkunden ohne jede Anspielung auf eine inzwischen erfüllte
Bedingung. Ausserdem spricht Papavramidès gar nicht nur für sich selbst,
sondern auch für Sonja Schmid, tritt also nicht als Alleinberechtigter
auf, auch nicht im zweiten Briefabsatz, wo er für sich "und Frau Sonja
Schmid" alle Rechte vorbehält. Endlich wäre eine gegenüber irgendjemand
aufgestellte Behauptung über die Inkraftsetzung der Zession nicht
massgebend, sofern sie den Tatsachen widerspricht. Nun steht fest,
dass die von Dr. Guldimann redigierten Abtretungen, auf die der Brief
sich bezieht, von der Klägerin nicht unterzeichnet und noch viel weniger
von Papavramidès angenommen, geschweige denn "in Kraft gesetzt" worden
sind. Für eine Erfüllung der im Nachtrag zur Abtretungsurkunde vom
13. Februar 1950 festgelegten Bedingung der Wirksamkeit der Zession
liegt auch sonst nichts vor. Im Gegenteil hat die Klägerin von 1950
an stets in ihrem eigenen Namen ihre Interessen wahrgenommen, Anwälte
beauftragt, Beschwerden geführt und sich eben auch von der Vereinbarung
vom 9. Dezember 1949 losgesagt, ohne dass Papavramidès jemals dagegen
aufgetreten wäre; er war offenbar damit einverstanden. Die Tatsachen stehen
also der vom Obergericht gegebenen Auslegung des Briefes vom 10. Juli
1950 entgegen. Die Klägerin war und ist Inhaberin der als Gegenstand der
aufschiebend bedingten Abtretung bezeichneten Rechte geblieben, und es
erweist sich somit die vom Obergericht geschützte Einrede der Beklagten,
sie sei wegen der Übertragung ihrer Rechte auf Papavramidès zur Erklärung
vom 21. November 1950 nicht befugt gewesen, als unbegründet.

Erwägung 3

    3.- Bei dieser Sachlage kann auf sich beruhen bleiben, ob eine
Abtretung, wie sie die Urkunde vom 13. Februar/17. April 1950 vorsieht,
überhaupt rechtsgültig sein könnte. Gewiss ist auch die Abtretung künftiger
Forderungen zulässig, sofern "die abzutretende Forderung hinsichtlich
der Person des debitor cessus, Rechtsgrund und Höhe hinreichend bestimmt
wird oder wenigstens bestimmbar ist" (BGE 57 II 539). Hier fehlt es aber
an einer derartigen Bezeichnung des Gegenstandes der Abtretung. Sodann
erscheint es unter dem Gesichtspunkt der Art. 27 Abs. 2 ZGB und 20 OR als
unzulässig, dass jemand sich auf längere Zeit oder gar auf Lebenszeit,
dazu noch "ohne jeden Vorbehalt", schlechthin aller Ansprüche begibt, die
ihm gegenüber Drittpersonen zustehen oder zustehen können. Darin liegt
eine mit dem Recht der Persönlichkeit nicht zu vereinbarende Beschränkung
der wirtschaftlichen Freiheit und zugleich eine gegen die guten Sitten
verstossende vertragliche Verfügung. Ist doch zur Fristung des Lebens
heutzutage sozusagen jedermann, und sicher auch die Klägerin, immer wieder
auf Forderungen gegen Dritte angewiesen. In Frage könnte nur eine teilweise
Gültigkeit der vorliegenden Abtretung kommen, soweit sie sich nämlich
auf die Rechte und Ansprüche gegen die heutigen Beklagten und auf den
Erbteil der Klägerin (die "Rechte ... aus dem Testament ihres verstorbenen
Ehemannes ...") bezieht. Die Umschreibung dieser Rechte ermangelt jedoch
der erforderlichen Bestimmtheit und Bestimmbarkeit. Namentlich steht dahin,
ob es sich um die Rechte gemäss Vergleich vom 9. Dezember 1949 handeln
sollte, oder ob man beim Abschluss des bedingten Abtretungsvertrages
bereits daran dachte, sich wegen Übervorteilung und Willensmängeln von
diesem Vertrage loszusagen. Keinesfalls war es zulässig, den Zessionar
in die erbrechtliche Stellung der Zedentin einzusetzen, worauf der
zweite Absatz der Abtretungsurkunde abzuzielen scheint; Gegenstand der
Abtretung könnte nur das bei der Erbteilung auf die Klägerin entfallende
Treffnis sein (Art. 635 Abs. 2 ZGB, BGE 63 II 231). Aber auch wenn man die
Abtretung, wie sie die Urkunde vom 13. Februar/17. April 1950 umschreibt,
teilweise gelten lassen könnte, würde sie das Recht zur Erklärung, sich
nicht an den Vergleich vom 9. Dezember 1949 halten zu wollen (Art. 31
Abs. 1 OR, in uneigentlichem Sinn auch Vertragsanfechtung genannt),
nicht umfassen. Abtretbar sind Forderungen mit den zugehörigen Vorzugs-
und Nebenrechten (Art. 170 Abs. 1 OR). Nur unter besondern, hier nicht
gegebenen Voraussetzungen kann aber ein ganzes Schuldverhältnis, d.h. die
Gesamtheit der Rechte und Pflichten eines daran Beteiligten, abgetreten
werden, und demgemäss verbleiben auch die mit dem Schuldverhältnis als
solchem verbundenen Gestaltungsrechte beim Zedenten (VON TUHR/SIEGWART
OR 789/90, der unter diesen Gestaltungsrechten gerade auch das Recht,
einen Vertrag nach Art. 31 OR anzufechten oder zu genehmigen, erwähnt;
ebenso OSER-SCHÖNENBERGER, N. 9 zu Art. 170 OR; von dieser Unterscheidung
geht auch BECKER in N. 2 zu Art. 31 und in N. 4 zu Art. 170 OR aus; bei der
Kommission rechtfertigt sich der Übergang des Rechtes zur Geltendmachung
von Willensmängeln des vom Kommissionär abgeschlossenen Kaufvertrages
auf den Komittenten aus dem besondern Grunde, weil der Vertrag überhaupt
auf des letztern Rechnung ging, BGE 41 II 573). Dem entspricht auch die
deutsche Rechtslehre (vgl. ENNECCERUS-NIPPERDEY, Allg. T. des bürgerlichen
Rechts, 14. Aufl. 1955, 2. Halbband 876 Fussnote 13: "Auf Zessionar oder
Schuldübernehmer geht das Anfechtungsrecht nicht über, da die Anfechtung
nicht nur die einzelne Forderung oder Verpflichtung, sondern das ganze
Schuldverhältnis ergreift. .."). Ein gegen die Grundlage der abgetretenen
Forderung gerichtetes Gestaltungsrecht darf der Zedent allerdings nur mit
Zustimmung des Zessionars ausüben (vgl. ENNECCERUS-LEHMANN, Schuldrecht,
14. Bearbeitung 1954, S. 306 § 79 II 2). Fraglich ist indessen, ob dies
im Verhältnis zum Empfänger der Erklärung eine Rolle spielt, wenn er
von der Abtretung nicht unterrichtet war. Jedenfalls war Papavramidès,
wie dargetan, mit dem Vorgehen der Klägerin einverstanden. Und da er,
nach Erw. 2 hievor, die Abtretung gar nicht "in Kraft gesetzt", also nicht
wirksam gemacht hatte, stand ihm ein Zustimmungsrecht im erwähnten Sinn
überhaupt nicht zu.

Erwägung 4

    4.- Erweist sich damit der vom Obergericht bejahte Klageabweisungsgrund
als nicht zutreffend, so ist das angefochtene Urteil (in Haupt- und
Kostenpunkt) aufzuheben und die Sache zu ergänzender Tatsachenfeststellung
und zu neuer Entscheidung an das Obergericht zurückzuweisen. Zu den
weitern Abweisungsgründen, die wohl im erstinstanzlichen, nicht aber
auch im obergerichtlichen Urteil erörtert worden sind, hat sich das
Bundesgericht heute nicht auszusprechen.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das Urteil des Obergerichts
des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 27. August 1957 aufgehoben und
die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an das Obergericht
zurückgewiesen wird.